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GewerbeONorm
GewO 1859 §33 Abs1Beachte
Vorgeschichte:86/04/0039 E 09.09.1986;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde der Ing. Dr. K W, des Dr. E W und der F S, alle in W, alle vertreten durch Dr. Ernst Schmerschneider, Rechtsanwalt in Wien I, Rosenbursenstraße 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. Juli 1987, Zl. 300.400/3- III-3/87, betreffend Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: F-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Alexander Deskovic, Rechtsanwalt in Wien I, Mölkerbastei 5), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhle von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit hg. Erkenntnis vom 9. September 1986, Zl. 86/04/0039, ist der Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 24. Jänner 1986 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden.
Im fortgesetzten Verfahren erging der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. Juli 1987, mit dem neuerlich u.a. den Berufungen der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 28. Juni 1978, Zl. MBA 13/14 Ba 40/3/77, insofern Folge gegeben wurde, als dieser erstbehördliche Bescheid dahin abgeändert wurde, daß zwei Auflagen behoben und dem den Vorbehalt der Erteilung einer Betriebsbewilligung betreffenden Punkt 37 eine neue Fassung gegeben wurde.
In der Begründung dieses Berufungsbescheides vom 28. Juli 1987 wurde zunächst u.a. auf das Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vom 22. Mai 1979 Bezug genommen, demzufolge die Verringerung störender Einwirkungen durch Selchrauch auf die Nachbarschaft durch verschiedene Maßnahmen möglich sei. Nach der lit. d des Gutachtens hätten die neuesten Entwicklungen zu Anlagen geführt, bei denen die "Behandlungsatmosphäre" in ihrer Beschaffenheit ständig überwacht, wenn erforderlich regeneriert und soweit als möglich, ohne die Anlage zu verlassen, in Umlauf geführt werde. Die mitbeteiligte Partei wolle nur an Stelle der bestehenden und gewerbebehördlich genehmigten Kammerselchen (3 Stück K-Selchen) 3 Stück S Doppelkammerselchen, Type A, einbauen. Bei diesen Selchen handle es sich um Anlagen, wie sie unter d) beschrieben worden seien. Ferner sollen im Betrieb an Stelle der 3 bestehenden und gewerbebehördlich genehmigten Drehkreuzselchen eine 6 Wagenkammerselche der Fa. M, und 4 Stück 3-Wagenkammerselchen der Fa. M, aufgestellt werden. Auch bei diesen Selchen handle es sich um Anlagen, wie sie unter d) beschrieben worden seien.
Darüber hinaus wurde in der Begründung des Berufungsbescheides vom 28. Juli 1987 u.a. auf die durch den Magistrat der Stadt Wien am 21. Mai 1985 durchgeführte mündliche Verhandlung Bezug genommen und deren Ergebnis wie folgt wiedergegeben:
"Von den früheren Genehmigungen der gegenständlichen Betriebsanlage sind zufolge einer mehr als drei Jahre dauernden Unterbrechung des den seinerzeitigen Genehmigungen entsprechenden Betriebes gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1973 nachstehende Bewilligungen erloschen:
Die mit Bescheid vom 26.7.1955 genehmigte Garage, Tischlereiwerkstätte und Waschküche bestehen nicht mehr, bzw. wurden sie (Waschküche) ins Haus Nr. 27 verlegt. Die mit Bescheid vom 4.9.1963 genehmigten drei Drehkreuzselchen wurden entfernt. Die mit Bescheid vom 8.1.1953, MBA 13/14-A 193/52, genehmigte Turmselche (Paternosterselche) besteht nicht mehr. Die mit Bescheid vom 13.12.1940 genehmigten drei Kammerselchen sind nicht mehr vorhanden. Die zwischenzeitlich mit Bescheid vom 13.12.1940 bestehenden zwei Selchen wurden abgetragen (Beschreibung des Bescheides vom 6.12.1950). Weiters wurden die mit Bescheid vom 6.12.1950 genehmigten sechs Selchen ebenfalls in der Zwischenzeit abgetragen (Beschreibung des Bescheides vom 4.9.1963).
Folgende Teile der Betriebsanlage werden aufgrund rechtskräftiger Genehmigungen nach wie vor betrieben:
Bescheid vom 13.12.1940, BH - A 118/40:
Die mit diesem Bescheid genehmigten Kühlräume an der A-straße rechts vor der Einfahrt bestehen noch, weiters bestehen noch der Arbeitsraum an der rechten Grundgrenze, gesehen von der A-straße, und die Selcherei im Anschluß an den Arbeitsraum, die jedoch durch Mauerdurchbrüche mit dem Selchraum des Traktes K-gasse verbunden wurde. In diesem Selchraum befinden sich auch derzeit noch drei Kochkessel (in gleicher Anzahl bereits im Genehmigungsplan enthalten). Der Straßentrakt A-straße links vor der Einfahrt ist räumlich weitgehend unverändert, die Widmungen der Räume wurden jedoch großteils mit Ausnahme des Personal-WC und des Waschraumes an der Seite zur F-gasse in Büroräume und Lagerräume abgeändert. Der Keller dieses Traktes links von der Einfahrt ist unverändert vorhanden.
Bescheid vom 6.12.1950, MBA 13/14 - A 30/50:
Objekt K-gasse, 1. Stock größtenteils unverändert; die Kaltselche und die Wursttrockenräume bestehen noch. Im Erdgeschoß an der K-gasse bestehen noch die Kühlräume. Der Arbeitsraum an der linken Grundgrenze, abgesehen von der K-gasse, besteht ebenfalls noch, wurde allerdings später geringfügig vergrößert. Der Selchraum im Anschluß an diesen Arbeitsraum ist ebenfalls örtlich unverändert. Das Mittelobjekt im Hof (ehemaliger Umkleideraum und Wäschetrockenraum mit Waschküche) besteht ebenfalls noch, wurde allerdings zur Personalküche und zum Personalspeiseraum umgewandelt und später vergrößert.
Bescheid vom 26.7.1955, MBA 13/14 - A 30/54:
Die vorerwähnte Vergrößerung des Mitteltraktes im Hof wurde durchgeführt. Weiters wurde das Gebäude an der F-gasse (ebenerdig) und das Gebäude an der Ecke K-gasse/F-gasse (einstöckig und unterkellert) hinzugenommen. Ferner wurden im bestehenden Trakt an der K-ergasse die ebenerdigen Räume im Anschluß an die Kühlräume in Personalräume umgewandelt, welche noch existieren. Im 1. Stock an der Ecke K-gasse/F-gasse wurden Wursttrockenräume eingebaut, welche noch existieren, im Erdgeschoß bestehen Kühlräume und ein Arbeitsraum in ebenfalls unveränderter Form, im Keller sind ein Kühlmaschinenraum und ein Heizraum als Aufstellungsort für einen Dampfkessel weiterhin vorhanden. Weiters wurde im Keller des schon bestehenden Traktes an der K-gasse das auch noch derzeit bestehende Darmlager eingerichtet. Der die Geschosse im Ecktrakt verbindende Lastenaufzug bestehe ebenfalls noch. Im ebenerdigen Trakt an der F-gasse war zum Genehmigungszeitpunkt eine Garage, eine Werkstätte und eine Waschküche untergebracht. Diese Räume wurden später in Kühl- und Lagerräume umgewandelt. Im Rahmen dieser Genehmigung wurde auch die Einfahrt von der F-gasse geschaffen; die bei dieser Einfahrt bestehende Brückenwaage besteht noch. Ferner wurde im Keller an der A-straße ein Brennstofflagerraum und Aufstellungsraum für Kühlmaschinen geschaffen. Als Aufstellungsraum für Kühlmaschinen ist dieser Keller noch vorhanden, das Brennstofflager wird als Heizöllager verwendet.
Bescheid vom 3.12.1962, MBA 13/14 - Ba 40/2/62:
Der mit Bescheid vom 26.7.1955 genehmigte Dampfkessel wurde ausgetauscht und besteht in dieser Form noch. Weiters wurde in der Werkstätte eine Eiserzeugungsmaschine installiert, welche später durch ein gleichartiges Gerät ersetzt wurde und nunmehr im Arbeitsraum vor dem Selchraum aufgestellt ist.
Die mit Bescheid vom 29.8.1962, MBA 13/14 - Ba 40/3/63, vorgeschriebenen Ejektoren wurden in den letzten drei Jahren betrieben und sind derzeit noch in betriebsfähigem Zustand. Sie sollen aber durch eine mechanische Klimaanlage mit geschlossenem Kreislauf ersetzt werden zur Zl. MBA 13/14 - Ba 40/4/84, anhängiges Betriebsanlagengenehmigungsverfahren). Die drei genehmigten externen Raucherzeuger sind in technisch gleichwertiger Form weiterhin vorhanden und an die noch nicht genehmigten Selchkammern angeschlossen.
Bescheid vom 4.9.1963, MBA 13/14 - Ba 40/3/63:
Mit diesem Bescheid wurde die Vergrößerung des Arbeitsraumes vor dem Selchraum genehmigt. Weiters wurden mit diesem Bescheid drei Kochschränke genehmigt, welche in Form gleichartiger Geräte noch bestehen. Im Keller unterhalb des Arbeitsraumes vor dem Selchraum wurde ein Brennstofflagerraum eingerichtet, welcher später in diesen Wurstlagerraum umgewandelt wurde.
Bescheid vom 9.3.1967, MBA 13/14 - Ba 40/1/67:
Mit diesem Bescheid wurde eine Rohrbahnanlage genehmigt, welche nunmehr nur räumlich verlegt wurde und sich im Arbeitsraum vor dem Trakt K-gasse befindet. Weiters wurden mit diesem Bescheid drei weitere Kochschränke genehmigt, welche in gleichartiger Form noch bestehen. Ferner wurde eine Luftkompressoranlage genehmigt, welche ebenfalls in dieser Form noch besteht.
Bescheid vom 19.2.1968, MBA 13/14 - Ba 40/4/67:
Mit diesem Bescheid wurden zwei gasbeheizte Bratschränke genehmigt, welche in dieser Form noch in Verwendung stehen. Ferner wurde im Gebäude an der F-gasse eine Wurstklimaanlage genehmigt, die in dieser Form ebenfalls noch besteht. Mit dem Einbau der Kühlanlage verbunden war eine Teilumwidmung der ehemaligen Werkstätten- und Garagenräume an der F-gasse in einen Lagerraum, welcher noch vorhanden ist.
Bescheid vom 17.6.1970, MBA 13/14 - Ba 40/5/69:
Im Gebäude an der K-gasse wurde zusätzlich zum Lastenaufzug für die Verbindung der Geschosse ein Personen-Lastenaufzug installiert, welcher noch vorhanden ist. Durch die jeweilige Erwähnung von Arbeitsräumen und Kühlräumen in den vorgenannten Bescheiden ist auch die Aufstellung der zugehörigen Geräte verbunden, also Kühlaggregate, Fleischwölfe, Kutter, Speckschneidemaschinen, Vakuumverpackungsmaschine, Gefrierfleischschneider u.dgl. Diese Maschinen sind in modernisierter, jedoch im wesentlichen gleichartiger Form weiterhin vorhanden und auch zahlenmäßig unverändert, wie den Genehmigungsplänen mit Maschinenlisten zu entnehmen ist."
In der Begründung des Berufungsbescheides vom 28. Juli 1978 wurden ferner die in den Entscheidungsgründen des aufhebenden Erkenntnisses vom 9. September 1986 dargelegten Erwägungen wiedergegeben. Weiters wurde ausgeführt, im Zuge des nunmehr fortgesetzten Ermittlungsverfahrens habe der gewerbetechnische Amtssachverständige das nachstehende, mit dem 2. April 1987 datierte Gutachten erstattet.
"Soweit dies der gewerbetechnische Amtssachverständige beurteilen kann, hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid aufgehoben, weil es die belangte Behörde unterlassen hat, die Frage der Anwendbarkeit des § 81 GewO 1973 rechtlich hinreichend zu begründen. Die Wiedergabe des diesbezüglichen Teiles der Niederschrift über die vom Magistrat der Stadt Wien durchgeführte Verhandlung vom 21. 5. 1984 und die darin enthaltenen Ausführungen des Amtssachverständigen, sowie der daraus gezogene Schluß, daß die wesentlichen Teile der Betriebsanlage aufgrund rechtskräftiger Genehmigungen nach wie vor betrieben wurden und daß daher nicht von einem Erlöschen der Genehmigung im Sinne des § 80 Abs. 1 GewO 1973 gesprochen werden könne, genügen hiefür nicht. Der gewerbetechnische Amtssachverständige kann zu dieser Frage (Anwendbarkeit des § 81 GewO 1973) nur aufgrund seiner langjährigen praktischen Erfahrungen mit Betrieben und Betriebsanlagen und deren Entwicklungen, sowie aufgrund der Kenntnisse der Technologie in den jeweiligen Betriebsanlagen, nicht jedoch aufgrund rechtstheoretischer Überlegungen, Stellung nehmen.
Allgemein ist zunächst festzustellen, daß ein Betrieb und damit auch die dazugehörende Betriebsanlage einem lebenden Organismus vergleichbar ist. In einem gesunden, gutgehenden Betrieb ergibt sich fast ununterbrochen die Notwendigkeit, Änderungen und Erweiterungen, Umstellungen und Verbesserungen durchführen zu müssen. Ein solcher Betrieb, egal welcher Branche, ist daher gezwungen, innerhalb eines Zeitraumes von 2 bis 5 Jahren fast seine gesamten Einrichtungen und Anlagen durch an sich gleichartige (im Hinblick auf den Verwendungszweck), jedoch modernere (leistungsfähigere) ersetzen zu müssen; oft ist ein solcher Ersatz auch im Hinblick auf die Abnützung der Einrichtungen und die hohen Kosten einer Reparatur oder Instandsetzung zweckmäßiger oder aufgrund von Anrainerbeschwerden notwendig. Interessant in diesem Zusammenhang ist, daß, bedingt durch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit hinsichtlich der Belange des Umweltschutzes, die neueren, moderneren Maschinen und Anlagen trotz erhöhter Leistung so hergestellt und erzeugt werden, daß sie im Betrieb emissionsärmer und umweltfreundlicher sind als die älteren Maschinen und Anlagen. Es ist eine nachweisbare Tatsache, daß bei Beibehaltung der Art der Produktion ein Austausch von Maschinen und Einrichtungen durch moderne Anlagen in der Regel zu einer Verbesserung der Umweltsituation geführt hat.
Auf den gegenständlichen Betrieb bezogen, ergibt sich aus den Unterlagen im Bezugsakt und aus der Kenntnis der Entwicklung der Betriebsanlage in den letzten 20 Jahren:
Der Betrieb wird in Gebäuden, die in der A-straße, an der Fgasse, an der K-gasse und an der westseitigen Grenze des Betriebsareals stehen und einen etwa quadratischen Hofraum mit verschiedenen Einbauten umschließen, ausgeübt. Die an den Straßenfronten zu den Anrainern weisenden Gebäude sind durchwegs altbestehend. Im Laufe der letzten 20 Jahre wurden betriebsbedingt innerhalb dieser Gebäude die verschiedensten Änderungen, Umbauten, Aus- und Einbauten vorgenommen (Versetzen von Stiegen, Türen, Hoffenstern, Trennwänden, Errichtung neuer Auf- und Abgänge, Wände, Türen etc.). Alle diese baulichen Maßnahmen waren aus betrieblichen Gründen erforderlich, haben aber als bauliche Maßnahmen an sich keine nachteiligen Einwirkungen auf die Anrainer im Gefolge gehabt. An den Außenfronten der Gebäude haben sich praktisch - ausgenommen die Abmauerung einzelner Fenster von Lagerräumen, die wegen einer Klimatisierung nicht mehr zulässig werden - keine Änderungen ergeben. Die Abmauerung der Fensteröffnung in Richtung Anrainer hat sogar zu einer Verminderung vom Emissionen (Lärm, Geruch) maßgeblich beigetragen.
Diese im Laufe der Jahre durchgeführten, im einzelnen jeweils geringfügigen baulichen Änderungen, die zu keinen neuen oder größeren Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 geführt haben, ändern daher nichts daran, daß die Gebäude selbst, die als Betriebsobjekte rechtskräftig gewerbebehördlich genehmigt wurden, auch immer als solche in Verwendung gestanden sind.
In der Betriebsanlage werden seit der rechtskräftigen Genehmigung der Anlage ohne Unterbrechung Wurst- und Selchwaren erzeugt.
Das Verfahren zur Erzeugung von Wurst- und Selchwaren ist seit vielen Jahrzehnten im wesentlichen gleichgeblieben. Die Tiere werden zerlegt, das Fleisch von den Knochen befreit, zerteilt, zerkleinert, gewürzt, vermischt, portioniert, geselcht, gekocht, gebraten, getrocknet, verpackt und gelagert. Die Einrichtungen und Anlagen zur Durchführung der vorgeschriebenen Arbeitsgänge (Fleischereimaschinen, Selch-, Brat- und Kocheinrichtungen, Hilfsanlagen etc.) sind, wie in unserer technischen Zeit nicht anders denkbar, einer ständigen Weiterentwicklung unterworfen. Es ist daher auch im gegenständlichen Betrieb - wie bereits früher allgemein ausgeführt wurde - notwendig, daß die vorhandenen Maschinen und Einrichtungen in regelmäßigen, leider anscheinend immer kürzer werdenden Zeitabständen, durch zwar der Art nach gleichartige, der Präzision und Leistungsstärke nach jedoch immer bessere Maschinen und Einrichtungen ersetzt werden müssen. Der gegenständliche Betrieb hat daher in den letzten 15 Jahren zahlreiche Änderungen und Erweiterungen in seiner Betriebsanlage - manchmal auch wegen behördlicher Auflagen (zur Verringerung von Emissionen) - durchgeführt, ohne aber deshalb den Betrieb selbst auch nur für kurze Zeit zu unterbrechen.
Wie solche ständige Änderungen im einzelnen vor sich gehen, soll einerseits, weil es sich um einen der wesentlichsten Teile der Betriebsanlage handelt, andererseits, weil gerade bei diesen Anlagen in den letzten Jahren die umfangreichsten Entwicklungen stattgefunden haben und nicht zuletzt deshalb, weil auf diese Anlagenteile im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes besonders Bezug genommen worden ist (Seite 10 des Erkenntnisses), am Beispiel der Selchanlagen näher ausgeführt werden.
Eine Selchanlage besteht im wesentlichen aus der Raucherzeugungsstelle, einem Raum, in dem das Selchgut der Behandlung ausgesetzt wird, und einer Einrichtung über die die verbrauchten Rauchgase ins Freie abgeführt werden. Die ersten im Betrieb verwendeten Selchen hatten am Boden der Selchkammer (Raum für die Aufnahme des Selchgutes) eine Feuerstelle mit einem Holzfeuer, auf dem Sägespäne aufgeschüttet und zur Raucherzeugung verschwelt und verbrannt wurden (in einem Gutachten der gewerbetechnischen Abteilung als 'nach konservativem Verfahren arbeitende Selche' bezeichnet). Der erzeugte Rauch strich über das in der Kammer aufgehängte Selchgut und wurde über gemauerte Selchrauchfänge ins Freie abgeführt (Selchen genehmigt in den Jahren 1940, 1950 und 1953). Wegen starker Raucheinwirkungen auf die Anrainer wurde im Jahre 1951 eine Erhöhung der Selchrauchfänge um 1,5 m durch Bescheid aufgetragen.
Selchanlagen sind an sich, wenn sie ständig betrieben werden, einem starken Verschleiß ausgesetzt und müssen daher in kürzeren Abständen instandgesetzt, repariert oder erneuert werden.
Aus diesem Grunde, aber auch weil bei Verwendung von Selchanlagen ganz allgemein sehr oft Beschwerden über unzumutbare Raucheinwirkungen auf die Nachbarschaft vorgebracht worden sind, hat sich die solche Anlagen bauende Industrie bemüht, hier durch Änderungen an diesen Anlagen Abhilfe zu schaffen. Dabei wurden im wesentlichen Änderungen bei der Raucherzeugung, bei der Ausgestaltung der Selchkammern und bei der Führung der Rauchgase vorgenommen. Zuerst wurde das Holzfeuer in der Selchkammer durch Gasflammenbrenner ersetzt, bei späteren Anlagen wurde die Raucherzeugung aus der Selchkammer heraus in eigene Rauchgasgeneratoren verlegt; noch später wurden die Rauchinhaltsstoffe nicht durch Verbrennen der Späne, sondern durch Extraktion mit Heißdampf erzeugt (Selchrauch = Behandlungsatmosphäre).
Eine ähnliche Entwicklung ergab sich bei der Ausgestaltung der Selchkammern. Während ganz am Anfang das Selchgut auf Selchstecken in die gemauerten Selchkammern eingehängt wurde, wurden später ausziehbare Körbe, noch später ausfahrbare Wagen, bei einer Bauart paternosterähnliche Aufhängevorrichtungen (Turmselche, Paternosterselche) eingesetzt. Dann wurden statt der gemauerten Selchkammern, Kammern (Schränke) aus Stahl (Nirosta) herangezogen.
Mit der Entwicklung der Elektronik, der Meß- und Regeltechnik wurde das Problem von der Steuerungsseite her angegangen. Die außerhalb der Selche erzeugte 'Behandlungsatmosphäre' wurde hinsichtlich ihrer Zusammensetzung, hinsichtlich der Inhaltsstoffe, der Temperatur, der Feuchtigkeit elektronisch überwacht und ständig auf die gewünschte Konditionierung gebracht. Durch sinnvolle Umleitungen, Klappen und Regelmechanismen wird die Behandlungsatmosphäre in der Kammer weitgehend im Umlaufbetrieb geführt und nur mehr kurzzeitig werden geringfügige Restrauchmengen ins Freie abgeführt.
Für die rechtliche Beurteilung dieser Änderungen, angewendet auf den gegenständlichen Fall, ist aber im Hinblick auf die Anrainer interessant, daß die Abführung der 'Restrauchmengen' noch immer über die alten, in den Jahren 1950 gebauten und genehmigten und 1951 erhöhten Selchrauchfänge erfolgt. Die aus der Sicht der Anrainer wesentlichsten Teile der mehrmals geänderten Anlage, nämlich die Emissionsquellen (die Selchrauchfänge), sind daher noch immer identisch mit den rechtskräftig genehmigten Selchrauchfängen der Selchen aus dem Jahre 1950.
So gesehen liegt hier zweifellos der klassische Fall einer Änderung einer Betriebsanlage vor; von einer Betriebsunterbrechung - der Emissionsquelle Selchrauchfang - kann hier wohl kaum gesprochen werden.
Ähnliche Überlegungen könnten für die übrigen Änderungen an wesentlichen Anlagenteilen, wie den Fleischereimaschinen (Wolf, Cutter, Mischer, Füllmaschinen) oder den Koch- und Bratanlagen angestellt werde.
Da Änderungen an wesentlichen Anlagenteilen, insbesondere auch dann, wenn damit eine Produktionsausweitung verbunden ist, auch oft Änderungen an den erforderlichen Hilfseinrichtungen (Transportanlagen, Reinigungsanlagen, Lager- und Abstellmöglichkeiten, Versorgung mit Wasser, Wärme, Kälte, An- und Auslieferungseinrichtungen) zur Folge haben, zeigt ein solcher Betrieb nach 15 bis 20 Jahren ein stark verändertes Aussehen.
Zusammenfassend kann daher nach Ansicht des gewerbetechnischen Amtssachverständigen keinesfalls davon gesprochen werden, daß der Betrieb der genehmigten Anlage durch mehr als 3 Jahre unterbrochen wurde.
Im übrigen wird zur Frage der Beurteilung der Zumutbarkeit aufgrund der örtlichen Verhältnisse auf die Ergebnisse der bisherigen Erhebungen verwiesen. Der Unterschied der nach den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen bestehenden Immissionen - und zwar sowohl für die von der Betriebsanlage im 'konsensmäßigen verursachten Ausmaß', als auch im derzeitigen, nach den mehrmaligen Änderungen verursachten Ausmaß - kann leicht durch einen Vergleich der Ergebnisse von Erhebungen in den Jahren 1950 bis 1974 und den Ergebnissen von Erhebungen und Messungen in den Jahren 1976 bis 1985 dargestellt werden."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem gesamten Vorbringen nach erachten sich die Beschwerdeführer in dem auf den § 81 in Verbindung mit den §§ 74 Abs. 2 Z. 2 und 77 GewO 1973 gestützten Recht verletzt, daß die von der mitbeteiligten Partei beantragte Genehmigung nicht erteilt werde. Daß die Beschwerdeführer auch § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 als Grundlage des von ihnen geltend gemachten Beschwerdepunktes heranziehen würden, läßt sich der vorliegenden Beschwerde nicht entnehmen.
In Ausführung des geltend gemachten Beschwerdepunktes tragen die Beschwerdeführer vor, bis einschließlich Seite 66 des angefochtenen Bescheides enthalte die Begründung lediglich Zitate vorangegangener Bescheide, Erkenntnisse und Gutachten. Danach werde kurz festgestellt, daß auf Grund der ergänzend durchgeführten Ermittlungen eine Gefährdung der Anrainer im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 auszuschließen sei, daß Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. auf ein zumutbares Maß beschränkt würden, daß ein Erlöschen der bisherigen Genehmigungen wegen einer mehr als dreijährigen Nichtverwendung der Betriebsanlage nicht angenommen werde und daher die beantragten Genehmigungen zu erteilen gewesen seien. Diese etwas lakonischen Feststellungen entsprächen nicht dem der belangten Behörde als Berufungsinstanz zugedachten Gesetzesauftrag, insbesondere auch nicht dem vom Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen, zuletzt im Erkenntnis vom 6. September 1986, Zl. 86/04/0039, erteilten Auftrag, den tatsächlichen Sachverhalt ausreichend festzustellen und bei der Beurteilung der Rechtsfragen darzulegen, jene Anlagenteile anzuführen, die zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides betrieben wurden oder deren Betrieb damals durch noch nicht mehr als 3 Jahre unterbrochen war, und ferner anzuführen, ob und zutreffendenfalls inwiefern es sich um wesentliche Anlagenteile handelt und ob und zutreffendenfalls inwiefern dem betreffenden Betrieb eine rechtskräftige Genehmigung zugrunde liegt. Weiters habe der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde neuerlich aufgetragen zu berücksichtigen, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 zumutbar seien, wobei als Maßstab ein gesunder, normal empfindender Mensch sowie tatsächliche örtliche Verhältnisse heranzuziehen seien. Diesem Auftrag habe die belangte Behörde in keiner Weise entsprochen, sie berufe sich bei ihrer Entscheidung immer wieder auf längst überholte und unzureichende Gutachten in der Vergangenheit bzw. liege ihrer Entscheidung bezüglich des Erlöschens der seinerzeitigen Betriebsanlagen-Genehmigung die völlig unzureichende "gutächtliche Äußerung der Abteilung 2" vom 2. April 1987 zugrunde (die übrigens von dem nämlichen Sachbearbeiter unterfertigt sei wie das seinerzeit bereits als unzureichend bekämpfte Gutachten vom 10. September 1985). Zu der "gutächtlichen Äußerung" hätten die Beschwerdeführer bereits in ihrer Äußerung vom 21. Mai 1987 ausgeführt, daß diese
"in keiner Weise geeignet ist, als Grundlage für einen Ersatzbescheid zu dienen, weil durch diese gutächtliche Äußerung dem im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. 9. 1986, Zl. 86/04/0039, erteilten Auftrag einer Überprüfung des Betriebes im Sinne der §§ 33 Abs. 1 der Gewerbeordnung (1859) und des § 80 Abs. 1 bzw. § 81 Gewerbeordnung 1973 lediglich insofern entsprochen wurde, als festgestellt wird, daß die Außenfronten der Gebäude der Firma F im wesentlichen unverändert sind, und daß für die Abführung der 'Restrauchmengen' nach wie vor die 1951 genehmigten Selchrauchfänge verwendet werden.
Im übrigen ist das Gutachten höchst widersprüchlich, weil einerseits zwar festgestellt wird, daß im Laufe der letzten 20 Jahre innerhalb der Gebäude der Firma F verschiedenste 'Änderungen, Umbauten, Aus- und Einbauten vorgenommen wurden', andererseits die gewerbetechnische Abteilung zusammenfassend zu dem Ergebnis kommt, daß 'keinesfalls davon gesprochen werden kann, daß der Betrieb der genehmigten Anlage durch mehr als 3 Jahre unterbrochen wurde'.
Um dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes zu entsprechen, ist es erforderlich, an Hand der rechtskräftigen Bescheide über die Betriebsanlagen der Firma F detailliert festzustellen, welche der in den Bescheiden angeführten Anlagen noch vorhanden sind, und welche andere, nicht genehmigten Anlagen und wann an deren Stelle getreten sind.
Dabei wird die Behörde festzustellen haben, daß seit mehr als 3 Jahren die Firma F Anlagen verwendet, für die keine Genehmigungen vorliegen und daß die seinerzeit genehmigten Anlagen entfernt worden sind.
Danach wird die Feststellung zu treffen sein, daß durch Nichtbetrieb der seinerzeit genehmigten Anlagen gemäß § 80 Gewerbeordnung die rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigunge n erloschen sind und für die bestehenden Anlagen keine Betriebsanlagengenehmigung vorliegt. Als weitere Konsequenz werden die in §§ 366 ff Gewerbeordnung vorgesehenen Strafbestimmungen in Anwendung zu bringen sein.
Es war, wie aus dem wirklich umfangreichen Gewerbeakt der Firma F ersichtlich, seit Jahrzehnten die Praxis dieses Unternehmens, ohne Rücksicht auf gesetzliche Bestimmungen Anlagen nach Bedarf zu ändern, zu vergrößern oder auszutauschen, ohne daß vorher um entsprechende Betriebsanlagengenehmigung angesucht worden wäre. Die Gewerbebehörde hat bisher leider verabsäumt, die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen gegen diese Willkür zu ergreifen, weshalb ja bekanntlich schon mehrfach der Verwaltungsgerichtshof Bescheide der Unterinstanz als rechtswidrig aufgehoben hat.
Der nunmehr neuerlich durch die 'Äußerung der gewerbetechnischen Abteilung 2 vom 7. 4. 1987' gemachte Versuch, das tatsächliche Vorgehen der Firma F in den letzten Jahrzehnten zu verharmlosen und als Verbesserung für die Situation der Anrainer darzustellen, entspricht nicht dem klaren Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb diese Äußerung auch keinesfalls als gesetzmäßige Grundlage für einen Ersatzbescheid der Gewerbebehörde anzusehen ist."
Weiters hätten die Beschwerdeführer in ihrer Äußerung vom 10. November 1986 bei der Gewerbebehörde erster Instanz beantragt, die Immissionen auf Grund der "örtlichen Verhältnisse" festzustellen, welche Lärmbelästigung vorliegt (Langzeitprüfung), welches Verkehrsaufkommen durch die mitbeteiligte Partei zusätzlich in der F-gasse verursacht wird (Verkehrszählung während zumindest 48 Stunden), sowie einen Sachverständigen zu bestellen, der im Betrieb der mitbeteiligten Partei Ursache und Umfang der Geruchsbelästigungen feststellt und technische Möglichkeiten für deren Beseitigung aufzeigt. Statt diesen Anträgen Folge zu geben, beziehe sich die belangte Behörde bei der Begründung für die "Zumutbarkeit der Immissionen" neuerlich lediglich auf das Gutachten des Amtssachverständigen vom 10. September 1985. Grundlage dieses Gutachtens der Abteilung 2 seien Erhebungen an drei Tagen des Jahres 1985 im Ausmaß von insgesamt 4 Stunden und 45 Minuten gewesen, was für die Prüfung von Art und Umfang der Immissionen sicherlich nicht ausreiche. Immerhin habe der Amtssachverständige in dieser gutächtlichen Äußerung bereits zugeben müssen, daß mehrmals täglich der Restrauch aus den Selchrauchen ins Freie gelangt ("3 - 5 Mal am Tag je 2 - 5 Minuten und 4 - 6 Mal pro Stunde je eine halbe Minute"), was einer Geruchsbelästigung der Nachbarschaft von zumindest insgesamt zwei Stunden und 20 Minuten täglich entspreche. Die Intensität des Geruches hänge sicherlich auch vom Luftdruck und der Windrichtung ab, für die Betroffenen sei es jedoch so besonders unangenehm, daß diese Geruchsbelästigungen (auch wenn sie nur kurzfristig auftreten) während des Tages und insbesondere auch in der Nacht zu unterschiedlichen Zeiten auftreten, und daher ein Schlafen bei offenem Fenster in der wärmeren Jahreszeit nicht möglich sei, weil ständig damit gerechnet werden müsse, im Schlaf durch die Geruchsbelästigung gestört zu werden. Durch die jahrelange Auseinandersetzung mit der mitbeteiligten Partei reagierten die Anrainer auf Geruchsbelästigung sicher empfindlicher als ein Außenstehender, der nur gelegentlich einmal mit den "Düften" der mitbeteiligten Partei konfrontiert wird. In keiner Weise setze sich der angefochtene Bescheid mit der Lärmbelästigung auseinander, insbesondere werde in keiner Weise dazu Stellung genommen, ob das durch die extrem ausgeweitete Produktion der Firma F erforderliche Verkehrsaufkommen (die Rohstoffe für mehr als 30 Tonnen Wurstwaren täglich seien zuzuführen und die Endprodukte abzuführen!) im Wohngebiet von H "den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten" entspreche. Die im angefochtenen Bescheid auf Seite 34 zitierten "durchaus glaubwürdigen Angaben des Betriebes" über Umsatzserhöhungen seien für die Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit nicht heranzuziehen, weil es nicht auf die prozentuelle Steigerung, sondern auf den tatsächlichen Produktionsausstoß ankomme, und der sei bisher als rechtlich unerheblich nicht festgestellt worden. Wie schon mehrfach ausgeführt, habe sich die mitbeteiligte Partei in den letzten Jahrzehnten in gesetzwidriger Weise zu einem Mammutbetrieb erweitert, der an diesem Standort, umgeben von Wohngebiet, unzulässig sei. Durch nachträgliche Genehmigung der eigenmächtig errichteten erweiterten Betriebsanlagen sanktioniere die Behörde jedoch dieses Vorgehen der mitbeteiligten Partei. Der Ausbau gehe weiter, mit Bescheid vom 11. September 1987 habe der Magistrat der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 13./14. Bezirk) neuerlich eine Änderung und Erweiterung der Betriebsanlage bewilligt (zur Illustration werde der Bescheid, der Gegenstand eines weiteren Rechtsmittelverfahrens sein werde, vorgelegt). Unter anderem werde nun (Z. 9) die Errichtung einer Ladezone zwischen Betriebseinfahrt F-gasse 9 und Einmündung K-gasse angeordnet, weil der Hof der mitbeteiligten Partei für die Verladetätigkeit bereits zu klein geworden sei und daher ohne Rücksicht auf das Wohngebiet die Ladetätigkeit außerhalb des Betriebes der Firma F durchgeführt werden solle. Die Einschränkung dieser Tätigkeit von 5.00 bis 22.00 Uhr vermöge an der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme nichts zu ändern.
§ 80 Abs. 1 GewO 1973 sieht vor, daß die Genehmigung der Betriebsanlage erlischt, wenn mit ihrem Betrieb nicht binnen drei Jahren nach erteilter Genehmigung begonnen oder ihr Betrieb durch mehr als drei Jahre unterbrochen wird (die Möglichkeit der Fristverlängerung nach § 80 Abs. 2 und 3 ist im Beschwerdefall nach dem gegebenen Sachverhalt ohne Bedeutung).
Eine gleichartige Regelung sah bereits § 33 Abs. 1 der Gewerbeordnung (1859) vor.
Das Betreiben wesentlicher Anlagenteile genügt, um den Eintritt der im § 33 Abs. 1 der Gewerbeordnung (1859) und § 80 Abs. 1 GewO 1973 vorgesehenen Rechtswirkungen auszuschließen. Hiebei ist auf die funktionelle Bedeutung der Anlagenteile abzustellen; die "Anlage" im Sinne dieser Gesetzesstellen machen jene ihrer Einrichtungen aus, die den Anlagenzweck in entscheidender Weise erfüllen. Unter dem "Betrieb der Anlage" ist der Betrieb der genehmigten Anlage zu verstehen. Der § 33 der Gewerbeordnung (1859) und der § 80 GewO 1973 beziehen sich nicht auf eine - allenfalls strafrechtlich relevante - konsenslose Tätigkeit; die angeführten Gesetzesstellen stellen zwischen dem Erlöschen der "Genehmigung der Betriebsanlage" und einer konsenslosen Tätigkeit keine normative Verknüpfung her (siehe das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1981, Zl. 04/2678/78).
Im vorliegenden Fall ist den Beschwerdeführern dahin Recht zu geben, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in dem mit den Worten "auf Grund des gesamten Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens ....." (auf S. 67) beginnenden Teil - von dem im Sinne des aufhebenden Erkenntnisses vom 9. September 1986 unter Darlegung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes und dessen tatbestandsmäßiger Zuordnung die durch § 60 AVG 1950 geforderte klare und übersichtliche Zusammenfassung zu erwarten gewesen wäre - neuerlich dieser Verfahrensvorschrift formell nicht entsprach. Der Verwaltungsgerichtshof kann allerdings insbesondere auch unter Bedachtnahme auf das Vorbringen in der vorliegenden Beschwerde nicht finden, daß die belangte Behörde bei Einhaltung dieser Verfahrensvorschrift - im Sinne des im aufhebenden Erkenntnis vom 9. September 1986 angewendeten Aufhebungstatbestandes des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG - zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Es trifft zwar im Sinne der Ausführungen in der vorliegenden Beschwerde zu, daß das Gutachten des technischen Amtssachverständigen vom 2. April 1987 auf Gesichtspunkte abstellt, die - ohne daß sich die belangte Behörde damit auseinandergesetzt hätte - an dem in den §§ 33 Abs. 1 der Gewerbeordnung (1859) und 80 Abs. 1 GewO 1973 enthaltenen Tatbestand der Unterbrechung des Betriebes der genehmigten Anlage vorbeigehen. Entgegen den vom technischen Amtssachverständigen angestellten Überlegungen reicht es, um der Rechtsfolge des Erlöschens der Genehmigung zu entgehen, nicht aus, daß eine gewerbliche Betriebsanlage einmal genehmigt wurde und daß sich in der Folge, ohne Bedachtnahme auf die (allfällige) Genehmigungspflicht von "Änderungen und Erweiterungen, Umstellungen und Verbesserungen", der "Betrieb und damit auch die dazu gehörende Betriebsanlage einem lebenden Organismus vergleichbar" weiterentwickelt. Entscheidend ist vielmehr, daß ungeachtet des Unterbleibens der Genehmigung von genehmigungspflichtigen Änderungen wesentliche Anlagenteile, die nicht oder nur in einer nicht der Genehmigungspflicht unterliegenden Art und Weise geändert wurden, gedeckt durch eine Genehmigung (Ursprungskonsens oder Genehmigung einer Änderung) ohne eine mehr als dreijährige Unterbrechung fortbetrieben wurden. Ungeachtet der weitgehenden Änderungen, die den Gegenstand des erstbehördlichen Bescheides vom 28. Juni 1978 bilden, hatte die belangte Behörde im Hinblick auf die Aktenlage, insbesondere im Hinblick auf die Niederschrift des Magistrates der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 13./14. Bezirk) vom 21. Mai 1985, letztlich keinen Anlaß mehr, daran zu zweifeln, daß - abgesehen von den Selchen - wesentliche Teile der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei, und zwar solche Teile, die von den verfahrensgegenständlichen Änderungen (die insbesondere im Hinblick auf die aufhebenden Erkenntnisse vom 18. Juni 1982, vom 13. November 1984 und vom 9. September 1986 bis zur Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides noch nicht genehmigt, aber gleichwohl, wenigstens teilweise durchgeführt wurden) nicht betroffen sind, gedeckt durch die in der Niederschrift vom 21. Mai 1985 angeführten Genehmigungsbescheide ohne Unterbrechung fortbetrieben wurden. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher dem aufgezeigten Begründungsmangel, an dem auch der nunmehr angefochtene Bescheid leidet, in Ansehung der Frage nach einem Erlöschen der erteilten Genehmigungen, nicht Wesentlichkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG beizumessen.
Was die mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 28. Juni 1978 in erster Instanz genehmigten und auch den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildenden Änderungen der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei anlangt, durfte die belangte Behörde im Hinblick auf das Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vom 22. Mai 1979 davon ausgehen, daß die im Betrieb vorhandenen Selchanlagen die wesentlichsten Quellen der Emissionen seien, die zu Beschwerden der Nachbarschaft geführt hatten (siehe S. 6, zweiter Satz, des angefochtenen Bescheides), und daß die Beheizungseinrichtungen der Kesselanlagen eine weitere Emissionsquelle darstellen würden (S. 12, letzter Absatz, des angefochtenen Bescheides). Der Verwaltungsgerichtshof vermag insofern der Rüge der Beschwerdeführer nicht zu folgen, es wäre ein weiterer Sachverständigenbeweis über die Ursache der Geruchsbelästigungen aufzunehmen gewesen.
Die belangte Behörde durfte weiters der nicht als unschlüssig zu erkennenden Auffassung des gewerbetechnischen Amtssachverständigen folgen, daß durch die beantragte Änderung in der Betriebsanlage mit keiner Verschlechterung, sondern bei Erfüllung und Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen sogar mit einer Verbesserung der Situation für die Nachbarschaft gerechnet werden könne (S. 6, erster Absatz, des angefochtenen Bescheides), daß durch die Erweiterungen, Änderungen und Umgestaltungen in der Betriebsanlage zusätzliche Emissionen in Form von Rauch, Geruch oder Abgasen nicht zu erwarten seien, daß Emissionsquellen (Geruch) zum Teil sogar beseitigt oder in positiver Hinsicht beeinflußt würden (S. 13, letzter Absatz, des angefochtenen Bescheides) und daß in Erinnerung an früher bestandene Verhältnisse bei der Emission von Rauchgasen aus den nach dem alten Verfahren betriebenen Selchen ein Auftreten nennenswerter Einwirkungen herrührend von den Selchanlagen unwahrscheinlich geworden sei (S. 28, erster Absatz, des angefochtenen Bescheides). Die belangte Behörde durfte dem angefochtenen Bescheid ferner zugrunde legen, daß sie über eine Produktionserhöhung nicht abzusprechen hatte (siehe hiezu S. 16, unten, S. 17, oben, des angefochtenen Bescheides). Es ist daher auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, daß die belangte Behörde unter dem Gesichtspunkt der Ausnutzbarkeit der Betriebsanlage hinsichtlich des Ausmaßes des durch diese verursachten Geruchs und Lärms keine weiteren Beweisaufnahmen durchführte. Im Ergebnis durfte die belangte Behörde ihrem Abspruch als maßgebenden Sachverhalt zugrunde legen, daß die genehmigten Änderungen der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei - unter Bedachtnahme auch auf die früher erteilten rechtskräftigen Genehmigungen, die die mitbeteiligte Partei hinsichtlich der gegenständlichen Betriebsanlage erlangt hatte - keine Überschreitung des den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Immissionsstandes, sondern sogar - in die Richtung der Herstellung einer dem § 6 Abs. 6 der Wiener Bauordnung entsprechenden Situation für die im Wohngebiet gelegenen Grundstücke der Beschwerdeführer gehende - Verbesserungen bewirken, und zwar schon wegen Leistung eines dem Stand der Technik angemessenen Beitrages zur Emissionsherabsetzung derart, daß sich die Immissionen innerhalb der durch das Beurteilungsmaß (siehe hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 12. Juni 1981, Slg. N. F. Nr. 10482/A) gegebenen Höchstgrenzen halten. Den mit dem angefochtenen Bescheid auf der Grundlage dieses Sachverhaltes getroffenen Abspruch vermag der Verwaltungsgerichtshof am Maßstab der Bestimmungen der §§ 74 Abs. 2 Z. 1 und 2, 77 Abs. 1 und 2 und 81 GewO 1973 nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Auf die mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 13./14. Bezirk) vom 11. September 1987 genehmigten Änderung der gewerblichen Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei hatte die belangte Behörde in dem Verwaltungsverfahren, in welchem sie den angefochtenen Bescheid erließ, nicht einzugehen. Auf diese mit erstinstanzlichem Bescheid vom 11. September 1987 genehmigte Änderungen war auch im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Rücksicht zu nehmen.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei bezieht sich auf nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Wien, am. 22. März 1988
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1988:1987040207.X00Im RIS seit
25.06.2020Zuletzt aktualisiert am
25.06.2020