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40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §5 Abs2Rechtssatz
Ein entschuldbarer Rechtsirrtum nach § 5 Abs. 2 VStG setzt voraus, dass dem Betroffenen das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Auch eine irrige Gesetzesauslegung entschuldigt den Betroffenen nur dann, wenn sie unverschuldet war. Um sich darauf berufen zu können, bedarf es (zur Einhaltung der einen am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht) einer Objektivierung der eingenommenen Rechtsauffassung durch geeignete Erkundigungen (vgl. etwa VwGH 30.4.2019, Ro 2019/04/0013, Rn. 29, mwN). Solche Erkundigungen haben an der geeigneten Stelle zu erfolgen, worunter im Zweifelsfall die zur Entscheidung der Rechtsfrage zuständige Behörde zu verstehen ist. Die Argumentation mit einer auch plausiblen Rechtsauffassung kann ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht ausschließen, vielmehr trägt das Risiko des Rechtsirrtums der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen (vgl. VwGH 27.4.2017, Ro 2016/02/0020, Rn. 25, mwN). Demgegenüber entspricht weder die Kenntnisnahme eines sich nicht auf den konkreten Sachverhalt beziehendes Informationsblatts einer Interessensvertretung noch die Beauskunftung durch einen mit der Rechtsmaterie vertrauten Geschäftspartner der ein Verschulden an einer irrigen Gesetzesauslegung ausschließenden Erkundigungspflicht.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018040146.L09Im RIS seit
05.11.2020Zuletzt aktualisiert am
06.11.2020