TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/22 W137 2015553-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.02.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.02.2019

Norm

AVG §35
BFA-VG §22a Abs4
BFA-VG §34 Abs3 Z1
BFA-VG §34 Abs3 Z2
BFA-VG §40 Abs1 Z1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76

Spruch

W137 2015553-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Ukraine, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst, vom 14.01.2015 gegen die Anwendung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form von Festnahme am 03.12.2014 und Anhaltung infolge der Festnahme von 18:15 Uhr bis 20:03 Uhr zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Anhaltung im Rahmen der Festnahme vom 03.12.2014, 18:15 bis 20:03 Uhr, wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm §§ 40 Abs. 1 Z 1, 34 Abs. 3 Z 2 und Z 1 BFA-VG iVm § 40 Abs. 4 BFA-VG stattgegeben und festgestellt, dass die Anhaltung rechtswidrig war.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres), hat gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters den Verfahrensaufwand in Höhe von 736,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte am 27.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Das Bundesamt hat mit Erledigung vom 15.10.2014, Zahl: IFA 1019.916.005-14660477, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.05.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigen gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen, ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß den §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gleichzeitig wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig ist und mitgeteilt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

2. Am 03.12.2014 wurde der Beschwerdeführer um 17:20 Uhr von der Polizei aufgegriffen und wurde um 18.15 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Festnahme gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG verhängt. Um 19:22 Uhr wurde durch die diensthabende Amtsärztin eine Überprüfung der Haftfähigkeit durchgeführt und wurde aufgrund der starken Alkoholisierung des Beschwerdeführers um 20:03 Uhr die Festnahme aufgehoben und eine Unterbringung gemäß § 8 UbG verfügt.

3. In weiterer Folge wurde gegen den Beschwerdeführer am 04.12.2014 erneut ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs 4 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG erlassen. Anschließend wurde er angehalten, wobei am 06.12.2014 ein erfolgloser Abschiebungsversuch erfolgte. Dem Festnahmeauftrag vom 07.12.2014 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG festzunehmen ist, sowie dass der mündliche Festnahmeauftrag am 07.12.2014 um 11:40 erteilt wurde.

4. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 07.12.2014, (vom Beschwerdeführer persönlich übernommen am 07.12.2014 um 19:15 Uhr) wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft angeordnet. Mit Schriftsatz vom 12.12.2014 wurde gegen den Schubhaftbescheid Beschwerde erhoben, welcher mit Erkenntnis vom 17.12.2014 stattgegeben wurde und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben wurde. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass der Bund dem Beschwerdeführer die Aufwendungen gemäß § 35 VwGVG zu ersetzen habe.

5. Am 06.02.2015 langte beim Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 3 BFA-VG iVm Art. 130 abs. 1 Z 2 B-VG gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers vom 03.12.2014 von 18:15 Uhr bis 20:03 Uhr ein. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Erkenntnis vom 17.12.2014 des BVwG zu W188 2015553-1/8E der Beschwerde gegen die Verhängung der Schubhaft vom 07.12.2014 stattgegeben wurde, da sich das Bundesamt auf die falsche Rechtsgrundlage gestützt habe, weil die Zustellung der als Bescheid bezeichneten Erledigung vom 16.10.2014 unwirksam gewesen sei und diese Erledigung daher nie existent geworden sei. Im Ergebnis würde das bedeuten, dass der Beschwerdeführer die ganze Zeit über Asylwerber gewesen sei und daher nie ein unrechtmäßiger Aufenthalt vorgelegen habe.

Außerdem sei die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers aufgrund der starken Alkoholisierung nie gegeben gewesen und hätte daher eine Feststellung der Hafttauglichkeit unter Beiziehung einer Amtsärztin erfolgen müssen. Beantragt wurde die Feststellung, dass die gegenständliche Anhaltung rechtswidrig war.

6. Am 10.02.2015 langte ein Antrag auf Zuerkennung von Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung und der Eingabegebühr in Höhe von 30 Euro beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Das Bundesamt legte den Verwaltungsakt vor, verzichtete allerdings auf eine Stellungnahme oder eigene Anträge.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Ukraine und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft.

Der Beschwerdeführer stellte am 27.05.2014 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 17.12.2014 (W188 2015553-1/8E) rechtskräftig festgestellt, dass der vermeintliche Bescheid des BFA vom 15.10.2014, ZI. 1019916005-14660477, nicht rechtskonform erlassen worden ist und somit auch nicht dem Rechtsbestand angehört. Eine Amtsrevision gegen diese Entscheidung wurde nicht eingebracht.

Am 03.12.2014 um 18:15 Uhr wurde der Beschwerdeführer aufgrund eines Festnahmeauftrages des BFA gemäß § 34 Abs. 3 Z 2 BFA-VG von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Salzburg festgenommen und um 20:03 Uhr wegen der Feststellung der Haftunfähigkeit durch die diensthabende Amtsärztin aufgrund der starken Alkoholisierung des Beschwerdeführers um 20:03 Uhr die Festnahme aufgehoben und eine Unterbringung gemäß § 8 UbG verfügt.

Eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung lag bei der Festnahme nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere auch dem Gerichtsakt zur Zahl 2015553-1.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

3.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu A)

3.3. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen (§ 7 Abs. 4 VwGVG) und beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung (§ 7 Abs. 4 Z 3 VwGVG).

Die Beschwerde gegen Festnahme und Anhaltung im Rahmen der Festnahme ist jedenfalls rechtzeitig da sie am 14.1.2015 und somit innerhalb von sechs Wochen nach der Festnahme eingebracht wurde.

3.4. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u. a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG (§§ 34 - 47 BFA-VG) und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z 3).

Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 40 Abs. 1 BFA-VG ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht (Z 1), wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt (Z 2) oder der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 3). Das Bundesamt ist gemäß § 40 Abs. 4 BFA-VG ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.

Ein Festnahmeauftrag kann gemäß § 34 Abs. 3 BFA-VG gegen einen Fremden auch dann erlassen werden, wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt (Z 1), wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist (Z 2), wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll (Z 3) oder wenn er, ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2a FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung eines Ersatzreisedokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat (Z 4). Der Festnahmeauftrag ergeht laut § 34 Abs. 5 BFA-VG in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden. In den Fällen der Abs. 1 bis 4 ist dem Beteiligten gemäß § 34 Abs. 6 BFA-VG auf sein Verlangen sogleich oder binnen der nächsten 24 Stunden eine Durchschrift des Festnahmeauftrages zuzustellen. Das Bundesamt hat die Erlassung und den Widerruf eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 9 BFA-VG den Landespolizeidirektionen bekannt zu geben.

3.5. Betreffend den Festnahmeauftrag vom 03.12.2014 und der daran anknüpfenden Anhaltung ergibt sich für den vorliegenden Sachverhalt bereits mangels rechtswirksamer Zustellung der Erledigung vom 15.10.2014 eine Rechtswidrigkeit:

Wie im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W188 2015553-1, ausgeführt wurde, wurde der vermeintliche Bescheid vom 15.10.2014 nicht wirksam erlassen.

Da die als Bescheid bezeichnete Erledigung vom 15.10.2014, ZI. 1019916005 -14660477, nicht rechtswirksam zugestellt wurde, erlangte diese nicht als Bescheid rechtliche Existenz. Dieser Umstand hat zur Folge, dass das den Beschwerdeführer anbelangende Asylverfahren in erster Instanz noch nicht beendet ist.

Die gesonderte Anfechtung eines Festnahmeauftrages kommt jedenfalls nach vollzogener Festnahme schon zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten nicht in Betracht (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025); bei der Überprüfung der Festnahme ist allerdings zu prüfen, ob die Festnahme rechtswidrig war, weil der zugrunde liegende Festnahmeauftrag nicht hätte ergehen dürfen oder weil er jedenfalls vor seinem Vollzug zu widerrufen gewesen wäre (VwGH 25.10.2012, 2010/21/0378).

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, hat das Bundesamt den Festnahmeauftrag vom 03.12.2014 auf die gesetzliche Bestimmung des § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG gestützt.

Jedoch ergibt sich, wie oben dargelegt, dass zu diesem Zeitpunkt eine rechtswirksame Zustellung der Erledigung vom 15.10.2015, mit dem gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen werden und gleichzeitig festgestellt werden sollte, dass seine Abschiebung zulässig sei und mitgeteilt worden sei, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage, nicht wie vom Bundesamt angenommen erfolgt ist und daher im gegenständlichen Zeitraum keine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorlag.

Da sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Festnahme am 03.12.2014 durch die fehlende rechtswirksame Zustellung des Bescheides weiterhin im Asylverfahren befunden hat und sein Aufenthalt daher gemäß § 13 AsylG rechtmäßig gewesen ist, war die Festnahme auf Basis der gewählten Rechtsgrundlage rechtswidrig. Insofern erweist sich sowohl die Festnahme des Beschwerdeführers als auch die daran anknüpfende Anhaltung als rechtswidrig.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt.

5. Kosten:

5.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als (in sämtlichen Beschwerdepunkten) obsiegende Partei daher Kostenersatz im gesetzlich festgelegten Umfang.

Der Beschwerdeführer beantragte in der Beschwerde Kostenersatz "im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung und der Eingabegebühr in der Höhe von 30 Euro". Die Eingabegebühr ist in § 35 Abs. 4 VwGVG nicht als Aufwendung definiert, weshalb sie von der Kostenerstattung auch nicht umfasst ist.

Die belangte Behörde beantragte keinen Kostenersatz.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Dies ist im gegenständlichen Fall jedoch nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Aufwandersatz, Bescheid, Festnahme, Festnahmeauftrag,
Rechtswidrigkeit, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W137.2015553.3.00

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten