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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1 idF 1995/351;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1950 geborenen LV in Wien, vertreten durch Dr. MW, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Dezember 1996, Zl. 302.103/4-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Dezember 1996 wurde der am 11. Juli 1996 beim Landeshauptmann von Wien eingelangte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992 (FrG), abgewiesen.
Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß die vom Beschwerdeführer am 8. September 1993 geschlossene Ehe mit Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 12. Februar 1996 für nichtig erklärt worden sei. Sie ging davon aus, daß der Beschwerdeführer die Ehe nur deshalb eingegangen sei, um sich fremdenrechtlich bedeutsame Bewilligungen zu verschaffen. Diese Tatsache stelle gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG einen Sichtvermerksversagungsgrund dar. Die privaten und familiären Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich seien gegenüber den öffentlichen Interessen an der Versagung einer Aufenthaltsbewilligung hintanzustellen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautete:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 Z. 4 und § 19 FrG lauteten:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;
§ 19. Würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist."
In der Beschwerde bleibt die erkennbare Annahme der belangten Behörde, daß die vom Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossene und für nichtig erklärte Ehe ausschließlich zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen eingegangen worden sei, unbestritten. Diese Annahme wird auch durch die im Akt befindliche Kopie des Urteiles des Bezirksgerichtes Hernals bestätigt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt eine Eheschließung ausschließlich zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmißbrauch und solcher Art ein Verhalten dar, welches den Schluß rechtfertigt, daß der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung gefährden würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1346). Daß aber im Beschwerdefall eine rechtsmißbräuchliche Eingehung der Ehe als erwiesen und deshalb der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG in Ansehung der Gefährdung der öffentlichen Ordnung als verwirklicht anzusehen sei, wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend und mit hinlänglicher Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht.
Da die in Rede stehende Ehe des Beschwerdeführers am 8. September 1993, also relativ kurze Zeit vor der durch Zustellung am 15. Jänner 1997 erfolgten Erlassung des angefochtenen Bescheides, geschlossen wurde, liegt ein dem hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 1997, Zl. 97/18/0097, vergleichbarer Fall schon im Hinblick auf den seit der Eheschließung verstrichenen Zeitraum nicht vor. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die dort angestellten Erwägungen zum Tatbestand des § 18 Abs. 1 FrG auf jenen des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG zu übertragen sind.
Der Beschwerdeführer verweist auf seine durch die Anwesenheit seiner (nicht aus der für nichtig erklärten Ehe stammenden) beiden Kinder begründeten familiären Interessen in Österreich. Er vertritt die Auffassung, die Versagung der Aufenthaltsbewilligung komme in ihren Auswirkungen einem Aufenthaltsverbot bzw. einer Ausweisung gleich, weshalb § 19 FrG zur Anwendung komme. Die Verhängung "des Aufenthaltsverbotes" sei durch Art. 8 Abs. 2 MRK nicht gedeckt.
Diesen Ausführungen ist zu entgegnen, daß § 19 FrG nach seinem klaren Wortlaut lediglich auf Ausweisungen gemäß § 17 Abs. 1 FrG oder auf die Verhängung von Aufenthaltsverboten Anwendung findet. Die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung ist in ihren Auswirkungen nicht mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gleichzusetzen.
Allerdings hat die Behörde bei Anwendung des Versagungsgrundes des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG im Regelfall auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen, und zwar derart, daß sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, Zl. 95/19/0469).
Der Beschwerdeführer verfügte nach der Aktenlage niemals über eine Aufenthaltsbewilligung oder einen gewöhnlichen Sichtvermerk. Der ihm zuletzt ausgestellte Touristensichtvermerk lief am 1. Mai 1995 ab. Ein Eingriff in ein gedachtes, durch Art. 8 MRK geschütztes Recht des Beschwerdeführers auf Familiennachzug zu seinen beiden in Österreich lebenden Kindern erwiese sich vorliegendenfalls im Interesse der öffentlichen Ordnung aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK als gerechtfertigt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer ein solches Recht überhaupt zusteht.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997190874.X00Im RIS seit
02.05.2001