Entscheidungsdatum
13.02.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W195 1432842-3/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. 28.03.1985, StA. Bangladesch, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.02.2020 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Erster Antrag auf internationalen Schutz:
I.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte nach illegaler Einreise erstmals am 02.02.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.
In der Erstbefragung gab er zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass er Probleme mit der neuen Regierung habe. Er werde von Beamten beschuldigt, jemanden umgebracht zu haben. Der BF sei aber unschuldig. Seit ca. eineinhalb Jahren würde er von Regierungsmitgliedern telefonische Morddrohungen erhalten. Aus diesem Grund habe er sein Heimatland verlassen. Sonst habe er keine Fluchtgründe.
I.1.2. Im Rahmen einer am 05.02.2013 vor dem Bundesasylamt erfolgten niederschriftlichen Einvernahme gab der BF ergänzend an, Öffentlichkeitssekretär eines Gemeindeverbandes der Bangladesh Nationalist Party (im Folgenden: BNP) gewesen zu sein. Der Generalsekretär der XXXX namens XXXX habe den BF öfters angerufen. Eines Tages sei der BF unter dessen Führung angegriffen worden. Als ein Rettungswagen vorbeigefahren sei, hätten seine Angreifer dieses mit einem Polizeiauto verwechselt und seien weggelaufen. Es würde zudem eine Mordanzeige gegen den BF geben. Der BF sei im Juni oder Juli 2011 angezeigt worden. Der junge Bruder von XXXX hätte den BF gewarnt, er solle flüchten, sonst würde er eingesperrt werden oder die Polizei würde sein Haus umstellen und den BF fesseln. Der BF sei in eineinhalb Jahren 10-15 Mal bedroht worden. Er sei deshalb bedroht worden, da er bei der BNP und diese Personen bei der Awami League seien. Der BF habe sich in anderen Städten versteckt.
I.1.3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.02.2013, XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bangladesch verfügt (Spruchpunkt III.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das die Darstellung der Fluchtgründe sich oberflächlich, inhaltsleer und widersprüchlich dargestellt habe. Anfänglich habe der BF ausgeführt, er habe keine Ausweisdokumente. Da es aber als notorisch anzusehen sei, dass an der Teilnahme von Wahlen eine ID-Card notwendig ist, erscheine eine Mitgliedschaft und Funktion in einer Partei äußerst unwahrscheinlich. Die nachträgliche Abänderung der Angaben des BF erscheine nicht nachvollziehbar, da die Frage eindeutig gestellt worden wäre. Weiters habe der BF nicht glaubhaft machen können, dass er eine exponierte Position in der BNP innegehabt haben soll. Der BF habe nur oberflächlich über seine Tätigkeit als Öffentlichkeitssekretär erzählt, habe aber keine Ziele der Partei angeben können. Es sei zudem weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu subsumierender Sachverhalt hervorgekommen. Ebenso stelle eine Ausweisung keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf ein Privat- und Familienleben des BF dar.
I.1.4. In der dagegen erhobenen Beschwerde gab der BF zusammengefasst an, er könne nicht in seine Heimat zurück, da er durch örtliche Kriminelle, die örtliche Polizei und die RAB-Einheit verschleppt werden und verschwinden würde. Er sei mehrmals von örtlichen Kriminellen mit dem Umbringen bedroht worden. Er sei einmal auf der Straße von vier bis fünf Personen der Gruppe von XXXX angehalten und geschlagen worden.
I.1.5. Im Rahmen einer am 27.10.2015 durchgeführten Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigte der BF seine bisherigen Angaben und gab an, gesund zu sein. Der BF hatte die Gelegenheit zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbedingungen und seiner Integration in Österreich Stellung zu nehmen.
I.1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.11.2015, XXXX wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. und II des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurde das Verfahren hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das nunmehr zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) zurückverwiesen.
In der Entscheidung wurde festgestellt, dass der BF in seinem Herkunftsstaat keiner Verfolgungsgefahr iSd GFK unterliegt. Beweiswürdigung wurde insbesondere in Bezug auf das Vorbringen hinsichtlich der Verfolgung des BF durch die Polizei, die RAB-Einheit und Mitgliedern der Awami League sowie der fälschlichen Anzeige wegen Mordes als unglaubwürdig beurteilt. Zudem wurde der vom BF vorgebrachte Angriff unter Führung von XXXX und die politische Tätigkeit des BF als nicht den Tatsachen entsprechend eingestuft. Ebenso wurde festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Bangladesch keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Es wurde auch festgehalten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben des BF in Österreich darstellen.
Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.
I.1.7. Im fortgesetzten Verfahren beraumte das BFA eine erneute Einvernahme des BF am 14.07.2016 an, in der der BF zusammengefasst angab, sich seit 2013 durchgehend in Österreich aufzuhalten. Seine Ehegattin, seine beiden Kinder sowie seine Eltern und vier Geschwister würden noch in seinem Heimatland leben, er habe aber zu ihnen derzeit keinen Kontakt. Seine Ehefrau habe ein Verhältnis mit einem anderen Mann angefangen. In Österreich bestreite er seinen Lebensunterhalt als Zeitungszusteller und verdiene etwa EUR 700,00 pro Monat, er verfüge jedoch über keinen Gewerbeschein und auch über keine Beschäftigungsbewilligung. Er habe einen Deutschkurs absolviert. Er habe in Österreich einen Bekannten- und Freundeskreis. Zudem sei er Mitglied in einer österreichischen Partei, freiwilliger Helfer in einer Moschee und habe einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht.
Der BF legte im Rahmen der Einvernahme ein A2 Prüfungszeugnis, einen Mitgliedsausweis als unterstützendes Mitglied des Roten Kreuzes, zwei Arbeitsplatzzusagen, eine Mitgliedschaftsbestätigung und ein Empfehlungsschreiben des Austria Bangladesh Cultural Center, ein Referenzschreiben, einen Werkvertrag zur Abonnentenbetreuung, Honorare 01/2016-04/2016 und 02-10/2015, eine Kursbestätigung für den Erste Hilfe Kurs, eine Mitgliedbestätigung der XXXX sowie zwei Deutschkursbestätigungen vor.
I.1.8. Mit Bescheid des BFA vom 27.07.2016, XXXX , wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
Das BFA stellte im Wesentlichen fest, dass sich der BF seit 2013 im Bundesgebiet aufhalte, er keine Angehörigen in Österreich habe und keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgehe. Er verfüge über keine Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG oder über einen Gewerbeschein und arbeite offensichtlich illegal als Zeitungszusteller. Auch verfüge der BF über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat. Dem BFA lägen keine Erkenntnisse vor, wonach sich Änderungen zu den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes in Hinblick auf das Privat- und Familienleben des BF ergeben hätten, die eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden.
I.1.9. Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde und verwies darin auf seine dreieinhalbjährige Aufenthaltsdauer und Integration in Österreich sowie auf seine Erwerbstätigkeit und Deutschkenntnisse. In der Beschwerde wurde zudem ausgeführt, dass der BF den Kontakt und relevante Bindungen zu seiner Heimat verloren habe. Der Beschwerde beigelegt wurde ein B1 Deutschzertifikat.
I.1.10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.09.2016, XXXX , wurde die Beschwerde gemäß §§ 57 AsylG 2005 10, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der BF seit seiner Antragstellung am 02.02.2013 in Österreich aufhalte und daher eine derart lange Aufenthaltsdauer, wie sie nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs für die persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet sprechen würden, nicht vorliegt. Der BF verfüge zudem über kein Familienleben in Österreich. Er habe sein Privatleben zu einem Zeitpunkt begründet, als sein Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrags unsicher bzw. nur vorübergehend legalisiert gewesen sei. Der BF habe eine Deutschprüfung B1 abgelegt und arbeite offenbar illegal als Zeitungszusteller. Er verfüge über zwei Arbeitsplatzzusagen, habe Freunde in Österreich und sei Mitglied in verschiedenen Vereinen. Leistungen aus der Grundversorgung beziehe er nicht. Er sei strafrechtlich unbescholten. Der BF habe aber demgegenüber den überwiegenden Teil seines Lebens in Bangladesch verbracht, sei dort sozialisiert worden und spreche die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Verwandte des BF würden nach wie vor in Bangladesch leben. Ebenso sei davon auszugehen, dass in Bangladesch ein gewisser Freundeskreis und/oder Bekanntenkreis existiere. Dem BF habe bei der Antragstellung klar sein müssen, dass der Aufenthalt in Österreich nur ein vorübergehender sei. Bei einer Gesamtabwägung sei von keinem Überwiegen der privaten Interessen des Bf am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes auszugehen.
Auch dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.
I.2. Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz:
I.2.1. Am 27.02.2017 stellte der BF den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag), zu dem er am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Der BF gab in der Erstbefragung an, Österreich seit der Entscheidung über seinen ersten Asylantrag nicht verlassen zu haben. Auf die Frage, weshalb er einen neuerlichen Asylantrag stelle, gab er an, dass er am 02.12.2016 in seiner Heimat aufgrund seiner politischen Gesinnung von seinen politischen Gegnern bei einer Polizeistation strafrechtlich angezeigt worden sei. Ihm würden fälschlicherweise mehrere Straftaten zur Last gelegt werden. In der Anzeige scheine sein Name an der neunzehnten Stelle in der Beschuldigtenliste auf. Ihm werde Sachbeschädigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, öffentliche Ruhestörung und ein Verstoß gegen das Schnellverfahrensgesetz vorgeworfen. Außer ihm seien noch mehrere hochrangige Parteifunktionäre des Zentralparteiausschusses der BNP angezeigt worden. Da er sich in Bangladesch kein faires Verfahren erwarte, könne er nicht nach Bangladesch zurückkehren. Da es sich um einen neuen Sachverhalt handle, ersuche er, seinen Asylantrag neuerlich zu prüfen. Da die Gerichtshöfe in Bangladesch von der regierenden Partei beeinflusst werden, habe er Angst, unschuldig verurteilt zu werden. Die politisch motivierten Anzeigen würden von einer Sonderabteilung der Staatsanwaltschaft behandelt. Diese Staatsanwälte würden mit der Regierung kooperieren. Außerdem habe der BF Angst, von den Sicherheitsbehörden misshandelt zu werden. Die Änderungen seiner Situation seien dem BF seit dem 26.02.2017 bekannt. Sein Bruder habe ihn an diesem Tag angerufen und davon erzählt und ihm vorab Beweise per E-Mail übermittelt.
I.2.2. Am 19.03.2018 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen und zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung befragt. Der BF führte dabei aus, gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen. Er fühle sich nach wie vor unsicher. Die Lage in Bangladesch sei die selbe, daher habe er keine Möglichkeit, nach Bangladesch zurückzukehren.
Zu einem neu vorgelegten Schreiben seines Bruders befragt, gab der BF an, dass dieses auf den 03.12.2017 datiert sei. Ende Dezember habe er von seinem Bruder erfahren, dass Polizisten zu Hause gewesen seien und nach dem BF gefragt hätten. Es gebe ein Büro der Awami League über seiner Wohnung und so hätten sie davon erfahren, dass Polizisten da gewesen seien und Dokumente gesucht hätten. Sie hätten behauptet, dass der BF sich bereits in Bangladesch aufhalte. Wenn er da gewesen wäre, hätten sie ihn verhaftet. Sie hätten auch den Bezirksvorsteher der Awami League gefragt, ob der BF Mitglied der Awami League sei. Der Bruder des BF habe diesen gesagt, dass der BF bei der BNP sei. Mehr könne er dazu nicht angeben.
Aufgefordert, anzugeben, was sich seit seinem letzten Antrag geändert habe, führte der BF zusammengefasst aus, dass der Grund seines zweiten Antrags die unveränderte politische Lage und seine persönliche Sicherheit sei. Polizisten seien auf der Suche nach ihm und würden auch seine Familie regelmäßig belästigen. Die Parteichefin der BNP sei im Gefängnis und auch alle führenden Mitglieder würden systematisch neutralisiert werden. Er habe keine weiteren Fluchtgründe.
Nachgefragt, was es mit der vorgelegten Anzeige auf sich habe, gab der BF an, dass es sich um einen Vorfall bei einer Demonstration am 02.12.2016 gegen die Regierung handle. Danach sei der BF angeklagt worden, randaliert zu haben. Er habe dies nicht von sich aus erwähnt, weil er davon ausgegangen sei, dass das BFA bereits davon Kenntnis habe. Nach seinem negativen Bescheid habe er die Anzeige zugesendet bekommen und habe neuerlich erfahren, dass diese Anzeige existiere. Während des Vorfalls sei er die ganze Zeit in Wien gewesen.
Aufgefordert, genaue Angaben zur Anzeige zu machen, führte der BF an, dass vor der BNP-Parteizentrale eine Demonstration stattgefunden habe. Nach einer Woche sei er von seinem Bruder verständigt worden, dass er angezeigt worden sei, sein Leben unsicher sei und er nicht nach Bangladesch kommen solle. Zum Zeitpunkt der Anklage sei der BF in Wien gewesen, daher sei die Anzeige falsch. Mittlerweile seien Polizisten überall vernetzt, daher habe der BF Angst, dass er direkt am Flughafen verhaftet werden würde.
Nachgefragt, was der ursprüngliche Grund für seine Ausreise aus Bangladesch gewesen sei, gab der BF an, dass er während seiner Studienzeit politisch bei der BNP aktiv gewesen sei. Aufgrund dieser Aktivität habe er eine Verantwortung als Koordinator erworben. Zu dieser Zeit habe er viele Demonstrationen mitveranstaltet. Aus diesen Gründen sei er der regierenden Partei bekannt gewesen und infolge dessen sei er von Studenten der Awami League im Rahmen einer Demonstration attackiert und verletzt worden. Aus Panik seien die Demonstranten und auch der BF in alle Richtungen gelaufen. Der BF sei auf den Boden gefallen und Gegner hätten von allen Seiten angefangen, zu schießen. Der rechte Fuß des BF sei leicht getroffen worden. Zuschauer hätten ihm daraufhin geholfen und ihn in Sicherheit gebracht. Insgesamt sei der BF drei bis vier Mal bedroht oder verfolgt worden, zusätzlich auch telefonisch. Die Vorfälle hätten sich in den Jahren 2011 und 2012 zugetragen. Die letzte Verfolgung habe im Jahr 2012 stattgefunden.
Im Rahmen der Einvernahme legte der BF seine Geburtsurkunde, eine Anzeige wegen einer Demonstration, ein Schreiben seines Bruders zu einem Vorfall im Wohnort, Deutschkurs-Zertifikate A2 und B1, eine Mitgliedsbestätigung der XXXX sowie ein privates Empfehlungsschreiben vor.
I.2.3. In einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 15.01.2019 gab der BF ergänzend an, dass seine Frau und seine Kinder getrennt von seiner Mutter leben würden. Ansonsten würden noch die Geschwister des BF in Bangladesch leben. Ende 2017 habe er den letzten Kontakt gehabt. Wenn er mit seiner Familie in Kontakt treten würde, würde die Awami League dies erfahren, deswegen rufe der BF seine Familie nicht mehr an. Er könne nicht beantworten, wie seine Familie sich ihren Lebensunterhalt in Bangladesch finanziere. Er habe keinen Kontakt zu seiner Frau und seinen Kindern und wisse daher auch nicht wo diese leben würden. Sein Bruder habe einen Handel und seine drei Schwestern seien verheiratet. Seine Mutter lebe bei seinem älteren Bruder und dieser finanziere ihren Lebensunterhalt.
In Österreich sei der BF Mitglied in der XXXX und gehe zu traditionellen und religiösen Veranstaltungen. Er spreche Deutsch auf dem Niveau B1. Der BF lebe mit drei Bengalen in einer Wohngemeinschaft. Bis 2016 habe er als Zeitungszusteller gearbeitet. Zurzeit gehe er keiner legalen Beschäftigung nach und finanziere sich seinen Lebensunterhalt mit Unterstützung der Caritas.
Hingewiesen darauf, dass die vorgelegten Unterlagen und die Angaben des BF im Heimatland überprüft worden seien und dem Bericht zu entnehmen sei, dass weder bei der vom BF angegeben Polizeistation noch beim vom BF angegebenen Gericht Aufzeichnungen über Demonstrationen oder Ausschreitungen im vom BF genannten Gebiet im Zeitraum 01.06.2016 bis 31.12.2016 aufscheinen würden und von der Polizei niemand verhaftet und auch niemand angeklagt worden sei, gab der BF an, dass ihm ein Freund aus Bangladesch, der in einem College in XXXX studiert, dem BF gesagt habe, dass gegen den BF eine Anzeige erstattet worden sei. Der BF sei ja hier in Österreich und habe nur das weitergegeben, was ihm gesagt worden sei.
Auf Nachfrage, ob er gar nicht sicher sei, dass gegen ihn eine Anzeige erstattet worden sei, gab der BF an, dass ihm gesagt worden sei, dass es eine Anzeige gegen ihn gebe. Er habe seine Freunde gebeten, ihm alle Dokumente dazu zu schicken. Er könne es nicht überprüfen. Nachgefragt gab er an, dass er seinen Freunden nicht aufgetragen habe, gefälschte Dokumente zu beschaffen.
I.2.4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21.09.2019 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom BF erwähnte Mitgliedschaft bei einer politischen Gruppierung nicht geeignet sei, eine begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen. Sämtliche im Rahmen des Verfahrens getätigten Angaben des BF seien nicht glaubhaft gewesen. Eine aktuelle Bedrohung habe daher nicht erkannt werden können. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatstaat lasse sich eine solche nicht ableiten. Es sei dem BF zumutbar, durch eigene Arbeit das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige zu erlangen. Der BF habe auch familiäre und private Anknüpfungspunkte und Unterstützungsmöglichkeiten in Bangladesch. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" würden nicht vorliegen und würden zudem die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.
I.2.5. Mit Schriftsatz vom 19.02.2019 wurde der Bescheid des BFA seitens des - rechtsfreundlich vertretenen - BF zur Gänze angefochten.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass keine nachvollziehbare Begründung, welche Angaben das BFA vom BF gefordert hätte, um dem BF die Glaubwürdigkeit zuzugestehen, erfolgt sei. Auch die Länderrecherche habe die Befürchtungen des BF keineswegs widerlegt. Zwar hätten die Angaben des BF darin nicht bestätigt werden können, aber das Nicht-Vorhandensein von Beweisen sei nicht das Gegenteil eines Beweises. Tatsächlich habe der BF konkrete und umfangreiche Angaben zu den fluchtauslösenden Vorfällen gemacht. Dass der BF den genauen Verlauf von Ereignissen nicht in allen Details schildern könne, wäre ihm hinsichtlich seiner Glaubwürdigkeit anzurechnen gewesen, da Asylwerber in der Einvernahme stets dazu angehalten werden, nichts dazu zu erfinden oder zu spekulieren. Auch habe der BF diverse Beweismittel zur Untermauerung seines Vorbringens vorgelegt, die von der Behörde jedoch nicht beachtet worden seien. Es sei möglich, dass die bengalische Polizei in mancher Hinsicht funktionsfähig sei, aber im Fall des BF sei dies nicht zutreffend. Mit der Frage der Schutzwilligkeit der bengalischen Behörden habe sich das BFA überhaupt nicht auseinandergesetzt. Das BFA beachte insbesondere nicht, dass die gegen den BF erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe ein bloßer Vorwand seien, um den BF wegen seiner unliebsamen politischen Ansichten zu bestrafen. Soweit das BFA dem BF vorwerfe, er könne nicht verfolgt gewesen sein, weil er nicht schon früher geflüchtet wäre, sei festzustellen, dass er bereits in der Einvernahme ausführlich erklärt habe, inwiefern der Verfolgungsdruck so angestiegen sei, dass er zur Flucht gezwungen gewesen sei. Allenfalls werde um Gewährung subsidiären Schutzes ersucht, da im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage in Bangladesch und die persönliche Situation des BF die Gefahr bestehe, dass er einer existenzbedrohenden Lage ausgesetzt wäre. Zur Integration werde ausgeführt, dass der BF bereits seit sechs Jahren in Österreich aufhältig sei, er sich im Alltag problemlos auf Deutsch verständigen könne, er arbeitswillig und arbeitsfähig sowie unbescholten und selbsterhaltungsfähig sei. Zudem habe der BF Familienangehörige in Österreich.
Der Beschwerde wurden bereits vorgelegte Deutschkursbestätigungen, zwei Empfehlungsschreiben, zwei (an die Voraussetzung einer Arbeitsbewilligung bedingte) Arbeitsplatzzusagen, eine Bestätigung über die Mitgliedschaft des BF bei der XXXX , eine Bescheinigung über die Ausbildung des BF zum Ersthelfer, eine Bestätigung über die unterstützende Mitgliedschaft des BF beim Roten Kreuz, ein Foto, zwei Deutschzertifikate (B1 und A2) sowie ein Schreiben in bengalischer Sprache beigelegt.
I.2.6. Am 21.03.2019 legte das BFA die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
I.2.7. Am 07.02.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der der BF und seine Rechtsvertretung teilnahmen. Im Zuge der Verhandlung wurde der BF erneut ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Bangladesch befragt.
Eingangs wurde festgestellt, dass der BF zwar leichte gesundheitliche Probleme (Beinschmerzen und ärztlich verschriebene Therapie) habe, aber diese bei weitem nicht lebensbedrohend seien und er der Verhandlung gut folgen konnte.
Zu seiner Ehefrau, welche ihn mittlerweile verlassen habe, sowie zu seinen beiden Kindern habe er keinen Kontakt. So lange er in Bangladesch gewesen sei, habe er sie versorgt; als er ausgereist sei, nämlich 2012, habe er ihnen für ca zwei Jahre Geld gegeben; seitdem keine Unterstützung geleistet.
Er habe aber noch regelmäßigen Kontakt zu seinem Bruder und seiner Mutter. Seine Schwestern seien verheiratet.
Derzeit erhalte er Geld von der Caritas. Er habe viele Freunde, gehe Kaffee trinken oder sich ein Fußballspiel ansehen. Er reise auch viel in Österreich. Eine Beziehung oder Kinder habe er keine in Österreich, auch keine Verwandten. Wie in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht festgestellt wurde ist der deutsche Sprachwortschatz des BF sehr begrenzt, eine Konversation nur schwer möglich.
Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der BF an, dass er in Bangladesch politisch tätig war. Es gäbe aus diesem Grund Anzeigen gegen ihn, aus den Jahren 2010, 2011, 2012, und 2016. 2017 sei ein Brief seines Bruders gekommen, dass es für den BF noch immer in Bangladesch gefährlich sei. Er habe keine Maßnahmen ergriffen, um gegen diese Anzeigen in Bangladesch vorzugehen.
In Österreich sei er in Kontakt mit Leuten der BNP.
Nachgefragt, weshalb er die rechtskräftigen Gerichtsurteile der Republik Österreich, welche eine negative Asylentscheidung und eine Rückkehrentscheidung beinhalten, ignoriere, verwies der BF auf den besagten Brief seines Bruders. Er halte sich für einen gesetzestreuen Menschen und er respektiere die Gesetze, aber nicht, wenn es gegen ihn wäre. Wenn man ihm bestätigen würde, dass ihm bei seiner Rückkehr nichts passiere, dann werde er zurückkehren.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali.
Der BF ist in XXXX geboren und aufgewachsen. Er hat acht Jahre lang eine Schule besucht.
Der BF ist mit einer bengalischen Staatsangehörigen nach islamischem Recht verheiratet. Er hat zwei Kinder. Seine Ehefrau und seine Kinder sowie seine Mutter, der Bruder und die drei Schwestern des BF leben in Bangladesch. Der BF hat auch noch weitere Verwandte in Bangladesch. Der Vater des BF ist verstorben. Es besteht die Möglichkeit der Kontaktaufnahme des BF zu seinem Bruder über das Internet (Facebook).
Der BF stellte am 02.02.2013 seinen ersten Asylantrag. Dieser Antrag wurde bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.02.2013, XXXX abgewiesen. Die Beschwerde dagegen wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.11.2015, XXXX , rechtskräftig abgewiesen. Hinsichtlich der Ausweisung wurde das Verfahren an das BFA zurückverwiesen, welches in der Folge mit Bescheid vom 27.07.2016, XXXX , einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen versagte, eine Rückkehrentscheidung erließ und feststellte, dass eine Abschiebung nach Bangladesch zulässig ist. Die Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.09.2016, XXXX abgewiesen.
Der BF verließ Österreich nach Erlass rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.09.2016 - trotz Ausreiseverpflichtung - nicht und hielt sich bis zur Stellung des gegenständlichen Folgeantrags am 27.02.2017 (rechtswidrig) in Österreich auf.
In Österreich bezieht der BF Leistungen aus der Grundversorgung und geht seit seiner Einreise ins Bundesgebiet keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach.
Bis 2016 arbeitete der BF illegal als Zeitungszusteller.
Er ist in der XXXX aktiv und ist Mitglied in einem XXXX sowie unterstützendes Mitglied beim XXXX . Er hat sowohl österreichische Freunde als auch - überwiegend - Freunde anderer Nationalitäten. Der BF absolvierte in Österreich Deutschprüfungen (Niveau A2 und B1) und eine Ausbildung zum Ersthelfer. Der BF verfügt über zwei Arbeitsplatzzusagen aus den Jahren 2015 bzw. 2016.
Im Bundesgebiet befinden sich keine Familienangehörigen des BF.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Der BF ist arbeitsfähig; der BF leidet zwar an Schmerzen (Bein) und ist für eine Therapie angemeldet, aber es bestehen keine lebensbedrohenden Krankheiten.
II.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Das vom BF im Rahmen seines ersten Antrags auf internationalen Schutzes geltend gemachte Vorbringen (bezüglich seiner Stellung in der BNP, eines auf den BF erfolgten Angriff durch XXXX sowie gegen den BF erhobenen Anzeigen wegen Mordes bzw. unrechtmäßiger Versammlung, illegaler Zerstörung von Verkehrsmitteln und eines Angriffs auf die Polizei) wurde bereits rechtskräftig als unglaubwürdig qualifiziert.
Festgestellt wird, dass der BF sich danach illegal im Bundesgebiet aufgehalten hat.
Hinsichtlich des neuen Fluchtvorbringens wird festgestellt, dass gegen den BF keine Anzeige wegen der Teilnahme an einer Demonstration am 02.12.2016 in Bangladesch erstattet wurde. Festgestellt wird, dass laut den vom BFA beigezogenen Vertrauensanwalt durchgeführten Recherchen keine Aufzeichnungen über Demonstrationen oder Ausschreitungen, welche sich zwischen dem 01.06.2016 und dem 31.12.2016 im vom BF im Verfahren genannten Gebiet in XXXX zugetragen haben, gibt sowie dass es keine Aufzeichnungen über Verletzte oder Todesfälle bei Ausschreitungen, erhobene Anklagen, ausgestellte Haftbefehle oder Verhaftungen gibt und niemand von der Polizei gesucht wird.
Es wird somit festgestellt, dass sich der BF - wie bereits im Verfahren hinsichtlich seines ersten Asylantrages - wiederum gefälschter Anzeigen bedient.
Es wird festgestellt, dass dem BF somit keinerlei Glaubwürdigkeit zukommt.
Es wird festgestellt, dass der BF regelmäßig gegen österreichische Rechtsvorschriften verstoßen hat und die Rechtsordnung ignoriert.
Es wird festgestellt, dass der BF auch keinerlei Maßnahmen ergriffen hat, etwa mittels eines Anwaltes in Bangladesch, gegen die behaupteten (falschen) Anzeigen vorzugehen.
Es wird zudem festgestellt, dass die Polizei nicht zum Bruder des BF nach Hause gekommen ist und auch niemand unter dem Vorwand, von der Polizei zu sein, zum Bruder des BF nach Hause gekommen ist, nach dem BF gefragt hat und Möbel zerstört sowie nach Identitätsdokumenten und anderen Unterlagen des BF gesucht hat.
Es kann somit auch nach dem neuerlichen vom BF erstatteten Fluchtvorbringen nicht festgestellt werden, dass der BF aus politischen Gründen in seinem Herkunftsland einer konkret gegen seine Person gerichteten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt gewesen ist oder ihm im Falle seiner Rückkehr eine solche droht.
Es wird zwar festgestellt, dass der BF behaupteter Maßen Kontakt zu Leuten der BNP in Österreich hat, es wird aber auch festgestellt, dass der BF kein Vorbringen erstattet hat, wieso oder weshalb er aus diesen Kontaktnahmen im Heimatland verfolgt werden würde.
Neben der behaupteten Verfolgungsgefährdung aus politischen Gründen brachte der BF im Verfahren keine weiteren Gründe vor, auf Grund derer er in seinem Heimatland eine Verfolgung bzw. Gefährdung zu befürchten hätte.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
Politische Lage
Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) - mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern durch die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).
Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die Awami League (AL) und Bangladesh Nationalist Party (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).
Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt (DW 14.2.2019).
Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019).
Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt (HRW 13.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).
Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat auf Grund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).
Durch eine Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 12.2018).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018):
Bangladesch - Innenpolitik,
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AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):
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https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019
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BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019
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BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019
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DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,
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DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3
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DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019
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Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results,
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ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu-Delhi (12.2018):
Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].
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WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019,
http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019
Sicherheitslage
Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere zwischen der Awami League und der Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).
Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen auf Grund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).
Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).
Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).
In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017