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StVONorm
StVO 1960 §58 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Chamrath und die Hofräte Dr. Striebl, Dr. Schmid, Dr. Schmelz und Dr. Brunner als Richter, im Beisein des Schriftführers Ministerialoberkommissärs Dohnal, über die Beschwerde des Adolf G in L, vertreten durch Dr. Wilfried Seirer, Lienz, Hans v. Grabengasse 29, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. Juli 1965, Zl. II b-1088/ad 1-65, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Zwei Beamte der Funkpatrouille des Gendarmeriepostenkommandos Lienz erstatteten der Bezirkshauptmannschaft Lienz die Anzeige, am 2. April 1965 gegen 24 Uhr in der Beda-Weber-Gasse in Lienz einen Mopedfahrer vom Glöcklturm kommend in Richtung Michaelsgasse fahren gesehen zu haben, der vor dem Hause Nr. 17 der Beda-Weber-Gasse schließlich anhielt und das Moped behutsam an die Straßenmauer lehnte und daraufhin zu Fuß weiterging. Der Mopedfahrer sei wegen dieses bedenklichen Verhaltens angehalten und als der Beschwerdeführer erkannt worden. Er habe einen alkoholisierten Eindruck gemacht. Seine Atemluft habe stark nach Alkohol gerochen und sein Gang sei unsicher gewesen; auf Befragen, warum er das Moped soeben an eine Hausmauer gelehnt habe, habe er schroff erklärt, er wisse nichts von einem Moped, er käme eben vom Gasthaus "N", in dem er x-Viertel Wein getrunken habe. Trotz Vorhalte, er sei eben auf dem Moped fahrend von zwei Gendarmeriebeamten und auch beobachtet worden, wie er das Fahrzeug an die Hausmauer gelehnt habe, habe er entschieden bestritten, mit dem Moped gefahren zu sein. Der Beschwerdeführer sei daraufhin auf den Gendarmerieposten gebracht und einem Alkotest unterzogen worden, der ein positives Ergebnis hatte. Auch sei der Beschwerdeführer im Krankenhaus Lienz einer klinischen Untersuchung zugeführt worden, die eine mittelstarke Alkoholisierung ergeben hat. Dem untersuchenden Arzt gegenüber habe der Beschwerdeführer erklärt, im Laufe des Abends, und zwar von 18 bis 23.30 Uhr nur drei Achtel Wein und einen Tee mit Rum getrunken zu haben. Es habe aber nicht ermittelt werden können, welche Alkoholmenge der Beschwerdeführer tatsächlich an diesem Abend getrunken hatte. Die weiters durchgeführten Erhebungen haben ergeben, daß der Beschwerdeführer an dem fraglichen Abend das Moped dem Johann G. gestohlen hatte, der angab, der Beschwerdeführer habe sein Fahrzeug schon öfters benützt, habe aber diesmal keine Genehmigung hiezu von ihm besessen.
Mit Bescheid vom 15. Juni 1965 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Lienz den Beschwerdeführer schuldig, am 2. April 1964 gegen 23.50 Uhr 1.) in alkoholisiertem Zustand mit dem Moped Vormerknummer T .... über die Beda-Weber-Gasse in Lienz gefahren zu sein, 2.) das Mopedfahrverbot zur Nachtzeit im Stadtgebiet von Lienz nicht beachtet zu haben, 3.) anläßlich dieser Fahrt die Anmeldebestätigung für das genannte Fahrzeug nicht mit sich geführt, sohin die Verwaltungsübertretungen nach
1.)
§ 5 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159 (StVO),
2.)
§ 43 Abs. 1 StVO und 3.) nach § 79 Abs. 3 Kraftfahrgesetz 1955, BGBl. Nr. 223 (KFG), begangen zu haben. Die Behörde verhängte über den Beschwerdeführer gemäß § 99 Abs. 1 und 3 StVO bzw. § 111 KFG Geldstrafen in der Höhe von 1.) S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe zehn Tage), weiters 2.) S 200,-- (Ersatzarreststrafe 24 Stunden) und 3.) S 50,-- (Ersatzarreststrafe 6 Stunden).
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er bestritt, vor seiner Beanstandung überhaupt ein Moped gelenkt zu haben, weiters so alkoholisiert gewesen zu sein, daß er einen Blutalkoholgehalt "von mehr als 0,8 %o" aufwies.
Dieser Berufung gab die belangte Behörde, was die beiden Schuldsprüche nach der Straßenverkehrsordnung betraf - die Berufung wegen Schuldspruches nach dem Kraftfahrgesetz wurde in einem vom Landeshauptmann gezeichneten Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung gesondert behandelt, gegen den eine Beschwerde nicht eingebracht wurde -, teilweise Folge; und zwar hinsichtlich des Schuldspruches nach § 5 Abs. 1 StVO, den sie in einem Schuldspruch nach § 58 Abs. 1 StVO abänderte und über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzarreststrafe sieben Tage) verhängte. Der Schuldspruch und die Bestrafung wegen Übertretung nach § 43 Abs. 1 StVO wurden bestätigt.
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es könne dem Beschwerdeführer die ihm von der ersten Instanz angelastete Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO nicht in dem Umfange nachgewiesen werden, daß eine Beeinträchtigung durch Alkohol im Sinn eines Blutalkoholgehaltes von wenigstens 0,8%o vorlag. Eine solche Feststellung erübrige sich ohne Zweifel dann, wenn aus anderen Umständen, z. B. aus dem klinischen Befund mit dem Vermerk "stark" oder aus dem Gehaben einer Person mit Sicherheit ein sogenannter Rausch erkennbar ist. Andernfalls genüge aber eine bloße klinische Feststellung ("liegt vor" oder "liegt mittelstark vor") als Beweis einer Beeinträchtigung durch Alkohol im Sinn eines Blutalkoholgehaltes von 0,8 %o nicht. Eine Blutabnahme und dadurch ermöglichte gerichtsmedizinische Untersuchung hätte im gegebenen Falle den notwendigen Beweis für den Grad der Alkoholbeeinflussung dahin gehend erbracht, ob die sogenannte "Beeinträchtigung" nach § 5 Abs. 1 gegeben gewesen war oder nicht. Eine solche "Beweisergründung" sei aber nicht vorgenommen worden. Sohin könne das Vorliegen einer Beeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO nicht als erwiesen angenommen werden, jedoch sei unzweifelhaft, daß der Tatbestand nach § 58 Abs. 1 StVO gegeben war. Dieser sei mit Sicherheit aus dem Ergebnis des Alkotests und der klinischen Untersuchung erwiesen. Gleichfalls erwiesen sei auch der Tatbestand des § 43 Abs. 1 StVO, das hartnäckige Leugnen des Beschwerdeführers könne die Behörde nicht, beeinflussen oder gar zur Überzeugung bringen, daß seinen Angaben, nicht aber denen der beiden Sicherheitsorgane Glauben zu schenken sei. Mit Rücksicht auf die Vorstrafen könne der Beschwerdeführer auch nicht das Vertrauen der Behörde genießen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird, ist aus nachstehenden Erwägungen nicht begründet:
Der Beschwerdeführer hat den angefochtenen Bescheid in seiner Gesamtheit bekämpft, aus dem Beschwerdevorbringen erhellt jedoch, daß es sich nur mehr gegen die Bestrafung wegen der Verwaltungsübertretung nach § 58 Abs. 1 StVO wendet, in dieser Richtung bringt er vor, das Ergebnis des Alkotests und der klinischen Untersuchung reiche nicht aus, um den Beweis einer durch Alkoholbeeinflussung bedingten Fahruntüchtigkeit herzustellen. Es hätte genauer und gewissenhafter geprüft werden müssen, ob durch den Alkoholgenuß eine solche allgemeine körperliche und geistige Verfassung bestanden habe, daß eine Fahruntüchtigkeit tatsächlich angenommen werden dürfe.
Mit diesem Vorbringen bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die sich auf die Aussagen der beiden Gendarmeriebeamten stützt, welche die Anzeige erstatteten und den Beschwerdeführer auf dem Moped fahren sahen, weiters auf den positiven Alkotest und das sich auf den klinischen Befund stützende amtsärztliche Gutachten. Die Beweiswürdigung der Behörde unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung nur in eingeschränktem Maße, nämlich dahin gehend, ob sie auf einem ausreichend ermittelten Sachverhalt beruht und schlüssig ist. Der Gerichtshof konnte nicht finden, daß der belangten Behörde in dieser Hinsicht ein Verstoß unterlaufen wäre. Gewiß kann ein positiver Alkotest für sich allein keinen Beweis einer Alkoholbeeinträchtigung oder Alkoholbeeinflussung herstellen. Die Verwaltungsbehörde ist auch nicht berechtigt, eine Bestrafung nach § 58 Abs. 1 StVO, etwa nur deshalb auszusprechen, weil eine Bestrafung nach § 5 Abs. 1 StVO wegen Mangels ausreichender Beweise für das Erreichen eines Blutalkoholwertes von 0,8 %o ausgeschlossen scheint. Wenn das Tatbild des § 58 Abs. 1 StVO herangezogen wird, muß aus dem ärztlichen Gutachten einwandfrei hervorgeben, aus welchen Gründen sich ein Lenker in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befand, in der er ein Fahrzeug nicht mehr zu beherrschen oder die beim Lenken zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 1955, Zl. 746/55). Im vorliegenden Fall kommt aber zum positiven Alkotest noch das Ergebnis der klinischen Untersuchung hinzu, wonach der Beschwerdeführer eine Pulsfrequenz von 120 Min., gerötete Augenbindehäute, verlangsamte Pupillenreaktion, unsicheren Gang, schwankend ausgeführte verschärfte Rhombergprobe, Alkoholgeruch der Atemluft und somit eine mittelstarke Alkoholwirkung zeigte. Des weiteren haben die beiden Meldungsleger bekundet, daß der Beschwerdeführer einen alkoholisierten Eindruck machte, daß sein Gang unsicher war. Wenn die belangte Behörde bei solchem als erwiesen angenommenen Sachverhalt die Schlußfolgerung zog, daß der Beschwerdeführer beim Lenken des Fahrzeuges sich in einer körperlichen und geistigen Verfassung befand, die nach § 58 Abs. 1 StVO zu ahnden ist, kann ihr nicht entgegengetreten werden.
Der angefochtene Bescheid widerspricht demnach nicht dem Gesetz und war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.
Ein Kostenausspruch mußte entfallen, da die belangte Behörde Kosten nicht verzeichnet hatte.
Wien, am 27. Jänner 1966
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1966:1965001643.X00Im RIS seit
22.06.2020Zuletzt aktualisiert am
22.06.2020