Entscheidungsdatum
05.05.2020Index
41/02 Passrecht FremdenrechtNorm
NAG 2005 §11 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Hohenegger über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten von RA, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien, MA 35 - Einwanderung, Staatsbürgerschaft - Niederlassungsbewilligungen u. Ausländergrunderwerb, vom 06.04.2016, Zl. MA35-..., mit welchem der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Familienangehöriger" wegen unzulässiger Inlandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 NAG abgewiesen wurde,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird dem Beschwerdeführer antragsgemäß der Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ für den Aufenthaltszweck einer Zusammenführung von einem Drittstaatsangehörigen mit einem Österreicher, dessen Familienangehöriger er ist, gemäß § 47 Abs. 2 NAG, für die Dauer von 12 Monaten erteilt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
I. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
1. Gang des Verfahrens:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und stellte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet am 7. Jänner 1999 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer behauptete darin, Staatsangehöriger des Sudan zu sein.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2000 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ab. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Am 16. März 2009 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz. Hiebei gab er an, Staatsangehöriger von Nigeria zu sein und der Volksgruppe Ijaw anzugehören. Er habe aus Angst vor seiner Verfolgung in Nigeria zuvor falsche Angaben betreffend seine Staatsangehörigkeit gemacht. Angehörige der Volksgruppe Ijaw hätten in Nigeria nur beschränkte Rechte und die Regierung habe Menschen in seinem Dorf ermordet und Felder zerstört.
Mit Bescheid vom 11. September 2009 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel (erster und zweiter Spruchpunkt) und sprach die Ausweisung des Beschwerdeführers aus (dritter Spruchpunkt).
Mit Erkenntnis vom 19. November 2015 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde im Hinblick auf den ersten und zweiten Spruchpunkt ab, hob den Bescheid im Umfang des dritten Spruchpunktes auf und verwies die Angelegenheit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2016 erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria (erster Spruchpunkt) und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (zweiter Spruchpunkt).
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 23. Dezember 2019, mündlich verkündet am 21. Oktober 2019, mit der Maßgabe, der erste Spruchteil des ersten Spruchpunktes des Bescheides laute "Eine 'Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt." ab. Begründend führt das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der hier wesentlichen Fragen wie folgt aus:
Nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes reiste der Beschwerdeführer am 6. Jänner 1999 in das Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer habe eine am ...2002 geborene Tochter, die österreichische Staatsangehörige sei, zu der er jedoch keinen Kontakt habe. Der Beschwerdeführer sei vom 20. Dezember 2004 bis 26. April 2007 mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet gewesen. Seit 27. November 2014 sei der Beschwerdeführer wieder mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, wobei diese Ehe nur zum Schein geschlossen worden sei, um ein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben vorzutäuschen. Der Beschwerdeführer verfüge daher im Bundesgebiet über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen. Der Beschwerdeführer sei in den Jahren 2005 bis 2007 tageweise bzw. als geringfügig beschäftigter Arbeiter erwerbstätig gewesen. Im Jänner 2016 erlangte der Beschwerdeführer ein Deutsch-Zertifikat auf dem Niveau A2, seine Sprachkenntnisse seien dennoch geringfügig bzw. mangelhaft. Der Beschwerdeführer sei in Österreich strafrechtlich unbescholten.
Im Rahmen der Beweiswürdigung legte das Bundesverwaltungsgericht zur (aufrechten) Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsangehörigen dar, die Aussagen der Eheleute in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12. August 2019 hätten sich betreffend zentraler Fragen des Alltages und näherer Umstände ihrer Eheschließung widersprochen. Die "partiell festzustellenden Übereinstimmungen" in den Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau würden auf Grund "gravierender Widersprüche" in den Hintergrund treten. Insbesondere das "unvollständige Wissen" der Ehefrau über die Frühstücksgewohnheiten des Beschwerdeführers spreche dafür, dass sie kein gemeinsames Eheleben führten. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes müsse der Beschwerdeführer in Anbetracht der (behauptetermaßen seit fünfzehn Jahren) bestehenden Beziehung bzw. Lebensgemeinschaft mit der österreichischen Staatsbürgerin bessere Deutschkenntnisse aufweisen. Der Beweiswert der seitens des Beschwerdeführers vorgelegten Fotos, die den Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ehefrau zeigten, sei eingeschränkt, weil es sich um digitale Fotos handle, die keiner forensischen Untersuchung zugänglich seien, und keine Alterung der abgebildeten Personen erkennbar sei.
In seiner rechtlichen Beurteilung kommt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, dass der durch die Rückkehrentscheidung bewirkte Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt sei. Dem Beschwerdeführer sei spätestens nach der rechtskräftigen Abweisung seines Erstantrages auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. Februar 2000 sein unsicherer Aufenthalt im Bundesgebiet bewusst gewesen.
Die lange Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers im Bundesgebiet habe er nur durch sein "Täuschungsverhalten gegenüber den österreichischen Behörden und durch die Missachtung seiner Ausreiseverpflichtung" erreicht. Darüber hinaus seien keine maßgeblichen Integrationsaspekte hervorgekommen, die eine Aufenthaltsverfestigung des Beschwerdeführers indizierten. Der Beschwerdeführer habe die im Bundesgebiet verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sodass eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach einer derart langen Aufenthaltsdauer "noch für verhältnismäßig" angesehen werden könne. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsehe" eingegangen sei; dieser Umstand verstärke das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse. Der festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigung des Beschwerdeführers, nämlich sein Bluthochdruck, komme kein entscheidendes Gewicht zu.
Gegen diese Entscheidung richtete sich eine auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher der Beschwerdeführer die Verletzung des Rechtes auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander, auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht gemäß Art. 47 GRC behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt. Begründend wurde in der Beschwerde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Das Bundesverwaltungsgericht sei zu Unrecht vom Bestehen einer "Aufenthaltsehe" ausgegangen; zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau bestehe bereits seit fünfzehn Jahren eine Beziehung. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe im Erkenntnis vom 19. November 2015 festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau seit 2014 in einem gemeinsamen Haushalt lebe. Die Beendigung des mittlerweile zwanzig Jahre andauernden Aufenthaltes des unbescholtenen Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK ungerechtfertigt.
Darüber hinaus sei das Recht auf ein faires Verfahren im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer verletzt. Die Verfahrensdauer des Asylverfahrens samt des Verfahrens über die Rückkehrentscheidung in der Dauer von insgesamt mehr als zehn Jahren sei unangemessen. Selbst der mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 2019, Fr 2019/21/0013-2, gesetzten (und ein weiteres Mal verlängerten) Frist habe das Bundesverwaltungsgericht nicht entsprochen.
Wie aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Unterlagen folge, sei der Beschwerdeführer schwer herzkrank und bedürfe einer medizinischen Behandlung. Der Wegfall dieser Behandlung bedeute für den Beschwerdeführer eine Gefährdung seines Lebens.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte die Verwaltungsakten vor und sah von der Erstattung einer Äußerung ab. Das Bundesverwaltungsgericht legte die Gerichtsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der es die bereits in der Entscheidung angeführten Gründe für das Vorliegen einer "Aufenthaltsehe" wiederholte.“
Mit Erkenntnis vom 25.2.2020, E 4087/2019-18, hob der Verfassungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts auf, da der Beschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem. Art. 8 EMRK verletzt worden ist.
Bereits am 22.1.2016 hatte der Beschwerdeführer persönlich beim Landeshauptmann von Wien, MA 35 (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gem. § 47 Abs. 2 NAG zum Zwecke der Familienzusammenführung mit seiner österreichischen Gattin C. D. unter Anschluss antragsbegründender Unterlagen (MA 35 - AS 1 ff) gestellt.
Mit Einreichbestätigung vom selben Tag wurde ihm neben der Nachbringung näher bezeichneter Unterlagen auch aufgetragen einen Zusatzantrag gem. § 21 Abs. 3 NAG zu stellen (MA 35 - AS 21 f).
Dieser Zusatzantrag wurde mit Schreiben vom 25.1.2016 gestellt (MA 35 - AS 91 ff).
Mit Verständigung von der Beweisaufnahme von 15.3.2016 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass geplant sei den Zusatzantrag nicht stattzugeben, da keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen und das Familienleben ohnedies zu einem Zeitpunkt entstanden sei, als der Beschwerdeführer sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich durchaus bewusst gewesen sei.
Zudem weigere sich der Beschwerdeführer trotz einer Rückkehrentscheidung das Bundesgebiet zu verlassen (MA 35 - AS 159 ff).
Mit Stellungnahme vom 21.3.2016 verneinte der Beschwerdeführer, dass sein Familienleben ohnedies zu einem Zeitpunkt entstanden sei, als der er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich durchaus bewusst gewesen sei, weil er zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits über 10 Jahre in Österreich aufhältig war und verwies auf die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Auch seien die Ausweisungsgründe aufgrund der geschlossenen Ehe neu zu beurteilen (MA 35 - AS 163 ff).
Die belangte Behörde versagte den Antrag mit Bescheid Zl. MA35-... vom 6.4.2016 (MA 35 – AS 171 ff):
„Ihr Antrag vom 22.1.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ nach dem Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs und Aufenthaltsgesetz - NAG) wird wegen Ihrer unzulässigen Inlandsantragstellung abgewiesen.
Rechtsgrundlage:
§ 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG idgF.
Begründung
Sie haben am 22.1.2016 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz gestellt.
Nach §21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.
Abweichend von dieser Regel sind folgende Fremde zur Antragstellung im Inland berechtigt:
1. Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG -Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;
2. Fremde bis längstens sechs Monate nach Ende ihrer rechtmäßigen Niederlassung im Bundesgebiet, wenn sie für diese Niederlassung keine Bewilligung oder Dokumentation nach diesem Bundesgesetz benötigt haben;
3. Fremde bis längstens sechs Monate nach Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft, oder der Staatsangehörigkeit der Schweiz oder eines EWR- Staates
4. Kinder im Fall des § 23 Abs. 4 binnen sechs Monaten nach der Geburt;
5. Fremde, die an sich zur visumfreien Einreise berechtigt sind, während ihres erlaubten visumfreien Aufenthalts;
6. Fremde, die eine Aufenthaltsbewilligung als Forscher (§ 67) beantragen, und deren Familienangehörige (§ 21 Abs. 2 NAG);
7. Drittstaatsangehörige, die einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot - Karte“ gemäß §41 Abs. 1 beantragen, während ihres rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet mit einem Visum gemäß § 24a FPG und
8. Drittstaatsangehörige, die einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot - Karte“ gemäß §41 Abs. 2 Z 3 beantragen, während ihres rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet mit einer Bestätigung gemäß § 64 Abs. 4.
Sie sind nigerianischer Staatsbürger und damit nicht zur sichtvermerkfreien Einreise berechtigt. Ebenso verfügen Sie über keinen gültigen Sichtvermerk.
Sie brachten einen Zusatzantrag gem. § 21 Abs. 3 NAG zur Zulassung zur Inlandsantragstellung ein.
Zu § 21 Abs 3 NAG:
Abweichend von Abs. 1 kann die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß §11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist: im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§11 Abs. 3).
Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zulässig.
Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren.
Diesem wurde jedoch nicht stattgegeben, da keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, die eine Antragstellung unmöglich bzw. unzumutbar für Sie machen würden. Das Familienleben mit Ihrer nunmehrigen Gattin ist entstanden während Sie sich Ihres unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich durchaus bewusst waren.
Trotz Erlassung einer Rückkehrentscheidung weigern Sie sich das Bundgebiet zu verlassen und halten sich seitdem weiterhin illegal in Österreich auf.
Sie brachten in Österreich einen Asylantrag ein. Es wurde Ihnen jedoch weder der Status eines Konventionsflüchtlings, noch subsidiärer Schutz zuerkannt. Vielmehr wurde sogar eine Rückkehrentscheidung gegen Sie erlassen. Es wurde somit bereits festgestellt, dass eine Ausweisung zumutbar ist!
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen und deren Einhaltung aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, ein besonders hoher Stellenwert zu.
Diese Regelungen wurden von Ihnen durch die unrechtmäßige Einreise und den unrechtmäßigen Aufenthalt gravierend verletzt.
Es liefe dem öffentlichen Interesse grob zuwider, wenn sich ein Fremder aufgrund von Tatsachen, die von Ihm selbst geschaffen wurden (hier: illegaler Verbleib im Bundesgebiet) den Aufenthalt im Inland auf Dauer erzwingen könnte.
Gemäß § 45 AVG wurde Ihnen am 15.3.2016 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt, in welcher Sie darauf hingewiesen wurden, innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben oder zum nachstehend genannten Termin zu uns zu einer mündlichen Erörterung des Gegenstandes zu kommen. Aufgrund dessen langte Ihre Stellungnahme am 21.3.2016 bei der Magistratsabteilung 35 ein welche jedoch keine neuen entscheidenden Erkenntnisse hervorgebracht hat.
Es wurde angegeben, dass Ihr Familienleben nicht entstand, während Ihnen Ihr unsicherer Aufenthaltsstatus in Österreich bewusst war. Sie verfügten zum Zeitpunkt Ihrer Eheschließung über keinen Aufenthaltstitel! Sogar eine Ausweisung wurde gegen Sie erlassen. Es steht somit sehr wohl fest, dass Sie sich Ihres illegalen Aufenthalts bewusst waren.
Sie betonen, sich seit dem Jahr 1999 in Österreich aufzuhalten und, dass Sie die verbrachte Zeit in Österreich genützt haben, um sich sozial und beruflich zu integrieren. Sie verfügen über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung und haben trotz Ihres 17-jährigen Aufenthaltes lediglich ein A2 Sprachdiplom vorgelegt. Im Verhältnis zu Ihrer bereits sehr langen Aufenthaltsdauer ist Ihr Integrationsgrad sehr gering bemessen.
In Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 47 Abs. 2 und 3 NAG hat die Behörde infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 15. November 2011 in der Rechtsache C-256/11, Murat Dereci u.a., zu berücksichtigen, ob eine österreichische Ankerperson eines drittstaatsangehörigen Antragstellers bei Nichtgewährung des von diesem begehrten Aufenthaltstitels de facto gezwungen wäre, Österreich und das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen.
In seiner aktuellen Entscheidung in der Rechtssache Dereci (C-256/11) hebt der EuGH mehrfach hervor, dass der Unionsbürgerstatus dazu bestimmt ist, der grundlegende Status der Angehörigen der Mitgliedstaaten zu sein. Art. 20 AEUV stehe nationalen Maßnahmen entgegen, die bewirken, dass den Unionsbürgern (hier der österreichischen Ankerperson) der tatsächliche Genuss des Kernbestandes der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt wird (vgl. Rz 62 der genannten EuGH Entscheidung).
Mit der Entscheidung in der Rechtssache Dereci präzisierte der EuGH seine bisherige Rechtsprechung (insbesondere in der Rs. Zambrano, C-34/09) und folgerte, „dass sich das Kriterium der Verwehrung des Kernbestandes der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, auf Sachverhalte bezieht, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Unionsbürger de facto gezwungen sieht, nicht nur das Gebiet des Mitgliedstaats, dem er angehört, zu verlassen, sondern das Gebiet der Union als Ganzes.“ (vgl. Rz. 66 der genannten EuGH Entscheidung Dereci).
Ein Aufenthaltsrecht darf dieser Entscheidung zu Folge einem drittstaatszugehörigen Familienangehörigen eines Österreichers nicht verwehrt werden, wenn die österreichische
Ankerperson im Falle der Verweigerung des begehrten Aufenthaltstitels nach § 4 7 Abs. 2 oder 3 NAG für den drittstaatszugehörigen Antragsteller de facto gezwungen wäre, sowohl Österreich als auch das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen. In einem derartigen Fall würde die Nichtgewährung des Aufenthaltsrechts bedeuten, dass die Unionsbürgerschaft der österreichischen Ankerperson ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt würde.
Als Anhaltspunkte für die maßgebliche Frage, unter welchen tatsächlichen Gegebenheiten ein Antragsteller de facto gezwungen ist, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen, erläutert der EuGH, dass die bloße Tatsache, dass es für einen Staatsbürger eines Mitgliedstaates aus wirtschaftlichen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft im Gebiet der Europäischen Union wünschenswert erscheinen könnte, dass sich Drittstaatsangehörige mit ihm zusammen im Gebiet der Europäischen Union aufhalten können, für sich genommen nicht die Annahme rechtfertigt, dass der Unionsbürger gezwungen wäre, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen, wenn kein Aufenthaltsrecht gewährt würde (vgl. EuGH, Rechtssache Dereci, C- 256/11, Rz 68, bzw. VwGH vom 19. Jänner 2012, ZI. 2011/22/0313 sowie VwGH vom 19. Jänner 2012, ZI. 2011/22/0312).
Mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Zambrano, C - 34/09, ist jedenfalls in jenen Fällen der Kernbestand der Unionsbürgerrechte beeinträchtigt, in denen ein minderjähriger Unionsbürger aus dem Gebiet der Europäischen Union ausreisen müsste, um seinen beiden drittstaatsangehörigen Elternteilen (weil diesen kein Aufenthaltsrecht gewährt wurde) zu folgen.
Auf Grundlage der bisherigen Judikatur des EuGH ist daher lediglich in Ausnahmesituationen von einer Gefahr der Beeinträchtigung des Kernbestands der Unionsbürgerrechte auszugehen (vgl. EuGH Entscheidung in der Rechtssache Dereci. Rz 67). Diese Auffassung des EuGH hat mittlerweile auch der VwGH seinen Entscheidungen mehrfach zugrunde gelegt (vgl. z.B. VwGH vom 21. Dezember 2011, ZI. 2009/22/0054, sowie vom 19. Jänner 2012, ZI. 2008/22/0130).
Nach vorliegender Aktenlage wird vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen im Ergebnis nicht davon ausgegangen, dass es für Ihre österreichische Ankerperson bedeuten würde, „de facto“ Österreich und das Gebiet der Europäischen Union verlassen zu müssen, wenn Ihnen kein Aufenthaltstitel erteilt wird.
Dies aus folgenden Erwägungen:
Sie sind Ehegatte einer Österreicherin. Aus der Aktenlage ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass sich Ihre Ehegattin in einer Ausnahmesituation befindet, die bei Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels an Sie bedeuten würde, dass der Zusammenführende de facto gezwungen das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen. Vielmehr ist ihr Vorbringen als bloßer Wunsch nach einem gemeinsamen Familienleben in Österreich zu werten, bzw. liegen ihrem Begehren nach einem gemeinsamen Familienleben in Österreich wirtschaftliche Überlegungen zu Grunde. Weder der bloße Wunsch nach einem Zusammenleben in Österreich, noch wirtschaftliche Überlegungen rechtfertigen jedoch für sich genommen die Annahme eines de facto Zwanges im oben genannten Sinn. Weitere besondere Umstände, die in Ihrem Fall auf eine Ausnahmesituation schließen lassen könnten, haben Sie weder vorgebracht, noch ergeben sich diese unmittelbar aus dem Akteninhalt.
Gemäß Artikel 8 Abs. 2 der EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehres nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass ein weiterer inländischer Aufenthalt maßgeblich öffentlichen Interessen zuwiderläuft und Ihnen eine Rückreise und korrekte Antragsstellung im Heimatland, selbst unter Bedachtnahme des Artikels 8 EMRK, möglich ist.“
Eine Ausfertigung dieses Bescheids wurde ab 13.4.2016 beim Zustellpostamt des Beschwerdeführers zur Abholung bereitgehalten (MA 35 – AS 171).
Mit undatiertem Schriftsatz, zur Post gegeben am 20.4.2016, erhob der Beschwerdeführer über seine rechtsfreundliche Vertretung Beschwerde (MA 35 – AS 187 ff):
„Bescheid der MA35 mit GZ MA35-..., datiert mit 06.04.2016, zugestellt am 14.04.2016,Abweisung des Antrages au Erteilung des Aufenthaltstitels “Familienangehöriger”.
Gegen die oben genannte Entscheidung wird binnen offener Frist
Beschwerde
Erhoben. Die Entscheidung wird im vollen Umfang angefochten.
Begründet wird mit inhaltlich falscher Entscheidung und mangelhafter Verfahrensführung.
Näher wird ausgeführt:
Der BF befindet sich seit 1999 in Österreich und seit 2014 mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet.
Am 22.01.2016 hat er daher den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck “Familienangehöriger” gestellt. Ebenso wurde ein begründeter Zusatzantrag gern § 21 Abs 3 NAG zur Zulassung der Inlandsantragstellung gestellt.
Bezug nehmend auf ein Schreiben der belBeh vom 15.03.2016, Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, wurde wie folgt Stellung genommen:
Der ASt ist seit Jänner 1999 in Österreich. Verheiratet ist er seit November 2014.
Das Familienleben ist somit - entgegen der im obig genannten Schreiben vertretenen Meinung- nicht zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich der ASt eines unsicheren Aufenthalts bewusst sein hätte müssen.
- Denn bei einem mehr als 10 Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden wurde in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wiederholt von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich und damit von der Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung ausgegangen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden derartige Ausweisungen ausnahmsweise auch nach so langen Inlandsaufenthalten noch für verhältnismäßig angesehen.
(VwGH Erkenntnis vom 02.10.2012, 2012/21/0044, 10.12.2013, 2012/22/0151-5.)
Der obig genannten Verständigung wohnt auch der Irrtum inne, dass „bereits festgestellt worden wäre, dass eine Ausweisung zumutbar ist. - Aktuell ist der ASt ja verheiratet, eine Neubeurteilung des maßgeblich geänderten Sachverhalts also notwendig.
Auch durch die nunmehr längere Aufenthaltsdauer in Österreich haben sich die Bindungen zur ursprünglichen Heimat weiter verringert und die Bindungen in Österreich weiter vergrößert.
Es ist daher geboten, dem Zusatzantrag auf Heilung des Mangels (Inlandsantragstellung) zuzulassen, da dem ASt wie auch der Ehefrau eine Trennung nicht zumutbar ist.
Ohne weiteren Schritte hat daraufhin die belBeh die gegenständlich bekämpfte negative Entscheidung erlassen. Gegen diese richtet sich die gegenständliche Beschwerde.
(Inhaltlich falsche Entscheidung, mangelhafte Verfahrensführung:)
Die oben wiedergegebene Stellungnahme wird zum Beschwerdeinhalt erhoben.
Der BF ist seit ca 17 Jahre in Österreich, mit der sehr langen Aufenthaltsdauer sind positive Faktoren wie gute Integration, Deutschkenntnisse, aufrechte Ehe mit einer Österreicherin uvm verbunden.
Faktoren, die gesamt einen negativen Ausschlag geben könnten, sind nicht vorhanden. Zwingende Versagungsgründe sind nicht vorhanden und werden von der belBeh nicht einmal behauptet.
Auf die oben wiedergegebene Stellungnahme wurde seitens der MA35 nicht eingegangen.
Zwar wird auch vom bekämpften Bescheid die “sehr lange() Aufenthaltsdauer1’ zugegeben, jedoch nicht mit der bindenden Rechtsprechung der Höchstgerichte verglichen.(3. Seite, oben, in der Entscheidung der MA35.)
Die belBeh bestreitet die in der oben angeführten Stellungnahme dargelegte Ansicht, dass der BF im Jahre 2014 - zum Zeitpunkt der Eheschließung - nicht mehr eine unsicheren Aufenthalt befürchten musste. - Doch es ist logisch, dass der BF nach ca 14 Jahren des Aufenthalts in Österreichs in Anbetracht der Judikatur zum Art 8 EMRK nicht mehr mit der Option rechnen musste, das Bundesgebiet verlassen zu müssen.
Die von der belBeh verwendete Judikatur wird ebenso nicht in einem Zusammenhang mit der Person des BF gebracht. Die Ausführungen der MA35 gehen daher insgesamt ins Leere.
Eine Erklärung, warum die Rückkehr des BF nach ca 17 Jahren des Aufenthalts in Österreich zumutbar sein sollte und welche öffentlichen Interessen dies geboten erscheinen lassen könnte, wurde von der MA35 nicht geliefert.
(Anträge:)
Beantragt wird daher, nach mündlicher Verhandlung
festzustellen, dass die Abweisung des Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels als Familienangehöriger nicht zulässig ist, sowie
festzustellen dass eine Ausweisung auf Dauer unzulässig ist und
den Aufenthaltstitels als Familienangehöriger zu erteilen.“
2. Festgestellt wird folgender Sachverhalt:
Der Verfahrensgang wird abzüglich des inhaltlichen Vorbringens und nur hinsichtlich der dargelegten Abfolge der Ereignisse als Teil des Sachverhaltes festgestellt.
Der Beschwerdeführer B. A., geb. ...1970, ist nigerianischer Staatsangehöriger (nigerian. RP mit der Nr. …, MA35-AS 9) und reiste 1999 ins Bundesgebiet ein, wo er sich seither aufhält. Sein nigerianischer Reisepass trägt die Nr. ... und hat eine Gültigkeit bis 14.3.2022 (ON 41).
Unter falscher Identität stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz und behauptete ein sudanesischer Staatsangehöriger zu sein.
Aus einer Beziehung mit der Österreicherin E. F., geb. 1982 (VGW-AS 256), ging die mittlerweile volljährige Tochter G. F., geb. 2002 in H., hervor (VGW-AS 253 ff). Aufgrund der Weigerung der Kindesmutter kam es jedoch zu keiner elterlichen Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner in Oberösterreich lebenden Tochter. Unterhaltspflichten gegenüber ihr bestehen keine (Beschluss BG ..., ON 48).
Vom 20.12.2004 bis zum 12.6.2006 war der Beschwerdeführer mit der Österreicherin I. J. (vormalige B., vormalige K.) verheiratet (VGW-AS 131 ff). Diese Ehe blieb kinderlos. Im Nachhinein fühlte sich die Exgattin vom Beschwerdeführer ausgenutzt. Im Streit hatte er ihr auch an den Kopf geworfen sie nur wegen des Aufenthaltstitels geheiratet zu haben, aber die Beziehung war authentisch mit allen Höhen und Tiefen und scheiterte an der Untreue des Beschwerdeführers.
Seit 27.11.2014 ist er mit der Österreicherin (VGW-AS 277 f) C. D., geb. 1978, verheiratet (VGW-AS 279). Auch diese Ehe ist bisher kinderlos geblieben.
Die beiden bewohnen (VGW-AS 41 ff) die von der Gattin von der L. gemietete Wohnung in Wien, M.-gasse, bestehend aus 1 Zimmer, Vorraum, Küche, Badezimmer und WC im Umfang von rd. 40 m2 zuzügl. Kellerabteil (VGW-AS 137 ff), für einen Mietzins in Höhe von mtl. € 288,12 (VGW-AS 179 f).
Der Beschwerdeführer ist arbeitswillig. Er war in der Vergangenheit während seiner ersten Ehe und seines Status als Asylwerber legal beschäftigt bei der N. im Februar und März 2005, bei den O. im Dezember 2005, Jänner und März 2006 sowie bei diversen Personalvermittlungsunternehmen und privaten Unternehmern im Jahr 2006 und 2007 (MA35-AS 37 ff, VGW-AS 103 ff). Vor dem pandemiebedingten Lockdown war er mit einem Gastronomiebetrieb im P. im Gespräch wegen einer Anstellung, sobald er den Aufenthaltstitel erhält – allerdings ist das nunmehr ungewiss geworden.
Seine Gattin ist ausgebildete Industriekauffrau und arbeitet seit 5.6.2018 für die Q. GMBH, wo sie mtl. durchschnittlich rd. € 1.460,00 zuzüglich Sonderzahlungen ins Verdienen bringt (VGW-AS 117-123). Zum Zeitpunkt der Hochzeit 2014, war der Beschwerdeführer bereits seit 15 Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufhältig und war, wie oben näher ausgeführt – soweit es ihm erlaubt war – legalen unselbständigen Beschäftigungen, u.a. für die N., nachgegangen.
Offene Kreditverbindlichkeiten, Insolvenzen und dergleichen sind weder beim Beschwerdeführer noch bei seiner Gattin hervorgekommen. (KSV, VGW-AS 183 ff).
Der Beschwerdeführer spricht mit seiner Gattin Deutsch und Englisch. Hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse hat er ein ÖSD-Zertifikat A2 erworben demzufolge er die Sprachprüfung mit „Sehr gut“ bestanden hat (MA35-AS 19 f).
Der Beschwerdeführer leidet seit 2010 an hypertensiver Cardiomyopathie (= Erkrankung des Herzmuskels durch chronischen Bluthochdruck) (VGW-AS 215 f, 233 ff) und Dyspnoe (subjektiv empfundene Atemnot bzw. eine erschwerte Atmung. Der Patient hat das Gefühl, nicht mehr genug Luft zu bekommen) und war aufgrund dieser Erkrankung über die Jahre mehrfach in stationärer Behandlung (VGW-AS 211 ff, 217 ff). 2010 wurde auch eine Coronarangiographie, eine Herzoperation – allerdings nicht am offenen Herzen – zur Gefäßerweiterung durchgeführt.
Der Beschwerdeführer ist daher auf eine ständige Medikation und medizinische Beobachtung angewiesen (VGW-AS 229, 239, ON 33, ON 46).
Der Beschwerdeführer ist gläubiger Christ, besucht regelmäßig die Messe seiner Glaubensrichtung und ist integriertes Mitglied der Kirchengemeinde „R.“ (R.) (Mitgliedsausweis, VGW-AS 260 f, Foto mit Vertretern der Kirchengemeinde, ON 47). Laut dem Handbuch der Konfessionskunde „Kirchen, Freikirchen und christliche Gemeinschaften in Österreich“ von Frank Hinkelmann (2016 Böhlau Verlag), handelt es sich bei R. um eine unabhängige Kirchengemeinde fremder Herkunft und Sprache (VGW-AS 339 ff).
Der Beschwerdeführer hat sich während seines 21 jährigen Aufenthalts in Österreich strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen und ist daher unbescholten (VGW-AS 559).
3. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen gründen auf den glaubhaften und schlüssigen Aussagen der zeugenschaftlich einvernommenen Personen in der mündlichen Verhandlung, welche weder zueinander noch zu den in den Akten einliegenden Urkundenbeweisen, Auszügen aus öffentlichen Registern und behördlichen Datenbanken in wesentliche Widersprüche gerieten.
Die Fundstellen der unbedenklichen Urkunden und Auszüge in den Verwaltungsakten sind bei den entsprechenden Feststellungen und im Verfahrensgang bereits in Klammer beigesetzt.
Folgende in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht abgegebenen Aussagen wurden den Feststellungen zugrunde gelegt:
Frau I. J., Exgattin, gab zeugenschaftlich einvernommen an:
Ich war mit dem BF verheiratet von Dezember 2004 bis 2007. Ich hatte schon einen Termin ähnlich wie dem heutigen im … Bezirk und lege dazu die Niederschrift vom BVwG vom 05.12.2016 vor.
Er hat mir auch im Streit gesagt, dass es ihm nur um den Aufenthaltstitel gehe, aber wir haben schon eine Beziehung geführt, wenn auch keine sehr gute. Es gab auch schöne Momente, aber wir haben oft gestritten. Es war aber nicht so, dass er nur zum Schein die Beziehung geführt hat, sondern er hat wirklich bei mir gewohnt.
Seit der Scheidung hatte ich überhaupt keinen Kontakt mehr zum BF.
Dass er mehrere Seitensprünge hatte, vermutete ich, weil ich in seiner Geldbörse eine Liste von ca. 5 bis 6 weiblichen Vornamen mit Telefonnummern fand und eines Tages eine gewisse S. anrief und sie mir erzählte, dass sie sich heimlich in Parks oder Caféhäusern trafen um etwas zu unternehmen. Sie wusste allerdings auch nicht, dass er mit mir verheiratet war. Ob seine jetzige Ehefrau auch unter diesen Frauen war, weiß ich nicht.
Weder schulde ich meinem Exmann Unterhalt, noch er mir.
Herr T. U. gab zeugenschaftlich einvernommen an:
Ich kenne den BF, weil ich der Hausbesorger der Wohnhausanlage M.-gasse bin. Ich wohne allerdings auf Stiege Nr. 6, das ist genau vis-a-vis. Ich kann bestätigen, dass der BF auf der Adresse M.-gasse, Stiege ..., Tür ... wohnt, weil ich ihn regelmäßig sehe, wenn ich die Stiege mache oder beim Einkaufen gehen. Außerdem wohnt meine Tochter daneben, nämlich Tür Nr. …, da bin ich öfter, um mein Enkelkind abzuholen.
Ich habe nicht den Eindruck, dass Frau D. und der BF nur so tun, als ob sie ein Ehepaar wären, weil ich sehe sie auch zu zweit und da gehen sie auch Hand in Hand und verhalten sich auch so, wie ein Ehepaar. Auf Top Nr. … wohnen nur diese beiden. Es ist nicht so, dass mir aufgefallen wäre, dass Frau D. in der Vergangenheit wechselnde Männer bei sich wohnen gehabt hätte. Sie war meinem Wissen nach immer alleine und ist eben seit 5 oder 6 Jahren mit dem BF verheiratet.
Frau V. U. gab zeugenschaftlich einvernommen an:
Ich kenne den BF vom Sehen, befreundet sind wir nicht. Ich bin die Gattin des Hausbesorgers und auch selbst als Hausbesorgerin in dieser Anlage beschäftigt. Ich glaube nicht, dass der BF und Frau D., die ich auch kenne, eine Scheinehe führen. Das glaube ich deswegen, weil er ständig da ist und ich sie auch Hand in Hand spazieren gehen sehe und er auch einkaufen geht.
Ich bin schon seit 21 Jahren in dieser Anlage, ich glaube, dass ich den BF schon seit 10 Jahren sehe.
Es handelt sich um eine Einzimmerwohnung, in der sicherlich keine weitere Person wohnt.
Frau W. X. gab zeugenschaftlich einvernommen an:
Ich bin nicht befreundet mit dem BF, aber ich kenne ihn weil ich die Nachbarin bin, ihn beim Ein- und Ausgehen, beim Einkaufen sehe und beim Telefonieren am Balkon höre. Ich glaube daher nicht, dass der BF und Frau D. bloß eine Scheinehe führen.
Ich kenne den BF sicher schon seit 5 bis 6 Jahren.
Frau C. D., Gattin, gab zeugenschaftlich einvernommen an:
Ich habe meinen Gatten 2005 kennengelernt. Ich besuchte einen Computerführerscheinkurs bei Y. im ... Bezirk und mein Mann besuchte damals einen Deutschkurs im selben Gebäude. Er sprach mich bei der Haltestelle der Straßenbahnlinie … an. Das ist die Station in der Nähe des Kursortes. Es war so, dass er mir einen Heiratsantrag gemacht hat – nämlich gleich zwei Mal – ich habe beim ersten Mal nicht gleich ja gesagt. Es war ca. 2 Jahre vor unserer Hochzeit.
Ich bin seit Juni 2018 bei Q. beschäftigt. Das ist eine Art Callcenter, wir sind unter anderem zuständig für … etc. Ich bin Teamleiterin im Kundenzentrum bei Z.. Ich verdiene durchschnittlich 1400 Euro netto. Mein Gatte hat kein Einkommen. Vermögen besitzen wir beide keines. Wir haben auch keine nennenswerten Ersparnisse. Weder mein Mann noch ich haben Schulden. Auch keine privaten Schulden. Die Miete wurde im Februar runtergesetzt, weil sich offensichtlich ein anderer Mieter beschwert hatte und das kam auch uns zu Gute. Wir zahlen 288,12 Euro Miete.
Mein Mann und ich leben eher zurückgezogen und unternehmen nicht so viel, aber er hat seinen Freundes- und Bekanntenkreis bei seiner Kirchengemeinde R.. Ich bin keine praktizierende Christin, weil ich ausgetreten bin aber mein Mann besucht die Messe, freitags-, samstags, oder sonntags.
Normalerweise bekomme ich 1400 Euro netto. Auf dem Kontoauszug ./A ist es deshalb weniger, weil die Gehaltsauszahlung wegen COVID-19 reduziert wurde. Wenn ich meinen Chef richtig verstanden habe, gibt es dann vom AMS eine Ausgleichszahlung.
Wir haben einen Wohnschlafraum, eine Küche, ein WC und ein Badezimmer und einen Abstellraum, und einen offenen Balkon.
Zum 40. Geburtstag im Mai 2010 bekam mein Gatte Herzstechen und bat mich die Rettung zu rufen. Wir fuhren dann ins ... Spital. Weil ein Herzkatheder zu legen war und das dort nicht möglich war, wurde er ins AA. verlegt, wo das dann auch gemacht wurde. Uns wurde erklärt, dass mein Gatte ein zu großes Herz habe, weshalb es mit Sauerstoff schlecht versorgt werde und er daher künftig Herz- und Blutdrucktabletten nehmen müsse. Er muss jetzt zwei unterschiedliche Tabletten täglich nehmen, nämlich eine in der Früh und eine am Abend und er muss alle 6 Monate zum Internisten.
Wenn ich befragt werde, ob er diese Medikamente nicht auch in Nigeria bekommen würde, gebe ich an, dass Nigerianer, die es sich leisten können, für derartige medizinische Behandlungen typischerweise ins Ausland reisen, weil es offenbar allgemein bekannt ist, das die medizinische Versorgung in Nigeria unzuverlässig ist.
Seit ich ihn kenne, ist mein Gatte sicher nicht aus dem Bundesgebiet ausgereist und wir sind auch nicht gemeinsam auf Urlaub gefahren, außerhalb von Österreich.
Der alte Reisepass existiert nicht mehr, weil er abgelaufen war und vernichtet wurde.
Mein Gatte ist seit 21 Jahren in Österreich. Es gibt meines Wissens nach noch eine Schwester von ihm in Nigeria. Beide Eltern sind verstorben. Seit ich ihn kenne, hat er keinen Kontakt zu Verwandten in Nigeria außer zu seiner Schwester, wenn er Dokumente braucht. Außer seiner Tochter hat er keine Verwandten in Europa. Zu seiner Tochter hat mein Mann keinen Kontakt, weil ihre Mutter das bisher verhindert hat, aber er hätte gerne einen.
Eine –wie bspw. vom Bundesverwaltungsgericht in seiner vom VfGH aufgehobenen Entscheidung – vermutete Scheinehe ist aufgrund der Ermittlungsergebnisse im gegenständlichen Fall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. So gibt es zahlreiche Fotos über die Jahre vom Beschwerdeführer und seiner Gattin, auf denen trotz des Fehlens von Datumsangaben klar ersichtlich ist, dass sie über einen längeren Zeitraum aufgenommen wurden – auch aufgrund von physischen Veränderungen des BF und seiner Gattin. Auch ist auszuschließen, dass eine Scheinehe durch ein gestelltes Zusammenleben nunmehr seit 6 Jahren aufrechterhalten wird.
Schlussendlich haben die Einvernahmen der Nachbarin und des Hausbesorgerehepaars zutage gefördert, dass der Beschwerdeführer jedenfalls bei seiner Gattin tatsächlich wohnt, was allein schon angesichts der relativ kleinen 1-Zimmer Wohnung ein sehr starkes Indiz für eine authentische Ehe ist. Auch haben die Zeugen aufgrund ihrer Wahrnehmungen in der Wohnhausanlage ausgeschlossen, dass es sich bei der Beziehung des BF zu seiner Ehegattin um eine Scheinehe handelt. Die Hausbesorgerin erinnerte sich sogar daran, den Beschwerdeführer schon seit 10 Jahren zu sehen, was die Aussage der Gattin, dass sie mit dem Beschwerdeführer bereits seit 11 Jahren liiert ist, bestätigte.
Somit kommt das Verwaltungsgericht – so wie zuvor schon der VfGH – zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer über ein schützenswertes Privat- und Familienleben verfügt.
4. Rechtliche Beurteilung:
§ 21 NAG lautet auszugsweise:
Verfahren bei Erstanträgen
(1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.
(2) Abweichend von Abs. 1 sind zur Antragstellung im Inland berechtigt:
1. Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;
2. Fremde bis längstens sechs Monate nach Ende ihrer rechtmäßigen Niederlassung im Bundesgebiet, wenn sie für diese Niederlassung keine Bewilligung oder Dokumentation nach diesem Bundesgesetz benötigt haben;
[…]
5. Fremde, die zur visumfreien Einreise berechtigt sind, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;
[…]
(3) Abweichend von Abs. 1 kann die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:
1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder
2.zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).
Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren.
[…]
Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels am 22.1.2016 im Inland eingebracht, nachdem er seit 1999 im Bundesgebiet ununterbrochen aufhältig ist. Aufgrund seiner Hochzeit 2014 mit der österreichischen Staatsbürgerin D. ist er Familienangehöriger einer Österreicherin, welcher allerdings entgegen dem Erfordernis von § 21 Abs. 2 Z1 nicht rechtmäßig eingereist war.
Dementsprechend ist gemäß Abs. 3 leg. cit. zu prüfen, ob kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3) nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
Derartige Erteilungshindernisse sind im Zuge des Verfahren nicht hervorgekommen, vielmehr wurde ein die Rückkehrentscheidung des BFA bestätigendes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom Verfassungsgerichtshof am 25.2.2020 zu E 4087/2019-18 wegen Verletzung im verfassungsgesetzlichen Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Privat- und Familienlebens gem. Art. 8 EMERK aufgehoben (VGW-AS 79 ff).
Das Argument der belangten Behörde, dass das Familienleben unbeachtlich sei, weil es zu einem Zeitpunkt entstanden sei, zu welchem sich der BF seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen wäre, ist angesichts des Umstandes, dass die Ehe im 15. Jahr seines ununterbrochenen Aufenthalts in Österreich geschlossen wurde, mit Verweis auf die Judikatur des VwGH zu Drittstaatsangehörigen mit einer 10-jährigen oder darüber hinausgehenden Verweildauer im Bundesgebiet und der hg festgestellten Integration des Beschwerdeführers nicht haltbar.
Dies wird umso klarer als der Verfassungsgerichtshof genau zur Causa des Beschwerdeführers dies unmissverständlich klargestellt hat:
„1.2. Dabei verkennt das Bundesverwaltungsgericht, dass im Fall eines seit zwanzig Jahren bestehenden Aufenthaltes im Bundesgebiet eine Aufenthaltsbeendigung nur ausnahmsweise, bei Vorliegen besonderer Gründe im Lichte des Art. 8 EMRK gerechtfertigt ist. Solche, das persönliche Interesse des – strafrechtlich unbescholtenen – Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegende, Umstände hat das Bundesverwaltungsgericht nicht dargetan und sind auch für den Verfassungsgerichtshof nicht ersichtlich.
1.2.1. Das Bundesverwaltungsgericht spricht dem Beschwerdeführer Integrationsbemühungen unter Verweis auf die "Aktenlage" und den in den mündlichen Verhandlungen gewonnenen persönlichen Eindruck ab. Soweit sich das Bundesverwaltungsgericht damit auf die – laut Bundesverwaltungsgericht der Aufenthaltsdauer nicht angemessenen – Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers bezieht, ist diese Beurteilung nicht nachvollziehbar: Aus der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 5. Jänner 2017 folgt, dass der Beschwerdeführer auch Deutsch gesprochen hat. Die Übersetzung durch die anwesende Dolmetscherin erfolgte demnach auf Wunsch des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers mit der Begründung, die Einvernahme betreffe nicht nur Angelegenheiten des Alltages und es ließe sich hiedurch die Verhandlungsdauer verkürzen. Aus der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 12. August 2019 folgt, dass die Einvernahme des Beschwerdeführers im Wesentlichen auf Deutsch abgehalten werden konnte. Dass die Kommunikation mit dem Beschwerdeführer auf Deutsch "nur schleppend" möglich gewesen sei und er immer wieder englische Begriffe verwendet habe, vermag eine unzureichende Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher Hinsicht nicht zu begründen.
1.2.2. Das Bundesverwaltungsgericht führt zwar zu Recht gegen das Gewicht des persönlichen Interesses des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet ins Treffen, dass er bei seinem Erstantrag auf internationalen Schutz im Jahr 1999 eine falsche Angabe betreffend seinen Herkunftsstaat machte und ihm im Hinblick auf diesen Antrag sein unsicherer Aufenthalt bewusst gewesen hätte sein müssen. Dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass nach der behördlichen Entscheidung über den Zweitantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sechs Jahre bis zur ersten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes bzw. zehn Jahre bis zur gegenständlichen zweiten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes verstrichen sind. Es liegt in der Verantwortung des Staates, die Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren so effizient führen zu können, dass nicht bis zur rechtskräftigen Entscheidung – ohne Vorliegen außergewöhnlich komplexer Rechtsfragen und ohne, dass dem Beschwerdeführer die lange Dauer des zweiten Asylverfahrens anzulasten wäre – wie hier insgesamt zehn Jahre vergehen (vgl. VfSlg. 19.203/2010). Es musste daher der Umstand, dass nach der behördlichen Entscheidung über den Zweitantrag des Beschwerdeführers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Rückkehrentscheidung zehn Jahre vergangen sind, den Beschwerdeführer nicht dazu veranlassen, von einem unsicheren Aufenthaltsstatus auszugehen; vielmehr durfte die lange Verfahrensdauer die Erwartung wecken, dass nicht zwangsläufig mit einer abweisenden Entscheidung zu rechnen sei (VfGH 19.9.2014, U 2377/2012).“
Zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens und angesichts der zum Antragszeitpunkt bereits langen Aufenthaltsdauer von 17 Jahren im Bundesgebiet und der festgestellten Notwendigkeit der Fortsetzung der medizinischen Versorgung und ärztlichen Kontrollen zur der - mittlerweile 10 jährigen - Behandlung seiner hypertensiven Cardiomyopathie ist die Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland nicht zumutbar.
Auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen sind aufgrund der getroffenen Feststellungen gegeben:
So besteht aufgrund der Ehe mit der Hauptmieterin der Wohnung in Wien, M.-gasse ein Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Wohnung, da eine Wohnung mit dieser festgestellten Größe und Raumaufteilung für ein kinderloses Ehepaar als ausreichend zu qualifizieren ist.
Unter Zugrundelegung des festgestellten durchschnittlichen Nettogehaltes der Gattin iHv. netto € 1.460 mtl., ergibt sich mit Einbeziehung der Sonderzahlungen ein Jahresnettoverdienst iHv € 20.607,04, welches somit ein mtl. Nettoei