Entscheidungsdatum
18.05.2020Index
82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
COVID-19-MaßnahmenG §2 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Beschwerde des A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 17. April 2020, Zl. ..., betreffend Übertretung des § 3 Abs. 3 und § 2 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I 12/2020 iVm § 1 der Verordnung gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. II 98/2020 idF BGBl. II 108/2020,
zu Recht e r k a n n t:
I. Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von € 500,— auf € 400,— und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Stunden auf acht Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit € 400,— festgesetzt, das sind 10% der verhängten Geldstrafe.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 27. März 2020 um 14:20 Uhr in "… Wien, C.-gasse, Gemeindestraße – Ortsgebiet öffentlicher Ort / Sitzbank" einen öffentlichen Ort betreten und dabei gegenüber anderen Personen, bei welchen es sich auch nicht um Personen, die mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben, gehandelt habe, den Mindestabstand von einem Meter nicht eingehalten. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 500,— und für den Fall, dass diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von zehn Stunden verhängt. Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 50,— auferlegt.
2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, welche sich ausschließlich gegen die Höhe der Strafe richtet.
3. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vor.
II. Sachverhalt
1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:
Beim Beschwerdeführer liegen ungünstige Einkommens- und Vermögensverhältnisse und Sorgepflichten für ein Kind vor.
Hinsichtlich der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung liegt durchschnittliches Verschulden vor.
Der Beschwerdeführer ist verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:
Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Würdigung des Beschwerdevorbringens, Einholung einer Stellungnahme des Beschwerdeführers zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie Abfrage seiner verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen.
Den Feststellungen zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen kann das vom Beschwerdeführer vorgelegte Vermögensverzeichnis zugrunde gelegt werden. Aus diesem sind ein bloß niedriges monatliches Einkommen und kein Vermögen ersichtlich.
Das Verschulden des Beschwerdeführers wurde als durchschnittlich festgestellt, da weder auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, noch, dass die Verwirklichung des Tatbestands aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich auch kein gegenteiliges Vorbringen erstattet.
Dass der Beschwerdeführer verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten ist ergibt sich aus den bei der Landespolizeidirektion Wien sowie dem Magistrat der Stadt geführten Registern, aus welchen mehrere rechtskräftige Vormerkungen aus den Jahren 2017 bis 2019 ersichtlich sind.
III. Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 2 des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 – COVID-19-Maßnahmengesetz, in seiner zeitraumbezogen anzuwendenden Stammfassung BGBl. I 16/2020 kann beim Auftreten von COVID-19 durch Verordnung das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
Wer einen Ort betritt, dessen Betreten gemäß § 2 COVID-19-Maßnahmengesetz untersagt ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 3 Abs. 3 COVID-19-Maßnahmengesetz mit einer Geldstrafe von bis zu € 3.600,— zu bestrafen.
2. Der Beschwerdeführer beantragt in seiner Beschwerde ausdrücklich die Minderung der Strafe und erstattet Ausführungen zu seiner Einkommenssituation; die Begehung der Verwaltungsübertretung wird nicht bestritten. Die Bestrafung wegen der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist daher dem Grunde nach rechtskräftig geworden (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung VwGH 19.10.2017, Ra 2017/02/0062). Allfällige verfassungsrechtliche Überlegungen betreffend die der Bestrafung zugrunde liegenden Übertretungsnormen sind infolge der Beschränkung der Beschwerde auf die Strafhöhe mangels Anwendung dieser Normen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht anzustellen. Hinsichtlich der von der belangten Behörde herangezogenen Strafsanktionsnorm des § 3 Abs. 3 COVID-19-Maßnahmengesetz hegt das Verwaltungsgericht Wien keine verfassungsrechtlichen Bedenken und wurden solche seitens des Beschwerdeführers auch nicht ins Treffen geführt.
3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafgesetz nicht taxativ aufgezählt. Auch die Dauer eines strafbaren Verhaltens kann im Rahmen der Strafbemessung maßgebend sein (VwGH 12.12.1995, 94/09/0197). Bei der Strafbemessung kommt es gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG – unter anderem – auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht an. Die Strafbemessung setzt entsprechende Erhebungen dieser Umstände durch das Verwaltungsgericht voraus, wobei allerdings in der Regel mit den Angaben des Beschuldigen das Auslangen zu finden sein wird (vgl. zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 VwGH 22.12.2008, 2004/03/0029 mwN).
4. Der Strafrahmen für das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Delikt beträgt bis zu € 3.600,—. Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt gemäß § 16 Abs. 2 VStG bis zu zwei Wochen.
Das Verschulden konnte nicht als bloß geringfügig gewertet werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hat oder die Verwirklichung des Tatbestands aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Gegenteiliges hat der Beschwerdeführer auch nicht behauptet.
Die vom Beschwerdeführer verletzten Rechtsvorschriften verfolgen das öffentliche Interesse, die Bevölkerung vor einer weiteren Ausbreitung des COVID-19-Virus zu schützen; diesem öffentlichen Interesse kommt erhebliche Bedeutung zu.
Die belangte Behörde legte mangels Mitwirkung des Beschwerdeführers bei der Ermittlung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Strafbemessung die Annahme durchschnittlicher Verhältnisse zugrunde. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat sich herausgestellt, dass beim Beschwerdeführer unterdurchschnittliche Verhältnisse und Sorgepflichten für ein Kind vorliegen.
Demgegenüber hat die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis noch die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers angenommen, welche zum Tatzeitpunkt aber tatsächlich nicht vorlag. Dieser Milderungsgrund ist daher vom Verwaltungsgericht Wien der Strafbemessung nicht zugrunde zu legen.
In Anbetracht all dieser Strafzumessungsgründe, insbesondere unter Berücksichtigung der schlechten wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers, ist für das Verwaltungsgericht Wien eine geringfügige Herabsetzung der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe in dem im Spruch genannten Umfang vorzunehmen.
Der gemäß § 64 VStG vorgeschriebene Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens ist entsprechend anzupassen.
5. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer infolge seines teilweisen Obsiegens keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu leisten.
6. Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 2 VwGVG abgesehen werden, da sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.
7. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da im Beschwerdefall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht Wien hat sich bei seiner Beurteilung des Verschuldensmaßstabs sowie bei der Strafbemessung an der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Betretungsverbot; öffentlicher Ort; StrafbemessungAnmerkung
berichtigt durch: VGW-031/032/4984/2020-10European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.032.4984.2020Zuletzt aktualisiert am
25.06.2020