Entscheidungsdatum
13.02.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W124 2124990-2/27E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asylg vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:
A)
Das Verfahren wird gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG bis zum rechtskräftigen Abschluss des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft XXXX bzw. diesbezüglich rechtskräftigen Urteils ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid vom XXXX , des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, gegen seine Person eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, erlassen sowie wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist. Abschließend wurde eine Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG von 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt IV).
3. Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei innerhalb der offenen Frist am XXXX Beschwerde.
4. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , wurde der Bescheid der belangten Behörde vom XXXX gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , wurde der beschwerdeführenden Partei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wird hinsichtlich des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, wurde gegen seine Person eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, erlassen sowie wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).
6. Innerhalb offener Frist wurde am XXXX gegen den genannten Bescheid Beschwerde erhoben.
7. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der die beschwerdeführende Partei teilgenommen hat. In der Verhandlung wurden Zeugen einvernommen, welche zur nachträglich bekanntgegebenen Homosexualität des Beschwerdeführers aussagten.
8. Im Zuge eines Parteiengehörs wurde am XXXX von der rechtsfreundlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei eine schriftliche Stellungnahme sowie eine Anordnung der Vorführung zur sofortigen Vernehmung vom XXXX der Staatsanwaltschaft Wien vorgelegt. Inhaltlich besteht der Verdacht, das Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs. 1 Z 2 zweiter Fall, Abs. 3, zweiter Satz, zweiter Fall, StGB begangen zu haben.
9. Am XXXX wurde an die Staatsanwaltschaft Wien eine Anfrage hinsichtlich der Anklageerhebung zur obgenannten Angelegenheit gerichtet, welche am XXXX dahingehend bekanntgegeben wurde, dass sich das Verfahren im Ermittlungsstadium befindet. Begründet wurde dies damit, dass die Auswertung der sichergestellten Datenträger eine gewisse Zeit in Anspruch nehme.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Klärung der Frage, ob der Beschwerdeführer hinsichtlich des Verdachts des Vergehens der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs. 1 Z 2 zweiter Fall, Abs. 3, zweiter Satz, zweiter Fall, StGB begangen zu haben, befindet sich das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien derzeit im Stadium der Ermittlungsphase. Eine Anklage ist noch nicht erhoben worden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Aussetzung des Verfahrens
3.3. Gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG ist die Behörde (das Verwaltungsgericht), sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid (ihrer Entscheidung) zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Im gegenständlichen Fall wurde von der rechtsfreundlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei eine Anordnung der Vorführung zur sofortigen Vernehmung vom XXXX der Staatsanwaltschaft Wien vorgelegt. Inhaltlich besteht der Verdacht, das Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs. 1 Z 2 zweiter Fall, Abs. 3, zweiter Satz, zweiter Fall, StGB begangen zu haben. Das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien befindet sich im Ermittlungsstadium.
Im Hinblick der in der Verhandlung des BVwG erstmals vorgebrachten sexuellen Orientierung, stellt der Ausgang dieses Strafverfahrens für das beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren bei der Frage der Gewährung bzw. Nichtgewährung des internationalen Schutzes eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar.
Im Fall der Anhängigkeit eines Verfahrens über die Vorfrage, steht es im Ermessen der Behörde, das Verfahren zu unterbrechen oder selbst die Vorfrage zu beurteilen. § 38 AVG regelt nun nicht im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen die Behörde die Vorfrage selbst zu beurteilen hat oder von der Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens Gebrauch machen kann. Sie ist aber deswegen nicht völlig ungebunden. Ihre Entscheidung kann nämlich in der Richtung hin auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden, ob sie diese Entscheidung im Sinne des Gesetzes getroffen hat. Die Überlegungen, von denen sie sich dabei leiten lassen muss, werden vornehmlich solche der Verfahrensökonomie sein (vgl. etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 38 Rz 59 f genannten weiteren Kriterien der möglichsten Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis, der Erzielung möglichst richtiger und einheitlicher Entscheidungen samt Vermeidung von Wiederaufnahmen; demgegenüber das Postulat der möglichst raschen Beendigung des Verfahrens). Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie könnte dann nicht als vorrangig angesehen werden, wenn die Behörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren zur selbstständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage gewesen wäre (VwGH 30.05.2001, 2001/11/0121, mwN; 19.12.2012, 2012/08/0212).
Die Beurteilung, ob der Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zukommt, wäre ohne Durchführung eines aufwendigen Ermittlungsverfahrens nicht möglich, weshalb im Sinne der Raschheit und Einfachheit die Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens jedenfalls bis zum Abschluss des im Spruch genannten Verfahrens zur Feststellung, ob eine Anklage gegen den Beschwerdeführer hinsichtlich des Verdachts, das Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs. 1 Z 2 zweiter Fall, Abs. 3, zweiter Satz, zweiter Fall, StGB, erhoben wird, zu beschließen war.
3.4. Die Verfahrensparteien sind im Lichte ihrer Mitwirkungspflicht gehalten, dem Bundesverwaltungsgericht nach rechtskräftigem Abschluss des bei der zuständigen Staatsanwaltschaft anhängigen Verfahrens dessen Ergebnis unverzüglich mitzuteilen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aussetzung, Ermittlungsverfahren, StaatsanwaltschaftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W124.2124990.2.00Zuletzt aktualisiert am
29.06.2020