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StVONorm
StVO 1960 §8 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Degischer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schemel, über die Beschwerde des G B in W, vertreten durch Mag. DDr. Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 24. Juli 1984, Zl. MA 70-IX/B 27/83/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 24. Juli 1984 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 17. April 1982 um 22.10 Uhr in Wien, Hstraße 4, den dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw "mit 4 Rädern auf dem Gehsteig abgestellt und diesen somit vorschriftswidrig benützt" zu haben. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 8 Abs. 4 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn unter Berufung auf die erstgenannte Gesetzesstelle eine Geldstrafe in der Höhe von S 600,-- (Ersatzarreststrafe 36 Stunden) verhängt worden ist.
In der Begründung ihres Bescheides wies die belangte Behörde einleitend darauf hin, der Beschwerdeführer habe die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bestritten und im wesentlichen ausgeführt, daß am Tatort, wie in vielen Fällen in Wien üblich, zur Linderung der Parkraumnot eine weitere Abstellfläche geschaffen und zu dieser auch eine schräge Auffahrt angelegt worden sei. Der Beschwerdeführer habe sein Fahrzeug somit vorschriftsmäßig parallel zum Gehsteig abgestellt, da er auch keinen Randstein überfahren habe. Diesem Vorbringen hielt die belangte Behörde entgegen, daß nach den Angaben des als Zeugen einvernommenen Meldungslegers das Fahrzeug des Beschwerdeführers zur Tatzeit am Tatort mit allen vier Rädern auf dem Gehsteig abgestellt gewesen sei. Es sei keine "generelle Abschrägung des Gehsteiges" vorhanden, sondern lediglich für die Hauseinfahrt im Haus H-straße Nr. 4 eine ca. 2 m breite Abschrägung zu einer Garageneinfahrt. Es gebe auch keine Bodenmarkierungen, die als Hinweis auf ein erlaubtes Abstellen anzusehen wären. Schließlich sei die Trennung zwischen Fahrbahn und Gehsteig durch den 10 cm hohen Randstein klar und deutlich sichtbar gegeben gewesen. Dem Einwand des Beschwerdeführers, daß er auch laut Aussage des Meldungslegers sein Fahrzeug lediglich auf dem "Vorgehsteig", und somit vorschriftsmäßig abgestellt gehabt habe, habe jedoch nicht gefolgt werden können, da der Begriff des "Vorgehsteiges" in den Begriffsbestimmungen des § 2 StVO 1960 nicht enthalten und somit rechtlich nicht relevant sei. Ebenso hätten daher die diesbezüglichen Schlußfolgerungen, wonach ein Vorgehsteig kein für den Fußgängerverkehr bestimmter Teil der Straße sei, außer Betracht zu bleiben gehabt. Es müsse in diesem Zusammenhang unerfindlich bleiben, weshalb ein Vorgehsteig, in dem begrifflich das Wort Gehsteig bereits enthalten sei, und als für den Fußgängerverkehr bestimmter Teil der Straße definiert werde, als Teil der Fahrbahn anzusehen sein soll. Von der Anfertigung einer maßstabgetreuen Planskizze sei abzusehen gewesen, da der Sachverhalt bereits durch die Angaben des Meldungslegers in der Anzeige, dem ergänzenden Bericht und anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme klargestellt sei, der Tatort durch Angabe der Hausnummer konkret angeführt sei und der Meldungsleger im übrigen eine Skizze angefertigt habe (Bl. 17 der Akten). Zudem sei der Vorgang im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung keineswegs derart kompliziert, daß es der neuerlichen Anfertigung einer Skizze bedurft habe. Aus den gleichen Gründen sei auch der Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines abzuweisen gewesen. Ferner bilde es keinen Gegenstand dieses Verfahrens, die Rechtmäßigkeit des Abstellens des Fahrzeuges des Beschwerdeführers im Hinblick auf den Umstand zu überprüfen, daß er am Tatort andere, ordnungsgemäß abgestellte Fahrzeuge gesehen habe. Auch wenn andere Fahrzeuge im Tatortbereich abgestellt gewesen seien, habe dies den Beschwerdeführer hinsichtlich der ihm zur Last liegenden Verwaltungsübertretung nicht zu exkulpieren vermocht, da es einem Lenker durchaus zuzumuten sei, die Situation für sich selbst richtig zu erkennen und im Zweifelsfall von seinem ursprünglichen Vorhaben Abstand zu nehmen. Wenn der Beschwerdeführer schon einräume, daß im Zeitpunkt der Abstellung seines Fahrzeuges bereits Dunkelheit geherrscht habe, so hätte er ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit und Vorsicht aufzuwenden gehabt, um die vorliegende Situation richtig einzuschätzen. In der Folge begründete die belangte Behörde noch, warum sie den Angaben des Meldungslegers mehr Glauben schenke als jenen des Beschwerdeführers, und legte die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 203/1982 gebildeten Senat erwogen hat:
Die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers ist nicht begründet.
Der Meldungsleger hat die in seinem Bericht vom 26. August 1982 gemachten Angaben, wonach der Beschwerdeführer seinen Pkw mit allen vier Rädern auf dem Gehsteig vor dem Hause Wien, H-straße Nr. 4, abgestellt gehabt habe, und demzufolge der "Gehsteig deutlich sichtbar durch den Randstein von der Fahrbahn abgegrenzt ist" und der Randstein "eine Höhe von 10 cm aufweist", anläßlich seiner Einvernahme als Zeuge am 9. Mai 1984 dahin gehend ergänzt, daß sich im Bereich des Tatortes "lediglich für die Hauseinfahrt im Haus H-straße Nr. 4 eine ca. 2 m breite Abschrägung für die Garageneinfahrt befindet". Es seien weder Bodenmarkierungen vorhanden, die das Parken auf dem Vorgehsteig erlauben würden, noch sei der Gehsteig in diesem Bereich "generell abgeschrägt". Diesen Angaben ist der Beschwerdeführer anläßlich seiner Stellungnahme vom 6. Juni 1984 mit der Feststellung entgegengetreten, daß es sich bei der erwähnten Abschrägung für die Garageneinfahrt nicht um eine Garageneinfahrt handle, da sich vor dem Tor des Hauses H-straße Nr. 4 eine ca. 20 cm hohe Stufe befinde und das Tor überdies nur eine äußerst geringe Breite aufweise, sodaß die Einfahrt selbst für einen extrem schmalen Pkw unmöglich sei.
Unter diesen Umständen begründet das Unterbleiben des vom Beschwerdeführer während des Verwaltungsstrafverfahrens beantragten Lokalaugenscheines keinen im Sinne des § 42 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 wesentlichen Verfahrensmangel, weil der wesentliche Sachverhalt für die in der Folge noch zu beantwortende Rechtsfrage, ob das Fahrzeug des Beschwerdeführers auf einem Gehsteig abgestellt worden ist, jedenfalls unbestritten feststeht, und dabei, wie schon die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend bemerkt hat, rechtlich unerheblich ist, ob andere Fahrzeuge in der Nähe des Tatortes auf dem "Vorgehsteig" abgestellt waren, weil im Beschwerdefall ausschließlich zu prüfen ist, ob es sich bei jener Fläche, auf welcher der Beschwerdeführer sein Fahrzeug abgestellt hat, um einen Gehsteig im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO 1960 gehandelt hat. Auch ohne eine nachträgliche Ergänzung der Skizze des Meldungslegers durfte die belangte Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt im Hinblick auf dessen klare Angaben anläßlich der zeugenschaftlichen Einvernahme als geklärt ansehen.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO 1960 ist ein Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl. abgegrenzter Teil der Straße.
Zufolge § 8 Abs. 4 leg. cit. in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der 10. Novelle, BGBl. Nr. 174/1983, ist die Benützung von Gehsteigen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, verboten. Dieses Verbot gilt nicht für das Überqueren von
Gehsteigen ... mit Fahrzeugen zum Einfahren in Häuser oder
Grundstücke oder zum Ausfahren aus Häusern oder Grundstücken auf den hiefür vorgesehenen Stellen.
Entsprechend den in dieser Hinsicht unbestritten gebliebenen Angaben des Meldungslegers war der Gehsteig in jenem Bereich, in welchem das Fahrzeug des Beschwerdeführers zur Tatzeit aufgestellt war, nicht "generell", sondern lediglich auf eine Länge von ca. 2 m "abgeschrägt", sodaß die vom Beschwerdeführer für das Abstellen seines Fahrzeuges verwendete Fläche mit Ausnahme dieses etwa 2 m langen Bereiches entsprechend dem Bericht des Meldungslegers und seiner Skizze durch 10 cm hohe Randsteine von der Fahrbahn abgegrenzt war. Da sich keine Anhaltspunkte für die Annahme ergeben haben, daß die solcherart überwiegend von der Fahrbahn abgegrenzte Fläche dem Verkehr überhaupt entzogen und sohin nicht als Straße im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO 1960 zu qualifizieren war, kann es sich bei dieser Fläche infolge der deutlichen Abgrenzung gegenüber der Fahrbahn nur um einen für den Fußgängerverkehr bestimmten Teil der Straße und sohin um einen Gehsteig im Sinne der gegebenen Begriffsbestimmung gehandelt haben. Bei diesem Beurteilungsergebnis kann es dahin gestellt bleiben, ob die erwähnte 2 m breite Abschrägung für die Erleichterung der Zufahrt zu einer Garage bestimmt ist, weil die Zulässigkeit der Überquerung des vom Beschwerdeführer für das Abstellen seines Fahrzeuges verwendeten Straßenteiles zum Einfahren in Häuser oder Ausfahren aus Häusern entsprechend der vorstehend wiedergegebenen Bestimmung des § 8 Abs. 4 StVO 1960 an dessen Eigenschaft als Gehsteig nichts zu ändern vermag, und auch bei Fehlen einer Hausein- oder -ausfahrt davon auszugehen wäre, daß die in Rede stehende Fläche ungeachtet der erwähnten Abschrägung deutlich - und damit auch für den Beschwerdeführer bei entsprechender Aufmerksamkeit einwandfrei erkennbar - durch Randsteine gegenüber der Fahrbahn abgegrenzt war.
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer daher mit Recht vorgeworfen, sein Fahrzeug zur Tatzeit auf einem Gehsteig abgestellt zu haben, weshalb die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt und die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b leg. cit. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 316/1976 in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 20. Dezember 1984
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1984:1984020137.X00Im RIS seit
24.06.2020Zuletzt aktualisiert am
24.06.2020