TE OGH 2020/6/9 4R50/20i

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Veröffentlicht am 09.06.2020
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Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoffmann als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Huber und den Senatspräsidenten Dr. Gosch als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei L***** R*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, wider die beklagte Partei U*****, vertreten durch Dr. Martin Wuelz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen (eingeschränkt) Nebengebühren, über den Rekurs des Klägers gegen die im Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 26.2.2020, 6 Cg 27/19k-22, enthaltene Kostenentscheidung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird k e i n e Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten zu Handen des Beklagtenvertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 169,75 (darin enthalten EUR 28,29 an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls u n z u - l ä s s i g .

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte von der Beklagten aus einer zwischen den Parteien abgeschlossenen Unfallversicherung, in der die Tochter des Klägers mitversichert war, die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung von EUR 16.164,40 s.A. mit der Begründung, seine Tochter habe einen Unfall erlitten, aus dem eine Invalidität in Höhe von 10 % des Armwerts (70 %) resultiere.

Dieses Begehren wurde von der Beklagten bestritten.

Das in erster Instanz durchgeführte Verfahren ergab, dass bei der Tochter des Klägers unfallkausal eine Invalidität im Ausmaß von 7,5 % des Armwerts verblieb und zahlte die Beklagte im Laufe des Verfahrens darauf insgesamt EUR 12.123,30, worauf der Kläger sein Begehren auf restlich Zinsen und Kosten einschränkte.

Mit dem nur mehr im Kostenpunkt angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Zinsenbegehren des Klägers statt und verpflichtete gleichzeitig die beklagte Partei zum Ersatz der mit EUR 5.392,09 bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens. Das Erstgericht stützte dabei seine Kostenentscheidung auf die Bestimmungen der §§ 41, 43 Abs 2 ZPO, verweigerte dem Kläger jedoch - einem entsprechenden Kosteneinwand der beklagten Partei folgend - den Ersatz der Kosten für den vorbereitenden Schriftsatz vom 4.6.2019 mit der Begründung, dieser sei nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen.

Dagegen richtet sich der fristgerechte Kostenrekurs des Klägers, der im Antrag mündet, ihm in Stattgebung des Rekurses weitere Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens im Umfang von EUR 627,48 zuzusprechen.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Kostenrekurs keine Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Kläger führt in seinem Rekurs aus, sein Schriftsatz vom 4.6.2019 sei innerhalb der 7-Tages-Frist des § 257 ZPO bei Gericht eingebracht worden und sei auch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen, zumal er auf die Ausführungen der beklagten Partei in deren vorbereitenden Schriftsatz vom 27.5.2019 replizieren habe müssen.

Dieser Argumentation kann nicht beigepflichtet werden.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend ist, dass die Parteien gemäß § 257 Abs 3 ZPO einander in der Klage oder Klagebeantwortung noch nicht enthaltene Anträge, Angriffs- und Verteidigungsmittel, Behauptungen und Beweise, welche sie geltend machen wollen, durch besonderen, spätestens eine Woche vor der vorbereitenden Tagsatzung bei Gericht und beim Gegner einlangenden, vorbereitenden Schriftsatz mitteilen können. Derartige Schriftsätze sind, ebenso wie vom Gericht aufgetragene Schriftsätze, nach TP 3 A zu entlohnen.

Der Schriftsatz des Klägers vom 4.6.2019 wurde acht Tage vor der vorbereitenden Tagsatzung eingebracht, war sohin im Sinne des § 257 Abs 3 ZPO rechtzeitig. Die Frage der Entlohnung eines derartigen Schriftsatzes richtet sich allerdings immer, nämlich auch bei dessen grundsätzlicher Zulässigkeit nach § 257 Abs 3 ZPO, nach der Grundregel des § 41 Abs 1 ZPO, wonach Kostenersatz nur für jene Prozesshandlungen zusteht, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig sind. Notwendig sind jene Prozesshandlungen, die das prozessuale Ziel der Partei mit dem geringsten Aufwand erreichen. Daher können auch nur jene Kosten beansprucht werden, die den gleichen Zweck mit einem geringeren Aufwand erreicht hätten (RIS-Justiz RS0082636). Die Notwendigkeit einer Prozesshandlung ist immer nur nach dem Zeitpunkt ihrer Vornahme zu beurteilen und muss nach objektiver Beurteilung eine Förderung des Prozesserfolgs erwarten lassen (RZ 1994/26). So ist ein Schriftsatz, der nach der Klagebeantwortung aber vor Beginn der mündlichen Verhandlung eingebracht wurde, auch nur dann zu entlohnen, wenn er wesentliches Vorbringen enthält, das nicht schon in der Klage bzw der Klagebeantwortung oder einem vorhergehenden Schriftsatz enthalten hätte sein können (WR 880; EFSlg 101.763 ua).

Der Kläger hat bereits in seinem vorbereitenden Schriftsatz vom 6.5.2019 detailliert die Bedingungslage, das Unfallgeschehen, die Unfallfolgen insbesondere im Hinblick auf die Invalidität sowie auch zur Höhe der unfallkausalen Invalidität vorgebracht und dabei auch auf das vorprozessual von der beklagten Partei eingeholte medizinische Sachverständigengutachten Bezug genommen, insbesondere zum Ausdruck gebracht, dass dieses Gutachten, das die Invalidität nur mit 2,5 % des Armwerts einschätzte, unrichtig sei. Wenn nun die beklagte Partei in ihrer Replik auf die Richtigkeit ihres vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens beharrt, so stellt dies keinen Anlass dar, einen weiteren Schriftsatz zu dieser Frage seitens des Klägers einzubringen, zumal sich dieser - wie auch tatsächlich - nur in Wiederholungen ergehen kann. Es dient auch nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, wenn seitens des Klägers ohnehin die Einholung von zwei medizinischen Gutachten angeboten wurde, dass er noch umfangreiche Wertungen zu dem von der Beklagten eingeholten Privatgutachten abgibt, weil ohnehin klar war, dass dieses nicht die Grundlage für die Bemessung der Invalidität in diesem Rechtsstreit sein werde.

Somit hat das Erstgericht zutreffend einen Kostenersatz für diesen vorbereitenden Schriftsatz des Klägers verneint, weshalb auch dem dagegen erhobenen Kostenrekurs ein Erfolg versagt bleiben muss.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens stützt sich auf §§ 50 Abs 1, 41 ZPO iVm § 11 RATG. Die Kosten wurden tarifmäßig verzeichnet.

Textnummer

EI0100079

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0819:2020:00400R00050.20I.0609.000

Im RIS seit

19.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.06.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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