TE Vwgh Beschluss 1998/3/11 97/01/0481

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Veröffentlicht am 11.03.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
B-VG Art132;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des Ali Reza Arkan Farschi in Graz, vertreten durch

Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen die Steiermärkische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht mangels Entscheidung über einen Antrag des Beschwerdeführers vom 31. Mai 1996 in einer Angelegenheit der Staatsbürgerschaft, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von 565,-- S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 31. Mai 1994 einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft (mit Erstreckung der Verleihung auf seine Ehefrau und seine drei minderjährigen Kinder). Diesen Antrag wies die Steiermärkische Landesregierung (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 4. September 1995 ab, wogegen der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhob. Während des anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens stellte er am 31. Mai 1996 erneut einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft (samt Erstreckungsanträgen wie oben), in dem er jedoch keine neuen Tatsachen geltend machte. Die belangte Behörde ließ den zweiten Antrag unerledigt, was den Beschwerdeführer zur Erhebung der gegenständlichen, am 21. Mai 1997 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde - in der in weiterer Folge offenbar nur irrtümlich auf den ersten Antrag vom 31. Mai 1994 Bezug genommen wird - veranlaßte.

Mittlerweile hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. Jänner 1997, Zl. 95/01/0493, den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 4. September 1995 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters am 13. Mai 1997 zugestellt. Die belangte Behörde vertritt davon ausgehend in ihrer Stellungnahme nach § 36 Abs. 2 VwGG die Ansicht, daß der seinerzeitige Antrag vom 31. Mai 1994 als nicht erledigt zu betrachten sei, weshalb das neuerliche Schreiben vom 31. Mai 1996 "ab dem Zeitpunkt der Aufhebung unseres Bescheides lediglich als Erinnerung" gelte. Unter Vorlage des Bescheides vom 18. Juli 1997, womit der Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft abgewiesen wurde, wird weiters ausgeführt, daß damit (nur) der Antrag vom 31. Mai 1994 abgewiesen worden sei; über das bloß als Erinnerung zu wertende Schreiben vom 31. Mai 1996 sei nicht gesondert zu entscheiden gewesen. Die vom Beschwerdeführer relevierte Verletzung der Entscheidungspflicht liege somit nicht vor.

Mit dieser Argumentation ist die belangte Behörde im Ergebnis im Recht. Wohl war sie zunächst säumig, weil der gegenständliche - zweite - Antrag vom 31. Mai 1996 während des anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend den Antrag vom 31. Mai 1994 jedenfalls einer Erledigung - einer Zurückweisung wegen rechtskräftig entschiedener Sache - zuzuführen gewesen wäre (VwSlg. 9458/A). Mit der aufhebenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1997 hat sich die Situation jedoch geändert. Eine Zurückweisung des zweiten Antrages kam danach nicht mehr in Betracht, weil einerseits "entschiedene Sache" nicht länger vorlag und andererseits dem Verwaltungsrecht das "Prozeßhindernis der Streitanhängigkeit" fremd ist. Umgekehrt kann der zweite Antrag, der dieselbe Verwaltungssache wie der erste Antrag umschreibt, keine selbständige meritorische Erledigung erfahren, sodaß er im Ergebnis zwangsläufig im ersten Antrag vom 31. Mai 1994 aufgehen muß (vgl. den hg. Beschluß vom 26. Juni 1996, Zlen. 96/12/0099, 0109, 0110, 0113, 0114, 0117 und 0122). Ist der Antrag vom 31. Mai 1996 seit dem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1997 einer eigenständigen Entscheidung - welcher Art auch immer - nicht mehr zugänglich, so bedeutet das, daß die ursprüngliche Säumnis der belangten Behörde nachträglich weggefallen ist. Da die Frage, ob eine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt oder nicht, nach dem Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof beurteilt werden muß (Beschluß vom 13. April 1993, Zl. 93/05/0047), war die vom Beschwerdeführer erst nach Zustellung des genannten Erkenntnisses (13. Mai 1997) am 21. Mai 1997 zur Post gegebene und am 23. Mai 1997 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Säumnisbeschwerde mangels Ablauf der Frist des § 27 VwGG zurückzuweisen. Nichts anderes ergäbe sich, wenn sich die vorliegende Säumnisbeschwerde - dem ausdrücklichen Wortlaut des Antrages zufolge - auf den ursprünglichen Antrag vom 31. Mai 1994 beziehen sollte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Binnen 6 Monaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997010481.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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