TE Vwgh Beschluss 1998/3/9 97/10/0124

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Veröffentlicht am 09.03.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
70/01 Schulverwaltung Schulaufsicht;
70/02 Schulorganisation;

Norm

AVG §56;
BSchulAufsG §1 Abs2;
BSchulAufsG §3 Abs1 Z3;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art18 Abs2;
SchOG 1962 §114;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde der E in Eben, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Landesschulrates für Salzburg vom 6. Juni 1997, Zl. 6-3029/28-97, betreffend Festsetzung einer Beurteilung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin trägt unter anderem vor, sie sei seit 1988 Vertragslehrerin an einer Berufsschule. Sie habe zwei Lehramtsprüfungen absolviert. Im Jahr 1997 sei sie zur Erweiterungsprüfung im Pflichtgegenstand "Deutsch und Kommunikation an Berufsschulen" angetreten. Bei der Prüfung am 6. Mai 1997 habe sie eine völlig einwandfreie und unzweifelhaft positive Leistung erbracht. Dennoch habe die - aus näher dargelegten Gründen nicht den einschlägigen Vorschriften entsprechend zusammengesetzte - Prüfungskommission erklärt, daß sie durchgefallen sei. Unter Berufung auf diese Beurteilung werde mit dem angefochtenen Bescheid "die Benotung des Prüfungsergebnisses mit Nicht genügend festgesetzt". Mittlerweile sei sie nochmals zur Prüfung angetreten; die Beurteilung habe auf "genügend" gelautet. Richtigerweise wäre ihre Leistung jedoch mit "Sehr gut" zu bewerten gewesen; dies habe auch ein bei der Prüfung anwesender Schuldirektor bestätigt. Unbeschadet dieser Fehlbeurteilung liege somit nunmehr eine positive Beurteilung in bezug auf die Wiederholungsprüfung vor. Nichts desto weniger sei der angefochtene Bescheid ein Faktor, der sich in der weiteren beruflichen Laufbahn der Beschwerdeführerin negativ auswirken könne. Es sei darin mindestens eine negative Feststellungsentscheidung zu erblicken, die bei künftigen Bewerbungen den Ausschlag zu Ungunsten der Beschwerdeführerin geben könne. Ihre Rechtsstellung werde daher durch den angefochtenen Bescheid dauerhaft verschlechtert.

Mit der angefochtenen, als "Entscheidung" überschriebenen Erledigung des Landesschulrates für Salzburg wird "auf Grund der Entscheidung der Prüfungskommission für die Erweiterungsprüfungen im Pflichtgegenstand "Deutsch und Kommunikation" an Berufsschulen vom 6. Mai 1997 die Beurteilung des Lehrauftrittes von Frau Elisabeth E. mit "Nicht genügend" festgesetzt". Unter dem Titel "Begründung" wird die Aufgabenstellung des Lehrauftrittes und dessen Ablauf geschildert sowie die Auffassung vertreten, es sei das Thema verfehlt worden, weil weder in der Präsentations- noch in der Rückmeldungsphase eine Aufbereitung der geplanten Inhalte erfolgt sei. Die Schülerinnen hätten eine Übung zu absolvieren gehabt, ohne über deren Sinn und Zweck informiert zu sein. Unter der Überschrift "Rechtsmittelbelehrung" wird dargelegt, daß gegen diese Entscheidung kein ordentliches Rechtsmittel möglich sei. Die Erledigung ist "für den amtsführenden Präsidenten: gez. Mag. E." und "F.d.R.d.A." unter Beisetzung einer Unterschrift und der Stampiglie der belangten Behörde gefertigt.

Die Beschwerde vertritt - jeweils mit näherer Begründung - die Auffassung, die Bescheidqualität der Erledigung sei zu bejahen; die belangte Behörde sei unzuständig, weil es an jeder Rechtsgrundlage für die Erlassung des angefochtenen Bescheides fehle, aber auch deshalb, weil sich der Bescheid auf die "Beurteilung" einer "Prüfungskommission" gründe, die mangels gesetzlicher Vorschriften über Konstituierung und Verfahren nicht gesetzmäßig eingerichtet sei. Des weiteren macht die Beschwerde - zum Teil ausgehend von Vorschriften eines noch näher zu erörternden Erlasses - Verletzung von Verfahrensvorschriften bei der Beurteilung der Prüfung geltend.

Die Beschwerde ist sowohl mit ihrer Auffassung, daß es sich bei der in Rede stehenden Erledigung um einen Bescheid handle, als auch damit im Recht, daß die belangte Behörde zu dessen Erlassung unzuständig war.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß die Verkündung von Prüfungsergebnissen und die Ausfertigung von Prüfungszeugnissen nicht als Erlassung eines Bescheides, sondern als die Bekanntgabe eines Gutachtens anzusehen sind, an das in der Regel bestimmte Rechtsfolgen geknüpft sind (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 12. Juni 1975, Slg. 8.842/A, vom 11. September 1985, Zl. 85/03/0029, und vom 19. April 1995, Zl. 93/12/0264). Keine gesetzliche Vorschrift räumt der belangten Behörde eine Zuständigkeit dafür ein, über das Ergebnis einer Lehramtsprüfung (Erweiterungsprüfung) oder gar - wie hier - über die Beurteilung eines lediglich einen Teil des Prüfungsvorganges darstellenden "Lehrauftrittes" einen Bescheid zu erlassen. Dabei ist zu bemerken, daß eine gesetzliche Regelung des Ablaufes von Lehramtsprüfungen für Berufsschulen überhaupt fehlt. Zwar sieht § 114 SchOrgG eine solche Prüfung vor, erwähnt die Prüfungskommission, legt die Zuständigkeit für die Bestellung des Vorsitzenden fest und regelt die mit der erfolgreichen Ablegung der Prüfung verbundenen Berechtigungen; weitere Vorschriften, insbesondere über das Prüfungsverfahren, fehlen jedoch. Solche finden sich im Erlaß des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Sport vom 23. Oktober 1985, MVB Nr. 143, über eine Prüfungsvorschrift für die an den Berufspädagogischen Akademien durchzuführenden Lehramtsprüfungen und Erweiterungsprüfungen idgF; dieser stellt jedoch mangels gehöriger Kundmachung keine Rechtsquelle dar, die der Verwaltungsgerichtshof anzuwenden hätte. Im vorliegenden Zusammenhang ist allerdings zu bemerken, daß nicht einmal der erwähnte Erlaß die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen, die Beurteilung eines Lehrauftrittes festsetzenden Bescheides ermächtigte.

Es ist somit festzuhalten, daß die Verkündung eines Prüfungsergebnisses und die Ausfertigung eines Prüfungszeugnisses (sowie die Mitteilung der Beurteilung eines Prüfungsvorganges bzw. -elementes) als solche keinen Bescheid darstellt; ferner, daß keine gesetzliche Vorschrift die belangte Behörde ermächtigte, gegenüber der Beschwerdeführerin einen die "Beurteilung des Lehrauftrittes festsetzenden" Bescheid zu erlassen.

Dessen ungeachtet ist der vorliegenden Erledigung Bescheidcharakter zuzusprechen, auch wenn diese nicht als Bescheid, sondern als "Entscheidung" bezeichnet wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 14. Juni 1995, Zl. 95/12/0110 und die dort zitierte Rechtsprechung) ist dann, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält, das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut, sowie ihre sprachliche Gestaltung keine Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich. An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muß hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen udgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden.

Daran, daß seitens der belangten Behörde die Erlassung eines Bescheides intendiert war, besteht angesichts des Inhaltes des Abspruches und der Form der Erledigung - der Gliederung in Spruch und Begründung, der Fertigung und der Beigebung einer Rechtsmittelbelehrung - kein Zweifel. Der Annahme des Bescheidcharakters steht auch nicht entgegen, daß das Gesetz die belangte Behörde zur Erlassung eines solchen Bescheides nicht ermächtigt.

Die Beschwerde ist jedoch aus einem anderen Grund unzulässig.

Gemäß § 3 Abs. 1 lit. c Bundes-Schulaufsichtsgesetz (BSchAufsG) ist der Bundesminister für Kunst und kulturelle Angelegenheiten sachlich zuständige Schulbehörde des Bundes in erster Instanz u.a. für die Berufspädagogischen Akademien. Im vorliegenden Fall war die Zuständigkeit als Schulbehörde erster Instanz ohne gesetzliche Grundlage vom Landesschulrat in Anspruch genommen worden; eine gesetzliche Regelung, die insoweit den Instanzenzug beschränkt, besteht nicht. Nach § 3 Abs. 1 Z. 3 BSchAufsG ist der Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten sachlich zuständige Schulbehörde des Bundes in oberster Instanz für das gesamte Schulwesen im Sinne des § 1 Abs. 2. Gemäß § 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges. Die vorliegende, nach den Darlegungen in den Beschwerdegründen im Hinblick auf die dem angefochtenen Bescheid beigegebene Rechtsmittelbelehrung vorsichtsweise und bei gleichzeitiger Erhebung einer Berufung an den Bundesminister erhobene Beschwerde ist daher mangels Erschöpfung des Instanzenzuges unzulässig. Bei diesem Ergebnis war auf die Frage, ob angesichts des Umstandes, daß die Beschwerdeführerin die in Rede stehende Prüfung mittlerweile erfolgreich abgelegt hat, in Ansehung der vorliegenden Beschwerde noch ein Rechtsschutzbedürfnis bestünde (vgl. die Beschlüsse vom 24. Jänner 1994, Zl. 93/10/0198, und vom 8. August 1996, Zl. 95/10/0192) nicht einzugehen.

Die Beschwerde war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Allgemein Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetze Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997100124.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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