TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/16 G313 2178145-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.04.2020
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Entscheidungsdatum

16.04.2020

Norm

AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G313 2178143-1/20E

G313 2178145-1/17E

G313 2178142-1/15E

G313 2178140-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, (BF1), der XXXX geb. XXXX (BF2), der XXXX, geb. XXXX, (BF3) und der XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.09.2017, Zl. XXXX (BF1), XXXX (BF2), XXXX (BF3), XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.10.2019 zu Recht erkannt:

A) Den Beschwerden gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen

Bescheides wird stattgegeben und eine Rückkehrentscheidung gem. § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt.

Den BF2, BF3 und BF4 wird gem. §§ 55 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" und dem BF1 gem. §§ 55 Abs. 1 AsylG der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) 29.09.2017 wurden die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), ihr Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.), den BF gemäß § 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel nicht erteilt und gegen die BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt IV.), und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt V.).

2. Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen, den BF den Status der Asylberechtigten, in eventu den Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, allenfalls den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen, in eventu die Bescheide zu beheben und den BF einen "Aufenthaltstitel besonderer Schutz" oder einen "Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" zu erteilen.

3. Am 29.11.2017 langte mit "Beschwerdevorlage" vom 21.11.2017 beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

4. Mit Schreiben des Rechtsvertreters des BF vom 11.12.2018 wurden unter anderem Fotos, die den BF bei seiner beruflichen Tätigkeit für eine ausländische Botschaft im Irak zeigen sollen, übermittelt, und wurde unter anderem zum Beweis dafür, dass der BF tatsächlich für die besagte Botschaft im Irak arbeitete und dabei nicht bloß gelegentlich untergeordnete Arbeiten verrichtete, die zeugenschaftliche Einvernahme des (...) beantragt.

5. Am 18.10.2019 wurde vor dem BVwG, Außenstelle Graz, mit den BF, ihrem Rechtsvertreter und der mit Stellungnahme vom 11.12.2018 zur Zeugeneinvernahme geladenen Person (im Folgenden: Z) im Beisein einer Arabisch-Dolmetscherin eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Ein Vertreter der belangten Behörde ist zur Verhandlung nicht erschienen.

Der BF1 schilderte ein fluchtauslösendes Ereignis in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei einer ausländischen Botschaft in Bagdad und brachte dabei zusammengefasst vor, er sei einmal im Oktober 2015 auf dem Weg zur Arbeit von schiitischen Milizangehörigen entführt, bedroht und aufgefordert worden, mit ihnen zusammenarbeiten und Transportfahrzeuge mit bestimmten Dingen in die Botschaft einfahren zu lassen. (VH-Niederschrift, S. 19, 20).

6. Seitens des BVwG wurde daraufhin zwecks Erlangung von Informationen von der ausländischen Botschaft in Bagdad mit Schreiben vom 31.10.2019 ein Rechtshilfeersuchen gestellt.

7. Das Antwortschreiben mit Fragen und Antworten vom 14.01.2020 langte am 28.01.2020 beim BVwG ein und lautet wie folgt ("BF1" statt BF oder Name des BF1, "Z" statt Name des in der mündlichen Verhandlung einvernommen Zeugen und "X" statt Name der Firma, in der der BF1 laut Beschwerdevorbringen für die ausländische Botschaft gearbeitet habe):

Wurden die vom BF1 in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG genannte Firma X für die (...) Botschaft im Irak in Bauvorhaben herangezogen?

"Soweit hier in Erfahrung gebracht werden konnte stand der damalige Vertragsarchitekt der Botschaft (...) in Verbindung mit der Firma

X."

Ist der BF1 der (...) Botschaft als ehemaliger Logistikfachmann bekannt?

"Hierzu konnte keiner der aktuell hier beschäftigten Botschaftsmitarbeiter eine Aussage machen."

Wurden die aus dem Irak stammenden Mitarbeiter der (...) Botschaft gegen Arbeiter aus Indien ausgetauscht, weil angeblich "Entführungen" der irakischen Beschäftigten stattgefunden hätten?

"Nein."

War es in der (...) Botschaft USUS, verschiedene Zutrittsberechtigungskarten an einfache Mitarbeiter als "Besucher" auszugeben, und führende Mitarbeiter als "Driver" oder, wie den BF1, mit "Logistician" PM-Team, zu bezeichnen?

"Es wurden damals wie heute Hausausweise /Zutrittsberechtigungskarten ausgestellt; teilweise mit oder ohne Lichtbild, mit oder ohne Funktionsbezeichnung (das hängt von der Dauer der Tätigkeit ab). Genaueres darüber, wie das Ganze damals gehandhabt wurde, kann hier keiner mehr sagen."

Sind die Personen auf den beiliegenden Fotos der (...) Botschaft bekannt, insbesondere der BF1 und sein angeblicher Arbeitskollege, Z, auf dem Foto (Abbildung 6) und

handelt es sich auf dem Foto, Abbildung 1, um den Garagenvorplatz der (...) Botschaft und auf dem Foto, Abbildung 6, um das Gelände der (...) Botschaft (Parkplatz, Dienstauto)?

"Der BF1 wurde von einem langjährigen Mitarbeiter der Botschaft auf den Fotos wiedererkannt; die zweite Person konnte nicht identifiziert werden.

Die Botschaft hat in den letzten Jahren zahlreiche bauliche Veränderungen vorgenommen. Bei Abbildung 1 könnte es sich um eine Aufnahme auf dem Besucherparkplatz / (...) handeln."

Stimmt es, dass der BF1, der angab, die (...) Botschaft und auch am Haus des Botschafters gearbeitet zu haben, den Namen des Botschafters jedoch nicht zu kennen und mit ihm nie in Kontakt getreten zu sein, mit dem Botschafter tatsächlich nie in Kontakt getreten ist?

"Das kann nicht mehr nachvollzogen werden. In der Regel haben Bauarbeiter auf dem Gelände der (...) Botschaft keinen Kontakt zum (...) Botschafter und lernen diesen auch nicht persönlich kennen."

Hat es seitens der Firma X Warnungen an die (...) Botschaft gegeben, dass durch Erpressung von Mitarbeitern der genannten Firma Anschläge auf die (...) Botschaft geplant waren?

"Nein. An konkrete Hinweise kann sich hier niemand erinnern. Unser damaliger Sicherheitsberater konnte jedoch die anliegende Email zur Verfügung stellen (bei den dort aufgeführten Adressaten handelt es sich um Mitarbeiter des BBR (Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung), das die Bauarbeiten geplant und begleitet hat."

Die der RHE-Beantwortung beigefügte E-Mail vom 30.11.2015 war von einem Verantwortlichen der Firma X an Mitarbeiter des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung gerichtet und hat einleitende präventive Schutzmaßnahmen für die Mitarbeiter betroffen - die Aufforderung zur Heimarbeit und die Information, dass für die darauffolgende Woche vorgesehen ist, dass zwei namentlich genannte irakische "Senior-Mitarbeiter", wobei es sich bei einem von ihnen um den unmittelbaren Vorgesetzten des BF1 handelte, mit den Sicherheitsberatern die neue Sachlage erörtern.

8. Daraufhin wurde seitens des BVwG beim BFA der Akt von Z angefordert.

Dieser langte am 06.11.2019 beim BVwG ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF sind irakische Staatsangehörige, stammen aus Bagdad und gehören der arabischen Volksgruppe und der muslimisch-sunnitischen Glaubensrichtung an. Die BF1 und BF2 sind Ehegatten und die BF3 und BF4 ihre minderjährigen, nunmehr rund drei und sieben Jahre alten Töchter, wobei die jüngere Tochter erst in Österreich geboren wurde.

1.2. Die BF1 und BF3 sind gesund.

Die BF2 steht seit 2015 in regelmäßiger ärztlicher Behandlung - wegen eines höhergradigen Brust-Krebs-Risiko-Markers und einer gutartigen Neubildung in der Brustdrüse.

Bei der BF2 bestehe zudem eine Beta- Thalassämie (heterozygote Form), wobei regelmäßige Blutabnahmen mit Eisengehalt indiziert seien. Die BF2 berichtete in der mündlichen Verhandlung davon, dass sie einmal monatlich Eiseninfusionen erhält.

1.3. Die BF haben in Bagdad Verwandte zurückgelassen, darunter Geschwister der BF1 und BF2, die Mutter der BF2 und den Vater des BF1. Die BF halten den Kontakt zu ihren im Irak verbliebenen Verwandten über Internet aufrecht.

1.4. Der BF1 war eine bestimmte Zeit lang über eine ausländische Firma bei einer ausländischen Botschaft in Bagdad beschäftigt und führte während seines Beschäftigungszeitraums Bau- und Sanierungsarbeiten am Botschaftsgebäude und Botschaftsgelände durch.

Der BF1 erhielt von der Botschaft eine Zutrittsberechtigungskarte ausgestellt, um sich bei Verrichtung seiner Arbeiten frei in der Botschaft bzw. am Botschaftsgelände bewegen zu können.

1.5. Das Fluchtvorbringen des BF1 in Zusammenhang mit einer Tätigkeit bei einer ausländischen Botschaft in Bagdad, einmal im Oktober 2015 auf dem Weg zur Arbeit von schiitischen Milizangehörigen entführt, bedroht und aufgefordert worden zu sein, mit ihnen zusammenzuarbeiten und Transportfahrzeuge mit bestimmten Dingen in die ausländische Botschaft in Bagdad einfahren zu lassen (VH-Niederschrift, S. 19, 20), war nicht glaubhaft.

1.6. Zur Lage im Irak 1.6.1. Schiitische Milizen

Als die Gruppe Islamischer Staat (IS) im Juni 2014 die Stadt Mossul einnahm, rief Ayatollah Ali al-Sistani, der einflussreiste schiitische Kleriker im Land, dazu auf, den Staat bei der Bekämpfung des IS zu unterstützen. Zehntausende Männer folgten dem Aufruf des Klerikers und sammelten sich unter dem losen Dachverband der Volksverteidigungskräfte (Popular Mobilization Forces, PMF). Circa 50 Milizen mit insgesamt 45.000 bis 142.000 Kämpfern sind unter diesem Dachverband gruppiert. Von manchen Quellen wird die arabische Bezeichnung der PMF, Al-Hasch Asch-Schaabi (Al-Hashd Al-Sha¿abi), verwendet. Weitere gängige Bezeichnungen sind Popular Mobilization Units (PMU) oder einfach nur "Hashd".

Im November 2016 wurde mit Unterstützung des schiitischen Blocks im Parlament ein Gesetz verabschiedet, das die Legalisierung der PMF und deren Einrichtung als separate militärische Einheit vorsieht, die dem Premierminister untersteht. Die PMF-Milizen erhalten ihren Sold aus der Staatskasse. Seit Ende 2017, als die irakische Regierung offiziell den Sieg über den IS verkündete, haben die PMF neben ihren kämpferischen Funktionen ihren Wirkungsbereich ausgeweitet. So verfügen sie über einen eigenen Parteienblock im Parlament und haben insbesondere in den vom IS zurückgewonnenen Gebieten im Zuge des Wiederaufbaus Wirtschaftssektoren übernommen, die sich der staatlichen Kontrolle entziehen. Nachdem der Parteienblock der PMF, genannte Fatah, bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 die zweitstärkste Kraft wurde, erließ das Parlament im November 2018 ein Gesetz, das den PMF-Kämpfern den gleichen Lohn und manche der Vorzüge von Soldaten der irakischen Armee garantiert.

Im Jänner 2019 wurde den PMF laut lokalen Medienberichten die Kontrolle über eine der größten in Staatsbesitz befindlichen Baufirmen übertragen. Die PMF-Kämpfer könnten folglich in Zukunft dafür eingesetzt werden, Straßen zu bauen und Häuser wieder in Stand zu setzen. Anfang Juli erließ Premierminister Abd Al-Mahdi ein Dekret, in dem er alle PMF-Milizen dazu aufforderte, sich bis zum 31. Juli den regulären Sicherheitskräften anzugliedern oder nur mehr als politische Bewegung zu fungieren. Die Milizenführer der Badr-Organisation, der Asa¿ib Ahl al Haq sowie Milizenführer Muqtada Al-Sadr gaben ihre Zustimmung bekannt. Laut Renad Mansour von der britischen Denkfabrik Chatham House ist das Ziel der PMF-Führung, Teil des Staates zu werden, um so Kontrolle über diesen zu erlangen. Die vom Premierminister gesetzte Frist endete, ohne dass Schritte zur Umsetzung eingeleitet wurden und die PMF-Führung verlangte eine zweimonatige Fristverlängerung.

Einem Länderbericht zu den "schiitischen Milizen" von ACCORD vom 11.12.2019 zufolge konkurrieren schiitische Milizen mit offiziellen Sicherheitskräften, haben Mitglieder beziehungsweise Verbündete in wichtigen politischen Ämtern und sind teilweise für Übergriffe auf Stadtbewohner verantwortlich. Laut dem EASO-Bericht zur Sicherheitslage im Irak von März 2019 befinden sich die Stadt Bagdad und ihre Vororte generell unter staatlicher Kontrolle, in der Praxis teilen sich jedoch die Behörden die Bereiche Verteidigung und Strafverfolgung mit den meist schiitischen PMF, was zu unvollständiger oder sich mit den Milizen überschneidender Kontrolle führt.

Die gezielte Gewalt der PMU richtet sich in erster Linie gegen Personen, die im Verdacht stehen, mit dem ISIS verbunden zu sein, oder gegen deren Familienangehörige. Am häufigsten handelt es sich dabei um junge sunnitische arabische Männer, aber im Allgemeinen leiden auch andere sunnitische Araber und sunnitische Turkmenen unter einer Form von kollektiven Misshandlungen, Diskriminierungen usw. Die PMU reagiert oft durch Vergeltungsschläge für ISIS-Vorfälle. Einer Quelle zufolge sind die PMU in der Lage, die Gewalt gegen wen auch immer zu richten. Sie verfügen über sehr gute geheimdienstliche Ressourcen, die sich über den größten Teil der irakischen Gesellschaft erstrecken.

1.6.2. Behandlung nach Rückkehr

Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort.

1.6.3. Medizinische Versorgung in Bagdad (Krebs)

Vom Premierminister Al-Abadi wurde in Bagdad ein nationales Krebsbehandlungszentrum mit 400 Betten eröffnet.

In einem wissenschaftlichen Beitrag von Mac Skelton vom Institute of Regional and International Studies der American University of Iraq und zwei weiteren Forschern, der im April 2017 im Journal of Global Oncology veröffentlicht wurde, wird erwähnt, dass die größte Einrichtung im Irak, die Krebsbehandlungen anbiete, das nationale Krebszentrum Al-Amal in Bagdad sei. Bagdad sei in der Vergangenheit das Zentrum des nationalen Gesundheitssystems gewesen und sei dies auch weiterhin, weshalb unter anderem Krebszentren dort angesiedelt worden seien.

Auf Youtoube findet sich ein Video des irakischen Fernsehsenders Al Sumaria, das im Mai 2017 veröffentlicht wurde. Bei dem Video handelt es sich um eine Aufzeichnung einer Fernsehsendung, die sich an junge Iraker richtet und in der verschiedene Themen diskutiert werden, darunter die Lage von Personen mit einer Krebserkrankung im Irak.

In dieser Sendung ist Sara Walid, Spezialistin für Strahlentherapie und Krebserkrankungen am Krankenhaus Al-Amal in Bagdad zu Gast im Studio. Laut Walid seien in den vergangenen Jahren im Irak mehrere Zentren eröffnet worden, in denen Strahlentherapie durchgeführt werde. In Bagdad gebe es diese Therapie im Krankenhaus al-Amal und in der Medical City (madinat at-tibb).

Ein eingespielter Beitrag zum Krankenhaus Al-Amal erwähnt, dass es dort das einzige Gerät zur Diagnostizierung von Krebs gebe, das vom Gesundheitsministerium zur Verfügung gestellt werde.

1.7. Bezüglich der Integration der BF in Österreich wird zusammengefasst festgehalten, dass sich alle BF altersentsprechend, so gut wie es ihnen während ihrer bisherigen Aufenthaltsdauer nur möglich war, in Österreich integriert haben. Sie haben zahlreiche Freundschaften - auch zu Österreicher - geschlossen, sich sehr gute Deutschkenntnisse angeeignet - dabei der BF1 durch nachweislichen Erwerb des ÖSD Zertifikates A2 und die BF3 in der Schule, wie ihre Lehrerin in einem vorgelegten Unterstützungsschreiben bekanntgab, die BF1 und BF2 jahrelang auch ehrenamtlicher Tätigkeit nachgegangen sind und sich weiter arbeitsmäßig integrieren möchten, und die BF1 und BF2 eien westlich orientierte Einstellung und Lebensführung haben, die BF2 etwa in Österreich kein Kopftuch trägt, unterliege sie in Österreich doch diesbezüglich keinem gesellschaftlichen, kulturellen Zwang mehr, und sie auch ihren Töchtern ein eigen- bzw. freibestimmtes Leben in Österreich ermöglichen wollen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und der vorliegenden Gerichtsakten des BVwG.

Die Feststellungen zum Asylverfahren des Freundes des BF, Z., beruhen auf dem vom BFA übermittelten Verwaltungsakt dieses Freundes.

2.2. Zu den unter Punkt II. getroffenen Feststellungen zur Person der BF und ihren individuellen Verhältnissen:

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit der BF getroffen wurden, beruhen diese auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt. Dass die BF aus Bagdad stammen, wurde im Verfahren einheitlich angegeben.

2.2.2. Dass die BF noch Verwandte im Irak haben, ergab sich aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung, in welcher der BF1 angab, er habe dort einen Bruder, eine Schwester und seinen Vater (VH-Niederschrift, S. 27), und seine Frau, die BF2, auf ihre Mutter und ihre zwei Brüder dort verwies, wobei einer ihrer Brüder nach Erhalt eines negativen Asylbescheides wieder in den Irak zurückgekehrt sei, um der sehr schwer kranken Mutter und ihrem an Down-Syndrom leidenden Bruder beizustehen (VH-Niederschrift, S. 10). Daraus, dass die BF2, in der mündlichen Verhandlung befragt danach, wie sie den Kontakt mit ihrer Mutter und ihrem Bruder aufrecht halte, angab, "momentan gibt es keinen Internetkontakt; ich glaube, bis zur nächsten Woche wird es keine Internetverbindung geben, aufgrund der Demonstrationen", geht ein doch regelmäßig aufrecht gehaltener Kontakt mit ihren Verwandten im Irak hervor, nur "momentan" nicht, mangels Internetverbindung aufgrund der Demonstrationen, wie die BF2 vermutete.

2.2.3. Dass die BF1 und BF3 grundsätzlich gesund sind, konnte mangels gegenteiliger Angaben bzw. Nachweise festgestellt werden.

Dass die BF2 seit 2015 wegen eines höhergradigen Brust-Krebs-Risiko-Markers und einer gutartigen Neubildung in der Brustdrüse in regelmäßiger ärztlicher Behandlung steht, ergab sich aus einem am 28.10.2019 beim BVwG eingelangten, dies bescheinigenden medizinischen Attests vom 15.10.2019.

In einem weiteren vorgelegten Arztbefund vom 15.10.2019 wurde festgehalten, dass bei der BF2 eine dokumentierte Beta- Thalassämie (heterozygote Form) bestehe und deshalb regelmäßige Blutabnahmen mit Eisengehalt indiziert seien und eine Eisenmangelanämie mit Infusionen behandelt werde. Die BF2 berichtete in der mündlichen Verhandlung davon, dass sie einmal monatlich Eiseninfusionen erhalte und es soweit kommen könne, dass sie Bluttransfusionen benötige.

2.3. Zum Fluchtgrund des BF1:

Der BF1 schilderte im Zuge der mündlichen Verhandlung ein fluchtauslösendes Ereignis in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der deutschen Botschaft und brachte dabei zusammengefasst vor, er sei einmal im Oktober 2015 auf dem Weg zur Arbeit von schiitischen Milizangehörigen entführt, bedroht und aufgefordert worden, mit ihnen zusammenzuarbeiten und Transportfahrzeuge einfahren zu lassen, damit bestimmte Dinge in die deutsche Botschaft eingeführt werden könnten. (VH-Niederschrift, S. 19, 20).

Der BF1 gab in der mündlichen Verhandlung an, nicht nur Baumaterialien von außen beschafft, sondern auch die Arbeiter und Arbeitsvorgänge der Firma, über welche er bei der Botschaft beschäftigt war, kontrolliert und überwacht zu haben. Er sei auch dafür zuständig dafür gewesen, dem Wachmann alle Details wie Name des Fahrers, Gegenstand und Zeitpunkt der Lieferung und Kennzeichen des Lieferwagens bekanntzugeben und zu notieren. Die Einfuhr- bzw. Durchfahrgenehmigung für die geplante Einfuhr habe er dann beim Wachmann holen müssen (VH-Niederschrift, S. 18).

Der BF1 gab in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 12.07.2017 an, er habe direkt bei der ausländischen Botschaft in Bagdad gearbeitet und "zum Ingenieurbüro der Botschaft" gehört, "welches an der Botschaft angegliedert war" (AS 87, G313 2178143-1). Fest steht jedenfalls, dass der BF1 zu keiner Zeit bei der Botschaft in Bagdad direkt, sondern im Bezugszeitraum als lokaler Arbeiter bei einer ausländischen Firma bzw. einem "Kontaktarchitekten" angestellt war und über die ausländische Firma in der ausländischen Botschaft bzw. am Botschaftsgelände Bau- und Sanierungsarbeiten durchgeführt hat.

Dass der BF1 bei der ausländischen Botschaft in Bagdad gearbeitet hat, wenn auch nicht als Angestellter der Botschaft, sondern als Angestellter einer Firma, die für die Botschaft einen bestimmten Auftrag bzw. bestimmte Bau- und Sanierungsarbeiten zu erledigen hatte, geht jedenfalls aus der von der belangten Behörde eingeholten Auskunft der Botschaft von Juli 2017 hervor, der BF sei im Zeitraum der Auftragserfüllung einer der durchführenden Arbeiter gewesen, der sich auf dem Botschaftsgelände bewegen müssen habe und habe deshalb auch einen Ausweis erhalten.

Der seitens des BVwG mit dem RHE mitgeschickte Botschaftsausweis, der vom BF1 mit der Bezeichnung "Logistician PM-Team" vorgelegt wurde, konnte nicht dazu beitragen, dass irgendjemand der aktuell in der Botschaft beschäftigten Mitarbeiter bestätigen konnte, dass der BF1 ein ehemaliger Logistikfachmann der Botschaft war.

Aus dem Akteninhalt ging jedenfalls hervor, dass der BF1 in einem bestimmten Zeitraum über eine Firma beschäftigt war. Dass er, wie er angab, auch funktionell höhere Aufsichts- und Überwachungstätigkeiten ausgeführt hat, konnte nicht nachgewiesen, bewiesen und festgestellt werden.

Der seitens des BVwG eingeholten Auskunft der ausländischen Botschaft von Jänner 2020 nach zog die Botschaft die Firma, bei der der BF1 angestellt war, in Bauvorhaben heran und stand der damalige Vertragsarchitekt der Botschaft mit der Firma in Verbindung.

Diese Verbindung geht auch aus dem Vorbringen des BF1 hervor. Er brachte in seiner Einvernahme vor dem BFA am 20.09.2017 etwa, befragt danach, welchen Auftrag sein Auftraggeber hatte, vor:

"Sie waren für Bauarbeiten für die Botschaft zuständig. Sie haben viele Bauarbeiten für die Botschaft verrichtet, wie beispielsweise einen Sicherheitszaun aufzustellen. Dies dauerte zwei Jahre."

(Niederschrift über Einvernahme vor BFA am 20.09.2017, S. 2).

Auch der BF1 selbst hat bei den Bau- bzw. Sanierungsarbeiten mitgeholfen, wie er in der mündlichen Verhandlung glaubhaft angab:

"Meine erste Tätigkeit dort war, einen Zaun bzw. eine Mauer aus Containern bei der Botschaft zu errichten." (VH-Niederschrift, S. 19).

Dieses Vorbringen, bei der Botschaft anfangs einen Zaun bzw. eine Mauer aus Containern errichtet zu haben, weist auf seinen tatsächlichen Einsatzbereich bei der Botschaft hin - Bau- und Sanierungsarbeiten. Im Zuge der seitens des BFA eingeholten Auskunft der ausländischen Botschaft vom Juli 2017 wurde angeführt, dass dem "Kontaktarchitekten" (der ausländischen Firma, bei der der BF1 angestellt war) ein Auftrag zu Sanierungsarbeiten bei der Botschaft erteilt wurde und der BF1 einer der durchführenden lokalen Arbeiter dort war.

Weder der seitens des BFA eingeholten Auskunft der ausländischen Botschaft von 2017, noch der seitens des BVwG eingeholten Auskunft der ausländischen Botschaft von 2020 war ein Anhaltspunkt für eine über einfache Arbeiten hinausgehende Tätigkeit des BF1 bei der Botschaft zu entnehmen.

Mit den vom BF1 damals vor Ort geleisteten Bau- bzw-Sanierungsarbeiten hängt es offensichtlich auch zusammen, dass ein langjähriger Botschaftsmitarbeiter den BF1 auf einem vorgezeigten Foto wiedererkennen konnte. Dass ein Botschaftsmitarbeiter den BF1 am Foto wiedererkannt hat, wurde nach einem seitens des BVwG gestellten RHE von der ausländischen Botschaft bekannt gegeben.

Der BF1 sprach in seiner Einvernahme vor dem BFA am 20.09.2017 davon, er sei für die Logistik und Bautätigkeiten zuständig gewesen, und nannte seinen Vorgesetzten und den Vorgesetzten seines Vorgesetzten des "Ingenieurbüros, welches an der Botschaft angegliedert war" (Niederschrift über Einvernahme des BF1 vor BFA am 12.07.2017).

Befragt danach, welchen Auftrag sein Arbeitgeber hatte, brachte der BF1 in seiner Einvernahme vor dem BFA am 20.09.2017 vor:

"Sie waren für Bauarbeiten für die Botschaft zuständig. Sie haben viele Bauarbeiten für die Botschaft verrichtet, wie beispielsweise einen Sicherheitszaun aufzustellen. Dies dauerte zwei Jahre."

(Niederschrift über Einvernahme vor BFA am 20.09.2017, S. 2).

Auch der BF1 selbst hat bei den Bau- bzw. Sanierungsarbeiten mitgeholfen, wie er in der mündlichen Verhandlung glaubhaft angab:

"Meine erste Tätigkeit dort war, einen Zaun bzw. eine Mauer aus Containern bei der Botschaft zu errichten." (VH-Niederschrift, S. 19).

Nach der von der belangten Behörde eingeholten Auskunft der ausländischen Botschaft von Juli 2017 hatte der Auftragnehmer(der Vorgesetzte des Vorgesetzten des BF1) damals den Auftrag, das Botschaftsgebäude zu sanieren und war der BF1 einer der durchführenden Arbeiter, der sich für diesen Zeitraum auf dem Gelände der Botschaft bewegen musste, weshalb er auch einen Botschaftsausweis erhielt.

Laut der seitens des BFA von der ausländischen Botschaft eingeholten Auskunft von Juli 2017 konnten sich lokale Angestellte der Botschaft daran erinnern, dass der BF1 im Zuge der Flüchtlingskrise plötzlich verschwunden war.

Da das Vorbringen des BF1 über eine bei der Botschaft über einfache Arbeiten hinausgehende Aufsichts- und Kontrolltätigkeit bezüglich der die ausländische Firma betreffenden Arbeiter und Arbeitsvorgänge nicht glaubhaft war, wird auch das vom BF1 im Beschwerdeverfahren im Wesentlichen gleichbleibend geschilderte fluchtauslösende Ereignis, von schiitischen Milizen bedroht und zur Kooperation aufgefordert worden zu sein, nicht für wahr gehalten.

Im Bewusstsein, dass jedes Fluchtvorbringen eigenständig zu prüfen ist, ist darauf hinzuweisen, dass der Freund des BF1, Z., in seinem rechtskräftig positiv abgeschlossenen Asylverfahren vor, bei der ausländischen Botschaft in Bagdad "für den Zutritt für die zuliefernden Fahrzeuge" zuständig gewesen zu sein und "die Einfahrt und die Zufahrt" von Baufahrzeugen kontrolliert zu haben (BFA-Akt betreffend Zl. 1085999606-151280900/BMI-BFA_NOE_RD; Niederschrift über Einvernahme des Z. vor BFA am 15.03.2016, S. 5, 6). Seinem Vorbringen wurde geglaubt und ihm mit Bescheid des BFA vom 29.09.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Nach eigenständiger Prüfung des Fluchtvorbringens des BF1 konnte diesem jedoch kein Glauben geschenkt werden.

Der BF1 gab in der mündlichen Verhandlung an, sein Freund Z. habe ihm im Irak noch nichts von seiner Bedrohung erzählt, erst später von Österreich aus (VH-Niederschrift, S. 25).

Sein Freund Z. gab in der mündlichen Verhandlung an (im Folgenden "BF1" statt Vorname des BF1:

"Ich wurde bedroht. Nach dieser Bedrohung konnte ich nicht mehr zur Botschaft. Ich habe meinen Chef und BF1 angerufen und erzählt, was passiert ist. Mein Chef meinte, ich soll dem BF1 die Schlüssel und die Ausweise geben. Ich habe alles überreicht und ich sagte zu BF1, lass uns abhauen. Aber er wies das ab. Der BF1 sagte mir, ich bin nicht bedroht. Wieso sollte ich nach Österreich oder Deutschland gehen; wenn ich das sage, würde ich lügen (VH-Niederschrift, S. 30).

Etwas später gab der Z., Bezug nehmend auf die Entführung des BF1, an:

"Zwei Monate nach seiner Entführung rief er mich an und erzählte mir von dem Fall. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn eh gewarnt hätte. Ab diesem Zeitraum sagte ich ihm immer, er sollte herkommen (VH-Niederschrift, S. 30)."

Ein Anruf seines Freundes zwei Monate nach seiner angeblichen Entführung spricht jedenfalls für keinen tatsächlichen fluchtauslösenden Anlassfall, hätte der BF1 doch ansonsten zwei Monate nach der Entführung nicht mehr überlegt, ob er ausreisen soll, sondern wäre er sogleich geflohen. Nach dieser Angabe von Z. soll Z. den BF1 jedoch zwei Monate nach der Entführung "immer", demnach offenbar wiederholt, gesagt haben, er solle nach Österreich kommen.

Dieses Vorbringen von Z. ist außerdem auch mit dem übrigen Fluchtvorbringen des BF1 nicht vereinbar, soll der BF1 doch laut seinen Angaben vor dem BFA nach seiner Bedrohung Ende Oktober 2015 (Niederschrift über Einvernahme des BF1 vor BFA, S. 4), Ende Oktober mit seiner Frau und Tochter aus dem Irak geflohen sein. (Niederschrift über Einvernahme des BF1 vor BFA, S. 5). Zwischen dem Vorfall bzw. dem Ausreisezeitpunkt Ende Oktober 2015 und der Asylantragstellung am 26.11.2015 liegt jedoch nur rund ein Monat und nicht zwei Monate, innerhalb welcher Zeit der BF1 seinem Freund von dem Vorfall im Oktober 2015 berichten konnte, und war der BF1 rund ein Monat nach dem Vorfall Ende Oktober am 26.11.2015 bereits in Österreich, wo er den verfahrensgegenständlichen Asylantrag stellte.

Die BF hätten sich nach dem angeblichen Vorfall bis zu ihrem Aufbruch bei ihren Verwandten versteckt gehalten, der BF1 bei seinen und die BF2 bei ihren.

Während der BF1 am 12.07.2017 vor dem BFA davon berichtete, seine Frau samt Tochter und er selbst seien in getrennten Autos zum Flughafen gefahren, wobei der BF von seinem Bruder und seine Ehefrau samt Tochter von deren Schwager zum Flughafen gebracht worden seien (Niederschrift über Einvernahme vor BFA am 12.07.2017, S. 5), sprach er in der mündlichen Verhandlung davon, der BF1 sei gemeinsam mit seinem Bruder und seiner Frau samt Tochter in einem Auto gefahren und ein Securityauto ihnen nachgefahren.

Diese Aussage des BF1 folgte erst nach einem im Folgenden wiedergegebenen Wortwechsel zwischen verhandelnder Richterin und dem BF1:

"VR: Wie ist das abgelaufen. In dem Auto war Ihr Bruder, sie selbst, die Security und Ihre Frau samt Tochter. Wieviele Personen waren in diesem Auto?

BF1: Nein, das waren zwei Autos. Wir sind getrennt gefahren. Meine Frau ist mit dem Cousin gefahren.

VR: Mit dem Cousin? (darauf die vorhin angeführte Aussage des BF1).

(VH-Niederschrift, S. 23).

Diese widersprüchlichen Angaben sprechen jedenfalls für die Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des BF1.

Die von den BF1 und BF2 bereits anfangs in ihrer Erstbefragung angeführte problemlose legale Ausreise der BF mit dem Flugzeug von Bagdad in die Türkei zeugt zudem ebenso von keiner individuellen Bedrohungssituation wie der Umstand, dass laut eigenen Angaben der BF1 und BF2 nach ihrer Ausreise ihre Familienangehörigen im Irak unbehelligt geblieben sind.

Der BF1 gab in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 12.07.2017, befragt danach, ob seine Familienangehörigen noch unbehelligt im Irak leben, und ob der BF1 Kontakt zu ihnen habe, an:

"Ja sie leben im Irak und alles ist in Ordnung. Mein Bruder arbeitet beim Roten Kreuz dort. Er ist meistens in der Arbeit, er arbeitet als Security, meine Schwester ist meistens zuhause und wird dort bewacht, weil ihr Mann Richter ist. Mein Vater lebt bei ihnen in der Nähe, sie fühlen sich sicher, da es Wachpersonal in der Nähe gibt. (...)." (Niederschrift über Einvernahme des BF1 vor BFA am 12.07.2017, S. 7).

In der mündlichen Verhandlung verwies der BF1, befragt danach, welche seiner Verwandten noch im Irak leben, auf seinen Bruder, seine Schwester und seinen Vater (VH-Niederschrift, S. 27). Dass sich bei der vom BF1 vor dem BFA am 12.07.2017 angeführten Lebensführung seiner in Bagdad verbliebenen Verwandten etwas geändert hätte, etwa, dass sein Bruder nicht mehr der Tätigkeit beim Roten Kreuz nachgehen könne, hat der BF1 jedenfalls nicht vorgebracht.

Die BF2 berichtete in der mündlichen Verhandlung davon, mit ihren im Irak verbliebenen Familienangehörigen aufrechten Kontakt zu haben und auch davon, dass einer ihrer Brüder nach erhaltenem negativem Asylbescheid nach Bagdad zurückgekehrt ist und ihrer Mutter und einem weiteren Bruder mit Down-Syndrom beistehen müsse.

Die BF2 gab diesbezüglich wörtlich an:

"Mein Bruder ist ca. vor einem Jahr in den Irak zurückgekehrt. Er hat einen negativen Asylbescheid bekommen und muss außerdem, nachdem mein anderer Bruder gestorben ist, meiner Mutter und dem Bruder mit Down-Syndrom zur Seite stehen. Meine Mutter ist sehr schwer krank. Sie ist 78 Jahre alt. Die Mutter braucht Unterstützung."

(VH-Niederschrift, S. 10).

Mit diesem Vorbringen, ihr Bruder sei nach Erhalt eines negativen Asylbescheides in den Irak zurückgekehrt "und" müsse "außerdem", nachdem ihr anderer Bruder gestorben sei, ihrer Mutter und dem Bruder mit Down-Syndrom zur Seite stehen, sagte die BF2, dass ihr Bruder über sein Asylverfahren kein Bleiberecht für Österreich erlangen konnte und nach Bagdad zurückkehren musste, und er außerdem - abgesehen davon, dass er kein Bleiberecht erlangen können habe - ohnehin nicht in Österreich bleiben könnte, ist doch ihre sehr schwer kranke Mutter und ihr an Down-Syndrom leidender Bruder auf seine Unterstützung angewiesen. Damit wurde indirekt auch gesagt, dass ihren in den Irak zurückgekehrten Bruder nunmehr keine außenstehenden Einflüsse am Zusammenleben mit seiner Mutter und dem am Down-Syndrom leidenden Bruder hindern. Daraus geht jedenfalls hervor, dass auch alle in Bagdad aufhältigen Verwandten der BF2 seit ihrer Ausreise unbehelligt geblieben sind

In Gesamtbetrachtung konnte das Fluchtvorbringen des BF1 über eine individuelle Bedrohungssituation seitens schiitischer Milizangehöriger jedenfalls nicht geglaubt werden.

2.4. Die allgemeinen Länderfeststellungen beruhen auf amtsbekannten aktuellen Länderberichten (ACCORD, deutsches Auswärtiges Amt) aus dem Länderinformationsblatt, die Feststellungen zur medizinischen Versorgung in Bagdad samt den speziellen Feststellungen zu Krebs beruhen auf einer ACCORD-Anfragebeantwortung vom 30.04.2018 (a-10544-3, 10546).

2.5. Die unter den Feststellungen zusammengefasst festgehaltene Integration der BF ergab sich aus dem Akteninhalt und wird im Zuge der nachfolgenden Rechtlichen Beurteilung näher dargelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;

09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;

19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;

25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

3.3. Im gegenständlichen Fall konnte der BF1 sein Fluchtvorbringen in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei einer ausländischen Botschaft in Bagdad, im Oktober 2015 von schiitischen Milizangehörigen bedroht und zur Kooperation aufgefordert worden zu sein, nicht glaubhaft machen.

Festgestellt werden konnte keine konkrete, individuelle Bedrohung des BF1 vor seiner Ausreise, sondern eine Ausreise aufgrund der allgemein schlechten Lage vor Ort im Zuge der damaligen Flüchtlingswelle.

Dass den BF bei einer Rückkehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur muslimisch-sunnitischen Glaubensrichtung eine systematische, gezielte Verfolgung droht, war vor dem Hintergrund aktueller Länderberichte zudem nicht erkennbar.

Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. ihrer Bescheide waren daher als unbegründet abzuweisen.

3.2.2. Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn der beschwerdeführenden Partei eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH vom 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; vom 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; vom 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; vom 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; und vom 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Die Mitwirkungspflicht der Antragsteller bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in ihrer Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH vom 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und die Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH vom 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH vom 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (z.B. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; vom 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; und vom 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH vom 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; vom 08.06.2000, Zl. 99/20/0203 und vom 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offenbliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt besteht, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH vom 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH vom 27.02.2001, Zl. 98/21/0427 und vom 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR vom 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; vom 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR vom 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; vom 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (z.B. das Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm.

§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR vom 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; vom 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; vom 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; und vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH vom 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind.

Dass die BF bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnten, war nicht feststellbar.

Eine existenz- oder lebensbedrohliche Situation kann bei einer Rückkehr der BF nicht erkannt werden, handelt es sich doch beim BF1 um einen arbeitsfähigen Mann, dem es zugemutet werden kann, bei einer Rückkehr für sich und seine Familie den Lebensunterhalt zu verdienen, und haben die BF in Bagdad verbliebene Familienangehörige, darunter Geschwister der BF1 und BF2, die Mutter der BF2 und den Vater des BF1, zu denen aufrechter (Internet-) Kontakt besteht, für die BF bei einer Rückkehr die sie bei einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bis zur Wiedererlangung der Eigenständigkeit unterstützen und ihnen Unterkunft gewähren können, zumal sich die BF2 laut ihren Angaben

vor ihrer Ausreise bei ihren Verwandten aufgehalten habe und sie dort, wie sie angab, bei Gefahr sich jederzeit bei einem ihrer dort Tür an Tür wohnenden Verwandten im Haus verstecken hätte können.

Während die BF1 und BF3 gesund sind, steht die BF2 seit 2015 in regelmäßiger ärztlicher Behandlung bzw. Kontrolle - wegen eines höhergradigen Brust-Krebs-Risiko-Markers und eine

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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