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L22003 Landesbedienstete NiederösterreichNorm
BDG 1979 §51Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die außerordentliche Revision des Ing. J S in D, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 5. April 2019, LVwG-AV-397/001-2018, betreffend Entfall der Bezüge gemäß § 31 Abs. 4 DPL 1972 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich.
2 Der Revisionswerber legte eine ärztliche Bescheinigung seiner Hausärztin vor, wonach ihm Arbeitsunfähigkeit ab 13. November 2017 auf unbestimmte Dauer attestiert wurde. 3 Am 21. November 2017 wurde beim Revisionswerber einer amtsärztlichen Untersuchung durchgeführt, die zu dem Ergebnis gelangte, dass er dienstfähig und ihm die Wegstrecke zum Arbeitsplatz zumutbar sei. Dieses Ergebnis wurde dem Revisionswerber vom Amtsarzt am Ende der Untersuchung mündlich mitgeteilt. Weiters hielt der Amtsarzt fest, dass der Revisionswerber vom 4. bis 15. Dezember 2017 wegen seiner Kreuzschmerzen Behandlungen im N Center durchführen lassen wolle, was prinzipiell als medizinisch sinnvoll eingestuft werde. 4 Mit Bescheid vom 11. Jänner 2018 stellte die Niederösterreichische Landesregierung gemäß § 31 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 (DPL 1972) fest, dass der Revisionswerber im Zeitraum vom 21. November bis 19. Dezember 2017 den Anspruch auf Bezüge und Nebengebühren verloren habe, da er in diesem Zeitraum ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei. 5 Es führte aus, der Revisionswerber sei im Zeitraum vom 7. August bis 19. Dezember 2017 durchgehend vom Dienst abwesend gewesen. Ab 21. November 2017 sei ihm erkennbar gewesen, dass er auf die ärztliche Bescheinigung seiner Hausärztin vom 13. November 2017 nicht vertrauen dürfe und dass Dienstfähigkeit bestanden habe. Im Zeitraum vom 4. bis 15. Dezember 2017 habe sich der Revisionswerber in medizinischer Behandlung im N Center befunden. Am 20. Dezember 2017 habe der Revisionswerber den Dienst an seiner Dienststelle wieder angetreten.
6 In rechtlicher Hinsicht führte die Dienstbehörde aus, der Revisionswerber sei im Zeitraum von 21. November bis 19. Dezember 2017 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen, da seine Dienstfähigkeit zumindest während dieses Zeitraumes gegeben gewesen sei und auch sonstige Rechtfertigungsgründe für das Fernbleiben des Revisionswerbers nicht bestanden hätten. Zwar habe der Revisionswerber seiner Dienstpflicht zur Vorlage eines ärztlichen Attestes entsprochen, er habe aber auf dieses nicht vertrauen dürfen. Der Verwaltungsgerichtshof erkenne in ständiger Rechtsprechung, dass solange ein Beamter seiner Mitwirkungspflicht zur Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachkomme, er auf diese vertrauen und von einer gerechtfertigten Dienstverhinderung ausgehen könne, bis ihm die Dienstbehörde Entgegenstehendes nachweislich mitteile. Unter besonderen Umständen sei es vorstellbar, dass der Beamte keinesfalls mehr auf die Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung vertrauen dürfe. Solche besonderen Umstände lägen im gegenständlichen Fall vor. Bereits ab Zugang der Weisung vom 8. November 2017, den Dienst anzutreten, habe dem Revisionswerber bewusst sein müssen, dass seine Dienstfähigkeit vorgelegen sei. Es werde ihm jedoch zugestanden, dass hinsichtlich der Frage der Dienstfähigkeit bezogen auf seinen orthopädischen Status unter Einbeziehung der zurückzulegenden Fahrtstrecken noch nicht das vom Verwaltungsgerichtshof geforderte zweifelsfreie Wissen über seine Dienstfähigkeit vorgelegen sei. Spätestens jedoch ab der Untersuchung vom 21. November 2017 beim Amtsarzt und dessen Mitteilung, dass der Revisionswerber auch unter Beachtung der Wegstrecke zu und von seinem Arbeitsplatz in der Lage sei, zum Dienst zu erscheinen, habe er nunmehr unzweifelhaft von seiner vollen Dienstfähigkeit ausgehen müssen. Ab diesem Tag hätte er daher unverzüglich seinen Dienst an der Dienststelle wieder antreten müssen.
7 Der Zeitraum während dem der Revisionswerber sich beim N Center in medizinischer Behandlung befunden habe, sei ebenfalls als ungerechtfertigtes Fernbleiben vom Dienst zu beurteilen. Im Schreiben der Dienstbehörde vom 6. Dezember 2017 sei der Revisionswerber in Entsprechung der Manuduktionspflicht darüber informiert worden, dass für die Gewährung eines Sonderurlaubes zur Absolvierung von Therapiebehandlungen ein entsprechender Antrag zu stellen sei. Ein solcher Antrag liege nicht vor. Aufgrund des eindeutigen Gesetzestextes bestehe für die Gewährung von Sonderurlaub - unabhängig von dessen Qualifikation als "Kur" oder "sonstiger Sonderurlaub" - kein Rechtsanspruch (Hinweis auf §§ 43, 44 DPL 1972, wonach eine solche Gewährung grundsätzlich nur möglich sei, sofern dienstliche Interessen dem nicht entgegenstünden). Aufgrund der insofern eindeutigen Rechtslage erübrigten sich weitere Feststellungen zu diesem Sachverhalt, insbesondere sei es unwesentlich, ob eine mögliche medizinische Indikation zur Durchführung dieser Therapiebehandlungen vorgelegen sei. Nachdem auch in diesem Zeitraum von der Dienstfähigkeit des Revisionswerbers auszugehen sei und ein Rechtsfertigungsgrund für die Abwesenheit nicht erblickt werden könne, sei auch für diesen Zeitraum keine andere rechtliche Würdigung geboten gewesen. 8 Gemäß § 31 Abs. 4 DPL 1972 verliere der Beamte, wenn eine ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst länger als einen Tag gedauert habe, für diese Zeit den Anspruch auf seine Bezüge und Nebengebühren. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen. 9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die vom Revisionswerber gegen den genannten Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es führte aus, der Revisionswerber sei im bekämpften Einstellungszeitraum gesundheitlich im Stande gewesen, seinen Dienst zu verrichten und die An- und Abreise zwischen Wohn- und Dienstort zu bewältigen. Der Revisionswerber sei ab 21. November 2017 in Kenntnis dieser amtsärztlichen Beurteilung vom selben Tag gewesen. Er habe im Zeitraum zwischen 4. und 15. Dezember 2017 im Ambulatorium N - wie in den letzten ca. 20 Jahren ein bis drei Mal jährlich - diverse therapeutische Behandlungen konsumiert. Die BVA habe mit Entscheidung vom 20. November 2017 die Übernahme der Kosten für eine beschränkte Anzahl der Behandlungen zugesichert, nicht jedoch die Übernahme allfälliger Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Diese seien auch nicht angefallen, da der Revisionswerber die Behandlungen ambulant konsumiert habe. Die nicht von der BVA bezahlte Therapie sowie die Garderobenmiete habe der Revisionswerber selbst bezahlt. Den ersten Kostenvoranschlag über diese voraussichtlichen Kosten habe der Revisionswerber mit Schreiben des Ambulatoriums N vom 30. Oktober 2017 erhalten.
10 In rechtlicher Hinsicht führte das Landesverwaltungsgericht aus, der Revisionswerber habe sich in der Rechtsrüge der Beschwerde bezüglich der Rechtfertigung seiner Abwesenheit alternativ auf jeden einzelnen der Abs. 1 bis 3 des § 31 DPL 1972 gestützt, wozu im Einzelnen Folgendes auszuführen sei:
11 Zum behaupteten Vorliegen einer anderen Verhinderung am Dienst als Krankheit (§ 31 Abs. 1 DPL 1972):
12 Betroffen sei innerhalb des angefochtenen Einstellungszeitraums nur die Zeit der ambulanten Therapien zwischen 4. und 15. Dezember 2017. Dabei habe es sich um routinemäßig geplante ambulante ärztliche Behandlungen gehandelt. Demnach seien diese Behandlungen nicht akut notwendig, sondern planbar gewesen. Insbesondere habe es sich weder um einen vom Sozialversicherungsträger bewilligten Kuraufenthalt noch um einen solchen Rehabilitationsaufenthalt oder um ein "ambulantes Rehabilitationsprogramm der Phase 3" im Sinne der Bestimmungen der BVA gehandelt. Als nicht akut notwendige Krankenbehandlung habe diese ambulante Kur somit keine Dienstverhinderung des § 31 Abs. 1 DPL 1972 dargestellt. Auch könne der ambulante Besuch des Ambulatoriums N nur deshalb, weil dessen geographische Lage eine Dienstverrichtung am selben Tag rein verkehrstechnisch nicht ermöglicht habe, rechtlich keine Dienstverhinderung bewirken. Dass der Revisionswerber daher verpflichtet gewesen wäre, solche ambulanten Behandlungen so zu gestalten, dass diese (inklusive Anfahrt bzw. Rückfahrt) außerhalb der Dienstzeit stattfänden, habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner den Revisionswerber betreffenden Entscheidung vom 13. September 2017, Ra 2017/12/0003, bereits klargestellt. § 31 Abs. 1 DPL 1972 scheide daher als Rechtsgrundlage zur Rechtfertigung der Dienstabwesenheit während der festgestellten ambulanten Therapien aus.
13 Zum Verlust des Vertrauens auf die ärztliche Berufsunfähigkeitsbescheinigung (§ 31 Abs. 2 DPL 1972):
14 Soweit der Revisionswerber den Standpunkt vertrete, dass die Kenntnis der medizinischen Beurteilung der Frage der Dienstunfähigkeit ohne zusätzliche Kenntnis der rechtlichen Würdigung durch die Dienstbehörde nicht ausreiche, um sein Vertrauen in die Beurteilung der behandelnden Ärztin zu erschüttern, sei ihm entgegenzuhalten, dass bei der hier entscheidungsrelevanten Kenntnis die medizinische Beurteilung gemeint sei (Hinweis auf VwGH 19.10.2017, Ra 2017/09/0039 betreffend Wertung einer "ambulanten Kur" trotz festgestellter Dienstfähigkeit als eine nicht durch Krankheit verursachte Abwesenheit vom Dienst). Demgegenüber habe der Revisionswerber nicht nachvollziehbar erklären können, auf welcher Grundlage er ab Kenntnis vom Ergebnis des Gutachtens vom 21. November 2017 bis zum Schluss des Bezugseinstellungszeitraums weiterhin auf die Krankschreibung seiner Hausärztin vertraut habe. Das bedeute, dass bereits in Kenntnis des Umstandes, dass die amtsärztliche Untersuchung seine Dienstfähigkeit ergeben habe, der Beschwerdeführer nicht mehr ohne weiteres auf das Zutreffen der Diagnose seines Arztes habe vertrauen und daher von einem "fortgesetzten" Krankenstand habe ausgehen dürfen. Die ärztliche Dienstunfähigkeitsbescheinigung sei daher bereits ab Beginn des angefochtenen Einstellungszeitraumes nicht geeignet gewesen, Bedenken gegen die auf einem umfassenden Befund beruhenden Feststellungen des Amtsarztes hervorzurufen, zumal der Revisionswerber die Richtigkeit des vom Amtsarzt erhobenen Befunds nicht in Zweifel ziehe. § 31 Abs. 2 DPL 1972 scheide daher als Grundlage zur Rechtfertigung der Dienstabwesenheit für den gesamten angefochtenen Einstellungszeitraum aus.
15 Zum behaupteten Vorliegen "anderer zwingender Umstände" (§ 31 Abs. 3 DPL 1972):
16 Andere zwingende Umstände im Sinne der genannten Bestimmung als jene, die vorstehend bereits verneint worden seien, seien im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen. § 31 Abs. 3 DPL 1972 scheide daher als Rechtsgrundlage zur Rechtfertigung der Dienstabwesenheit für den gesamten angefochtenen Einstellungszeitraum aus.
17 Der Revisionswerber sei daher im bekämpften Bezugseinstellungszeitraum ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen.
18 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, dieses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
19 Zur Zulässigkeit der Revision wird ausgeführt, der Revisionswerber habe die ambulanten Behandlungen im N Center nicht in Verbindung mit seiner Dienstverrichtung durchführen können. Er habe dementsprechend allein schon wegen dieser Therapie zugrunde gelegt, dass er durch sie an der Dienstverrichtung verhindert sei und dies seitens des Dienstgebers auch akzeptiert werde. Letzteres ergebe sich daraus, dass er diese Therapie schon oftmals in gleicher Weise absolviert habe und dies früher ausnahmslos als die dienstliche Abwesenheit rechtfertigend gewertet worden sei. Insbesondere zwei Fragen bedürften der grundsätzlichen Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof. Die eine bestehe darin, ob ausgehend von einem subjektiven Gefühl der mangelnden Dienstfähigkeit und der Bestätigung dieser Dienstunfähigkeit durch einen behandelnden Arzt eine Verpflichtung zur Dienstverrichtung dennoch schon deshalb eintrete, weil anlässlich einer Untersuchung durch einen Vertrauensarzt des Dienstgebers dieser eine Bemerkung dahin mache, dass die Dienstfähigkeit seiner Meinung nach gegeben sei, oder ob die Verpflichtung zur Dienstverrichtung vielmehr erst eintrete, wenn dem Dienstnehmer das volle Gutachten des Vertrauensarztes des Dienstgebers zur Verfügung gestellt worden sei, sodass er objektiv in der Lage sei, im Detail und aufgrund konkreter Überlegungen nachzuvollziehen, weshalb seine Dienstunfähigkeit von dieser Seite bejaht werde. Die zweite Frage laute, ob es im rechtlichen Sinn als zumutbar anzusehen sei, dass ein Beamter eine Therapie im Rahmen langjähriger Erkrankung nicht mehr von dem Therapeuten seines Vertrauens durchführen lasse, sondern von irgendeinem ihm nicht näher bekannten Therapeuten, den er nur deshalb wählen soll, weil dieser an einer Örtlichkeit tätig sei, welche die Therapiedurchführung parallel zur Dienstverrichtung möglich mache.
20 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision
nicht aufgezeigt.
21 § 31 Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 (DPL 1972) in der Fassung der 63. Novelle 2200-70, lautet auszugsweise:
"§ 31
Abwesenheit vom Dienst
(1) Ist der Beamte am Dienst verhindert, so hat er dies dem Dienststellenleiter sobald als möglich unter Angabe des Grundes anzuzeigen.
(2) Ist die Dienstverhinderung durch Krankheit verursacht, so hat der Beamte dies durch ein ärztliches Zeugnis nachzuweisen, wenn es die Dienstbehörde verlangt oder wenn die Dienstverhinderung länger als drei Tage dauert. Der Beamte hat dafür vorzusorgen, daß seine Dienstverhinderung überprüft werden kann. Kommt der Beamte diesen Verpflichtungen nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt.
(3) Wenn die Abwesenheit vom Dienst weder durch Krankheit oder andere zwingende Umstände gerechtfertigt, noch als Erholungsurlaub gemäß § 41 oder Sonderurlaub gemäß § 44 bewilligt ist, aber noch nicht länger als einen Tag gedauert hat, hat der Beamte die versäumte Dienstleistung - unvorgreiflich der disziplinären Ahndung - nach Weisung seines Vorgesetzten binnen einer Woche nachzuholen.
(4) Hat eine ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst länger als einen Tag gedauert oder war der Beamte durch Haft, ausgenommen Untersuchungshaft, an der Dienstleistung verhindert, so verliert er für diese Zeit den Anspruch auf seine Bezüge und Nebengebühren. Der Dienststellenleiter kann an Stelle des Geldleistungsentfalles die Anrechnung der versäumten Diensttage auf den noch nicht verbrauchten Erholungsurlaub bewilligen, wenn dies aus sozialen Gründen geboten erscheint. Den schuldlosen Angehörigen eines in Haft befindlichen Beamten gebührt ab dem auf den Geldleistungsentfall folgenden Monatsersten ein Versorgungsgeld sinngemäß nach § 89 Abs. 2 und 11.
..."
22 Gemäß § 31 Abs. 4 erster Satz DPL 1972 verliert der Beamte bei einer länger als einen Tag andauernden ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst für diese Zeit den Anspruch auf seine Bezüge und Nebengebühren. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Bestimmung bereits in einem den Revisionswerber betreffenden Erkenntnis ausgesprochen, dass das Vorliegen einer ärztlichen Bestätigung allein noch nicht die Abwesenheit vom Dienst rechtfertigt, weil die Beurteilung der Frage der Dienstfähigkeit eine Rechtsfrage darstellt, deren Lösung der Dienstbehörde zusteht (VwGH 30.1.2019, Ra 2018/12/0037).
23 Die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung oder Bescheinigung über eine Krankheit oder die Arbeitsunfähigkeit rechtfertigt an sich noch nicht die Abwesenheit vom Dienst. Es führt nämlich nicht jede von einem behandelnden Arzt bescheinigte "Krankheit" bzw. bloß die Vorlage ärztlicher Bescheinigungen dazu, dass deshalb eine gerechtfertigte Abwesenheit des Beamten zum Dienst vorgelegen ist. Es entspricht zudem der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Dienstrecht der Bundesbeamten, dass ein Beamter grundsätzlich solange auf die vorgelegte ärztliche Bescheinigung vertrauen und von einer gerechtfertigten Dienstverhinderung - durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen - ausgehen darf, bis ihm die Dienstbehörde Entgegenstehendes nachweislich mitteilt. Unter "Entgegenstehendes" ist in diesem Zusammenhang eine medizinische Beurteilung gemeint, die jener des privat beigezogenen Arztes entgegensteht. Das Vertrauen auf die ärztliche Bescheinigung und damit auf eine Rechtfertigung der Dienstverhinderung ist dann nicht geeignet, einen ausreichenden Entschuldigungsgrund herzustellen, wenn der Beamte aufgrund besonderer Umstände keinesfalls mehr auf die Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung und somit auch auf das Vorliegen einer Rechtfertigung für die Dienstverhinderung vertrauen durfte (vgl. VwGH 30.1.2019, Ra 2018/12/0007). Auch bei Übertragung dieser Rechtsprechung auf § 31 Abs. 4 DPL 1972 (vgl. dazu VwGH 30.1.2019, Ra 2018/12/0037) wäre für den Revisionswerber nichts gewonnen:
24 Entsprechend dieser Rechtsprechung kommt es nur auf die Kenntnis einer medizinischen Beurteilung an, die jener des privat beigezogenen Arztes entgegensteht. Eine derartige Kenntnis hatte der Revisionswerber aber unzweifelhaft durch die Mitteilung des Amtsarztes am 21. November 2017, dass er von seiner Dienstfähigkeit und der Zumutbarkeit der Wegstrecke zum und vom Arbeitsplatz ausgehe. Seit dieser Mitteilung durfte der Revisionswerber auf die ärztliche Bescheinigung seiner Hausärztin nicht mehr vertrauen, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt das schriftliche Gutachten des Amtsarztes noch nicht in Händen hatte. Dass die medizinische Beurteilung durch den Amtsarzt unrichtig gewesen wäre, behauptet der Revisionswerber nicht.
25 Was die vom Revisionswerber im N Center absolvierten Therapien anlangt, ist festzuhalten, dass dem Revisionswerber am 20. Juni 2016 unter anderem folgende Weisung erteilt wurde:
"Sie haben Ihre physikalischen Therapien zeitlich so zu gestalten, dass diese (inklusive Anfahrt bzw. Rückfahrt) außerhalb der Dienstzeit stattfinden."
26 Der Revisionswerber hat mit Schreiben vom 30. Juni 2016 beantragt, bescheidmäßig darüber abzusprechen, inwieweit die Weisung vom 20. Juni 2016 eine Befolgungspflicht ausgelöst habe und inwieweit sie rechtskonform oder rechtswidrig sei. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 26. August 2016 wurde festgestellt, dass die Befolgung der genannten Weisung zu den Dienstpflichten des Revisionswerbers zähle. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 21. November 2016 bestätigt. Die dagegen erhobene Revision wurde, soweit die Befolgungspflicht der genannten Weisung betroffen war, mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. September 2017, Ra 2017/12/0003 zurückgewiesen. Diese Entscheidung wurde dem Revisionswerbervertreter am 28. September 2017 zugestellt. 27 Der Revisionswerber musste seit Zugang der Weisung vom 20. Juni 2016 Zweifel haben, dass die Absolvierung der Therapien im N Center eine Abwesenheit vom Dienst rechtfertigen würde. Spätestens aber seit der Zustellung der hg. Entscheidung vom 13. September 2017, Ra 2017/12/0003, am 28. September 2017 musste ihm bewusst sein, dass er diese Weisung befolgen muss und dass somit die zwischen 4. und 15. Dezember 2017 weisungswidrig während der Dienstzeit durchgeführten Therapien im N Center eine Abwesenheit vom Dienst nicht rechtfertigen (vgl. im Übrigen zur Verneinung einer Verletzung von Rechten des Revisionswerbers durch diese Weisung VwGH 30.1.2019, Ra 2018/12/0038). Dass in früheren Jahren Therapien im N Center als die Abwesenheit vom Dienst rechtfertigend angesehen wurden, ist daher im Revisionsfall nicht ausschlaggebend, weil bereits rechtlich bindend feststand, dass der Revisionswerber die unbestritten planbaren Therapien derart absolvieren muss, dass diese inklusive An- und Abfahrt außerhalb der Dienstzeit stattfinden.
28 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 17. April 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019120031.L00Im RIS seit
01.07.2020Zuletzt aktualisiert am
01.07.2020