TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/1 W232 2201760-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2020
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Entscheidungsdatum

01.04.2020

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W232 2201760-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Simone BÖCKMANN-WINKLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Eritrea, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2018, Zl. 1163553803-180228219, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Eritreas, brachte - nachdem er im Rahmen des Relocation-Projektes von Italien legal nach Österreich eingereist war - am 07.03.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

2. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers nach dem AsylG 2005 statt. Der Beschwerdeführer gab als Fluchtgrund zusammengefasst an, dass er und seine Mutter Eritrea schon als Kleinkind verlassen hätten, weil sein Vater verstorben sei. Den Südsudan habe er verlassen, weil er nichts gehabt habe, auch seine Mutter habe nichts gearbeitet.

3. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am am 11.06.2018 führte der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund im Wesentlichen aus, dass er mit circa zwei Jahren Eritrea verlassen habe. Sein Vater sei verstorben und keiner habe ihnen helfen können, weshalb seine Mutter mit ihm und seinen Geschwistern in den Sudan gegangen sei. In Eritrea würden keine Verwandten mehr leben. Bei einer Rückkehr nach Eritrea befürchte er von der Polizei getötet zu werden, weil er illegal ausgereist sei.

4. Mit Bescheid vom 21.06.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen aus, dass eine generelle Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung hinsichtlich illegal Ausreisender den Länderberichten nicht entnommen werden könne, wobei insbesondere auf das Alter des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Ausreise verwiesen wurde.

5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 18.07.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass dem Beschwerdeführer in Eritrea Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise aus dem Land drohe. Eine diesbezügliche Verfolgungsgefahr sei glaubhaft, da es sich in den einschlägigen Länderberichten wiederfinde. Rückkehrer würden unter besonders harten Bedingungen inhaftiert werden. Dem Beschwerdeführer drohe in Eritrea ebenfalls Zwangsrekrutierung. Der obligatorische Wehrdienst könne auf unbestimmte Zeit verlängert werden und komme Zwangsarbeit gleich. Aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Eritrea und der Asylantragstellung im Ausland werde dem Beschwerdeführer von den eritreischen Behörden eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt, aufgrund dessen ihm in seinem Heimatland willkürliche Inhaftierung, Folter und der Tod drohen würde.

6. Das Bundesverwaltungsgericht vertagte die für 07.02.2020 anberaumte mündliche Verhandlung auf den 02.03.2020 und führte an diesem Tag in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Tigrinya eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde. Vorgelegt von der Beschwerdeführervertreterin wurden Flugtickets und Unterlagen zu einer Unterkunft im Sudan zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 07.02.2020 nicht rechtzeitig erhalten habe. Die Unterlagen wurden nach Durchsicht der erkennenden Richterin dem Beschwerdeführer zurückgegeben.

Zu dem in der mündlichen Verhandlung vorgehaltenen Länderinformationsblatt brachte die Beschwerdeführervertreterin zusammengefasst vor, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr sowohl Inhaftierung auf Grund der illegalen Ausreise sowie der verpflichtende Wehrdienst, der einer willkürlich verlängerbaren Zwangsarbeit gleichkommen würde, drohe. Der Beschwerdeführer habe glaubhaft vorgebracht, den Wehrdienst aus Gewissensgründen abzulehnen, sodass ihm zumindest eine Gefängnisstrafe, oftmals verbunden mit Folter, drohen würde. Er lehne die Ableistung aus politischen und religiösen Gründen ab. Verwiesen werde auf W251 2156458-1.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister und Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren. Er ist Staatsangehöriger Eritreas, muslimischen Glaubens und gehört der Volksgruppe der Bilen an.

Der Beschwerdeführer verließ nach dem Tod seines Vaters Eritrea im Kleinkindalter mit seiner Mutter und seinen beiden Schwestern und lebte von da an im Sudan. Er ist niemals nach Eritrea zurückgekehrt. Die Eltern des Beschwerdeführers sind verstorben, seine Schwestern leben weiterhin im Sudan. Der Beschwerdeführer steht in aufrechten Kontakt zu seinen Schwestern.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Seine Muttersprache ist Tigre, er spricht zudem Tigrinya und Arabisch.

Der Beschwerdeführer ist gesund.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer hatte in Eritrea keine Probleme mit Behörden, der Polizei oder dem Militär. Er wurde nicht zum Militär einberufen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Eritrea eine regimekritische, oppositionelle Haltung unterstellt werden würde.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Eritrea:

Aufgrund der im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers getroffen:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 26.02.2019:

Politische Lage

Eritrea ist nach dem Südsudan das zweitjüngste und eines der ärmsten Länder Afrikas. Das Land löste sich nach einem Referendum von Äthiopien und wurde 1993 ein eigener Staat (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Das Land ist ein in sechs Provinzen aufgeteilter Zentralstaat. Die Verfassung von 1997 ist nie in Kraft getreten. Alle wesentlichen Entscheidungen werden vom Präsidenten getroffen. Es gibt keine Gewaltenteilung. Das Übergangsparlament besteht aus 150 Abgeordneten, von denen 75 dem Zentralrat der Staatspartei PFDJ (People's Front for Democracy and Justice) angehören. Weitere 60 Abgeordnete sind ausgewählte Vertreter der Provinzen und 15 Sitze entfallen auf die Vertreter der Auslandseritreer. Das Parlament trat zuletzt 2001 zusammen und ist faktisch inaktiv (AA 24.5.2018). Seit der Unabhängigkeit des Landes gab es keine Wahlen auf nationaler Ebene (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 25.2.2018). De facto handelt es sich um eine Einparteiendiktatur. Die Regierungspartei PFDJ ging 1994 aus der Eritrean People's Liberation Front (EPLF) hervor. Sie stellt den Staats- und Regierungschef Isaias Afewerki sowie die gesamte weitere politische Führung des Landes. Andere politische Parteien sind verboten (AA 25.2.2018).

Äthiopien und Eritrea vereinbarten, ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufzunehmen, ihre Grenzen zu öffnen, die Wiederaufnahme des Luft- und Seeverkehrs und den Personenverkehr zwischen den beiden Ländern zu ermöglichen (BBC 9.7.2018; vgl. JA 8.7.2018, JA 9.7.2018, KZ 10.7.2018). Einen Tag nach der Friedenserklärung wurde die Telefonverbindung zwischen Äthiopien und Eritrea wieder hergestellt und es gibt nun wieder Flüge von Addis Abeba nach Eritrea (AN 29.1.2019; vgl. BBC 9.7.2018, DS 9.7.2018, KZ 10.7.2018). Auch die Landgrenze wurde wieder geöffnet (AFAR 15.1.2019; vgl. AN 28.12.2018; AN 29.12.2018). Der Handel von äthiopischer Seite reicht nun nach Asmara und in andere große eritreische Städte. In umgekehrter Richtung hält der Flüchtlingsstrom an (AN 28.12.2018).

Folter und unmenschliche Behandlung

Das geltende Strafgesetzbuch verbietet Folter (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Trotzdem wird Folter gegenüber Gefangenen, insbesondere während der Befragung, angewandt. Auch sollen Deserteure, Wehrdienstflüchtige und Wehrdienstverweigerer verschiedener religiöser Gruppen, insbesondere Anhänger der Zeugen Jehovas, physisch und psychisch misshandelt werden (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Ferner kommt es bei Vernehmungen vereinzelt zu Folter. Medizinische Hilfe wird nur im Notfall gewährt. Es sind keine Fälle bekannt, in denen die Anwendung von Folter zu Sanktionen geführt hätte (AA 25.2.2018).

Die Vereinten Nationen und andere Organisationen haben wiederholt über Folter in Eritrea berichtet (BTI 2018; vgl. HRW 17.1.2019, HRW 3.10.2018). U.a. hat die von der UNO ernannte Untersuchungsmission für Menschenrechte in Eritrea festgestellt, dass in Eritrea seit 1991 Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Versklavung, Inhaftierung, Verschwindenlassen, Folter, Verfolgung, Vergewaltigung und Mord begangen werden (BTI 2018). Auch während des Nationaldienstes kommt es zu systematischem Missbrauch, einschließlich Folter und unzureichender Versorgung mit Nahrungsmitteln (HRW 3.10.2018).

Die Veränderung der Beziehung zu Äthiopien änderte bisher weder die repressive Politik noch die Härte staatlicher Herrschaft. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen beklagt die systematischen, weit verbreiteten und schweren Menschenrechtsverletzungen der Regierung, die in einem Klima der allgemeinen Straflosigkeit begangen werden (HRW 17.1.2019). Zu den Menschenrechtsvergehen gehören willkürliche Inhaftierung, Verschwindenlassen, Folter und sexuelle Gewalt sowie Zwangsarbeit (HRW 3.10.2018; vgl. HRW 17.1.2019). Fernerhin werden weiterhin Menschen willkürlich und unter Zwang auf unbestimmte Zeit rekrutiert. Es kommt zu willkürlichen Verhaftungen und zur Anwendung von Folter durch staatliche Akteure (AA 25.2.2018).

Wehrdienst und Rekrutierungen

Der obligatorische Nationaldienst ("national service") dauert für Männer und Frauen offiziell 18 Monate (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018, HRW 17.1.2019), kann aber nach wie vor willkürlich und unter Zwang auf unbestimmte Zeit verlängert werden (AI 30.7.2018; vgl. HRW 17.1.2019). Für Frauen dauert die Dienstpflicht aktuell bis zum 27. und für Männer bis zum 50. Lebensjahr (nach anderen Angaben für Frauen bis zum 47. und für Männer bis zum 57. Lebensjahr). Frauen werden in der Regel bei Heirat oder Schwangerschaft aus dem Nationaldienst entlassen (AA 25.2.2018).

In einigen Fällen dauert der Nationaldienst schon bis zu 18 Jahre (HRW 17.1.2019) - sodass dieser Dienst Sklaverei-ähnliche Zustände annehmen kann (AA 25.2.2018; vgl. HRW 17.1.2019). Dieses System der unbefristeten, unfreiwilligen Einberufung kommt Zwangsarbeit gleich (AI 30.7.2018). Nach dem Friedensabkommen mit Äthiopien hat die Regierung bisher keine langdienenden Nationaldienstleistenden freigestellt (HRW 17.1.2019).

Nationaldienstleistende werden seit langem unmenschlich und erniedrigend bestraft, es kommt auch zu Folter (HRW 17.1.2019). Bei geringen Verstößen werden harte Strafen verhängt (AI 30.7.2018). Obwohl die Löhne in den letzten Jahren erhöht wurden, bleiben sie unzureichend, um eine Familie zu ernähren (HRW 17.1.2019).

Der eritreische Informationsminister bestätigte in einem Interview 2018, dass weniger als ein Fünftel der Nationaldienstleistenden eine militärische Funktion ausübt (HRW 17.1.2019). Nach der militärischen Grundausbildung werden die Dienstverpflichteten z.B. beim Straßen- und Dammbau, in der Landwirtschaft, aber auch in allen Bereichen der staatlichen Verwaltung und Wirtschaft eingesetzt (AA 25.2.2018; vgl. HRW 17.1.2019).

Die "People¿s Army" (Volksarmee) in ihrer heutigen Form entstand 2012 nach zwei äthiopischen Angriffen auf eritreisches Territorium und existiert parallel bzw. ergänzend zum Nationaldienst. Es gibt keine öffentlich zugängliche gesetzliche Grundlage der Volksarmee, es besteht keine Dienstpflicht und die Volksarmee ist auch nicht Teil des Nationaldiensts. Für die Volksarmee müssen Eritreer zwischen 18 und ca. 75 Jahren, nicht im Nationaldienst aktiv sein und eine Waffenausbildung absolvieren (SEM 31.1.2017; vgl. SFH 30.9.2018). Seit Mai 2012 wurde der Großteil der erwachsenen Bevölkerung mit dem AK-47 Sturmgewehren bewaffnet (AA 25.2.2018; vgl. SEM 31.1.2017). Personen, welche dem Aufgebot zur Volksarmee nicht Folge leisten, droht der Entzug von Lebensmittelcoupons und Identitätsdokumenten, sowie Haftstrafen. Die Haftbedingungen sind auch in diesem Fall hart und für die Entlassung muss ein Schuldeingeständnis unterschrieben werden (SFH 30.9.2018). Ende 2014 und Anfang 2015 haben dennoch zahlreiche Personen das Aufgebot zur Volksarmee ignoriert. Zum Umgang der Behörden mit Dienstverweigerern liegen nur anekdotische Informationen vor. Sie lassen darauf schließen, dass es keine einheitliche Praxis gibt (SEM 31.1.2017).

Das Gesetz verbietet die Rekrutierung von Kindern unter 18 Jahren. Es kommt jedoch vor, dass Kinder bei Razzien festgehalten und in das Sawa National Training and Education Center gebracht werden (USDOS 20.4.2018). Jugendliche, die versuchen, dem Wehrdienst zu entgehen, werden verhaftet. Minderjährige werden bei (illegalen) Ausreiseversuchen meist aber nach Hause geschickt. Volljährige und damit Wehr- und Nationaldienstpflichtige kommen in Haft. Diese wird auf Antrag häufig in offenem Vollzug abgeleistet. Sofern die Eltern der Jugendlichen oder andere Personen bei der Entziehung vom Wehrdienst behilflich waren, droht auch ihnen Strafverfolgung (AA 25.2.2018).

Ebenso kommt es vor, dass Wehrpflichtige nach Ableistung des 18-monatigen Wehrdienstes nicht nur aus dem Militär, sondern auch aus dem Nationaldienst entlassen werden. Als Grund nennt die Regierung gute schulische Leistungen. Abiturienten mit guten Noten soll so der rasche Zugang zu weiterführenden Bildungseinrichtungen (Colleges) ermöglicht werden (AA 25.2.2018).

Keine Schule in Eritrea, mit Ausnahme des Militärcamps "Sawa", bietet die 12. Schulstufe an. Seit Sommer 2003 müssen alle Schüler das 12. Schuljahr in diesem zentralen Ausbildungslager in Sawa absolvieren (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Nur in Sawa können sie ihr "Highschool" - Abschlusszeugnis erhalten. Die Besten werden danach zum Studium an einem der 19 Colleges zugelassen. Die Übrigen werden für eine Berufsschulausbildung oder für den Militärdienst herangezogen (AA 25.2.2018).

Gemäß Gesetz verpflichtet sich jeder Absolvent der High School zu einem 18-monatigen Nationaldienst, der eine sechsmonatige Militärausbildung beinhaltet (AI 30.7.2018). Nach anderen Angaben erhalten die Schüler in Sawa eine dreimonatige paramilitärische Ausbildung (AA 25.2.2018). In Sawa ist die Versorgung schlecht und es besteht eine mangelhafte sanitäre Grundversorgung und Hygienebedingungen (AI 30.7.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

Einige verlassen die Schule, um der Wehrpflicht zu entkommen, aber ohne eine Bescheinigung des Nationaldienstes können sie weder auf Lebensmittelrationen zugreifen noch ein Unternehmen gründen, eine Mobiltelefon erwerben, einen Führerschein oder ein Bankkonto eröffnen. Darüber hinaus führt das Militär spontane Hausdurchsuchungen durch, um jeden festzunehmen, der im Verdacht steht, sich dem Nationaldienst entziehen zu wollen (AI 30.7.2018).

Ein Recht zur Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen und einen Ersatzdienst gibt es nicht; Wehrdienstverweigerung wird mit Aufenthalten in Umerziehungslager oder mit Gefängnis bestraft. Dies betrifft insbesondere Zeugen Jehovas (AA 25.2.2018). Rein rechtlich wäre es möglich, aus gesundheitlichen Gründen vom Wehrdienst befreit zu werden. Laut Artikel 15 der National Service Proclamation können körperlich Behinderte, Blinde und Personen mit schweren psychischen Erkrankungen vom nationalen Dienst befreit werden (ILO 23.10.1995).

Trotz Ankündigungen der Regierung, den Nationaldienst zu befristen und die Armee zu verkleinern, gab es bisher keine konkreten Schritte. Etliche Nationaldienstpflichtige sind seit dem historischen Friedensabkommen mit Äthiopien im Juli 2018 und nach der Grenzöffnung nach Äthiopien ausgereist (TG 12.10.2018). Zuvor mussten die Menschen an den Grenzen viel riskieren (AA 25.2.2018; vgl. IRIN 15.11.2018). Nach Abschluss des Friedensabkommens war es möglich, die Grenze auch ohne Pass oder Genehmigung zu überqueren und es musste auch nicht bestätigt werden, ob und wann eine Rückkehr geplant ist (IRIN 15.11.2018).

Allgemeine Menschenrechtslage

In Eritrea kann es fallweise zu massiven Verletzungen der Menschenrechte kommen (AA 25.2.2018). Es gibt absolut keinen Schutz der Bürgerrechte, sie werden durch kein Gesetz garantiert. Ein Vierteljahrhundert nach der Unabhängigkeit hat das Land immer noch keine Verfassung umgesetzt. Hochrangige Regierungsvertreter, darunter der Präsident, äußern offen ihre Missachtung und Nichtanerkennung der international anerkannten Menschenrechte und des rechtsstaatlichen Verfahrens. Das Recht auf Leben und Sicherheit wird ignoriert und Folter ist in Gefängnissen und Haftanstalten des Militärs weit verbreitet. Der Mangel an Bürgerrechten betrifft die gesamte Bevölkerung (BTI 2018). In der am 23.5.1997 von der Nationalversammlung angenommenen Verfassung, die bis heute nicht in Kraft getreten ist, sind in den Artikeln 14 bis 24 die Grundrechte niedergelegt, welche von staatlichen Organen nicht respektiert werden (AA 25.2.2018). Somit bleibt die Ausübung von Grundrechten, wie z.B. Rede- und Meinungsfreiheit, Versammlungs- und Religionsfreiheit, nicht oder nur extrem eingeschränkt möglich (AA 24.5.2018; vgl. BTI 2018). Alle Versammlungen von mehr als fünf Personen - in geschlossenen öffentlichen Räumen wie unter freiem Himmel - müssen vorher genehmigt werden (AA 25.2.2018).

Zu den Menschenrechtsvergehen gehören willkürliche Inhaftierung, Folter ( HRW 3.10.2018; vgl. HRW 17.1.2019, AA 25.2.2018), Verschwindenlassen und sexuelle Gewalt sowie Zwangsarbeit (HRW 3.10.2018; vgl. HRW 17.1.2019). Fernerhin werden weiterhin Menschen willkürlich und unter Zwang auf unbestimmte Zeit rekrutiert (AA 25.2.2018). Auch während des Nationaldienstes kommt es zu systematischem Missbrauch, einschließlich Folter und unzureichender Versorgung mit Nahrungsmitteln (HRW 3.10.2018).

Die Regierung hat im Allgemeinen keine Schritte unternommen, um gegen Beamte, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, zu ermitteln, sie zu verfolgen oder zu bestrafen. Straffreiheit bei Missbrauch bleibt die Regel (USDOS 20.4.2018).

Die Veränderung der Beziehung zu Äthiopien änderte bisher weder die repressive Politik noch die Härte staatlicher Herrschaft. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen beklagt die systematischen, weit verbreiteten und schweren Menschenrechtsverletzungen der Regierung, die in einem Klima der allgemeinen Straflosigkeit begangen werden (HRW 17.1.2019). Die von der UNO ernannte Untersuchungsmission für Menschenrechte in Eritrea stellte fest, dass in Eritrea seit 1991 Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Versklavung, Inhaftierung, Verschwindenlassen, Folter, Verfolgung, Vergewaltigung und Mord begangen werden (BTI 2018; vgl. HRW 3.10.2018, HRW 17.1.2019, HR 27.8.2018). Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sind eingeschränkt und Bewegungs- und Reisefreiheit beeinträchtigt. Frauen sind von Genitalverstümmelung und häuslicher Gewalt betroffen. Zudem kam es zu Menschenhandel, Zwangs- und Kinderarbeit. Gleichgeschlechtliche Handlungen sind verboten (HR 27.8.2018).

In den Gefängnissen gibt es keinen Ombudsmann der auf Beschwerden reagiert. Es gibt auch keine zivilrechtlichen Verfahren für Einzelpersonen, die Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung geltend machen (USDOS 20.4.2018).

Opposition

In Eritrea existiert nur die Regierungspartei PFDJ (AA 25.2.2018). Die Staatsführung lehnt die Errichtung einer Demokratie strikt ab (BTI 2018) und die Regierung erlaubt keine weiteren politischen Parteien (USDOS 20.4.2018). Neben oppositionellen Bewegungen in der Diaspora gibt es im Land ethnisch oder islamisch ausgerichtete und andere Oppositionsgruppen (AA 25.2.2018). Allerdings gibt es keine organisierte politische Opposition (AA 24.5.2018).

Zahlreiche Regimekritiker bzw. politische Akteure und ehemaligen Befürworter der politischen Pluralisierung innerhalb der PFDJ (die sogenannte G-15-Gruppe) befinden sich seit 2001 ohne rechtsstaatliches Verfahren in Haft und werden ohne Zugang zum ordentlichen Rechtsverfahren und ohne Kontakt zur Außenwelt an geheimen Orten festgehalten (AA 24.5.2018). Viele von ihnen gelten als tot oder in schlechtem Zustand. Andere Kritiker der Regierungspolitik wurden entweder verhaftet, ins Exil gezwungen oder schweigen aufgrund des autoritären politischen Systems und aus Angst um ihr eigenes und das Leben ihrer Familie (BTI 2018).

Militärbeamte und hochrangigen PFDJ-Kader muslimischen Glaubens, die nach dem Putschversuch im Januar 2013 verhaftet wurden, bleiben in Haft (BTI 2018). Die Verhaftung des ehemaligen Finanzministers zeigt, dass die Repressionstaktik fortgesetzt wird (HRW 3.10.2018). Berhane Abrehe war im August 2018 wegen der Veröffentlichung eines Buches, in welchem er zum friedlichen Protest gegen die Regierung aufruft, in Haft genommen worden. Er wird an einem unbekannten Ort ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten (AI 18.9.2018; vgl. HRW 3.10.2018).

Inwieweit die Betätigung für eine Oppositionsbewegung oder -partei im Ausland bei einer Rückkehr nach Eritrea zu Verfolgungsmaßnahmen führen würde, liegen keine neuen Erkenntnisse vor. Ebenso liegen keine Erkenntnisse dazu vor, ob und wie die eritreischen Behörden auf unterschiedliche Arten einer Betätigung für eine Oppositionsorganisation bei einer Rückkehr des oder der Betroffenen nach Eritrea reagieren würden (AA 25.2.2018).

Rückkehr

Die bloße Stellung eines Asylantrags im Ausland zieht keine Bestrafung nach sich (AA 25.2.2019), und es gibt Berichte von Staatsbürgern, die das Land verlassen haben, ohne dass ihnen die Wiedereinreise verweigert wurde (USDOS 20.4.2018). Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Betätigung für eine Oppositionsbewegung oder -partei im Ausland bei einer Rückkehr nach Eritrea zu Verfolgungsmaßnahmen führt. Ebenso liegen keine Erkenntnisse dazu vor, ob und wie die eritreischen Behörden auf unterschiedliche Arten einer Betätigung für eine Oppositionsorganisation (politisch oder unpolitisch, d.h., z.B. als Reinigungskraft oder als Kassierer bei Veranstaltungen; als einfaches Mitglied oder in herausgehobener Position) bei einer Rückkehr des oder der Betroffenen nach Eritrea reagieren würden (AA 25.2.2019).

Personen, die das Land legal verlassen haben, können problemlos zurückkehren, auch wenn sie nicht zeitgerecht zurückkehren. Eritreer, die ihren Nationaldienst noch nicht beendet haben und das Land illegal verlassen haben, müssen das "Bedauerungsformular B4/4.2" unterschreiben, wenn sie nach Eritrea zurückkehren wollen. Person, die dieses Formular unterzeichnen, bestätigen das Begehen einer Straftat und erklären sich bereit, zu gegebener Zeit eine angemessene Strafe zu akzeptieren. Die eritreische Regierung hat mehrmals wiederholt, dass diejenigen, die zurückkehren, nicht bestraft werden, solange sie keine anderen Verbrechen begangen haben (als keinen Nationaldienst zu leisten und illegal das Land zu verlassen). Die eritreischen Behörden haben erklärt, dass sie tolerant gegenüber der Rückkehr von Landsleuten sind. Ausländische Beobachter behaupten, dass zurückkehrende Migranten - unabhängig davon, ob ihnen in der Vergangenheit in Europa der Asylstatus zuerkannt wurde oder nicht - bei der Rückkehr gut behandelt werden. Beobachtern in Eritrea zufolge würden Eritreer nicht in großer Zahl zurückkehren, wenn sie wüssten, dass sie bestraft werden. Es kommt aber regelmäßig vor, dass Eritreer freiwillig und ohne weitere Folgen nach Unterzeichnung des "Bedauerungsformulars" und Zahlung der Diasporasteuer nach Eritrea zurückkehren (NMFA 21.6.2018).

Soweit einem Rückkehrer dagegen illegale Ausreise, das Umgehen des Nationaldienstes oder sogar Fahnenflucht vorgeworfen wird, muss davon ausgegangen werden, dass der Betroffene sich bei seiner Rückkehr nach Eritrea wegen dieser Delikte zu verantworten hat. Die Bestrafung kann von einer bloßen Belehrung bis zu einer Haftstrafe reichen. Im Regelfall kann man sich nach dreijährigem Auslandsaufenthalt als Mitglied der Diaspora registrieren lassen und frühere Verfehlungen werden nicht verfolgt. Festzustehen scheint, dass die Verhängung der Haft nicht in einem rechtsstaatlichen Verfahren erfolgt und die Betroffenen keinen Rechtsbeistand erhalten. Es liegen insbesondere keine Informationen darüber vor, wer welches Strafmaß anhand welcher Rechtsnormen oder anderer Kriterien verhängt. Sicher scheint nur zu sein, dass die Zahlung von Geld das Strafmaß und die Umstände der Strafvollstreckung für den Verurteilten günstig beeinflussen können (AA 25.2.2019).

Es wird berichtet, dass es für zurückkehrende Staatsbürger, die ihren Wohnsitz oder ihre Staatsangehörigkeit in anderen Ländern haben, keine Folgen gibt. Im Allgemeinen hat ein Staatsbürger das Recht auf Rückkehr; Staatsbürger mit Wohnsitz im Ausland müssen nachweisen, dass sie die 2%ige Steuer "Aufbausteuer" (auf ausländisches Arbeitseinkommen) gezahlt haben, um einige staatliche Leistungen und Dokumente zu erhalten (z.B. Ausreiseerlaubnis, Geburts- oder Heiratsurkunden, Passverlängerungen und Immobilientransaktionen). Die Regierung setzt diese Anforderung uneinheitlich durch (USDOS 20.4.2018).

Nach Ansicht des UNHCR gelten wiederum folgende Gruppen bei ihrer Einreise als gefährdet: Personen, die den Militär-/Nationaldienst umgangen haben, Mitglieder der politischen Opposition und Regierungskritiker, Journalisten und andere Medienschaffende, Mitglieder von Gewerkschaften und Aktivisten des Arbeitsrechts, Mitglieder religiöser Minderheiten, Frauen und Kinder mit besonderen Profilen, Angehörige sexueller Minderheiten, Mitglieder bestimmter ethnischer Minderheiten und Opfer von Menschenhandel. Aufgrund der Allgegenwart der Streitkräfte, eines gut organisierten Netzwerks von Regierungsinformanten sowie der nationalen Kontrolle, die der Staat über die Bevölkerung ausübt, hält der UNHCR die Niederlassung in einem anderen Teil Eritreas für keine angemessene Alternative (NMFA 21.6.2018).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zum Namen und Geburtsdatum des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben in der Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Mangels der Vorlage eines seine Identität zweifelsfrei nachweisenden Dokuments gelten die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum) in der gegenständlichen Rechtssache ausschließlich für die Identifizierung des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zu der Staatsangehörigkeit, der Volksgruppen- und der Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben. Das erkennende Gericht hat keine Veranlassung an diesen stets gleich gebliebenen Angaben des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Herkunft, seinen Aufenthaltsorten, seinem Familienstand, seinen familiären Anknüpfungspunkten im Sudan sowie seiner Sprachen waren gleichbleibend und widerspruchsfrei, chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozioökonomischen Strukturen in Eritrea und Sudan plausibel.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Aus den relevanten Länderinformationen geht hervor, dass EritreerInnen, die ihren Nationaldienst noch nicht beendet haben und das Land illegal verlassen haben, das "Bedauerungsformular B4/4.2" unterschreiben müssen, wenn sie nach Eritrea zurückkehren wollen. Personen, die dieses Formular unterzeichnen, bestätigen das Begehen einer Straftat und erklären sich bereit, zu gegebener Zeit eine angemessene Strafe zu akzeptieren. Die eritreische Regierung hat mehrmals wiederholt, dass diejenigen, die zurückkehren, nicht bestraft werden, solange sie keine anderen Verbrechen begangen haben (als keinen Nationaldienst zu leisten und illegal das Land zu verlassen). Die eritreischen Behörden haben erklärt, dass sie tolerant gegenüber der Rückkehr von Landsleuten sind. Ausländische Beobachter behaupten, dass zurückkehrende Migranten - unabhängig davon, ob ihnen in der Vergangenheit in Europa der Asylstatus zuerkannt wurde oder nicht - bei der Rückkehr gut behandelt werden.

Der Beschwerdeführer hat ganz klar und widerspruchsfrei ausgeführt, dass er bereits als etwa zweijähriges Kind mit seiner Mutter und seinen zwei Schwestern Eritrea verlassen hat und seither nicht mehr in sein Herkunftsland zurückgekehrt ist. Daraus ergibt sich, dass er keinerlei Probleme mit staatlichen Behörden, der Polizei oder dem Militär in seinem Herkunftsstaat hatte. Da der Beschwerdeführer Eritrea bereits als Kleinkind verlassen hat, wurde er noch nicht zum Nationaldienst rekrutiert. Aus diesen persönlichen Umständen lässt sich auch im Lichte der Länderberichte keine Bedrohung aus dem Grund ableiten, dass ihm durch das eritreische Regime eine politische Opposition unterstellt würde, wenn er wieder nach Eritrea einreisen würde.

2.2. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit gegeben zu den wiedergegeben Länderberichten Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführervertreterin erstattete eine Stellungnahme und trat den wiedergegebenen Länderberichten und Erkenntnisquellen nicht entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH vom 10. 12.2014, Ra 2014/18/0078, mwN).

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist.

Der Beschwerdeführer hat bereits als Kleinkind, somit vor Eintritt der Wehrpflicht bzw. Pflicht zum Nationaldienst, sein Herkunftsland Eritrea verlassen und ist in dieses zwischenzeitig auch nicht mehr zurückgekehrt.

Grundsätzlich sind Desertion und illegale Ausreise alleine kein ausreichender Grund zur Asylgewährung. Es geht um die Abgrenzung einer legitimen Strafverfolgung von einer asylrechtlich relevanten Verfolgung. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass auch die Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung u.a. dann zur Asylgewährung führen kann, wenn das Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen - wie etwa bei der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Ist Letzteres der Fall, so kann dies aber auch auf der - generellen - Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung beruhen, womit unabhängig von einer der Wehrdienstverweigerung bzw. Desertion im konkreten Fall wirklich zugrunde liegenden religiösen oder politischen Überzeugung der erforderliche Zusammenhang zu einem Konventionsgrund gegeben wäre (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/01/0197).

In ähnlicher Weise stellt die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit wegen illegaler Ausreise drohenden Sanktionen auf deren Art und Intensität ab (vgl. VwGH 02.03.2006, 2003/20/0342).

Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine "bloße" Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (Hinweis E vom 27. April 2011, 2008/23/0124, mwN), (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0050).

Derartige Umstände liegen bei dem Beschwerdeführer nicht vor. Wie bereits ausgeführt, hat er Eritrea bereits im Kleinkindalter verlassen und sich weder in Eritrea selbst, noch im Sudan, noch in Österreich gegen das eritreische Regime politisch betätigt hat. Er wurde noch nicht aufgefordert, sich zum Nationaldienst zu melden und hat er daher eine Einziehung zum Nationaldienst nicht verweigert und ist auch aus diesem nicht desertiert. Die Unterstellung einer politisch oppositionellen Gesinnung durch das eritreische Regime wegen der bisherigen Nichtteilnahme am Nationaldienst ist daher nicht ausreichend wahrscheinlich, insbesondere im Lichte fehlender sonstiger (oppositions-) politischer Betätigung. Gründe dafür, dass dem Beschwerdeführer daher seitens des eritreischen Regimes - über eine allfällige illegale Ausreise und das Fehlen des Ableistens des Nationaldienstes hinaus - eine oppositionelle Gesinnung unterstellt würde, kamen im Verfahren nicht hervor.

Auf Grund dieser individuellen Umstände besteht daher bei dem Beschwerdeführer keine hinreichend konkrete Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung wegen Desertion oder Wehrdienstentziehung oder der illegalen Ausreise.

Zu dem von der Beschwerdeführervertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angeführten Erkenntnis ist auszuführen, dass im herangezogenen Verfahren der Beschwerdeführer zum Nationaldienst einberufen wurde und aus diesem desertiert ist. Gerade diese Umstände wurden jedoch im gegenständlichen Verfahren nicht festgestellt, weshalb die Verfahren nicht vergleichbar sind.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, Wehrdienst

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W232.2201760.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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