TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/23 G305 2226695-4

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Veröffentlicht am 23.04.2020
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Entscheidungsdatum

23.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76

Spruch

G305 2226695-4/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS, als Einzelrichter über die Anhaltung des XXXX, geb. XXXX, StA.: Irak alias Tunesien alias Palästina, Zl. XXXX, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft, zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), RD Wien, vom XXXX.11.2019, wurde gegen XXXX (im Folgenden: betroffener Fremder oder kurz: BF), gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

2. Nachdem das BFA, RD Steiermark, den Akt am 30.03.2020 gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur amtswegigen Überprüfung der Anhaltung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung vorlegte, stellte das Bundesverwaltungsgericht mit hg. Erkenntnis vom 02.04.2020, GZ: G312 2226695-2, gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

3. Nachdem das BFA, RD Steiermark, die Akten betreffend den BF am 14.04.2020 neuerlich zur amtswegigen Überprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG der seit 02.12.2019 andauernden Anhaltung in Schubhaft zur Vorlage brachte, wurde die (verfrühte) Aktvorlage mit Beschluss vom 14.04.2020, GZ: G305 2226695-3, wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes als unzulässig zurückgewiesen.

4. Am 23.04.2020 wurde der Akt betreffend den BF vom BFA, RD Stmk., dem BVwG der Akt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG neuerlich zur amtswegigen Überprüfung der Anhaltung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Festgestellt wird, dass betroffene Fremde seit 03.11.2019 durchgängig in Schubhaft angehalten wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft erwecken.

1.2. Der BF reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt, spätestens jedoch am 20.05.2002 nicht rechtmäßig nach Österreich ein.

Er wurde am 20.05.2002 festgenommen und in die JA XXXX in U Haft überstellt. Er befand sich von 22.05.2002 bis 03.09.2002 in Strafhaft.

Mit Bescheid vom XXXX.09.2002 wurde ein unbefristetes Aufenthaltsverbot über ihn verhängt.

Am 17.09.2002 stellte der BF erstmals einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz.

Im Jahr 2003 wurde er neuerlich festgenommen und befand sich vom 07.04.2003 bis 18.09.2003 in Schubhaft. Er erklärte sich bereit, sich selbst um ein HRZ zu bemühen und Österreich freiwillig zu verlassen, worauf er in weiterer Folge entlassen wurde.

In der Folge zog er den Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz zurück.

Vom 02.10.2003 bis 16.10.2003 befand er sich neuerlich in Schubhaft. Im Stande der Schubhaft wurde bei der irakischen Botschaft um die Ausstellung eines Heimreisezertifikats (HRZ) angesucht. In der Folge wurde der BF wieder freigelassen.

Am 26.04.2004 wurde er in Untersuchungshaft genommen und in die JA XXXX eingeliefert. Dort verbüßte er von 27.04.2004 bis 23.10.2004 eine über ihn verhängte Freiheitsstrafe.

Am 15.11.2004 beantragte er neuerlich Asyl, doch wurde dieser Antrag mit Bescheid des BFA vom 14.04.2008 abgewiesen und seine Ausweisung für zulässig erklärt, dabei ging man aufgrund einer Sprachanalyse von der tunesischen Staatsangehörigkeit des ZA aus. Das betreffende Verfahren wurde aufgrund seines unbekannten Aufenthalts am 17.12.2009 eingestellt.

Am 10.05.2010 wurde ZA im Wege des Dublin-Verfahren aus der Schweiz nach Österreich rücküberstellt. Dabei wurden im Zusammenhang mit ZA die Aliasnamen - Nachnamen XXXX, XXXX und XXXX, die Vornamen XXXX, XXXX und XXXX sowie die Staatsangehörigkeiten Irak und Tunesien - bekannt. Gegen ihn wurde die Schubhaft angeordnet und er am 07.07.2010 wieder entlassen.

Am 03.05.2012 wurde ZA wieder festgenommen und in die JA XXXX verbracht, er befand sich von 03.05.2012 bis 08.06.2012 in Strafhaft.

Am 24.10.2012 wurde der BF von der LPD XXXX wieder festgenommen und ins XXXX einliefert, am 25.10.2012 jedoch wieder aus der Haft entlassen.

Da der BF wieder aufgetaucht war, setzte der Asylgerichtshof das Asylverfahren des BF fort, musste es jedoch aufgrund des erneuten Untertauchens des BF und eines damit zusammenhängenden unbekannten Aufenthaltes am 18.12.2013 einstellen.

Am 17.09.2014 wurde der BF aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthaltes festgenommen und ins XXXX eingeliefert. Am 18.09.2014 wurde er wieder aus der Haft entlassen.

Nachdem das vormalige Asylverfahren wegen Zeitablauf nicht neuerlich fortgeführt werden konnte, beantragte der BF im Jahr 2014 ein weiteres Mal Asyl.

Von 14.03.2015 bis 12.06.2015 befand er sich wiederum in Strafhaft.

Das zweite Asylverfahren musste 2016 - ebenso wegen Untertauchens und unbekannten Aufenthaltes des BF - eingestellt werden.

Am 11.06.2018 beantragte er zum wiederholten Mal Asyl und gab sich diesmal als tunesischer Staatsangehöriger aus, der in Gaza - Palästina - Irak geboren sei.

Mit Bescheid des BFA vom XXXX.11.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn ein fünfjähriges Einreiseverbot verhängt. Dieser Bescheid wurde dem betroffenen Fremden am XXXX.11.2018 durch Hinterlegung zugestellt und ist in Rechtskraft erwachsen.

Gleichzeitig wurde gegen den BF ein fünfjähriges Einreiseverbot verhängt, welches ebenfalls in Rechtskraft erwuchs.

Am 31.05.2019 wurde mit den Land Tunesien ein Verfahren zur Ausstellung eines HRZ eingeleitet.

Bis dato verweigerte der BF jedoch eine Zusammenarbeit mit der Fremdenbehörde, indem er im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht mitwirkte und seine Abschiebung durch Verwendung von mehreren Identitäten zu verhindern versuchte.

Am 18.06.2019 leitete das BFA erneut ein Verfahren zur Erlangung eines HRZ für den BF ein und verpflichtete ihn mit Bescheid vom 15.07.2019, sich binnen drei Tagen in der Betreuungsstelle XXXX einzufinden und dort Unterkunft zu nehmen. Der Bescheid wurde dem BF am XXXX.07.2019 persönlich zugestellt. Am 19.07.2019 teilte die Betreuungsstelle mit, dass der BF der Verpflichtung, sich in die XXXX zu begeben, nicht nachgekommen sei.

Am 10.10.2019 langte eine Note der tunesischen Botschaft über die Ablehnung der Ausstellung eines HRZ beim BFA ein.

Am 28.10.2019 leitete das BFA ein Verfahren zur Erlangung eines HRZ mit den Staaten Algerien und Marokko ein.

Am 31.10.2019 wurde gegen XXXX ein Festnahmeauftrag erlassen. Am 02.12.2019 erfolgte seine Festnahme am Wiener Westbahnhof und seine Einlieferung ins XXXX. Mit Bescheid des BFA vom XXXX.12.2019 wurde gegen ihn zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und der Bescheid ihm persönlich zugestellt.

Hinsichtlich der HRZ Verfahren mit Marokko und Algerien erfolgten laufend Urgenzen so insbesondere am 07.01.2020, 31.01.2020, wobei mit Algerien bereits ein Interview vereinbart wurde. Das mit Irak durchgeführte HRZ Verfahren wurde mittlerweile eingestellt, da die HRZ-Erteilung negativ beschieden wurde.

Die Beschwerde gegen die Schubhaft wurde am 23.12.2019 durch das BVwG,

W112 2226695-1/29Z, als unbegründet abgelehnt und die Fortsetzung der Schubhaft angeordnet.

Am 05.02.2020 wurde der BF von der marokkanischen Botschaft als dessen Staatsbürger nicht identifiziert, am 11.02.2020 erfolgte eine neuerliche Urgenz an die algerische Botschaft.

1.3. Der BF hält sich seit 2002 überwiegend illegal in Österreich auf, er verfügt über keine Aufenthaltsberechtigung. Das Asylverfahren ist bereits rechtskräftig negativ abgeschlossen. Er verfügte bis dato über verschiedene Wohnsitze in Österreich (Obdachlosenheime, etc.), hielt sich jedoch überwiegend untergetaucht und ohne Wohnsitz in Österreich auf. Er ist nicht bereit in seinen Heimatstaat zurückzukehren.

Er ist unkooperativ und hat bereits mehrere Jahre die belangte Behörde getäuscht, indem er vorgab irakischer Staatsbürger zu sein bzw. versuchte seine Herkunft zu verschleiern. Nur durch aufwendige Ermittlungstätigkeiten der belangten Behörde konnten mittlerweile mehrere Länder als Herkunftsstaat des BF ausgeschlossen werden. Sobald die Situation mit COVID-19 zu Ende ist, kann der BF der algerischen Delegation - im Rahmen des Schubhaftverfahrens - vorgeführt werden. Bei ihm besteht gravierende Fluchtgefahr, da aus dem bisherigen Verhalten davon auszugehen ist, dass er eine Freilassung zum Untertauchen und zur Flucht nutzen wird.

1.4. Der BF verfügt über keinerlei berufliche, familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig.

1.5. Er wurde in Österreich mehrmals strafrechtlich verurteilt:

1) LG XXXX, XXXX wegen §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 8 Monate unbedingt, Probezeit 3 Jahre, XXXX befand sich von 22.05.2002 bis 03.09.2002 in Strafhaft

2) LG XXXX, XXXX wegen §§ 127, 15, 229 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten, Probezeit 3 Jahre, Strafhaft von 27.04.2004 bis 23.10.2004

3) LG XXXX, XXXX wegen §§ 241e Abs. 3 StGB, 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG, 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten bedingt, Probezeit 3 Jahren, von 14.03.2015 bis 12.06.2015 in Strafhaft.

1.6. Es liegen die Voraussetzungen aus Sicht des erkennenden Gerichtes für die Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft noch immer vor. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Risiko, dass der BF untertaucht, bevor ein Heimreisezertifikat ausgestellt und er anschließend abgeschoben wird, als schlüssig anzusehen ist und von massiver Fluchtgefahr auszugehen ist. Im Übrigen hat sich an der mangelnden Kooperationsbereitschaft des BF in Hinblick auf die Klärung seiner wahren Identität seit der letzten inhaltlichen Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht am 02.04.2020 nichts geändert.

2. Beweiswürdigung:

Den Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts. Auf dieser Grundlage waren die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt A.:

Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die Fortsetzung der seit 03.11.2019 andauernden Schubhaft wegen des Vorliegens einer massiven Fluchtgefahr (gem. § 76 Abs. 2 Z 2 iVm. Abs. 3 FPG) weiterhin als erforderlich und die Anhaltung in Schubhaft wegen Überwiegens des öffentlichen Interesses an der Sicherung der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Vergleich zum Recht des betroffenen Fremden auf persönliche Freiheit auch als verhältnismäßig.

Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des ZA mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass er seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen.

Der BF hat im bisherigen Verfahren keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Sein in der Vergangenheit gezeigtes Verhalten schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel (wie insb. die Zuweisung zum Rückkehrberatungszentrum) aus.

Es besteht nicht nur ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts, es besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse, Fremde nach abgeschlossenem negativen Asylverfahren, die sich ohne Rechtsgrundlage in Österreich aufhalten, außer Landes zu bringen.

In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird. Das Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates erfolgte zeitnah, die belangte Behörde ist mit den betreffenden Staaten in laufenden Kontakt und ist nach positiver Identifizierung zeitnah mit einer Abschiebung auf dem Flugweg nach Ende der Corona-Virus-Situation zu rechnen.

Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit andererseits ergibt somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Durchführung der Abschiebung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Dass besondere, in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen, die der Schubhaft entgegenstehen würden, ist nicht hervorgekommen.

Der BF hat im Bundesgebiet weder familiäre noch soziale noch berufliche noch sprachliche noch sonstige Bindungen geltend gemacht. Angesichts seines Gesamtverhaltens kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass er an seiner Abschiebung mitwirken wird und ist von einer erheblichen Ausreiseunwilligkeit und der Bereitschaft, unterzutauchen, auszugehen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass der BF immer wieder ausdrücklich erklärte, nicht in den Heimatstaat zurück zu wollen. Damit hat er seine Ausreiseunwilligkeit selbst unterstrichen und ist daher eine massive Fluchtgefahr gegeben.

Die Anhaltung in Schubhaft erweist sich somit weiterhin zum Zweck der Sicherung der Abschiebung wegen Fluchtgefahr als notwendig und auch als verhältnismäßig. Die andauernde Schubhaft kann daher fortgesetzt werden, weshalb wie im Spruch angeführt zu entscheiden war.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Angaben des BF vor der belangten Behörde im Rahmen seiner niederschriftlich dokumentierten Einvernahme und den bisherigen Schubhaftüberprüfungen (auch vor dem BVwG) geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG iVm 24 Abs. 4 VwGVG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

II. Zu Spruchpunkt B.

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH vom 19.02.2015, Zl. Ro 2013/21/0075, vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, und vom 19.05.2015, Zl. Ro 2014/21/0071, sowie auch der die Schubhaft betreffenden Erkenntnisse des VfGH vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., und E 4/2014.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit,
Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G305.2226695.4.00

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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