TE Vwgh Beschluss 2020/5/29 Ra 2019/10/0144

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Veröffentlicht am 29.05.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
82/05 Lebensmittelrecht

Norm

B-VG Art133 Abs4
LMSVG 2006 §5 Abs2 Z3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des H B in S, vertreten durch Dr. Michael Dyck und Dr. Christine Monticelli, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Imbergstraße 15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 12. Juni 2019, Zl. LVwG 30.11-2805/2018-9, betreffend Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld vom 24. September 2018 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe es als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlich Beauftragter der X GmbH mit Sitz in W (Salzburg) unterlassen, dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (im Folgenden: LMSVG) eingehalten werden, da die X GmbH am 6. April 2017 in der Filiale in F (Steiermark) das Produkt „[Y] Babywasser, natürl. Mineralwasser“ mit folgenden auffälligen Angaben innerhalb der Kennzeichnung durch Feilbieten im Verkaufsregal in Verkehr gebracht habe: „[Y] Babywasser, hochwertige Wasserqualität“; „natürliches Mineralwasser aus der [Z]-Felsenquelle“; „abkochen nicht erforderlich“. Das Produkt sei in Verkehr gebracht worden, obwohl es verboten sei, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben, wobei die Angaben „[Y] Babywasser, hochwertige Wasserqualität“ und „abkochen nicht erforderlich“ Angaben seien, die dem Wasser besondere Eigenschaften zuschrieben, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besäßen und diese Angaben daher zur Irreführung geeignet seien (1. Übertretung). Das Produkt sei zudem in Verkehr gebracht worden, obwohl die dem Wortlaut nach verordnungskonforme Bezeichnung „natürliches Mineralwasser aus der [Z]-Felsenquelle“, die der Handelsbezeichnung „[X] Babywasser“ folge, kleiner ausgeführt sei als die Handelsbezeichnung, ebenso wie die Angabe des Ortes „[W]“ im Beschreibungstext zur „[Z]-Felsenquelle“, wodurch die Bestimmungen der Mineralwasser- und Quellwasserverordnung nicht erfüllt seien (2. Übertretung).

2        Der Revisionswerber habe damit (zu 1.) gegen § 5 Abs. 2 und § 21 LMSVG iVm § 2 Abs. 1 Z 2 und § 3 Abs. 1 der Mineralwasser- und Quellwasserverordnung sowie (zu 2.) gegen § 6 Abs. 1 LMSVG iVm § 11 Abs. 3 der Mineralwasser- und Quellwasserverordnung verstoßen, weshalb über ihn (zu 1.) gemäß § 90 Abs. 1 LMSVG eine Geldstrafe in der Höhe von € 200,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit vier Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) sowie (zu 2.) gemäß § 90 Abs. 3 Z 2 LMSVG eine Geldstrafe in der Höhe von € 100,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit zwei Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 12. Juni 2019 wurde die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Strafbestimmung zu 1. § 90 Abs. 1 Z 1 LMSVG zu lauten habe. Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 25a VwGG die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4        Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Mineralwasser- und Quellwasserverordnung schreibe vor, welche Voraussetzungen natürliche Mineralwässer erfüllen müssten (ursprüngliche Reinheit, frei von Mikroorganismen etc.); diese Kriterien müssten sämtliche Mineralwässer aufweisen. Dadurch, dass das gegenständliche Produkt mit der Kennzeichnung „hochwertige Wasserqualität“ versehen gewesen sei, sei dem Konsumenten suggeriert worden, dass die Wasserqualität besser sei als bei vergleichbaren Produkten. Wenn in der Beschwerde damit argumentiert werde, dass die gesetzlich vorgegebenen zulässigen Höchstwerte nicht einmal annähernd erreicht würden, sei darauf zu verweisen, dass sich natürliche Mineralwässer bezüglich des Anteils ihrer Inhaltsstoffe unterscheiden könnten, alle aber die gesetzlichen Mindestvorgaben einhalten müssten. Durch die Angabe „abkochen nicht erforderlich“ werde dem Verbraucher suggeriert, dass dies ein besonderes Qualitätsmerkmal des Produktes sei und offensichtlich bei anderen natürlichen Mineralwässern ein Abkochen erforderlich sei. Auch hier liege eine Irreführung der Konsumenten im Sinne des § 5 Abs. 2 LMSVG vor. Wenn der Revisionswerber vorbringe, dass die Klärung der Frage, ob Mineralwasser noch abgekocht werden müsse, in Internetforen omnipräsent sei, so rechtfertige dies nicht das Herausstellen eines Qualitätsmerkmales, das ohnedies alle natürlichen Mineralwässer aufweisen würden.

5        Nach § 11 Abs. 3 der Mineralwasser- und Quellwasserverordnung müsse die Angabe des Ortes oder der Name der Quelle in Buchstaben angebracht sein, die mindestens eineinhalb Mal so hoch und breit seien wie der größte Buchstabe, der für die Handelsbezeichnung benutzt werde, wobei dies sinngemäß auch für die Werbung gelte. Dem Gutachten der AGES seien Fotoauszüge der Verpackung des Produktes angeschlossen, denen zufolge die Handelsbezeichnung größer geschrieben sei als die Wortfolge „aus der [Z]-Felsenquelle“. Somit liege eindeutig eine Übertretung des § 11 Abs. 3 der Mineralwasser- und Quellwasserverordnung vor.

6        Zum Beschwerdeeinwand der Unzuständigkeit der belangten Behörde sei auszuführen, dass die Mineralwasser- und Quellwasserverordnung aufgrund des Lebensmittelgesetzes 1975 erlassen worden sei und bei der Begriffsbestimmung des § 3 Z 9 LMSVG über das Inverkehrbringen bei ursprünglich aufgrund des Lebensmittelgesetzes 1975 erlassenen Verordnungen auch das Feilhalten als Art des Inverkehrbringens angeführt sei. Gerade dies werde dem Revisionswerber zur Last gelegt, wenn ihm im Spruch des Straferkenntnisses vorgeworfen werde, dass das gegenständliche Produkt durch Feilbieten im Verkaufsregal am 6. April 2017 in der Filiale in F in Verkehr gebracht worden sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handle es sich beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit zur Irreführung geeigneten Angaben bzw. mit nicht gesetzeskonformer Kennzeichnung um ein Begehungsdelikt. Tatort sei der Ort, wo das Lebensmittel in Verkehr gebracht worden sei. Dem Revisionswerber als verantwortlich Beauftragtem werde nicht der Vorwurf gemacht, er habe es unterlassen, dafür zu sorgen, dass die unrichtig gekennzeichnete Ware nicht in Verkehr gebracht werde, es werde ihm vielmehr der Vorwurf des Inverkehrbringens dieser Ware gemacht (Verweis auf VwGH 25.2.2003, 2001/10/0257; 29.5.1995, 94/10/0173, VwSlg. 14262 A). Trotz der insofern unpräzisen Formulierung im Straferkenntnis habe die belangte Behörde in der Einleitung des Spruches ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass das Produkt durch Feilbieten im Verkaufslokal in Verkehr gebracht worden sei. Auch der angegebene Tatort stehe mit der Qualifikation als Begehungsdelikt im Einklang (Verweis auf VwGH 14.6.2012, 2009/10/0080; 21.10.2010, 2010/10/0144).

7        Soweit weiters gerügt werde, dass im Spruch die Feststellung fehle, wonach das Produkt in einem zur Abgabe an den Letztverbraucher bestimmten Behältnis abgefüllt gewesen sei, so ergebe sich dies zwangsläufig aus der Formulierung im Spruch, dass das Produkt durch Feilbieten im Verkaufsregal in Verkehr gebracht worden sei. Ein Verstoß gegen § 44a Z 1 VStG liege nicht vor.

8        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

9        Das Verwaltungsgericht legte die Akten vor.

10       Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

11       Die Revision erweist sich als unzulässig:

12       Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

14       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 26.9.2019, Ra 2018/10/0074, mwN).

16       Die vorliegende außerordentliche Revision macht in ihrer Zulässigkeitsbegründung zunächst geltend, das Verwaltungsgericht habe gegen fundamentale Verfahrensgrundsätze verstoßen und sei damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil die belangte Behörde örtlich unzuständig gewesen sei. Dem Revisionswerber sei im Spruch des Straferkenntnisses ein Unterlassungsdelikt vorgeworfen worden, sodass als Tatort jener Ort anzusehen sei, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Dies sei jener Ort, an dem die Unternehmensleitung ihren Sitz habe, im Revisionsfall daher in W (Salzburg). Selbst wenn man aber wie das Verwaltungsgericht davon ausginge, dass die belangte Behörde ein Begehungsdelikt in Form des Inverkehrbringens durch Feilbieten angenommen habe, sei die belangte Behörde örtlich unzuständig gewesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werde die Übertretung „im Fall der Lieferung [von Lebensmitteln] durch einen Erzeugungs- oder Handelsbetrieb ... am Sitz des Betriebes in dem Augenblick begangen, in dem die Ware expediert“ werde. Korrespondierend zum Tatzeitpunkt sei bei Begehungsdelikten Tatort der Ort, von dem aus das Lebensmittel ausgeliefert werde (Verweis auf VwGH 24.10.2018, Ra 2017/10/0169). Auch dies sei in W (Salzburg) gewesen.

17       Diesen Ausführungen ist zu erwidern, dass - worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - trotz der teils unpräzisen Formulierung im behördlichen Straferkenntnis bei Einbeziehung des gesamten Spruchinhaltes davon auszugehen ist, dass dem Revisionswerber als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlich Beauftragtem der X GmbH das Inverkehrbringen des in Rede stehenden Produkts durch diese Gesellschaft durch Feilbieten im Verkaufsregal in der Filiale (dieser Gesellschaft) in F (Steiermark) am 6. April 2017 zum Vorwurf gemacht wurde (vgl. zu insofern unpräzisen, weil - auch - auf ein Unterlassen Bezug nehmenden Spruchformulierungen im Bereich des Lebensmittelrechts etwa das vom Verwaltungsgericht genannte Erkenntnis VwGH 14.6.2012, 2009/10/0080). Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht liegt demnach weder ein Unterlassungsdelikt noch ein Fall vor, in dem das Inverkehrbringen durch „Lieferung durch einen Erzeugungs- oder Handelsbetrieb“ (an ein anderes eigenständiges Unternehmen) angelastet wurde (vgl. das vom Verwaltungsgericht genannte hg. Erkenntnis VwGH 25.2.2003, 2001/10/0257). Ein Verstoß gegen fundamentale Verfahrensgrundsätze bzw. eine grundsätzliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wird mit diesem Vorbringen daher nicht aufgezeigt.

18       In der Zulässigkeitsbegründung wird im Weiteren geltend gemacht, das behördliche Straferkenntnis verstoße gegen § 44a Z 1 VStG, weil nicht angegeben worden sei, dass das Produkt in einem zur Abgabe an den Letztverbraucher bestimmten Behältnis abgefüllt gewesen sei.

19       Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass aus dem Spruch des behördlichen Straferkenntnisses in seiner Gesamtheit unmissverständlich hervorgeht, dass dem Revisionswerber das Inverkehrbringen von natürlichem Mineralwasser „durch Feilbieten im Verkaufsregal“ einer Filiale der X GmbH zum Vorwurf gemacht wurde, wobei ausdrücklich auf eine gezogene „Probe mit der Bezeichnung ‚[Y] Babywasser, natürl. Mineralwasser‘“ und näher dargestellten „Angaben innerhalb der Kennzeichnung“ Bezug genommen wurde. Warum damit fallbezogen nicht in ausreichender Weise umschrieben wurde, dass das Mineralwasser in einem zur Abgabe an den Letztverbraucher bestimmten Behältnis abgefüllt gewesen sei, wird in der Revision nicht dargelegt. Es kann fallbezogen auch keine Rede davon sein, dass der Revisionswerber - wie von ihm behauptet - „den Spruch des Straferkenntnisses auslegen“ müsse, um Kenntnis über die vorgeworfene Tathandlung erlangen zu können.

20       Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG - unter Rechtsschutzüberlegungen - dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass dieser in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. etwa VwGH 24.10.2017, Ra 2017/10/0015, mwN). Dass der Revisionswerber durch die vorliegende Tatumschreibung gehindert gewesen wäre, seine Verteidigungsrechte zu wahren, oder er dadurch der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht dargelegt.

21       In der Zulässigkeitsbegründung wird schließlich mit umfangreichen Ausführungen geltend gemacht, es lägen grundsätzliche Rechtsfragen in Bezug auf den Tatbestand des § 5 Abs. 2 Z 3 LMSVG vor, zu denen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle. Es stelle sich die erhebliche, in ihrer Bedeutung weit über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage, „ob die beiden inkriminierten Angaben tatsächlich eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ sei, die zudem irreführend iSd § 5 Abs. 2 Z 3 LMSVG sei. Es liege dazu keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, die angefochtene Entscheidung stehe „jedenfalls im Widerspruch zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu 2003/10/0028“, da die Verbraucher die beiden inkriminierten Eigenschaften gerade nicht nur beim beanstandeten Produkt als gegeben annehmen würden. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2015, Ro 2015/10/0013, könne auf den gegenständlichen Fall nicht angewendet werden, seien die inkriminierten Angaben doch weder mehrfach noch in augenfälliger Weise auf dem beanstandeten Produkt angebracht. Da die inkriminierten Angaben für Verbraucher nicht nur nützlich seien, sondern diese auch nicht den Eindruck erhielten, dass sich das beanstandete Produkt von gleichen Produkten der Mitbewerber abheben würde, könne der Tatbestand des § 5 Abs. 2 Z 3 LMSVG nicht erfüllt sein, da insbesondere auch keine Irreführung vorliege. Die Frage, ob Angaben iSd § 5 Abs. 2 Z 3 LMSVG „losgelöst von jeglicher Irreführungseignung per se unzulässig“ seien, wie dies das Verwaltungsgericht annehme, sei von erheblicher Bedeutung.

22       Zu diesem Vorbringen ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegt, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. VwGH 26.9.2019, Ra 2018/10/0147, mwN). Zudem liegt eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 22.10.2019, Ra 2018/10/0166, mwN).

23       Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 5 Abs. 2 Z 3 LMSVG sind - wahre - Angaben, durch die zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen, zur Irreführung geeignet (vgl. den in der Revision genannten Beschluss VwGH 16.12.2015, Ro 2015/10/0013). Entgegen dem offenbar vom Revisionswerber eingenommenen Standpunkt normiert das Gesetz daher in eindeutiger Weise, dass ein Fall des Inverkehrbringens oder der Bewerbung von Lebensmitteln mit zur Irreführung geeigneten Informationen vorliegt, wenn zu verstehen gegeben wird, dass sich das Lebensmittel durch besondere Merkmale auszeichnet, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Merkmale aufweisen.

24       Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass mit den beiden in Rede stehenden Angaben zu verstehen gegeben werde, dass sich das vorliegende natürliche Mineralwasser durch besondere Merkmale auszeichne, obwohl alle vergleichbaren natürlichen Mineralwässer dieselben Merkmale aufwiesen. Eine derartige, anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Beurteilung stellt allerdings nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar. Eine solche läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn die Beurteilung durch das Verwaltungsgericht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2016/10/0097; siehe auch nochmals VwGH 16.12.2015, Ro 2015/10/0013). Derartiges wird in der Revision aber nicht aufgezeigt.

25       Ein Abweichen des Verwaltungsgerichtes vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 2004, 2003/10/0028, VwSlg. 16364 A, liegt im Übrigen schon deshalb nicht vor, weil dieses Erkenntnis nicht zu § 5 Abs. 2 Z 3 LMSVG, sondern zu Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes 1975 ergangen ist und - wie in der Revision selbst ausgeführt wird - „der Sachverhalt mit dem gegenständlichen Sachverhalt nicht vergleichbar ist“. Dass sich mit Blick auf die im genannten Erkenntnis angestellten, auf europarechtliche Normen und Rechtsprechung Bedacht nehmenden Überlegungen vor dem Hintergrund der nunmehrigen europarechtlichen Rechtslage - in der Revision wird selbst ausgeführt, dass § 5 Abs. 2 Z 3 LMSVG der Vorschrift des § 7 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel entspricht - eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG stellen würde, von deren Beantwortung das rechtliche Schicksal der Revision abhängt, wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht aufgezeigt.

26       Da somit keine Rechtsfrage aufgeworfen wird, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision zurückzuweisen.

27       Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 29. Mai 2020

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019100144.L00

Im RIS seit

22.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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