TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/10 W180 2193472-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.03.2020
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Entscheidungsdatum

10.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs1 Z2
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs6
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

W180 2193472-2/34

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg PECH über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. wie folgt abgeändert:

"Der Antrag auf internationalen Schutz vom 09.01.2016 wird gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen."

II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und VI. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

III. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV., V. und VII. bis IX. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und diese Spruchpunkte behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In seiner Erstbefragung am 10.01.2016 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, die Taliban hätten seinen Bruder umgebracht und sie hätten den Beschwerdeführer auch mit dem Tod bedroht. Deswegen sei er aus Afghanistan ausgereist. Im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er, von den Taliban gefunden und umgebracht zu werden.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig am XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG und §§ 27 Abs. 1 Z 1 1., 2. und 8. Fall, Abs. 2a SMG, § 15 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten (Probezeit drei Jahre) verurteilt.

4. Am 18.02.2017 wurde der Beschwerdeführer festgenommen und in die Justizanstalt Linz verbracht. Am 19.02.2017 wurde die Untersuchungshaft über ihn verhängt.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 23.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet wegen Straffälligkeit und Verhängung der Untersuchungshaft mitgeteilt.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig am XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 1., 2. und 8. Fall SMG, weiters nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 1., 2. und 8. Fall, Abs. 2 SMG und nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 1., 2. und 8. Fall, Abs. 2a SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, welche auch vollzogen wurde (Vollzugsdatum 16.06.2017, an diesem Tag wurde der Beschwerdeführer aus der Justizanstalt XXXX entlassen).

7. Am 24.01.2018 wurde von der Staatsanwaltschaft XXXX die Verhängung der Untersuchungshaft über den Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 2a SMG beantragt. Der Beschwerdeführer wurde festgenommen und in die Justizanstalt XXXX verbracht.

8. Am 23.02.2018 wurde der Beschwerdeführer in der Justizanstalt

XXXX durch einen Referenten der belangten Behörde zu seinem Asylantrag niederschriftlich einvernommen.

9. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , rechtskräftig am XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2a 2. Fall SMG sowie §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG, zudem wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 1. und 3. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt. Vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX gewährten bedingten Strafnachsicht wurde abgesehen, jedoch die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

10. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.04.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 19.02.2017 verloren habe (Spruchpunkt VI.). Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.). Es wurde festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IX.).

11. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde vom 26.04.2018.

12. Mit Schreiben vom 26.07.2018 teilte die Justizanstalt XXXX - auf Grund einer Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes - mit, dass der Beschwerdeführer am 26.04.2018 aus der Justizanstalt XXXX , Außenstelle XXXX , geflohen und seither nicht mehr inhaftiert worden sei.

13. Mit verfahrensleitendem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.07.2018, Zl. W180 2193472-2/4E, wurde das Beschwerdeverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt, da der Beschwerdeführer über keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet verfügte und sein Aufenthaltsort auch anderweitig nicht ermittelt werden konnte.

14. Mit E-Mail vom 29.08.2019 ersuchte die belangte Behörde um Wiederaufnahme des mit dem genannten Beschluss eingestellten Beschwerdeverfahrens. Aus dem im E-Mail-Anhang befindlichen Schriftverkehr und den Dateianhängen geht hervor, dass der Beschwerdeführer am 29.08.2019 in XXXX aufgegriffen und festgenommen und in der Folge in die Justizanstalt XXXX überstellt wurde. Der Beschwerdeführer verbüßte sodann seine noch offene Haftstrafe.

15. Mit verfahrensleitendem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.09.2019, Zl. W180 2193472-2/9Z, wurde das mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.07.2018, Zl. W180 2193472-2/4E, eingestellte Beschwerdeverfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 fortgesetzt, da der Beschwerdeführer wieder über einen aufrechten Wohnsitz in Österreich verfügte.

16. Am 29.10.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari statt, bei welcher der Beschwerdeführer einvernommen wurde. An der Verhandlung nahm ein Vertreter der belangten Behörde teil.

In der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, nach seiner Flucht aus dem österreichischen Gefängnis im Jahr 2018 habe er sich nach Italien begeben, dort ca. neun Monate lang gelebt und unter dem Namen XXXX , geb. XXXX , einen Asylantrag gestellt. In der Folge habe man ihm in Italien Asyl zuerkannt und er verfüge über einen italienischen Konventionspass und eine ID-Karte. Da er seine Freunde besuchen habe wollen, sei er im August 2019 wieder nach Österreich gereist und hier von der Polizei aufgegriffen worden. Das Bundesverwaltungsgericht vertagte daher die Verhandlung und trug der belangten Behörde auf, die Dokumente, über die der Beschwerdeführer verfügt, in Kopie dem Bundesverwaltungsgericht zu übermitteln sowie eine Eurodac-Abfrage durchzuführen und Kontakt mit den zuständigen Behörden in Italien aufzunehmen.

17. Mit E-Mail vom 30.10.2019 übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Kopie eines italienischen Konventionsreisepasses, ausgestellt am XXXX auf den Namen XXXX , geb. XXXX , gültig bis XXXX , weiters eine Karte "Permesso Di Soggiorno", ausgestellt auf denselben Namen und gültig bis XXXX und eine Eurodac-Abfrage. Aus einer ebenfalls übermittelten Korrespondenz ergibt sich, dass die Dokumente des Beschwerdeführers gültig sind.

18. Mit E-Mail vom 28.01.2020 übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht einen Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , wonach der Beschwerdeführer von den mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX verhängten zwölf Monaten Haft acht Monate verbüßt habe und ihm der Rest der Strafe von vier Monaten bedingt nachgesehen werde und der Beschwerdeführer am 11.02.2020 bedingt entlassen werde.

19. Am 06.02.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung entschuldigt fern. Der Beschwerdeführer, der sich zu diesem Zeitpunkt noch in Strafhaft befand, hatte im Zuge der Übernahme der Ladung schriftlich auf die Teilnahme an dieser Verhandlung verzichtet und erschien auch nicht zur Verhandlung.

20. Mit E-Mail vom 19.02.2020 informierte die belangte Behörde das Bundesverwaltungsgericht darüber, dass der Beschwerdeführer nach Italien ausgereist sei, und übermittelte eine Ausreisebestätigung, ausgestellt vom Verein Menschenrechte Österreich am 19.02.2020, wonach der Beschwerdeführer auf seinen Wunsch bei der Ausreise unterstützt worden sei und bestätigt werde, dass der Beschwerdeführer am 11.02.2020 aus dem Bundesgebiet nach Italien ausgereist sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Weiters spricht der Beschwerdeführer Paschtu, Deutsch und Italienisch. Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. Er stammt aus der afghanischen Provinz Ghazni.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich am 09.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Im Jahr 2018 ist er nach Italien gereist und hat dort ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dem Beschwerdeführer wurde in Italien der Status des Asylberechtigten zuerkannt. In der Folge ist er wieder nach Österreich gereist. Der Beschwerdeführer verfügt über einen italienischen Konventionsreisepass und eine italienische Aufenthaltserlaubnis. Diese Dokumente sind noch gültig.

Über den Beschwerdeführer wurde am 19.02.2017 die Untersuchungshaft verhängt. Mit Verfahrensanordnung vom 23.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet wegen Straffälligkeit und Verhängung der Untersuchungshaft mitgeteilt. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich mehrfach straffällig und wurde insgesamt dreimal mit Urteilen des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , XXXX und XXXX wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz rechtskräftig verurteilt. Der Beschwerdeführer hat die beiden über ihn verhängten unbedingten Haftstrafen verbüßt und wurde am 11.02.2020 bedingt aus seiner letzten Haft entlassen.

Der Beschwerdeführer hat das österreichische Bundesgebiet verlassen und ist am 11.02.2020 nach Italien ausgereist.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung und vor der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in die vorgelegten Urkunden und sonstigen Unterlagen.

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, zum Religionsbekenntnis, zur Herkunft, zu den Sprachkenntnissen und dem Familienstand des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden und insofern glaubhaften Angaben. Im Verfahren hat sich nichts ergeben, das an der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers zweifeln ließe.

Das Asylantragsdatum des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Dass der Beschwerdeführer in Italien ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, dass ihm in Italien der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der Besitz der diesbezüglichen Dokumente ergibt sich zum einen aus den Angaben des Beschwerdeführers während des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht, dabei insbesondere aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsprotokoll vom 29.10.2019). Weiters ergeben sich diese Feststellungen aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen (OZ 19 des Aktes des Bundesverwaltungsgerichtes). Das BFA übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht die Kopie eines italienischen Konventionsreisepasses, ausgestellt von der Republik Italien am XXXX auf den Beschwerdeführer unter seinem Alias-Namen XXXX , geboren am XXXX , mit Gültigkeit bis XXXX . Ebenfalls übermittelt wurde die Kopie eines "Permesso Di Soggiorno", ausgestellt auf denselben Namen am XXXX mit Gültigkeit bis XXXX . Beim Beschwerdeführer handelt es sich - trotz unterschiedlicher Namen und Geburtsdaten - zweifellos um dieselbe Person wie jene, auf die die Dokumente ausgestellt wurden. Dies ergibt sich u.a. aus den Ausweisfotos und aus den Angaben des Beschwerdeführers. Weiters übermittelte das BFA eine E-Mail-Korrespondenz mit dem BMI, Polizeikooperationszentrum Thörl-Maglern, vom 29.10.2019, worin mitgeteilt wird, dass nach Auskunft der italienischen Kollegen die Dokumente gültig seien. Zweifel daran, dass dem Beschwerdeführer seitens der Republik Italien der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, wurden vom BFA bei der Vorlage der oben genannten Unterlagen nicht vorgetragen und haben sich für das Bundesverwaltungsgericht auch sonst nicht ergeben.

Dass der Beschwerdeführer am 19.02.2017 in Untersuchungshaft genommen wurde und dass ihm von der Behörde der Verlust seines Aufenthaltsrechts mitgeteilt wurde, ergibt sich aus dem Akteninhalt (AS 325 und 125 des Aktes des BFA). Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister sowie aus den im Akt einliegenden jeweiligen Strafurteilen (AS 317, 327 und 335). Die erfolgte Verbüßung der Haftstrafen und das Datum der bedingten Haftentlassung ergeben sich ebenfalls aus einer Einsichtnahme in das Strafregister sowie aus dem Beschluss über die bedingte Entlassung vom 08.01.2020 (OZ 24).

Die Ausreise des Beschwerdeführers nach Italien ergibt sich aus dem E-Mail der belangten Behörde sowie aus der Ausreisebestätigung vom 19.02.2020 (OZ 31).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (siehe insbesondere § 1 BFA-VG).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.1. Zu A)

3.1.1. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides - Antrag auf internationalen Schutz

Gemäß § 4a AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat.

§ 4a AsylG 2005 stellt unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde (vgl. VwGH 03.05.2016, Ra 2016/18/0049). Ist einer dieser Tatbestände erfüllt, hat die Behörde den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen. Liegen daher die Voraussetzungen des § 4a AsylG 2005 vor, begründen sie nach dessen klaren Wortlaut ein Prozesshindernis für eine inhaltliche Behandlung des Antrages (VwGH 19.06.2019, Ra 2018/20/0373). Eine Zurückweisung des Antrages nach § 4a AsylG 2005 kommt selbst nach Zulassung des Verfahrens in Betracht (VwGH 04.03.2019, Ra 2019/14/0023, vgl. auch § 28 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005).

Der Beschwerdeführer genießt den Status des Asylberechtigten in Italien, seine diesbezüglichen Dokumente sind noch gültig. Er hat dort auch Schutz vor Verfolgung gefunden; etwas Gegenteiliges wurde nicht vorgebracht und ist für das Bundesverwaltungsgericht auch nicht erkennbar, zumal der Beschwerdeführer unmittelbar nach seiner letzten Haftentlassung nach Italien ausgereist ist. Daher ist die Bestimmung des § 4a AsylG 2005 anwendbar. Für eine inhaltliche Behandlung des Antrages auf internationalen Schutz bleibt nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes somit kein Raum.

Liegt eine der beiden alternativ genannten Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG für eine Entscheidung in der Sache selbst vor, steht also der Sachverhalt fest oder kann er rascher oder kostengünstiger durch das Verwaltungsgericht selbst ermittelt werden, kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid in jede Richtung abändern (reformatorische Entscheidung; vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018), § 28 VwGVG, Anm. 9).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass dem Beschwerdeführer in Italien der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076). Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. (Antrag auf internationalen Schutz) dahingehend abzuändern, dass der in Österreich gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 09.01.2016 gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen wird.

3.1.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides - Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird, und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 57 AsylG 2005 lautet auszugsweise:

"‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz'

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

[...]"

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG 2005 behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor. Daher ist die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen.

3.1.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides - Verlust des Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet

§ 13 AsylG 2005 lautet:

"Aufenthaltsrecht

§ 13. (1) Ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, ist bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes (Abs. 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt.

(2) Ein Asylwerber verliert sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn

1. dieser straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3),

2. gegen den Asylwerber wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist,

3. gegen den Asylwerber Untersuchungshaft verhängt wurde (§§ 173 ff StPO, BGBl. Nr. 631/1975) oder

4. der Asylwerber bei der Begehung eines Verbrechens (§ 17 StGB) auf frischer Tat betreten worden ist.

Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Wird ein Asylwerber in den Fällen der Z 2 bis 4 freigesprochen, tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück (§§ 198 ff StPO) oder wird das Strafverfahren eingestellt, lebt sein Aufenthaltsrecht rückwirkend mit dem Tage des Verlustes wieder auf.

(3) Hat ein Asylwerber sein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Abs. 2 verloren, kommt ihm faktischer Abschiebeschutz (§ 12) zu.

(4) Das Bundesamt hat im verfahrensabschließenden Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechtes eines Asylwerbers abzusprechen."

§ 2 Abs. 3 AsylG 2005 lautet:

"(3) Ein Fremder ist im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er

1. wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, oder

2. mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist

rechtskräftig verurteilt worden ist."

Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Z 1 und Z 3 AsylG 2005 sind im vorliegenden Fall beim Beschwerdeführer gegeben. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, wurde gegen den Beschwerdeführer - wie oben festgestellt - am 19.02.2017 die Untersuchungshaft verhängt, wodurch er mit diesem Zeitpunkt gemäß § 13 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 sein Aufenthaltsrecht ex lege verloren hat. Der Verlust des Aufenthaltsrechts wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 23.03.2017 mitgeteilt. Zudem wurde der Beschwerdeführer, wie ebenfalls festgestellt, erstmals mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 20.12.2016 wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz verurteilt, somit wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, womit auch § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 erfüllt ist. Diese Verurteilung wurde allerdings erst mit 07.03.2017 rechtskräftig, weshalb von der Behörde zu Recht das Datum 19.02.2017 herangezogen wurde.

Der Verlust des Aufenthaltsrechts tritt ex lege ein und dem Abspruch im verfahrensabschließenden Bescheid kommt lediglich deklarative Wirkung zu. Aus diesem Grund war die Beschwerde auch bezüglich dieses Spruchpunktes abzuweisen.

3.1.4. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV., V. und VII. bis IX. des angefochtenen Bescheides - Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan, Einreiseverbot, Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und Ausreisefrist

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.). Es wurde festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IX.).

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden.

Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung unter bestimmten Voraussetzungen aberkennen.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird.

Der angefochtene Bescheid wird mit der vorliegenden Entscheidung dahingehend abgeändert, dass der Antrag auf internationalen Schutz nicht abgewiesen wird (was mit einer Rückkehrentscheidung einherzugehen hätte), sondern gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen wird. Die Erlassung eines Einreiseverbotes wäre lediglich im Zuge einer Rückkehrentscheidung möglich. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist nur im Fall einer abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz möglich. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung hatte im vorliegenden Fall zur Folge, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestanden hat. Aufgrund der gegenständlichen Abänderung der Spruchpunkte I. und II. betreffend den internationalen Schutz ist die Beschwerde des Beschwerdeführers hinsichtlich der weiteren, bisher noch nicht geprüften Spruchpunkte IV., V. und VII. bis IX. berechtigt. Im vorliegenden Fall wäre aufgrund der Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 keine Rückkehrentscheidung zu erlassen, sondern es müsste eine Außerlandesbringung nach Italien gemäß § 61 FPG angeordnet werden.

Zu prüfen ist noch, ob das Bundesverwaltungsgericht statt der vom Bundesamt angeordneten Rückkehrentscheidung die Voraussetzungen einer Außerlandesbringung nach Italien gemäß § 61 FPG selbst zu überprüfen und allenfalls eine Außerlandesbringung nach Italien gemäß § 61 FPG selbst anzuordnen hätte. Fraglich ist, ob dies den Beschwerdegegenstand des Verwaltungsverfahrens überschreiten würde:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Verwaltungsgericht grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden und somit nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war. Wenn das Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheidet, hat es seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten; allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage sind also zu berücksichtigen. Die Prüfbefugnis der Verwaltungsgerichte ist jedoch keine unbegrenzte. Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis ist die "Sache" des bekämpften Bescheides. "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist jedoch nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des (bescheidmäßigen) Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH 29.08.2019, Ra 2018/19/0629).

Eine Rückkehrentscheidung betreffend Afghanistan gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und eine Außerlandesbringung nach Italien gemäß § 61 FPG unterscheiden sich sowohl hinsichtlich der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen, als auch nach den gesetzlichen Voraussetzungen als auch geografisch nach unterschiedlichen Rückkehrländern. Eine Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nach Italien war nicht Inhalt des bescheidmäßigen Spruches des bekämpften Bescheides des Bundesamtes, sodass eine Prüfung der Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nach Italien gemäß § 61 FPG nicht erstmals durch das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen dieses Erkenntnisses erfolgen kann. Dies würde nämlich den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten.

Daher war der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV., V. und VII. bis IX. stattzugeben und diese waren zu beheben.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nach Italien ist daher vom Bundesamt zu prüfen. Hinzuweisen ist darauf, dass gemäß § 61 Abs. 2 zweiter Satz FPG die Anordnung binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht bleibt. Wie sich aus dem Vorbringen der belangten Behörde ergibt, hat der Beschwerdeführer das Bundesgebiet bereits verlassen.

Das Bundesamt hat bei einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der im § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 25.04.2019, Ra 2019/19/0114). Auch darf nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Gewichtung der für den Fremden sprechenden Umstände im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend einbezogen werden, dass er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (VwGH 25.04.2019, Ra 2019/19/0114; VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0205, mwN).

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Punkt 3.1. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, Aufenthaltsrecht,
aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall,
Außerlandesbringung, Behebung der Entscheidung,
Beschwerdegegenstand, Einreiseverbot aufgehoben, Mitgliedstaat,
Rückkehrentscheidung behoben, strafrechtliche Verurteilung,
Suchtmitteldelikt, Verlusttatbestände, Voraussetzungen,
Zulassungsverfahren, Zurückweisung, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W180.2193472.2.00

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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