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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BFA-VG 2014 §21 Abs7Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des S Y in W, vertreten durch Mag. Alexander Singer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 30, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. August 2019, I408 2121793-2/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist irakischer Staatsangehöriger und stellte am 20. April 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 29. Jänner 2016 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung gewährt, die mit Bescheid vom 18. Jänner 2017 verlängert wurde.
2 Mit Bescheid vom 7. Juni 2019 erkannte das BFA dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte ihm keine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ eine Rückkehrentscheidung samt rechtlich damit zusammenhängenden Aussprüchen.
3 In der Begründung dieses Bescheides traf das BFA Feststellungen zur Lage im Irak, im Besonderen zum Zugang zu medizinischer - insbesondere psychiatrischer - Versorgung. Psychische Probleme seien im Irak behandelbar. Zur Person des Revisionswerbers stellte das BFA - aufgrund näherer beweiswürdigender Überlegungen - fest dass der Revisionswerber in Mosul gelebt, dort die Schule besucht und später als Frisör gearbeitet habe. In Mosul lebten derzeit seine Mutter, ein Bruder und zwei Schwestern (jeweils mit Familie). Der Kontakt des Revisionswerbers mit seinen Familienmitgliedern sei aufrecht. Er sei arbeitsfähig und „weder schwer noch lebensbedrohlich erkrankt“.
4 Die vom Revisionswerber gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das BVwG für unzulässig.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Soweit die Revision ihre Zulässigkeit darauf stützt, dass das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) abgewichen sei, begründet sie dies konkret (nur) damit, dass das BFA den entscheidungswesentlichen Sachverhalt insofern nicht in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben habe, als es weder ermittelt habe, ob der Revisionswerber „in seiner Heimatstadt Mosul Zugang zu der für ihn notwendigen medizinischen Behandlung“ habe, noch, ob „die von ihm benötigten Medikamente erhältlich“ seien. Aus dem gleichen Grund stützt die Revision ihre Zulässigkeit auch darauf, dass das BVwG von der Rechtsprechung zu seinen Ermittlungspflichten abgewichen sei.
9 Dieses Vorbringen übersieht, dass das BFA seine Feststellungen auf einen Bericht zur medizinischen (insbesondere psychiatrischen) Versorgung im Irak gestützt hat, der zwar bestimmte Medikamente und die Versorgungslage in Bagdad exemplarisch erwähnt, sich inhaltlich aber auf die psychiatrische Versorgungslage im Irak (insgesamt) bezieht. Der Annahme, dass dieser Bericht eine adäquate Versorgungslage für den Revisionswerber im Fall seiner Rückkehr erwarten lasse, ist er weder im Rahmen des ihm dazu vom BFA gewährten Parteiengehörs entgegengetreten noch hat er im Rahmen seiner Beschwerde an das BVwG die darauf beruhenden Feststellungen des BFA bestritten. Vor diesem Hintergrund zeigt die Revision nicht auf, inwiefern das BVwG infolge von Mängeln des behördlichen Ermittlungsverfahrens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht gemäß § 21 Abs.7 BFA-VG abgewichen wäre. Das Vorbringen zeigt auch eine Verletzung der Ermittlungspflichten des BVwG nicht auf.
10 Soweit das Zulässigkeitsvorbringen unter Hinweis auf die Aussagen des Revisionswerbers und den Inhalt der Länderinformationen zur Sicherheitslage „Begründungsmangel“ behauptet, richtet es sich der Sache nach gegen die Beweiswürdigung, vermag aber nicht aufzuzeigen, dass diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 4.2.2020, Ra 2020/20/0025 bis 0030, mwN).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 26. Mai 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019200498.L01Im RIS seit
22.07.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020