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StVONorm
StVO 1960 §58 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Chamrath, und die Hofräte Dr. Striebl, Dr. Schmid, Dr. Schmelz und Dr. Brunner als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialoberkommissärs Dohnal, über die Beschwerde des K P in B, vertreten durch Dr. Heinrich Hofrichter, Rechtsanwalt in Bruck a. d. Mur, Mittergasse 28, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 30. April 1965, Zl. 11-393/I Pa 95/3-1965, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Bundesland Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1.025,-- binnen zwei Wochen zu ersetzen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Bruck a. d. Mur fand den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 6. Juni 1964 schuldig, am 3. September 1963 um 2.13 Uhr mit dem Personenkraftwagen, Probekennzeichen St/... auf der Gemeindestraße 285 von Arndorf in Richtung Bruck a. d. Mur im alkoholbeeinträchtigten Zustand gefahren zu sein wodurch er in der Folge einen Verkehrsunfall verursacht habe. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a der Straßenverkehrsordnung wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 7.000,-- (Ersatzarreststrafe 14 Tage) verhängt. Der gegen dieses Straferkenntnis vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid teilweise Folge und änderte das bekämpfte Straferkenntnis dahin gehend ab, daß der strafbare Tatbestand der Bestimmung des § 58 Abs. 1 StVO und der Strafbestimmung des § 99 Abs. 3 lit. a dieses Gesetzes unterstellt werde, weil der Beschwerdeführer sich zur Tatzeit in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befunden. habe, in der er das Fahrzeug nicht zu beherrschen vermochte. Die verhängte Geldstrafe wurde mit S 3.000,-- (Ersatzarreststrafe sieben Tage) bemessen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die belangte Behörde habe sich dem Einwand des Beschwerdeführers nicht verschließen können und ihre Entscheidung auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. Heinz M. gestützt. Dieser habe in seinem Gutachten zusammenfassend gesagt, daß beim Beschwerdeführer ein Blutalkoholspiegel von mindestens 0,7 %o erreicht worden sein mußte. Daher habe die belangte Behörde als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit nicht alkoholbeeinträchtigt im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO gewesen sei, sondern einen Blutalkoholgehalt von 0,7 %o gehabt habe. Auf Grund laboratoriumsmäßiger, experimenteller und statistischer Ergebnisse sei festgestellt worden, daß bei einer Blutalkoholkonzentration von etwa 0,5 %o bereits eine bedeutende Leistungsverminderung beobachtet worden sei. Hinzu komme noch, daß schon geringere Mengen Alkohol eine enthemmende Wirkung auslösten und zu einem gewagten Fahren verleiteten. Dies sei beim Beschwerdeführer bei einem Blutalkoholwert von 0,7 %o mit Recht anzunehmen. Die belangte Behörde nehme somit als erwiesen an, daß sich der Beschwerdeführer zur Zeit der Lenkung des Fahrzeuges in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befunden habe, in der er das Fahrzeug nicht zu beherrschen vermochte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die Beschwerde ist begründet.
Der Beschwerdeführer bringt vor allem vor, daß die belangte Behörde beim Beschwerdeführer einen zur Tatzeit vorhandenen Blutalkoholgehalt von 0,7 %o annehme, aber der Meinung sei, daß "auf Grund laboratoriumsmäßiger, experimenteller und statistischer Ergebnisse" bereits bei einem Blutalkoholgehalt von etwa 0,5 %o eine bedeutende Leistungsverminderung beobachtet worden sei. "Hinzu kommt noch, daß schon geringere Mengen Alkohol eine enthemmende Wirkung auslösen und zu einem gewagten Fahren verleiten. Dies ist nun beim Berufungswerber bei einem Blutalkoholwert von 0,7 %o mit Recht anzunehmen", weshalb er nach § 58 Abs. 1 StVO bestraft worden sei.
Der Beschwerdeführer rügt nun, die belangte Behörde habe gar keine Erhebungen darüber angestellt, daß er zum Unfallszeitpunkt wegen körperlicher oder geistiger Mängel zum Lenken eines Fahrzeuges ungeeignet gewesen sei und die belangte Behörde habe einen aktenwidrigen Sachverhalt angenommen. Die Berufungsausführungen gehen somit dahin, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer bei einem festgestellten Blutalkoholgehalt von nur 0,7 %o nicht wegen einer Übertretung des § 58 Abs. 1 StVO bestrafen hätte dürfen. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht. Nach ständiger Rechtsprechung darf eine Bestrafung nach § 58 Abs. 1 StVO nur dann erfolgen, wenn (aus dem ärztlichen Gutachten) einwandfrei festgestellt ist, aus welchen Gründen der Lenker eines Fahrzeuges sich in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befand, in der er ein Fahrzeug nicht mehr zu beherrschen oder die beim Lenken zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermochte. Eine Bestrafung nach § 58 Abs. 1 StVO etwa nur deshalb, weil eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO mangels Nachweises eines Blutalkoholgehaltes von 0,8 %o ausgeschlossen scheint, verstößt gegen das Gesetz (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. Jänner 1966, Zl. 1643/65).
Da die belangte Behörde das Verhalten der Beschwerdeführers allein wegen des Nachweises eines Blutalkoholgehaltes von 0,7 %o der Vorschrift des § 58 Abs. 1 StVO unterstellt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Der Kostenzuspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965.
Wien, am 20. Februar 1967
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1967:1965001447.X00Im RIS seit
19.06.2020Zuletzt aktualisiert am
19.06.2020