TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/2 W169 2161373-3

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Veröffentlicht am 02.04.2020
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Entscheidungsdatum

02.04.2020

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W169 2161373-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2019, Zl. 1074280200-190891667, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 55, 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Erstes Vorverfahren:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler, schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 19.06.2015 den ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 21.06.2015 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Sikh und Volksgruppe der Punjabi an. Im Herkunftsstaat habe der Beschwerdeführer zwölf Jahre die Grundschule besucht und drei Jahre an der Universität studiert. In Indien würden die Eltern, der Bruder und die Schwester des Beschwerdeführers leben. Zu seinem Ausreisegrund führte er an, dass er sich in Indien in ein Mädchen verliebt habe, ihre Familie jedoch wegen ihrer unterschiedlichen Religionszugehörigkeit gegen die Beziehung gewesen sei. Bei einem heimlichen Treffen seien sie erwischt worden und der Beschwerdeführer sei von ihrer Familie mit einem Messer schwer verletzt worden. Im Krankenhaus habe er erfahren, dass seine Freundin von ihrer Familie ermordet worden sei. Familienmitglieder des Mädchens seien Mitglieder einer hinduextremistischen Partei, die gegen die Sikhs sei. Er sei von ihnen mit dem Tod bedroht worden und habe sich in einer anderen Stadt versteckt, doch auch dort sei er von Mitgliedern dieser Partei verfolgt worden.

1.2. Mit Schreiben vom 17.07.2015 teilte der Magistrat der Stadt Wien mit, dass der Beschwerdeführer das freie Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" angemeldet habe.

1.3. Anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 14.07.2016 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme. Er gehöre der Volksgruppe der Bhullar und der Religionsgemeinschaft der Sikh an. Er spreche Punjabi, Hindi und ein wenig Englisch. Im Herkunftsstaat habe er zehn Jahre die Grundschule und zwei Jahre ein College besucht. Anschließend habe er in der Landwirtschaft gearbeitet. Seine gesamte Familie sei im Heimatdorf verblieben.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass er 2010 ein Mädchen kennengelernt habe und sie sich regelmäßig getroffen hätten. Er habe sie heiraten wollen, aber dies sei wegen ihrer unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten nicht möglich gewesen. Als sie 2014 gemeinsam heimlich seinen Geburtstag gefeiert hätten, seien ihre Brüder gekommen und hätten den Beschwerdeführer bedroht und ihnen verboten, sich weiterhin zu treffen. Bei einem weiteren Treffen seien ihnen die Brüder zum Treffpunkt gefolgt und es habe eine Schlägerei gegeben, bei der der Beschwerdeführer an mehreren Stellen mit dem Messer verletzt worden sei. Nach dem Streit hätten sie das Mädchen mitgenommen, er sei bewusstlos gewesen und jemand habe ihn ins Spital gebracht. Dort habe er von einer Freundin seiner Freundin erfahren, dass ihre Brüder sie umgebracht hätten und er vorsichtig sein solle, da sie ihn auch suchen würden. Der Beschwerdeführer sei daraufhin im Jänner 2015 nach Neu-Delhi gefahren, aber auch dort hätte er erfahren, dass ihn Freunde der Brüder suchen würden. Er sei umgezogen und inzwischen habe der Schlepper seine Reise organisiert. Er habe in die USA gewollt, sei aber nach Österreich gebracht worden.

Auf die Frage, ob er jemals wegen seiner Religion verfolgt oder bedroht worden sei, gab der Beschwerdeführer an, dass die Sikhs mit den Hindus Probleme hätten, vor allem mit Angehörigen einer bestimmten Partei. Er selbst sei Sympathisant der Khalistan Partei und wolle einen unabhängigen Sikh Staat. Sein Ziel sei es gewesen, in die USA zu gehen und dort die Sikhs für den Staat Khalistan zu begeistern.

Zu den Lebensumständen in Österreich führte der Beschwerdeführer an, dass er gemeinsam mit zwei weiteren Landsleuten in einer Wohnung lebe. Er verteile Werbematerial, gehe spazieren und treffe seine Landsleute.

Im Rahmen des Verfahrens legte der Beschwerdeführer seinen österreichischen Führerschein vor.

1.4. Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.05.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen kein Glauben geschenkt werde. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

1.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.07.2018, Zl. W191 2161373-1/5E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.05.2017 gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ergebe, dass dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung drohe. Auch seien keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass er Gefahr liefe, im Falle einer Abschiebung in seine Heimat der Todesstrafe, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden. Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, wonach die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet sei, könne auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, der in Indien aufgewachsen und ein junger, arbeitsfähiger Mann sei, im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geriete.

Auch würden die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht vorliegen. Da der Beschwerdeführer keine Verwandten oder sonstigen nahen Angehörigen in Österreich habe, bilde die Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens. Hinsichtlich seines Privatlebens wurde ausgeführt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise im Juni 2015 als relativ kurz zu bezeichnen sei und weiter dadurch relativiert werde, dass die Einreise illegal und der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig gewesen sei und dies dem Beschwerdeführer bewusst habe sein müssen. Weitere ausgeprägte private und persönliche Interessen habe der Beschwerdeführer im Verfahren nicht dargetan und auch keine Kenntnisse der deutschen Sprache belegt. Es sei daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nur einen geringen Grad an Integration erreicht habe. Die Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich sei zudem aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, nur in geringem Maße gegeben. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht habe, sei davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort die Familienangehörigen des Beschwerdeführers leben würden und dieser auch eine Sprache des Herkunftsstaates als Muttersprache beherrsche. Daher sei davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht hätten und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukomme, in den Hintergrund treten würden. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung sei daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheine auch nicht unverhältnismäßig.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat sei gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Auch seien keine Gründe gemäß § 55 Abs. 2 FPG im Verfahren vorgebracht worden, weswegen die Frist für die freiwillige Ausreise zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden sei.

Dieses Erkenntnis erwuchs mit 01.08.2018 in Rechtskraft.

2. Zweites Vorverfahren:

2.1. Der Beschwerdeführer stellte am 08.10.2018 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer zu seinem Ausreisegrund zu Protokoll, dass er Arbeiter, Befürworter und Werber der Akali Dal-Partei gewesen sei. Diese Partei sei für die Gründung Khalistans. Vor geraumer Zeit sei "unser" heiliges Buch, das "Guru Grant Sahib" entehrt worden. Jemand habe die Seiten des heiligen Buches zerrissen. Vor kurzem habe sich herausgestellt, dass der Früher "unserer" Partei für diese Tat beschuldigt werde. Der Vater der ehemaligen Freundin des Beschwerdeführers sei Befürworter der Kongress-Partei und der Shiv Sena-Partei. Da der Beschwerdeführer zuvor mit seiner Tochter zusammen gewesen sei und er sich deshalb bei ihm rächen wolle, besteche dieser die Polizei und Personen, denen er den Auftrag gebe, Anschläge auf "unser" Haus auszuüben. Erst gestern habe ein Freund dem Beschwerdeführer berichtet, dass ein Anschlag auf "unser" Haus ausgeübt worden sei. Am 14.10. werde eine Demonstration stattfinden. Die Gegenpartei wolle, dass "unser" Führer bestraft werde. Den Beschwerdeführer erwarte im Falle einer Rückkehr der Tod. Die politische Situation könne eskalieren. Deshalb habe er Angst um sein Leben.

2.2. Anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 09.03.2018 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er im ersten Asylverfahren bereits angegeben habe, dass er in ein Mädchen, das dem Hinduismus angehöre, verliebt gewesen sei. Er sei Sikh. Die Familie seiner Freundin sei völlig gegen diese Beziehung gewesen. Die Familie habe dann ihre Tochter getötet. Der Beschwerdeführer sei von den Brüdern des Mädchens geschlagen, attackiert und mit einem Messer auf dem rechten Unterarm und auf der Seite verletzt worden. Um sein Leben zu schützen, sei er dann nach Delhi gereist. Da die Familie politisch sehr einflussreich sei und zur Shiv Sena-Partei, einer extremistischen Hindupartei, gehöre, hätten die Brüder des Mädchens den Beschwerdeführer in Delhi ausfindig machen können. Der Beschwerdeführer sei Mitglied der Akali Dal Young. "Unser" heiliges Buch heiße Guru Grant Sahib. Es sei Blasphemie daran begangen worden. Seiten aus diesem Buch seien herausgerissen und auf Gassen verstreut worden. Dies sei in der Stadt Bargari geschehen. Sikh aus der Umgebung hätten dort eine Demonstration organisiert, in welcher sie gefordert hätten, dass die Täter festgenommen werden sollen. Die Polizei habe das Feuer eröffnet, um die Demonstration aufzulösen. Dabei seien einige Leute ums Leben gekommen und einige seien dort weiterhin sitzen geblieben. Badel Singh Parkash sei der Vorsitzende der Akali Dal-Partei im Punjab. Er sei ein Politiker und gleichzeitig auch ein sehr angesehener Mann in der Sikh-Gesellschaft. Er habe diese Demonstration angeführt. Badel Singh habe veranlasst, dass die Polizei das Feuer eröffnet habe. Anschließend habe er bei der Polizei angegeben, dass die jungen Mitglieder der Akali Dal, die auch für die Gründung Kahlistans tätig seien, Seiten aus dem heiligen Buch gerissen hätten, um für Unruhen zu sorgen. Die Polizei und die Sikh-Gesellschaft sei hinter diesen jungen Leuten her. "Sie" seien in "unserem" Haus gewesen und hätten das Haus von innen zerstört. Die Freunde des Beschwerdeführers, die mit ihm in Indien zusammen gewesen seien, hätten bereits das Land verlassen. Der Beschwerdeführer wisse nicht, wo sie seien. Einer seiner Freunde sei am Samstag in der Früh vor seiner Haustür angeschossen worden. Gestern sei er verstorben. Ein Freund habe den Beschwerdeführer aus Indien angerufen und habe ihm das alles erzählt. Dieser sei kein Mitglied der Akali Dal. Er habe angerufen und dem Beschwerdeführer Bescheid gegeben.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er in Wien einen Onkel und eine Tante habe, die seit ungefähr fünf bzw. 15 Jahren hier aufhältig seien und über unbefristete Aufenthaltstitel verfügen würden und ihn finanziell unterstützen würden, solange sein Gehalt "nicht da" sei.

Bezüglich seines Fluchtvorbringens legte der Beschwerdeführer drei notariell beglaubigte Stellungnahmen von Verwandten und Freunden aus Indien, bezüglich seiner Lebensumstände in Österreich eine E-Card, eine Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs auf dem Niveau A2 und eine Gehaltsdarstellungsliste als selbständiger Zeitungszusteller vor.

2.3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2019 wurde der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.) Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers bestehe (Spruchpunkt VII.).

Begründend wurde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. ausgeführt, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachten neuen Fluchtgründe schon zum Zeitpunkt des Verlassens seines Heimatstaates bestanden hätten, er diese gekannt habe und diese somit laut Angaben des Beschwerdeführers auch schon vor Eintritt der Rechtskraft des Bescheides im ersten Asylverfahren bestanden hätten, weshalb kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt vorliegen würde. Ein neuer Sachverhalt, welcher im gegenständlichen Fall eine anderslautende Entscheidung in der Sache rechtfertigen würde, läge somit nicht vor. Da weder in der maßgeblichen Sachlage - und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen sei, noch in jenen, welcher von Amtswegen aufzugreifen sei - noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, sei der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von relevanten familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der zurückweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Erlassung des Einreiseverbotes stütze sich insbesondere auf das Fehlverhalten des Beschwerdeführers, der seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, und seine Mittellosigkeit, wodurch der Beschwerdeführer die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährde.

2.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

2.5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.05.2019, Zl. W191 2161373-2/4E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2019 gemäß § 68 Abs. 1 AVG, §§ 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 53 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass seit rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens keine maßgeblichen Änderungen des Sachverhaltes eingetreten seien. Es sei auch weiterhin nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, im Falle einer Abschiebung in seine Heimat der Todesstrafe, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden. Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, wonach die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet sei, könne auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geriete.

Auch würden die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer habe zwar Verwandte in Österreich - einen Onkel und eine Tante - jedoch bestehe kein Abhängigkeitsverhältnis zu diesen, sodass die Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens darstelle. Hinsichtlich seines Privatlebens wurde ausgeführt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise im Juni 2015 als relativ kurz zu bezeichnen sei und weiter dadurch relativiert werde, dass die Einreise illegal und der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig - bzw. einige Zeit auch unrechtmäßig - gewesen sei und dies dem Beschwerdeführer bewusst habe sein müssen. Weitere ausgeprägte private und persönliche Interessen habe der Beschwerdeführer im Verfahren nicht dargetan und auch keine Kenntnisse der deutschen Sprache belegt. Es sei daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nur einen geringen Grad an Integration erreicht habe. Die Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich sei zudem aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, nur in geringem Maße gegeben. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht habe, sei davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort die Familienangehörigen des Beschwerdeführers leben würden und dieser auch eine Sprache des Herkunftsstaates als Muttersprache sowie weitere dort geläufige Sprachen beherrsche. Auch wenn sich der Beschwerdeführer um seine berufliche Integration in Österreich bemüht zeige, komme seinen persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet in einer Gesamtbetrachtung somit kein allzu großes Gewicht zu. Daher sei davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht hätten und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukomme, in den Hintergrund treten würden. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung sei daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheine auch nicht unverhältnismäßig.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat sei gegeben, da nach den die Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

Die Erlassung des Einreiseverbotes sei gerechtfertigt, da im Hinblick auf das Negieren der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen nach der rechtskräftigen Abweisung des (ersten) Antrags auf internationalen Schutz bzw. der damit verbundenen Rückkehrentscheidung, sowie die Stellung eines neuerlichen (zweiten), offenbar unbegründeten Antrags vom Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehe.

Dieses Erkenntnis erwuchs mit 06.05.2019 in Rechtskraft.

3. Gegenständliches Verfahren:

3.1. Am 02.09.2019 stellte der Beschwerdeführer persönlich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 2 AsylG.

Dabei gab der Beschwerdeführer an, über eine gesetzliche Krankenversicherung zu verfügen, selbständig bei der Firma " XXXX " tätig zu sein und EUR 1.200,- zu verdienen. Zu seiner Integration führte der Beschwerdeführer an, seit 20.07.2015 durchgängig im Bundesgebiet aufhältig zu sein und ebenso seit 2015 laufend beschäftigt gewesen zu sein.

Dem Antrag angeschlossen waren folgende Unterlagen: Eine Inskriptionsvereinbarung für eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 am 29.08.2019, ein Empfehlungsschreiben vom August 2019, ein weiteres undatiertes Empfehlungsschreiben, eine Kopie des österreichischen Führerscheins des Beschwerdeführers, der E-Card und der (ungültigen) Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG, ein Einkommensauszug bei der " XXXX " vom April 2019 in Höhe von EUR 1.003,29, eine Meldebestätigung der Marktgemeinde Leopoldsdorf vom August 2017, ein InfoPass des KSV1870 vom August 2019, Ein Mietvertrag vom Juli 2017 bis August 2020 über eine Wohnung im 20. Wiener Gemeindebezirk und ein (offenkundig fälschlich beigelegter) Arbeitsvertrag eines Herrn " XXXX " bei der Firma Trenkwalder.

3.2. Am selben Tag erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer einen Verbesserungsauftrag, binnen vier Wochen den gegenständlichen Antrag ausführlich und schriftlich in deutscher Sprache zu begründen und ein gültiges Reisedokument oder eine Geburtsurkunde oder sonst dieser gleichzuhaltendes Dokument vorzulegen.

3.3. Mit Schreiben vom 22.10.2019 verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach beabsichtigt sei, den gegenständlichen Antrag mangels Sachverhaltsänderung seit der letzten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zurückzuweisen. Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist von zwei Wochen für eine schriftliche Stellungnahme gewährt.

3.4. Am 12.11.2019 langte eine diesbezügliche Stellungnahme des bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein. Darin wurde ausgeführt, dass das Leben des Beschwerdeführers in Indien in Gefahr sei und er seit fast fünf Jahren in Österreich lebe. Der Beschwerdeführer arbeite selbständig und führe eine kleine Transportfirma, wodurch er monatlich etwa EUR 1.000,- verdiene. Er bezahle eine Wohnungsmiete von monatlich EUR 250,-.

3.5. Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 17.12.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurück.

Nach Wiederholung des Verfahrensganges wurde der Bescheid im Wesentlichen damit begründet, dass keine maßgebliche Sachverhaltsänderung zwischen der aktuellen Bescheiderlassung und der zuletzt über den Beschwerdeführer erlassenen Rückkehrentscheidung nach dem rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens eingetreten sei, zumal der Zeitraum ein sehr kurzer gewesen sei und sich somit der Inlandsaufenthalt des Beschwerdeführers nicht wesentlich verändert habe. Der Beschwerdeführer habe nicht nachweisen können, wodurch eine Sachverhaltsänderung eingetreten sei, zumal er nicht belegt habe, dass er die Deutschprüfung auf dem Niveau A1 tatsächlich absolviert habe. Die beiden vorgelegten Empfehlungsschreiben würden lediglich zeigen, dass der Beschwerdeführer nicht in totaler Isolation lebe. Der Beschwerdeführer habe somit keine Integrationsschritte im Sinne des Art. 8 EMRK gesetzt, die einen geänderten Sachverhalt seit der rechtskräftig negativen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (mit Rückkehrentscheidung) vom 02.05.2019 feststellen hätten lassen.

3.6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass zwischen dem Abschluss des Asylverfahrens und der gegenständlichen Antragstellung bzw. der Ausstellung des hier angefochtenen Bescheides "fast ein Jahr" vergangen sei und keineswegs ein nur sehr kurzer Zeitraum dazwischenliege. Es liege zudem eine nicht zu vernachlässigende Änderung des Sachverhaltes vor. Die vorgelegten Unterlagen, die eine intensive soziale, sprachliche und familiäre Integration des Beschwerdeführers seit Abschluss des Asylverfahrens belegen würden, seien von der belangten Behörde nicht angemessen beurteilt worden. Die belangte Behörde habe nicht nachvollziehbar begründet, inwiefern die vorgebrachten Veränderungen der Integration des Beschwerdeführers nicht maßgeblich seien. Der Beschwerdeführer beherrsche die deutsche Sprache auf mehr als ausreichendem Niveau, um eine berufliche Tätigkeit ausüben zu können, habe vielfältige soziale Kontakte und konkrete Zukunftspläne. Er habe sich in jeglicher Weise an das Leben in Österreich angepasst und würde im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland wieder vor dem Nichts stehen. Der Beschwerdeführer sei zudem selbsterhaltungsfähig. Es wäre dem Beschwerdeführer besonders anzurechnen gewesen, dass er versuche, sich in Österreich zu integrieren, obwohl sein Aufenthaltsstatus unsicher sei. Die belangte Behörde habe die entsprechenden Gesetzesbestimmungen willkürlich angewendet.

Beantragt wurde unter anderem die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Punjab und gehört der Religionsgemeinschaft der Sikh an. Seine Identität steht nicht fest. Er beherrscht die Sprachen Punjabi, Hindi und Englisch. Im Herkunftsstaat besuchte er zehn Jahre die Grundschule und zwei Jahre das College und arbeitete in der Landwirtschaft. Der Beschwerdeführer lebte im gemeinsamen Haushalt mit seiner Familie, bestehend aus seinen Eltern, seinem Bruder und seiner Schwester. Der Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und gesund.

Der Beschwerdeführer verfügte noch nie über ein Aufenthaltsrecht für Österreich, welches sich nicht auf das Asylgesetz stützte. Gegen ihn besteht aufgrund des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.05.2019, Zl. W191 2161373-2/4E, eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung und ein zweijähriges Einreiseverbot. Er hielt sich vom Juni 2015 bis Juli 2018 (erstes Asylverfahren) sowie vom Oktober 2018 bis Mai 2019 (zweites Asylverfahren) als Asylwerber in Österreich auf. Dazwischen und seither hielt und hält sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf. Seiner Ausreiseverpflichtung kam er bisher nicht nach. Am 02.09.2019 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 2 AsylG.

Der Beschwerdeführer hat einen Onkel und eine Tante in Österreich, die ihn finanziell unterstützen. Ein Abhängigkeitsverhältnis wurde nicht belegt, zumal der Beschwerdeführer selbständig als Zeitungszusteller erwerbstätig ist und über eine Wohngelegenheit verfügt. Er nimmt keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch. Deutschkenntnisse hat der Beschwerdeführer zwar behauptet, aber nicht belegt. Der Beschwerdeführer verfügt über geringe soziale Kontakte in Österreich. Die gesamte Familie des Beschwerdeführers befindet sich im Heimatland. Der Beschwerdeführer ist gesund und im erwerbsfähigen Alter. Er ist strafgerichtlich unbescholten.

Es kann kein geänderter Sachverhalt in Bezug auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers seit der rechtskräftig negativen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.05.2019, Zl. W191 2161373-2/4E, festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Seine Staatsangehörigkeit und seine Herkunft erscheinen auf Grund seiner Sprach- und Ortskenntnisse glaubhaft.

Die Feststellungen zu den beiden Asylverfahren des Beschwerdeführers, zum aufenthaltsrechtlichen Status des Beschwerdeführers, zu der über ihn verhängten Rückkehrentscheidung und dem verhängten Einreiseverbot, sowie zum gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ergeben sich aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die Feststellungen über die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Verwandten im Herkunftsstaat, sowie die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen Onkel und eine Tante hat, zu denen kein Abhängigkeitsverhältnis besteht, dass er keine Deutschkenntnisse belegt hat, einem Erwerb als Zeitungszusteller nachgeht, über eine Wohngelegenheit verfügt, ledig, kinderlos und gesund ist, beruhen auf den Feststellungen des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.07.2018, Zl. W191 2161373-1/5E, rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahrens des Beschwerdeführers, auf den Feststellungen des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.05.2019, Zl. W191 2161373-2/5E, rechtskräftig abgeschlossenen zweiten Asylverfahrens des Beschwerdeführers, sowie den im gegenständlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen und den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem und ins österreichische Strafregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zum Spruchteil A)

3.1. Zur Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid:

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:

Die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8), die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs 4 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 IntG vorlegt (Z 1), einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung-Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifel über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

§ 11 IntG lautet:

"Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1

§ 11. (1) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 wird bundesweit nach einem einheitlichen Maßstab durchgeführt.

(2) Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

(3) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 ist vom Österreichischen Integrationsfonds oder von einer vom Österreichischen Integrationsfonds zur Abwicklung der Prüfungen im Rahmen der Integrationsvereinbarung zertifizierten und somit zur Ausfolgung eines gleichwertigen Nachweises gemäß Abs. 4 berechtigten Einrichtung durchzuführen.

(4) Über die Gleichwertigkeit eines Nachweises gemäß § 9 Abs. 4 Z 2 entscheidet der Österreichische Integrationsfonds mit Bescheid auf schriftlichen Antrag einer Einrichtung, die beabsichtigt die Integrationsprüfung durchzuführen, nach Maßgabe der Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres gemäß Abs. 5.

(5) Der Prüfungsinhalt, die Modalitäten der Durchführung, die Prüfungsordnung zur Erfüllung des Moduls 1 sowie die Kriterien für die Prüfung der Gleichwertigkeit werden durch Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres festgelegt.

(6) Der Österreichische Integrationsfonds kann die Zertifizierung während der Gültigkeit mit Bescheid entziehen, wenn die Integrationsprüfung nicht der Verordnung gemäß Abs. 5 entspricht. Nach einem Entzug der Zertifizierung ist eine neuerliche Antragstellung zur Zertifizierung frühestens nach Ablauf von sechs Monaten zulässig."

Gemäß § 58 Abs. 5 AsylG 2005 sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen. Im Antrag ist gemäß § 58 Abs. 6 AsylG 2005 der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt gemäß § 58 Abs. 8 AsylG 2005 darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Anträge gemäß § 55 AsylG 2005 sind gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57 AsylG 2005, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 begründen gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

§ 58 Abs. 10 AsylG 2005 entspricht § 44b Abs. 1 NAG aF, zu dem der Verwaltungsgerichtshof ausführte, dass die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen ist, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Bei dieser Prognose sind die nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände jedenfalls soweit einzubeziehen, als zu beurteilen ist, ob es angesichts dieser Umstände nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf früher maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt nunmehr geboten sein könnte. Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK muss sich zumindest als möglich darstellen (vgl. VwGH 10.4.2014, 2011/22/0286; 10.4.2014, 2013/22/0198; 11.11.2013, 2013/22/0252; zuletzt VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0102, Rn. 10; 19.09.2019, Ra 2019/21/0173).

Es stellt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als verfassungswidrig dar, wenn die Zulässigkeit eines Antrages nur an das Vorliegen eines für die Beurteilung nach Art. 8 EMRK maßgeblich geänderten Sachverhalts geknüpft wird und nicht jede Änderung im Tatsächlichen bereits die Zulässigkeit einer Antragstellung herbeiführt. Auch einer Antragszurückweisung hat nämlich eine Beurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK voranzugehen. Dies ist zwar nur im Rahmen der Prognose, ob die seit Erlassung der rechtskräftigen Ausweisung eingetretenen Sachverhaltsänderungen eine andere Beurteilung nicht als ausgeschlossen erscheinen lassen, vorzunehmen. Bei dieser Prognose sind aber die nach Art. 8 MRK relevanten Umstände jedenfalls soweit einzubeziehen, als im Rahmen der Prognose zu beurteilen ist, ob diese Umstände dergestalt sind, sodass nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf früher maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK nunmehr geboten sein könnte. Mit anderen Worten:

Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK muss sich zumindest als möglich darstellen. Auch eine solche Beurteilung ist letztlich nur unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt möglich (vgl. VwGH 20.08.2013, 2012/22/0119).

Im Rahmen der Zurückweisung nach § 58 Abs 10 AsylG 2005, die einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildet ist (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0102), kann immer nur der letzte materiell rechtliche Abspruch Vergleichsmaßstab sein; nur darauf bezogen kommt eine Identität der Sach- und Rechtslage, die zu einer Zurückweisung nach § 58 Abs 10 AsylG 2005 führen könnte, in Betracht (vgl. VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0173).

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva ua., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung für die öffentlichen Interessen.

Nach ständiger Rechtssprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354; 27.3.2007, 2005/21/0378), und stellt im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/10/0479, fest, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte" (zum fünfjährigen Aufenthalt vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2016/19/0031). Im Erkenntnis vom 15.03.2016, 2016/19/0031 führte der VwGH aus, dass auch einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zukomme.

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon zehn Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren keine Sachverhaltsänderung vorgebracht, die geeignet wäre, eine anderslautende Beurteilung betreffend sein Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK herbeiführen zu können.

Der Beschwerdeführer reiste im Juni 2015 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der im Juli 2018 rechtskräftig abgewiesen wurde. Entgegen der gleichzeitig erlassenen Rückkehrentscheidung verblieb der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet und stellte im Oktober 2018 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, der im Mai 2019 rechtskräftig zurückgewiesen wurde, wobei neuerlich eine Rückkehrentscheidung erlassen und zudem ein zweijähriges Einreiseverbot über den Beschwerdeführer verhängt wurde. Zwischen dem Abschluss des zweiten Asylverfahrens und der Nichterteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vergingen lediglich sieben Monate (anders als in VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; vgl. auch VwGH 28.01.2016, Ra 2015/21/0191; und 19.09.2019, Ra 2019/21/0173), in denen sich der Beschwerdeführer rechtswidrig entgegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung mitsamt Einreiseverbot und entgegen der Verpflichtung zur Ausreise in Österreich aufhielt. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens des Beschwerdeführers ist dadurch als deutlich gemindert anzusehen (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0180), zumal der Aufenthalt des Beschwerdeführers auch nicht geduldet war.

Der Beschwerdeführer hat zwar einen Onkel und eine Tante in Österreich, zu denen jedoch kein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Zumal dies bereits im vorangegangenen Asylverfahren berücksichtigt wurde, konnte kein geänderter Sachverhalt in Hinblick auf das Familienleben des Beschwerdeführers festgestellt werden.

Auch im Hinblick auf das Privatleben des Beschwerdeführers liegt kein maßgeblich geänderter Sachverhalt vor. Zwar legte der Beschwerdeführer dem gegenständlichen Antrag eine Anmeldung zu einer Deutschprüfung auf dem Niveau A1 vom August 2019 bei, übermittelte in Folge aber kein Prüfungszertifikat, weshalb davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer entweder nicht an der Prüfung teilnahm oder sie nicht bestand. Auch die beiden vorgelegten Empfehlungsschreiben - eines davon undatiert - belegen lediglich, dass der Beschwerdeführer über gewisse, nicht als intensiv zu beurteilende soziale Kontakte verfügt. Ebenso bereits im Vorverfahren berücksichtigt wurden die unveränderte Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers, sowie die Tatsache, dass er keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt. Im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.05.2019 wurde auch bereits auf die noch bestehenden Beziehungen des Beschwerdeführers zu seinen Verwandten im Herkunftsstaat hingewiesen und hat der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren auch nichts Gegenteiliges vorgebracht.

Da insbesondere zwischen der Rückkehrentscheidung und der verfahrensgegenständlichen Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nur sieben Monate vergangen sind, konnte die belangte Behörde auch zu Recht davon ausgehen, dass sich kein maßgeblich geänderter Sachverhalt ergeben hat. Auch der Verwaltungsgerichtshof stellt auf das Vorliegen mehrerer zusätzlicher und neuer Aspekte in Verbindung mit dem Verstreichen eines regelmäßig längeren Zeitraums als sieben Monaten ab (vgl. das Erk. vom 19.4.2016, Ra 2015/22/0052).

Soweit der Beschwerdeführer mit seinen Unterstützungsschreiben seine sozialen Kontakte in Österreich hervorstreichen wollte, ist zudem auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht, sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (VwGH vom 6. 11. 2009, 2008/18/0720; 25. 2. 2010, 2010/18/0029).

Der Beschwerdeführer machte somit im gegenständlichen Verfahren keine neuen Umstände geltend, die geeignet gewesen wären, eine andere Beurteilung der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers iSd Art. 8 EMRK darzutun, weshalb das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht davon ausgegangen ist, dass sich der Sachverhalt im konkreten Fall im Hinblick auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers seit der letzten Rückkehrentscheidung nicht derart wesentlich geändert hat, dass eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt geboten sein könnte. Es hat somit den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

3.2. Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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