TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/1 G307 2221366-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2020
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Entscheidungsdatum

01.04.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §55 Abs3

Spruch

G307 2221366-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA.: Slowakei, vertreten durch RA Mag. Ewald Hannes GRABNER in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.06.2019, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtene

Bescheid behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Aufgrund des Verdachtes des Eingehens einer Scheinehe zwischen der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) und dem kosovarischen Staatsbürger XXXX, geb. XXXX, (im Folgenden: Ehemann) wurden gegen diesen und die BF - beginnend mit Dezember 2017 -Ermittlungen seitens der LPD XXXX geführt, in deren Zuge die BF und ihr Ehemann jeweils am 07.03.2018 einvernommen wurden.

2. Am 12.03.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme der BF und ihres Ehemannes vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, der BF persönlich zugestellt am 12.06.2019, wurde diese gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.), und ihr gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.).

4. Mit per Post am 08.07.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob die BF durch ihren Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Behebung der Ausweisungsentscheidung, in eventu die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

5. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem BVwG am 17.07.2019 vorgelegt.

6. Am 20.02.2020 fand im Rahmen des zu GZ.: G306 2221361-1 protokollierten - ebenfalls den Verdacht des Eingehens einer Aufenthaltsehe thematisierten - Beschwerdeverfahrens des Ehemannes der BF eine mündliche Verhandlung in der Grazer Außenstelle des BVwG statt, an der der RV der BF, der auch ihren Mann vertritt, teilnahm und die BF als Zeugin einvernommen wurde.

Der Ehemann der BF blieb der Verhandlung entschuldigt fern, zumal ihm eine Wiedereinreise ins Bundesgebiet seitens der österreichischen Botschaft in XXXX - in Form der Nichtausstellung von Visa - nach dessen Rückkehr in den Kosovo im Dezember 2019 versagt wurde.

Die belangte Behörde wurde geladen, nahm jedoch an der Verhandlung nicht teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist slowakische Staatsangehörige. Ihre Muttersprache ist Slowakisch.

Die BF ist seit 20.04.2016 melderechtlich in Österreich erfasst. Von 20.04.2016 bis 05.01.2017 war die BF mit Nebenwohnsitz und seit 05.07.2017 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet.

Es wird festgestellt, dass die BF sich jedenfalls seit 05.07.2017 durchgehend in Österreich aufhält.

Von Seiten der Bezirkshauptmannschaft XXXX wurde der BF am 24.01.2017 eine Anmeldebescheinigung "Arbeitnehmerin" ausgestellt.

Am 06.07.2017 heiratete die BF den kosovarischen Staatsbürger XXXX, geb. XXXX, mit welchem sie beginnend mit 05.07.2019 einen gemeinsamen Wohnsitz in Österreich aufweist.

Dem Ehemann der BF wurde am 07.07.2017 eine Aufenthaltskarte "Angehöriger einer EWR-Bürgerin" ausgestellt.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF mit ihrem Ehemann kein gemeinsames Ehe- oder Familienleben führt oder eine Aufenthaltsehe eingegangen ist.

Mit Bescheid des BFA vom 04.06.2019, Zahl 1159419206-180264775, wurde gegen den Ehemann der BF ein Aufenthaltsverbot erlassen und diesem weder ein Durchsetzungsaufschub erteilt noch einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt, woraufhin dieser im Dezember 2019 in seinen Herkunftsstaat zurückkehrte. Mit zu GZ.: G306 2221361-1 protokolliertem Beschwerdeverfahren ergangener Entscheidung des BVwG wurde der genannte Bescheid des BFA jedoch behoben.

Die BF ging von 01.03.2016 bis 16.11.2018 einer Erwerbstätigkeit in Österreich nach und ist seit 30.09.2019 erneut erwerbstätig. Von 28.11.2018 bis 29.09.2019 bezog die BF wiederholt Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung. Der Bezug von Sozialleistungen konnte nicht festgestellt werden.

Mit Urteil des BG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2018, wurden die BF und ihr Ehemann hinsichtlich der gegen sie erhobenen Anklagen wegen des Eingehens einer Aufenthaltsehe iSd. § 117 FPG gemäß § 289 Z 3 StPO freigesprochen.

Die BF erweist sich in strafgerichtlicher Hinsicht als unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt. Zudem wurde der Gerichtsakt des unter der GZ.: G306 2221361-1 protokollierten Beschwerdeverfahrens des Ehegatten der BF, unter Einschluss der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2020, ins gegenständliche Ermittlungsverfahren miteinbezogen:

2.2.1. Insofern Feststellungen zu Identität (Name und Geburtsdatum), Zeitpunkt der Eheschließung, Personalien des Ehemannes der BF sowie Staatsbürgerschaft der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen nicht substantiiert entgegengetreten wurde.

Die Wohnsitzmeldungen der BF in Österreich sowie der gemeinsame Wohnsitz mit ihrem Ehemann beruhen auf einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister (ZMR). Dieser Abfrage ist - in Ermangelung sonstiger Belege - auch die Feststellung des durchgehenden Aufenthaltes der BF in Österreich zu entnehmen, welche durch die im Zentralen Fremdenregister (ZFR) dokumentierte Ausstellung einer Anmeldebescheinigung an die BF gestützt wird. Dem Inhalt des ZFR kann zudem die Ausstellung einer Aufenthaltskarte an den Ehemann der BF entnommen werden und weist das österreichische Strafregister keine Eintragungen in Bezug auf die BF auf.

Hinsichtlich des gegen den Ehegatten der BF erlassenen Aufenthaltsverbotes, dessen Rückkehr in den Kosovo, der Stattgabe der gegen den erwähnten Bescheid erhobenen Beschwerde sowie den Angaben desselben in seinem Aufenthaltsverbotsverfahren wird auf den Gerichtsakt mit der GZ.: G306 2221361-1 verwiesen, welchem auch eine Ausfertigung des oben zitierten Urteils des BG XXXX beiliegt (siehe G306 2221361-1 (im Folgenden: Akt Ehemann) AS 111).

Aus dem Inhalt des auf den Namen der BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges sind die Erwerbstätigkeiten der BF sowie deren Bezüge von Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung ersichtlich. Anhaltspunkte für den Bezug von Sozialhilfeleistungen lässt sich diesem jedoch nicht entnehmen (vgl. VwGH 22.03.2011, 2009/17/0402: wonach Arbeitslosengeld eine Versicherungs- und keine Sozialhilfeleistung ist.).

2.2.2. Vorab ist festzuhalten, dass sich die Beweiswürdigung der belangten Behörde, insbesondere im Hinblick auf die Feststellung des Eingehens einer Aufenthaltsehe seitens der BF mit ihrem Ehemann, als äußerst mangelhaft erweist und der bloße Verweis auf die Aktenlage keinesfalls zur hinreichenden Begründung einer negativen behördlichen Entscheidung genügt (vgl. VwGH 28.09.1982, 82/11/0087).

Insofern gegenständlich das Fehlen eines gemeinsamen Familien- bzw. Ehelebens zwischen dem BF und seiner Frau nicht festgestellt werden konnte, beruht dies auf den Angaben der BF und seines Ehemannes vor der belangten Behörde sowie den Ausführungen der BF und deren RV in der mündlichen Verhandlung (siehe Verhandlungsprotokoll im Akt Ehemann) sowie einem Bericht der LPD XXXX, GZ.: XXXX, vom XXXX.2018 (siehe AS 1ff), worin über eine Vorortkontrolle in der gemeinsamen Ehewohnung der BF berichtet wird. Zudem vermochte sich das erkennende Gericht einen persönlichen Eindruck von der BF in einer mündlichen Verhandlung vermitteln, welche durchwegs glaubwürdig erschien (siehe das zu GZ.: G306 2221361-1 ergangene Erkenntnis des BVwG).

Wie dem Bericht der LPD XXXX vom XXXX.2018 (siehe AS1ff) entnommen werden kann, kam es am XXXX.2017 zu einer Vorortnachschau durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in der gemeinsamen Ehewohnung der BF und deren Ehemann. Die amtshandelnden Beamten hielten dabei fest, dass die besagte Unterkunft zum Verbleib von zwei Personen geeignet sei und die eingeräumten Kleidungsstücke und persönlichen Gegenstände in der Wohnung den Eindruck vermittelten, dass die besagte Wohnung dauerhaft von der BF und ihrem Ehemann bewohnt werde. Zudem lässt sich dem ZMR entnehmen, dass die BF und Ihr Ehemann beginnend mit 05.07.2017 durchgehend gemeinsame Wohnsitzmeldungen in Österreich aufweisen.

Insofern in weiterer Folge von den Beamten auf Widersprüchlichkeiten zwischen den Angaben der BF und deren Ehemann im Zuge der am XXXX.2018 durchgeführten Einvernahmen hingewiesen wird, auf die sich auch die belangte Behörde in ihrer Entscheidung zu stützen scheint, ist festzuhalten, dass die im Akt einliegenden besagten Vernehmungsprotokolle weder die Unterschrift der BF noch ihres Ehemannes aufweisen (siehe AS 13ff; 21ff). Darüber hinaus wurde der Ehemann der BF ohne Einbindung eines Dolmetschers in englischer Sprache und die BF, wobei die die Amtshandlung leitende Beamtin bei dieser die Übersetzung übernahm, in ungarischer Sprache einvernommen. Auf den Umstand auf Englisch einvernommen worden zu sein und die besagte Sprache nicht fließend sprechen zu können, wodurch sich allfällige Unterschiede in den jeweiligen Angaben des Ehemannes der BF und der BF ergeben haben könnten, wurde vom Ehemann der BF vor dem BFA hingewiesen und dies zudem in der gegenständlichen Beschwerde thematisiert. Wenn die belangte Behörde auch den Ehemann der BF auf seinen damaligen Verzicht, einen Dolmetscher beizuziehen hingewiesen hat, lässt sie außer Acht, dass dieser vorbrachte, aus Angst, keine Forderungen gestellt zu haben, und letztlich eine Unterfertigung des Verzichts und der Belehrung nicht aktenkundig ist. Letztlich lässt sich auch nicht belegen, dass der Ehemann der BF die - nicht in seiner Muttersprache - erteilten Belehrungen sowie in weiterer Folgen auch den Inhalt der angefertigten Niederschrift in der im Akt einliegenden Form vollständig verstanden - und bestätigt hat. Auch können - behauptete - in mangelnden Sprachkenntnissen gelegene Übersetzungsfehler nicht ausgeschlossen werden. Dies hat sinngemäß auch für die BF zu gelten, zumal auch deren Protokoll deren Unterschrift nicht trägt und die Einvernahme nicht in ihrer Muttersprache erfolgte. Die tatsächlichen Englisch- bzw. Ungarischkenntnisse der die BF und ihren Mann seinerzeit einvernehmenden Beamten bzw. Beamtin sind ferner nicht dokumentiert.

Vor diesem Hintergrund kann den besagten Einvernahme-Protokollen kein maßgeblicher Beweiswert beigemessen und die aufgezeigten Widersprüchlichkeiten nicht bedenkenlos rechtlich verwertet werden.

Mit Blick auf die erfolgten - unbedenklichen - Einvernahmen der BF und des Ehemannes vor dem BFA lassen sich letzten Endes zwar einige Widersprüchlichkeiten zwischen den Angaben derselben insbesondere im Hinblick auf die Hochzeit, konkret der Anzahl der Teilnehmer und deren Ablauf, erkennen, jedoch weichen diese in Summe im überwiegenden - restlichen - Ausmaß nicht eklatant voneinander ab. So decken einander beispielsweise die Angaben hinsichtlich der laufenden Kostenteilung, der Wohnverhältnisse, des Zeitpunktes und Ortes des Kennenlernens, der Hochzeitsfeier bei Verwandten sowie der gemeinsamen Auslandsaufenthalte. Zudem konntn die BF und deren Ehemann über die jeweiligen Familien des/der anderen überblicksmäßig Auskunft geben und gegenseitige persönlicher Erkennungsmerkmale (Tattoos, Muttermale, ...) bzw. das Fehlen solcher benennen und decken einander die Angaben hinsichtlich der Lage der gemeinsamen Wohnung und des Vorhandenseins eines Haustieres.

Einige der Widersprüchlichkeiten konnten ferner teils in der gegenständlichen Beschwerde, teils durch die Angaben der BF nachvollziehbar aufgeklärt werden. So kann aufgrund der bloßen Tatsache, dass der Ehemann der BF den Grundriss der gemeinsamen Ehewohnung nicht bzw. nur schwer skizzieren konnte, nicht unweigerlich auf eine fehlende Kenntnis der Ausgestaltung der Wohnung geschlossen werden. Vielmehr kann dies - wie in der gegenständlichen Beschwerde behauptet - tatsächlich auch auf das Fehlen der Fähigkeit, räumlich zu denken, zurückgeführt werden. Auch erscheint es plausibel, dass der Ehemann der BF Probleme beim Schreiben eines in seinem Kulturkreis unüblichen Namens - wie jenen der Tochter der BF - hat und daraus nichts in der Sache gewonnen werden kann. Zudem bestätigte die BF, dass ihr Ehemann ihre Tochter nicht kennengelernt habe und diese in der Slowakei lebe, was wiederum eine allfällige diesbezügliche Unkenntnis zu den näheren Familienverhältnissen derselben seitens des Ehemannes erklären kann. Ferner vermochte der Ehemann der BF das Vorhandensein von Tattoos bei der BF benennen und irrte sich bloß dabei, auf welchem Unterarm, rechter oder linker, dieses angebracht ist. Hinsichtlich der Hochzeitsfeierlichkeiten wurde von der BF zum Vorbringen ihres Ehemannes erklärend ergänzt, dass es nach der Zeremonie - wie von diesem behauptet - eine Feierlichkeit bei Verwandten des Ehemannes der BF gegeben habe, womit sie die Angaben ihres Ehemannes im Grunde stützte. Letztlich lassen das Bestehen von Sprachbarrieren eine Beziehung nicht per se unmöglich erscheinen.

Es mögen einige darüberhinausgehende Erklärungsversuche, wie beispielsweise zur Rettung des Ansehens des Ehemannes, zu behaupten, dieser hätte den Hochzeitsantrag gestellt oder unter Verweis auf fehlende Erinnerungen und Nervosität Angaben zu verweigern, zwar zweifelhaft erscheinen. Jedoch vermochte die BF in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck zu vermitteln und betonte diese, wie auch ihr Ehemann zuvor wiederholt, einander zu lieben. Die BF ist, wie sich aus deren Angaben in der mündlichen Verhandlung ergibt (sie wusste über den Einreiseversuch ihres Mannes, dessen Aufenthalt im Kosovo und Rückkehrgrund Bescheid), zudem nach wie vor mit ihrem Ehemann in Kontakt, obwohl dieser sich im Ausland befindet, was wiederum auf eine aufrechte Beziehung hindeutet.

Vor diesem Hintergrund, insbesondere des Umstandes, dass durch Polizeibeamte in einer Vor-Ort-Nachschau maßgebliche Anhaltspunkte für das Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes zwischen der BF und ihrem Ehemann festgestellt werden konnten und diese von einer Anklage wegen des Eingehens einer Aufenthaltsehe freigesprochen wurden, lässt die vorliegende Beweislage nicht auf ein fehlendes Familien- bzw. Eheleben und damit auf das Eingehen einer Aufenthaltsehe schließen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Die BF als Staatsangehörige der Slowakei ist sohin EWR-Bürgerin iSd.

§ 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.2. Der mit "Ausweisung" betitelte § 67 FPG lautet:

"§ 66 (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)."

Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" betitelte § 51 NAG lautet:

"§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen."

Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:

"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."

Der mit "Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft und Aufenthaltsadoption" betitelte § 30 NAG lautet:

"§ 30. (1) Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen.

(2) An Kindes statt angenommene Fremde dürfen sich bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten auch für den Erwerb und die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts."

Der mit "Eingehen und Vermittlung von Aufenthaltsehen und Aufenthaltspartnerschaften" betitelte § 117 FPG lautet:

"§ 117. (1) Ein Österreicher oder ein zur Niederlassung im Bundesgebiet berechtigter Fremder, der eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft mit einem Fremden eingeht, ohne ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK führen zu wollen und weiß oder wissen musste, dass sich der Fremde für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen will, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Ein Österreicher oder ein zur Niederlassung im Bundesgebiet berechtigter Fremder, der mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft mit einem Fremden eingeht, ohne ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK führen zu wollen und weiß oder wissen musste, dass sich der Fremde für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen will, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(3) Wer gewerbsmäßig Ehen oder eingetragene Partnerschaften vermittelt oder anbahnt, obwohl er weiß oder wissen musste, dass sich die Betroffenen für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber kein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK führen wollen, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(4) Der Fremde, der sich im Sinne dieser Bestimmung auf die Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen will, ist als Beteiligter zu bestrafen.

(5) Nach Abs. 1 ist nicht zu bestrafen, wer freiwillig, bevor eine zur Strafverfolgung berufene Behörde von seinem Verschulden erfahren hat, an der Feststellung des Sachverhaltes mitwirkt."

Nach der Judikatur des VwGH liegt eine Aufenthaltsehe im Sinne des § 30 NAG in Verbindung mit § 54 Abs. 7 NAG dann vor, wenn sich ein Fremder für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels auf eine von ihm geschlossene Ehe beruft, er in diesem Zeitpunkt jedoch kein gemeinsames Familienleben mit seinem Ehegatten im Sinne des Art. 8 EMRK führt (vgl. VwGH 19.09.2012, 2008/22/0243). Ein formelles Band der Ehe reicht nicht aus, um aufenthaltsrechtliche Wirkungen zugunsten des Drittstaatsangehörigen abzuleiten (vgl. VwGH 27.04.2017, Ro 2016/22/0014). In zeitlicher Hinsicht muss das Berufen auf ein Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem ein Familienleben nicht (mehr) geführt wird (vgl. VwGH 27.01.2011, 2008/21/0633).

Eine für den Erwerb bzw. die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes erforderliche tatsächliche und eheliche Lebensgemeinschaft ist dann anzunehmen, wenn die Ehepartner erkennbar in einer dauerhaften, durch enge Verbundenheit und gegenseiteigen Beistand geprägten Beziehung zusammenleben oder zusammenleben wollen. Vorausgesetzt ist somit eine Verbindung zwischen den Eheleuten, deren Intensität über die einer Beziehung zwischen Freunden in einer reinen Begegnungs- oder Gesinnungsgemeinschaft hinausgeht (vgl. Abermann/Czech/Kind/Peyrl, NAG-Kommentar, § 30, Rz 7).

"Nach der Judikatur des VwGH, setzt die fremdenpolizeiliche Feststellung, eine Ehe sei nur zum Schein geschlossen worden, nicht voraus, dass die Ehe für nichtig erklärt wurde (vgl. VwGH vom 23. März 2010, 2010/18/0034). Damit ist die Frage bejaht, ob durch die Verwaltungsbehörde - wie hier im Zuge der Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme - eine eigene Beurteilung des Vorliegens einer Scheinehe erfolgen darf." (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293).

"Mit der Erlassung dieser aufenthaltsbeendenden Maßnahmen wird daher noch keine Aussage darüber getroffen, ob auch der Straftatbestand des § 117 FrPolG 2005 verwirklicht wurde. Der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wegen Eingehens einer "Scheinehe" steht nicht entgegen, dass ein gegenüber dem Fremden wegen § 117 (Abs. 4) FrPolG 2005 idF des FrÄG 2009 geführtes Strafverfahren als Beteiligte eingestellt worden ist (vgl. E 22. Februar 2011, 2010/18/0446). Umso weniger setzt die fremdenpolizeiliche Feststellung, eine Ehe ist nur zum Schein geschlossen worden, voraus, dass der Scheinehepartner (vom Gericht) gemäß § 117 (Abs. 1 oder 2) FrPolG 2005 bestraft (vgl. E 23. März 2010, 2010/18/0034) oder eine Anzeige gemäß § 117 FrPolG 2005 erstattet worden ist (Hinweis E 21. Juni 2012, 2012/23/0022)" (VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0349).

"Die Nichtigerklärung einer Ehe gemäß § 23 Ehegesetz stellt keine Voraussetzung für die Feststellung des Bestehens einer Scheinehe dar und spricht das Unterbleiben einer solchen Nichtigerklärung nicht gegen die Beurteilung einer solchen Ehe." (VwGH 21.02.2013, 2012/23/0049)

Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Tatbestand der Scheinehe bzw. Aufenthaltsehe jedenfalls dann nicht verwirklicht ist, wenn nach der Eheschließung ein als Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK zu qualifizierendes "Eheleben" geführt wurde (vgl. VwGH 26.09.2007, 2007/21/0003; 22.03.2011, 2007/18/0855).

3.1.3. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen stattzugeben:

Die BF hält sich jedenfalls seit 05.07.2017 im Bundesgebiet auf, ging in der Vergangenheit Erwerbstätigkeiten in Österreich nach und ist aktuell erneut in einem aufrechten Arbeitsverhältnis erwerbstätig. Zwischenzeitig hat die BF Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung, jedoch keine Sozialhilfeleistungen bezogen.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens konnte nicht festgestellt werden, dass die BF mit ihrem Ehemann, einem kosovarischen Staatsbürger, kein gemeinsames Ehe- bzw. Familienleben führt, was letztlich auch die Feststellung, eine Aufenthaltsehe eingegangen zu sein, nicht zulässt. Auch wurde die BF von einem Gericht von diesem Verdacht freigesprochen und erweist sie sich weiterhin in strafgerichtlicher Hinsicht als unbescholten.

Der BF kommt aufgrund ihrer aktuellen Erwerbstätigkeit jedenfalls ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Österreich iSd. § 51 Abs. 1 Z 1 NAG zu, sodass mangels Feststellbarkeit des Eingehens einer Aufenthaltsehe oder eines sonstigen die öffentlichen Interessen gefährdendes Verhaltens seitens der BF, die Voraussetzungen für den Ausspruch einer Ausweisung gemäß § 66 FPG nicht vorliegen.

Demzufolge war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid zur Gänze zu beheben.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt - unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren des Ehemannes der BF zur selbiger Sache, unter Einbindung der BF, erfolgten mündlichen Verhandlung - aus der erweiterten Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine - neuerliche - mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Einreiseverbot, Voraussetzungen, Wegfall
der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2221366.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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