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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des VL in Wien, geboren 1957, vertreten durch Dr. MD, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. November 1996, Zl. 120.319/3-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. November 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die belangte Behörde stellte fest, daß der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung von Asyl rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Aus diesem Grund sei der Antrag des Beschwerdeführers vom 25. Juli 1996 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als Erstantrag zu werten, den der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich vom Ausland aus hätte stellen müssen, zumal er zur Inlandsantragstellung nicht berechtigt sei. Er habe sich jedoch zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten und auf dem Antragsformular als Datum den 25. Juli 1996 und als Aufenthaltsort Wien angegeben und dies auch durch seine Unterschrift beurkundet. Somit habe er sich zum Zeitpunkt der Antragstellung eindeutig im Bundesgebiet aufgehalten und dadurch das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt. Zu den persönlichen Verhältnissen sei zu sagen, daß nur die dargestellten familiären Beziehungen zu Österreich bestünden. Auch in der Berufung habe der Beschwerdeführer keine Gründe vorbringen können, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeigeführt hätte. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten im Rahmen des Art. 8 MRK sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 1 Abs. 3 Z. 6, § 6 Abs. 2 und § 13 AufG lauteten auszugsweise:
"§ 1. ...
...
(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie
...
6. aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind.
§ 6. (1) ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.
§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.
(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 und 4 genannten Fremden keine Anwendung. Für diese kommt eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in Betracht."
Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (28. November 1996) ist für dessen Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, maßgeblich. § 4 Z. 4 dieser Verordnung lautete:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."
Der Beschwerdeführer bestreitet die Feststellungen der belangten Behörde, wonach sein Asylantrag im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits rechtskräftig abgewiesen war ebensowenig wie seinen Inlandsaufenthalt im Zeitpunkt der Antragstellung. In seiner Beschwerde bringt er vor, bei ihm läge eine Ausnahmesituation vor, da er nicht im Besitz entsprechender Ausweisdokumente sei, die einen Grenzübertritt erlaubten, um das Ansuchen um Aufenthaltserlaubnis vom Ausland aus vorzunehmen; weiters könne er die Bestimmung des § 4 Z. 4 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 für sich in Anspruch nehmen, die eine ausnahmsweise Inlandsantragstellung ermögliche und schließlich habe die belangte Behörde die ihm aus Art. 8 MRK erfließenden Rechte nicht entsprechend berücksichtigt.
Nach dem unbedenklichen Akteninhalt ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer im Mai 1990 ins Bundesgebiet einreiste und daß sein Asylverfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes am 1. Juli 1993 noch anhängig war. Während der Anhängigkeit seines Asylverfahrens kam dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Inland zu. Diese aufgrund ihrer rechtzeitigen Antragstellung auf Gewährung von Asyl im Jahr 1990 gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 1968 erworbenen Berechtigungen zum vorläufigen Aufenthalt im Inland waren ab Inkrafttreten des Asylgesetzes 1991 nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen als solche nach § 7 des letztgenannten Gesetzes anzusehen (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 13. Juni 1997, Zl. 97/19/0855, sowie vom 25. April 1997, Zl. 97/19/0729). Damit kam dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung aufgrund des Asylgesetzes 1991 und damit eine solche im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG zu, weshalb er bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens keine Aufenthaltsbewilligung benötigte. Nach dessen negativem Abschluß kommt § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zur Anwendung, wonach der abgewiesene Asylwerber seinen Antrag betreffend Bewilligung nach dem AufG vor einer weiteren Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen hat (vgl. das obzitierte hg. Erkenntnis vom 25. April 1997).
Der Beschwerdeführer kann sich auch auf die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, nicht stützen, weil weder er, noch seine Ehegattin jemals über eine Aufenthaltsbewilligung verfügten. § 4 Z. 4 dieser Verordnung kommt nur solchen Personen bzw. deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 AufG zugute, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 1997, Zlen. 96/19/2291, 2790).
Mit "Aufenthaltsbewilligung" im Sinne des § 4 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, ist die im § 1 Abs. 1 AufG vorgeschriebene besondere Bewilligung gemeint. Diese - im AufG "Bewilligung" genannte - Berechtigung ist Gegenstand des Antrages nach § 6 Abs. 2 AufG. § 4 der genannten Verordnung bezeichnet diesen als "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung". Die Verordnung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Begriff "Aufenthaltsbewilligung" in § 4 erster Satz etwas anderes bedeuten soll als jener in Z. 4 leg. cit. Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung während der Dauer eines Asylverfahrens zählt nicht dazu (vgl. hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 28. November 1997, mit weiteren Hinweisen auf die Vorjudikatur).
Da der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unbestrittenermaßen im Inland gestellt hat, ist die Voraussetzung des § 6 Abs. 2 AufG, den Antrag vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen, nicht erfüllt. Das dort normierte Erfordernis, einen Bewilligungsantrag vom Ausland aus zu stellen und die Entscheidung dort abzuwarten, ist nicht als bloße Formvorschrift, sondern als Erfolgsvoraussetzung zu werten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010).
Im Hinblick auf die geltend gemachten privaten Interessen des Beschwerdeführers ist folgendes zu bemerken:
Der Gesetzgeber der Aufenthaltsgesetz-Novelle Nr. 351/1995 hat in § 6 Abs. 2 AufG bereits auf die während eines berechtigten Aufenthaltes nach dem Asylgesetz begründeten privaten und familiären Interessen eines Fremden im Inland Bedacht genommen und sich bewußt dafür entschieden, Inlandsantragstellungen nur im Falle des Verlustes des Asyls zu gestatten. Eine weitere Bedachtnahme durch den Rechtsanwender kommt daher nicht in Betracht. Verfassungsmäßige Bedenken gegen die Determinierung des Rechtes auf Inlandsantragstellung auf den Fall des Verlustes von Asyl bestehen aus folgenden Gründen nicht: Die aus den Erläuternden Bemerkungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. RV 525 BlgNR 18. GP) abzuleitende Zielvorstellung dieses Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutz der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, einen abgewiesenen Asylwerber in Ansehung seiner privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als einen Fremden, der erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371). Eine Einschränkung des - allenfalls - durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung der durch einen Voraufenthalt begründeten persönlichen oder familiären Interessen durch § 6 Abs. 2 AufG ist - aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Ein dem Beschwerdefall, der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, zugrunde lag, vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor.
Wenn der Beschwerdeführer darauf hinweist, er hätte mangels entsprechender Ausweisdokumente eine Antragstellung vom Ausland aus gar nicht vornehmen können, ist ihm zu entgegnen, daß dieser Umstand nicht zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung trotz Vorliegens des Versagungsgrundes des § 6 Abs. 2 AufG zu führen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1997, Zlen. 96/19/1860 bis 1862).
Wenn der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, die erstinstanzliche Behörde hätte den gegenständlichen Antrag nicht entgegennehmen dürfen, sondern ihn darüber belehren müssen, daß er den Antrag vom Ausland aus zu stellen habe, ist er zunächst auf die obigen Ausführungen zu verweisen, wonach das Erfordernis der Antragstellung vom Ausland aus und des Zuwartens bis zur Entscheidung im Ausland eine materiellrechtliche Erfolgsvoraussetzung darstellt. Eine Beratung von Verfahrensparteien in materiellrechtlicher Hinsicht ist aber von der Manduduktionspflicht des § 13a AVG nicht umfaßt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Dezember 1989, Zl. 89/03/0241 und vom 30. Jänner 1998, Zl. 96/19/3585).
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996193582.X00Im RIS seit
11.07.2001