TE Vwgh Erkenntnis 1966/5/9 0402/66

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Veröffentlicht am 09.05.1966
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Index

StVO

Norm

StVO 1960 §46 Abs4 litc
VStG §6

Beachte

y29529; y29533;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Chamrath und die Hofräte Dr. Striebl, Dr. Schmid, Dr. Schmelz und Dr. Brunner als Richter, im Beisein des Schriftführers Ministerialoberkommissärs Dohnal, über die Beschwerde des Dr. FT, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung von 18. Februar 1966, Zl. I/7-764/1-1966, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bundesland Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 10. Dezember 1965 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Baden den Beschwerdeführer schuldig, am 7. Juli 1965 gegen 13.20 Uhr den PKW G.... auf der Autobahn Süd beim Baukilometer 17,5, um Rast zu halten, geparkt und dadurch die Verwaltungsübertretung nach § 46 Abs. 4 lit. c der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, begangen zu haben. Die Behörde verhängte gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 100,-- (Ersatzarreststrafe 24 Stunden).

In der gegen dieses Straferkenntnis eingebrachten Berufung wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß ihn außergewöhnliche Verhältnisse, insbesondere die außergewöhnliche Hitze und die Sperre der vorhandenen Rastplätze, gezwungen hätten, auf der Autobahn zu parken. Im vorliegenden Fall halte er die Verbotsvorschriften des § 46 StVO für unanwendbar, weil die Autobahn durch die Sperre der einen Fahrbahn ihren Charakter als solche verloren habe.

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung des Beschwerdeführer keine Folge und führte in der Begründung im wesentlichen aus, daß die Autobahn, auch wenn sie am Tage der Tat nur auf einer Fahrbahn befahrbar gewesen sei, dennoch als Autobahn im Sinne des § 43 Abs. 3 lit. a und des § 46 StVO zu gelten habe, da sie seinerzeit als Autobahn erklärt worden sei. Entgegen der Bestimmung des § 46 Abs. 4 lit. c StVO habe der Beschwerdeführer auf der Autobahn geparkt. Wenn der Beschwerdeführer darauf hinweise, er sei zum Parken durch Ermüdungserscheinungen infolge einer anstrengenden Verhandlung und der Hitze gezwungen worden, müsse festgestellt werden, daß der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt hätte, die Abfahrt nach Baden zu benutzen, sofern er sich tatsächlich nicht mehr in der Lage gefühlt hätte, das Fahrzeug sicher zu lenken. Entgegen den Berufungsausführungen sei nach der Feststellung der belangten Behörde die Abfahrt nach Baden ausreichend und für jeden Ortsunkundigen rechtzeitig erkennbar angezeigt gewesen. Wenn der Beschwerdeführer auch durch die Benützung der Abfahrt gezwungen gewesen wäre, einen Umweg zu fahren, so habe dieser Umstand ihn jedoch nicht berechtigt, auf der Autobahn zu parken. Außerdem begründeten Ermüdungserscheinungen keinen Notstand wobei außerdem festgestellt werden müsse, daß der Beschwerdeführer anläßlich der Beanstandung nicht erwähnt habe, zu einer Weiterfahrt unfähig zu sein, sondern er habe als Rechtfertigung nur vorgebracht, Hunger gehabt zu haben.

Gegen den Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Erwägungen als unbegründet:

Gemäß § 46 Abs. 4 lit. c StVO ist auf der Autobahn außerhalb der durch Richtzeichen gekennzeichneten Stellen zu halten oder zu parken verboten.

Der Beschwerdeführer erblickt die inhaltliche

Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in der Tatsache, daß die belangte Behörde seine Angaben, er habe sich durch Übermüdung und durch die Hitze zum "Abstellen" seines Fahrzeuges auf der Autobahn berechtigt und verpflichtet gefühlt, nicht als "Rechtfertigungsgründe" im Sinne des § 6 VStG gewertet habe.

Diesem Vorbringen vermag der Gerichtshof nicht beizupflichten, weil der Begriff des Notstandes im Sinne des § 6 VStG stets eine unmittelbar drohende Gefahr für Leben, Freiheit oder Vermögen voraussetzt, wobei der Täter sich in einem solchen unwiderstehlichen Zwang befinden muß, eher die in Betracht kommende Verwaltungsvorschrift zu übertreten, als das unmittelbar drohende Übel über sich oder andere ergehen zu lassen (vgl. die hg. Rechtsprechung, beispielsweise die Erkenntnisse vom 9. Februar 1961, Slg. N.F. Nr. 5495/A, vom 28. September 1965, Zl. 886/65, u.a.m.). Wenn sohin die belangte Behörde im vorliegenden Fall annahm, die vom Beschwerdeführer behaupteten Ermüdungserscheinungen hätten schon wegen der Möglichkeit, die Ausfahrt von der Autobahn Süd noch Baden zu benützen, einen Notstand nicht begründet, kann ihr nicht entgegengetreten werden. Dazu kommt, daß der Meldungsleger in seiner Stellungnahme vom 11. Oktober 1965 angegeben hatte, der Beschwerdeführer habe seinen PKW 0,5 km nach der bezeichneten Autobahn-Abfahrt geparkt. Wie aus den Verwaltungsakten ersichtlich ist, äußert sich der Beschwerdeführer zu dieser Stellungnahme am 2. Dezember 1965, ohne dabei auch nur zu behaupten, die Ermüdungserscheinungen seien erst während der Fahrt auf jenen 500 Metern nach der Autobahn-Abfahrt aufgetreten; aber auch im weiteren Verlauf des Verwaltungsstrafverfahrens hat er es unterlassen, derartige Behauptungen aufzustellen. Schon aus diesem Grunde ist der Hinweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom 19. November 1964, Zl. 1770/63, verfehlt, da es sich in diesem Beschwerdefall um einen gänzlich anderen Sachverhalt, nämlich um einen Autofahrer handelte, der die linke Fahrbahn benützte, um einen Zusammenstoß mit einem verkehrswidrig fahrenden und entgegenkommenden Radfahrer zu vermeiden.

Der Beschwerdeführer hat übrigens im Verwaltungsstrafverfahren

weder behauptet noch Beweise dafür angeboten, daß er die Bestimmung des § 46 Abs. 4 lit. c StVO nur übertreten habe, um eine unmittelbar drohende Gefahr von sich oder anderen abzuwehren. Wenn sich der Beschwerdeführer durch Hitze oder Übermüdung in einer solchen geistigen und körperlichen Verfassung befand, daß er eine "ernstliche Gefahr" bedeutete - wie er in der Beschwerde ausführt -, war er schon im Sinne des § 58 Abs. 1 StVO zum Lenken des PKW nicht mehr berechtigt.

Als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe Feststellungen in der Richtung unterlassen, daß die aufgetretenen Ermüdungserscheinungen der Grund für seine Fahrtunterbrechung und für sein Parken auf der Autobahn Süd gewesen seien, was auch durch die Aussage seiner Gattin bestätigt worden sei. Demgegenüber ist zu erwidern, daß die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer zur Tatzeit behauptete Hitze und die Ermüdung nicht bestritt, sodaß es auch keinen Verfahrensmangel darstellt, wenn über ein unbestrittenes Vorbringen keine weiteren Feststellungen getroffen wurden, sei es auf Grund der Zeugenaussage der Gattin des Beschwerdeführers oder auf Grund einer Auskunft der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien, die letztlich nur die im Wiener Raum zum Tatzeitpunkt herrschende Hitze hätte bestätigen können.

Der Gerichtshof konnte auch dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers nicht beipflichten, es seien Verfahrensvorschriften dadurch verletzt worden, daß sich die belangte Behörde mit der Verantwortung des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt habe; die Behörde wäre verpflichtet gewesen, die Sperre von Rastplätzen anzukündigen bzw. bekanntzugeben, welche Rastplätze zur Verfügung stünden. Abgesehen davon, daß eine derartige Verpflichtung der Behörde nach der Straßenverkehrsordnung nicht besteht, muß als bekannt vorausgesetzt werden, daß die ausgebaute Gesamtstrecke der Autobahn Süd verhältnismäßig kurz ist und auf dieser Strecke mehrere Abfahrten von der Autobahn vorhanden sind, die den Kraftfahrern abseits der Autobahn eine Rast ermöglichen, auch wenn die Rastplätze neben der Autobahn gesperrt sein sollten. Der Gerichtshof konnte sohin eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht finden, durch deren Vermeidung die belangte Behörde zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.

Da sohin der angefochtene Bescheid mit keiner der behaupteten Rechtswidrigkeiten behaftet ist, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die klare Rechtslage muß das Vorbringen des Beschwerdeführers, eine Rechtsanwaltes, geradezu als mutwillig bezeichnet werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG 1965. Wien, am 9. Mai 1966

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1966:1966000402.X00

Im RIS seit

22.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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