TE Vwgh Erkenntnis 2020/5/6 Ra 2018/11/0042

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2020
beobachten
merken

Index

L94059 Ärztekammer Wien
10/07 Verwaltungsgerichtshof
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal

Norm

ÄrzteG 1998 §3 Abs1
ÄrzteG 1998 §3 Abs3
ÄrzteG 1998 §4 Abs1
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr Abschn1 Abs10
VwGG §42 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl, die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des Dr. A N in W, vertreten durch Steiner Rechtsanwalts KG in Wien, Weihburggasse 18-20/50, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 29. Mai 2017, Zlen. VGW-162/045/8222/2016-10, VGW-162/045/8225/2016, VGW- 162/045/8236/2016, betreffend Beiträge zum Wohlfahrtsfonds für die Jahre 2008, 2009 und 2011 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien, vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stadiongasse 2; weitere Partei:

Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Arzt. Nach der unbestrittenen Aktenlage begann er am 1. Mai 2003 in Niederösterreich seine Ausbildung zum Allgemeinmediziner und war ab diesem Zeitpunkt als Turnusarzt in die Ärzteliste eingetragen. Mit Diplom der österreichischen Ärztekammer vom 12. Juli 2006 wurde er mit Wirkung vom 1. Juni 2006 als Arzt für Allgemeinmedizin anerkannt, ließ sich jedoch nicht als selbständig berufsberechtigter Arzt in die Ärzteliste eintragen. Vielmehr begann der Revisionswerber mit 1. Juni 2006 die Ausbildung zum Facharzt für Augenheilkunde in Oberösterreich und setzte sie ab 1. August 2008 in Wien fort. Vom 1. August 2008 bis 31. Juli 2011 war er laut Ärzteliste als Turnusarzt im Krankenhaus S der Stadt Wien beschäftigt. Ab 1. August 2011 war er als niedergelassener Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie sowie als Arzt für Allgemeinmedizin in Wien tätig und auch als selbständig berufsberechtigter Arzt in die Ärzteliste eintragen.

2 Mit Bescheiden der belangten Behörde vom 4.

bzw. 7. Dezember 2015 wurden dem Revisionswerber die Beiträge zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für die Jahre 2008

(Rückstand des Fondsbeitrags in Höhe von EUR 843,14), 2009

(Rückstand des Fondsbeitrags in Höhe von EUR 2.121,06) und 2011

(Rückstand des Fondsbeitrags in Höhe von EUR 4.064,25) vorgeschrieben.

3 Gegen diese Bescheide erhob der Revisionswerber Beschwerden, in denen er im Wesentlichen vorbrachte, dass für die Zeiten als Turnusarzt im Krankenhaus S der Stadt Wien nur der vergünstigte Fondsbeitrag von maximal EUR 65,-- monatlich vorzuschreiben gewesen wäre.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerden als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei. Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, es sei strittig, ob sich die Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für den Zeitraum von 1. August 2008 bis zum 31. Juli 2011 auf die Leistung eines ermäßigten Fondsbeitrages in Höhe von EUR 65,-- monatlich beschränke, da der Revisionswerber als Turnusarzt tätig gewesen sei, oder ob sich dies aufgrund der gesamten Jahresbruttogrundgehälter (vermindert um die anteiligen Werbungskosten) des Beschwerdeführers in den Jahren 2005, 2006 und 2008 berechne, wie es die belangte Behörde annehme. Insoweit sich die belangte Behörde hierbei auf die eindeutige Bestimmung des Abschnitts I. Abs. 10 der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (BO) gestützt habe, sei ihr dabei nicht entgegenzutreten. Die Ermäßigung komme grundsätzlich nur Turnusärzten zu, die noch nicht zur Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt seien. Dies sei jedoch beim Revisionswerber nicht der Fall, da er mit Diplom der österreichischen Ärztekammer vom 12. Juli 2006 als Arzt für Allgemeinmedizin anerkannt worden sei. Indem der Verordnungsgeber auf § 3 Abs. 1 ÄrzteG 1998 verweise, stelle er unmissverständlich klar, dass ausschließlich auf das Recht zur selbständigen Ausübung der in § 2 Abs. 2 und 3 leg. cit. umschriebenen Tätigkeiten abzustellen sei (ius practicandi), nicht aber darauf, ob der ärztliche Beruf als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt auch tatsächlich ausgeübt werde, wofür gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. neben anderen Erfordernissen tatsächlich die Eintragung in die Ärzteliste konstitutiv sei. Die Begünstigung für Turnusärzte beschränke sich auf Turnusärzte, die (noch) über keine abgeschlossene Ausbildung verfügen und sei zudem auf drei Jahre limitiert.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die Revision ist im Hinblick auf die von ihr dargelegte

Rechtsfrage, ob die Bestimmung des Abschnitts I Abs. 10 der BO betreffend die Ermäßigung des Fondsbeitrages auf höchstens EUR 65,-

- so zu verstehen sei, dass sie auf einen Arzt, der zwar das "ius practicandi" als Arzt für Allgemeinmedizin gemäß § 3 Abs. 1 ÄrzteG 1998 habe, aber nicht als selbständig berufsberechtigter Arzt in die Ärzteliste eingetragen sei, nicht anwendbar wäre, oder ob diese Ermäßigung auch auf einen in Ausbildung zum Facharzt befindlichen Turnusarzt anzuwenden sei, der sich zwar bereits als Arzt für Allgemeinmedizin hätte eintragen lassen können, von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch machte, zulässig.

8 Die Revision ist auch begründet.

9 In den Revisionsgründen wird vorgebracht, es komme für die Anwendung des Abschnitts I Abs. 10 BO allein darauf an, dass der betreffende Arzt zur Ausübung des ärztlichen Berufes nach § 3 Abs. 1 ÄrzteG 1998 noch nicht berechtigt sein dürfe. Zur selbständigen Berufsausübung berechtigt sei ein Arzt gemäß § 4 Abs. 1 ÄrzteG 1998 aber nur, wenn er unter anderem als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt in die Ärzteliste eingetragen sei. In den "Streitjahren" sei der Revisionswerber jedoch lediglich als Turnusarzt eingetragen gewesen, weswegen er nicht zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt gewesen sei und daher auch die Vergünstigung des Abschnitts I Abs. 10 BO auf ihn anzuwenden gewesen wäre.

10 Die maßgeblichen Bestimmungen des ÄrzteG 1998 BGBl. I Nr. 169/1998 idF. BGBl. I Nr. 25/2017 lauten auszugsweise:

"Begriffsbestimmung

§ 1. Soweit in den einzelnen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, bezieht sich in diesem Bundesgesetz

1. die allgemeine Bezeichnung ‚Arzt' (‚ärztlich') auf alle Ärzte, die über eine Berufsberechtigung als ‚Arzt für Allgemeinmedizin', ‚approbierter Arzt', ‚Facharzt' oder ‚Turnusarzt' verfügen,

2. die Bezeichnung ‚Turnusarzt' auf alle Turnusärzte in Ausbildung.

Der Beruf des Arztes

§ 2. (1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.

(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere

...

(3) Jeder zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt ist befugt, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten.

§ 3. (1) Die selbstständige Ausübung des ärztlichen Berufes ist ausschließlich Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie Fachärzten vorbehalten.

(2) Die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes besteht in der eigenverantwortlichen Ausführung der im § 2 Abs. 2 und 3 umschriebenen Tätigkeiten, gleichgültig, ob solche Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt werden.

(3) Die in Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt befindlichen Ärzte (Turnusärzte) sind lediglich zur unselbstständigen Ausübung der im § 2 Abs. 2 und 3 umschriebenen Tätigkeiten in den gemäß §§ 6a, 9 und 10 anerkannten Ausbildungsstätten, im Rahmen von Lehrpraxen bzw. Lehrgruppenpraxen oder in Lehrambulatorien unter Anleitung und Aufsicht der ausbildenden Ärzte berechtigt. Sofern krankenanstaltenrechtliche Organisationsvorschriften keine dauernde Anwesenheit eines Facharztes erfordern, können Turnusärzte vorübergehend auch ohne Aufsicht eines für die Ausbildung verantwortlichen Facharztes an einer Abteilung oder sonstigen Organisationseinheit für ein Sonderfach tätig werden, sofern sie bereits

1. im Rahmen des Turnus in dem betreffenden Sonderfach hinreichend ausgebildet worden sind, und

2. über die für ein vorübergehendes Tätigwerden ohne Aufsicht entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen,

wobei ein gleichzeitiges Tätigwerden für mehr als eine Abteilung oder Organisationseinheit unzulässig ist.

...

Erfordernisse zur Berufsausübung § 4. (1) Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes

als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es, unbeschadet der §§ 34 bis 37, des Nachweises der Erfüllung der nachfolgend angeführten allgemeinen und besonderen Erfordernisse sowie der Eintragung in die Ärzteliste.

(2) Allgemeine Erfordernisse im Sinne des Abs. 1 sind

1.

die Eigenberechtigung

2.

die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche

Vertrauenswürdigkeit,

         3.       die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung,

4.

ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache, sowie

5.

ein rechtmäßiger Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet, mit

dem das Recht auf Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit verbunden ist.

(3) Besondere Erfordernisse im Sinne des Abs. 1 sind

1. hinsichtlich der Grundausbildung:

a) ein an einer Universität in der Republik Österreich

erworbenes Doktorat der gesamten Heilkunde oder ein gleichwertiger, im Ausland erworbener und in Österreich als Doktorat der gesamten Heilkunde nostrifizierter akademischer Grad oder

b) zusätzlich zu lit. a ein Qualifikationsnachweis zur Ausübung des zahnärztlichen Berufes nach den Bestimmungen des Zahnärztegesetzes (ZÄG), BGBl. I Nr. 126/2005, im Fall einer angestrebten Berufsberechtigung als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie;

2. hinsichtlich der Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt ein von der Österreichischen Ärztekammer gemäß § 15 Abs. 1 ausgestelltes Diplom über die besondere Ausbildung in der Allgemeinmedizin oder ein Facharztdiplom, wobei im Fall einer angestrebten Berufsberechtigung als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie das Erfordernis gemäß Z 1 lit. b längstens zum Zeitpunkt des Antritts der Facharztprüfung erfüllt sein muss;

3. anstelle der entsprechenden Nachweise gemäß Z 1 und 2 eine entsprechende Berufsqualifikation gemäß § 5 oder § 5a.

...

(4) Zur unselbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als Turnusarzt in Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt bedarf es des Nachweises der Erfüllung

1.

der allgemeinen Erfordernisse gemäß Abs. 2 und

2.

des besonderen Erfordernisses

                 a)       eines an einer Universität in der Republik Österreich

erworbenen Doktorats der gesamten Heilkunde oder eines gleichwertigen, im Ausland erworbenen und in Österreich als Doktorat der gesamten Heilkunde nostrifizierten akademischen Grads oder

         b)       einer Berufsqualifikation gemäß § 5 Z 1 oder gemäß § 5a sowie

         3.       der Eintragung in die Ärzteliste.

...

Ärzteliste und Eintragungsverfahren

§ 27. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat in Zusammenarbeit mit den Ärztekammern in den Bundesländern die Anmeldungen für die Ausübung des ärztlichen Berufes entgegenzunehmen und eine Liste der zur Berufsausübung berechtigten Ärzte und Gruppenpraxen (Ärzteliste) jedenfalls mit folgenden Daten zu führen:(....)

(2) Personen, die den ärztlichen Beruf als Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt oder Turnusarzt auszuüben beabsichtigen, haben sich vor Aufnahme ihrer ärztlichen Tätigkeit bei der Österreichischen Ärztekammer im Wege der Ärztekammern in den Bundesländern zur Eintragung in die Ärzteliste anzumelden und im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht alle erforderlichen Unterlagen (Personal- und Ausbildungsnachweise sowie sonstige Urkunden) zum Nachweis der entsprechenden allgemeinen und besonderen Erfordernisse für die selbständige oder unselbständige Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 4 vorzulegen. ...

...

Selbständige Berufsausübung

§ 31. (1) Ärzte, die die Erfordernisse für die Ausübung des ärztlichen Berufes als Arzt für Allgemeinmedizin oder als approbierter Arzt erfüllt haben, sind zur selbständigen Ausübung einer allgemeinärztlichen Berufstätigkeit als Arzt für Allgemeinmedizin oder als approbierter Arzt berechtigt, gleichgültig, ob diese Berufstätigkeit freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt wird.

...

Kammerangehörige

§ 68. (1) Einer Ärztekammer gehört als ordentlicher

Kammerangehöriger jeder Arzt an, der

1. in die von der Österreichischen Ärztekammer geführte Ärzteliste gemäß § 4 eingetragen worden ist und

2.

seinen Beruf im Bereich dieser Ärztekammer ausübt und

3.

keine Alters- oder ständige Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds bezieht.

...

Pflichten und Rechte der Kammerangehörigen

§ 69. (1) Alle Kammerangehörigen sind verpflichtet, die von der Ärztekammer im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungskreises gefaßten Beschlüsse zu befolgen sowie die in der Umlagenordnung und in der Beitragsordnung festgesetzten Umlagen und Wohlfahrtsfondsbeiträge zu leisten.

...

§ 72. (1) In Ärztekammern mit mehr als 3 000 Kammerangehörigen sind

1. in der Kurie der angestellten Ärzte je eine Sektion der zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Ärzte und der Turnusärzte und

2. in der Kurie der niedergelassenen Ärzte je eine Sektion der Ärzte für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzte sowie der Fachärzte zu bilden. In Ärztekammern mit weniger als 3 000 Kammerangehörigen können entsprechende Sektionen gebildet werden. Innerhalb der Sektionen können die Kammerangehörigen in Fachgruppen erfaßt werden.

(2) Jeder Kammerangehörige darf nur einer Sektion angehören. Im Zweifelsfall entscheidet der Kammervorstand über die Zugehörigkeit. Ärzte, die sowohl als zur selbstständigen Berufsausübung berechtigte Ärzte als auch als Turnusärzte eingetragen sind, sowie Ärzte, die sowohl zur selbstständigen Berufsausübung als Arzt für Allgemeinmedizin als auch als Facharzt in einem oder mehreren Sonderfächern eingetragen sind, sind in der Sektion zu erfassen, die der letzten Eintragung ihrer Berufsberechtigung entspricht. Die betreffenden Ärzte haben jedoch das Recht, ihre Sektionszugehörigkeit selbst zu bestimmen. Eine entsprechende Mitteilung ist schriftlich an die jeweilige Landesärztekammer bis zu einem von dieser zu verlautbarenden Zeitpunkt vor einer Wahlausschreibung zu richten.

...

3. Abschnitt

Wohlfahrtsfonds

Sondervermögen für Versorgungs- und Unterstützungszwecke

§ 96. (1) Der Wohlfahrtsfonds bildet ein zweckgebundenes Sondervermögen der Ärztekammer. Die Beschlussfassung über den Wohlfahrtsfonds obliegt der Erweiterten Vollversammlung.

(2) Soweit in den einzelnen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, bezieht sich in diesem Abschnitt die Bezeichnung ‚Kammerangehörige' sowohl auf Kammerangehörige der Ärztekammer als auch auf der jeweiligen Landeszahnärztekammer zugeordnete Kammermitglieder der Österreichischen Zahnärztekammer, ausgenommen der Angehörigen des Dentistenberufs.

...

Beiträge zum Wohlfahrtsfonds

§ 108a. (1) Für die finanzielle Sicherstellung der Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds sind unter Berücksichtigung seiner Erfordernisse, seines dauernden Bestandes und seiner Leistungsfähigkeit Wohlfahrtsfondsbeiträge einzuheben.

...

§ 109. (1) Die Kammerangehörigen sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verpflichtet, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer zu leisten, in deren Bereich sie zuerst den ärztlichen oder zahnärztlichen Beruf aufgenommen haben, solange diese Tätigkeit aufrecht ist. Übt ein Kammerangehöriger seinen Beruf im Bereich mehrerer Ärztekammern aus, so bleibt er Mitglied im Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer, in deren Bereich er zuerst die Berufstätigkeit aufgenommen hat, solange diese Tätigkeit in dem betreffenden Bundesland aufrecht ist. Eine Unterbrechung dieser Tätigkeit für weniger als sechs Monate sowie eine ärztliche Tätigkeit im Bereich einer anderen Ärztekammer oder im Ausland auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften (§ 68 Abs. 4 letzter Satz) gilt diesbezüglich als ununterbrochene Berufsausübung. Nimmt er seine ärztliche Tätigkeit gleichzeitig im Bereich mehrerer Ärztekammern auf, so obliegt ihm die Wahl, zu welchem Wohlfahrtsfonds er seine Beiträge leistet.

(2) Bei der Festsetzung der Höhe der für den Wohlfahrtsfonds bestimmten Beiträge ist auf die

1.

Leistungsansprüche,

2.

wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anhand der Einnahmen

(Umsätze) und/oder Einkünfte sowie

         3.       Art der Berufsausübung

der beitragspflichtigen Kammerangehörigen Bedacht zu nehmen. Die Höhe der Beiträge kann betragsmäßig oder in Relation zu einer Bemessungsgrundlage festgesetzt werden. Bei Beteiligung eines Arztes oder Zahnarztes an einer Gruppenpraxis kann bei der Bemessungsgrundlage ein dem Geschäftsanteil an der Gruppenpraxis entsprechender Anteil am Umsatz (Umsatzanteil) oder ein entsprechender Anteil am Bilanzgewinn - unabhängig von dessen Ausschüttung - berücksichtigt werden. Näheres ist in der Beitragsordnung zu regeln. Für den Fall einer verspäteten Entrichtung der Beiträge durch Kammerangehörige kann die Beitragsordnung die Vorschreibung von angemessenen Mahnspesen vorsehen.

(3) Die Höhe der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds darf 18 vH der jährlichen Einnahmen aus ärztlicher und/oder zahnärztlicher Tätigkeit einschließlich der Umsatzanteile an Gruppenpraxen nicht übersteigen.

...

(6) Bei der Festsetzung des Wohlfahrtsfondsbeitrages für Kammerangehörige, die den ärztlichen oder zahnärztlichen Beruf in einem Dienstverhältnis ausüben, dient als Bemessungsgrundlage jedenfalls der monatliche Bruttogrundgehalt. Zu diesem gehören nicht die Zulagen und Zuschläge im Sinne des § 68 EStG 1988 und die sonstigen Bezüge nach § 67 EStG 1988.

..."

11 Die maßgeblichen Bestimmungen der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für das Jahr 2008 lauten:

"I. Fondsbeitrag

(1) Der Fondsbeitrag beträgt, soweit in dieser Beitragsordnung nicht anders festgelegt, 15,8 v.H. der Bemessungsgrundlage.

(2) Bei Fondsmitgliedern, die den ärztlichen Beruf ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ausüben, besteht die jährliche Bemessungsgrundlage aus der Summe der monatlichen Bruttogrundgehältern abzüglich der anteilig darauf entfallenden Werbungskosten. Der monatliche Bruttogrundgehalt ist der am Monatsgehaltszettel ausgewiesene Grundgehalt. Sofern die Gehaltszettel nicht oder nicht vollständig und zeitgerecht gemäß Abschnitt IV Abs. 5 übermittelt werden, erfolgt die Ermittlung des Bruttogrundgehalts aus dem Lohnzettel wie folgt: Bruttobezüge (Pos. 210) minus steuerfreie Bezüge (Pos. 215) minus sonstige Bezüge vor Abzug der SV-Beiträge (Pos. 220). Hiezu kommen Einkünfte (Anteile) aus der Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse einschließlich ambulanter Behandlung. Ferner sind die jährlich entrichteten Fondsbeiträge, sowie die Beiträge für die Krankenunterstützung hinzuzurechnen.

(3) Bei allen übrigen Fondsmitgliedern ist Bemessungsgrundlage der Überschuß aus der selbständigen ärztlichen Tätigkeit, ermittelt nach den Bestimmungen des EStG 1988. Die Einkommen bzw. Lohnsteuer ist bei der Ermittlung des Überschusses nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Überschusses sind jedenfalls die Einnahmen und Ausgaben aus der selbständigen ärztlichen Tätigkeit sowie jene aus der Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse einschließlich ambulanter Behandlung zu berücksichtigen. Zum Überschuß gehören auch Gewinnanteile aus Gruppenpraxen und Gewinnanteile aus Gesellschaften, deren Geschäftszweck nur unter der verantwortlichen Leitung eines zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Arztes verwirklicht werden kann. Ferner sind die jährlich entrichteten Fondsbeiträge, die Beiträge für die Krankenunterstützung und die Beiträge für die Todesfallbeihilfe hinzuzurechnen.

(4) Wird der ärztliche Beruf gleichzeitig selbständig und unselbständig ausgeübt, sind die Bemessungsgrundlagen gemäß Abs. 2 und 3 zusammenzurechnen.

...

(10) Für Fondsmitglieder, die

a) gemäß § 7 ÄG in einer Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin (Turnus zum Arzt für Allgemeinmedizin) oder

b) gemäß § 8 ÄG in einer Ausbildung zum Facharzt (Turnus zum Facharzt) stehen und zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 3 Abs. 1 ÄG noch nicht berechtigt sind, oder

c) aufgrund ihres Universitätsabschlusses bereits zur Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt sind und diesen im Bereich der anderen Landesärztekammern, Landeszahnärztekammern oder im Ausland noch nicht drei Jahre lang ausgeübt haben,

beträgt der monatliche Fondsbeitrag im Zeitraum von drei Jahren ab Beginn dieser Tätigkeit im Bereich der Ärztekammer für Wien bzw. der Landeszahnärztekammer für Wien höchstens EUR 65,-. Der Ermäßigungszeitraum von drei Jahren kann auf Antrag für die Dauer des Bestehens eines Dienstverhältnisses in einer ungeförderten Lehrpraxis, maximal um weitere zwölf Monate, verlängert werden. Anträge auf Verlängerung, die nicht innerhalb von 6 Monaten ab Beginn des Dienstverhältnisses in einer ungeförderten Lehrpraxis schriftlich beim Verwaltungsausschuss einlangen, finden keine Berücksichtigung. Diese Fondsmitglieder haben daher für den Fall, dass die Berechnung gemäß Abs. 1 oder 7 einen Fondsbeitrag von mehr als EUR 780,- jährlich ergeben sollte, lediglich monatlich EUR 65,- zu bezahlen. Zeiten, in denen das Fondsmitglied diese Tätigkeit unterbrochen hat oder die Mitgliedschaft zum Wohlfahrtsfonds aus anderen Gründen ruhend gestellt ist, sind in den oben genannten Zeitraum von drei bzw. maximal vier Jahren nicht einzurechnen.

..."

12 In den Beitragsordnungen für die Jahre 2009 und 2011 blieben die vorliegend wesentlichen Bestimmungen (mit Ausnahme des Prozentsatzes des Abs. 1 für das Jahr 2011) unverändert. 13 Im vorliegenden Fall ist die Höhe der Fondsbeiträge strittig, nicht die Bemessungsgrundlage an sich. Grundsätzlich beträgt der Fondsbeitrag 15,8 v.H. (für das Jahr 2011: 14,2 v.H.) der Bemessungsgrundlage. Gemäß Abschnitt I Abs. 10 lit. b BO beträgt der monatliche Fondsbeitrag für Fondsmitglieder, die gemäß § 8 ÄrzteG 1998 in einer Ausbildung zum Facharzt (Turnus zum Facharzt) stehen und "zur Ausübung des ärztlichen Berufes" gemäß § 3 Abs. 1 ÄrztG 1998 noch nicht berechtigt sind, im Zeitraum von drei Jahren ab Beginn dieser Tätigkeit im Bereich der Ärztekammer für Wien höchstens EUR 65,--.

14 Gemäß § 3 Abs. 1 ÄrzteG 1998 ist die "selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes" ausschließlich Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie Fachärzten vorbehalten. Gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. sind die in Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt befindlichen Ärzte (Turnusärzte) lediglich zur unselbständigen Ausübung der im § 2 Abs. 2 und 3 ÄrzteG 1998 umschriebenen Tätigkeiten berechtigt. Gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. bedarf es "zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes" als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt neben dem Nachweis allgemeiner und besonderer Erfordernisse einer Eintragung in die Ärzteliste. Zur "unselbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als Turnusarzt in Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt" bedarf es gemäß § 4 Abs. 4 leg. cit. des Nachweises der allgemeinen und besonderen Erfordernisse sowie der Eintragung in die Ärzteliste (als Turnusarzt; vgl. § 72 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998). 15 § 3 Abs. 1 ÄrzteG 1998 regelt die "selbständige" ärztliche Tätigkeit. Wenn daher Abschnitt I Abs. 10 lit. b BO (abgesehen von der fallbezogen unstrittigen laufenden Ausbildung zum Facharzt) darauf abstellt, dass der Arzt "zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 3 Abs. 1 ÄG noch nicht berechtigt" ist, so ist die letztgenannte Voraussetzung als erfüllt anzusehen, wenn der Betreffende zur - selbständigen - Ausübung des ärztlichen Berufes noch nicht berechtigt ist. Dies trifft auf den Revisionswerber zu, weil diesem im hier maßgebenden Zeitraum - mangels Eintragung in die Ärzteliste (§ 4 Abs. 1 ÄrzteG 1998) - noch nicht die Berechtigung zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes zukam.

16 Turnusärzte sind sowohl Ärzte, die sich in Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin befinden, als auch Ärzte, die in Ausbildung zum Facharzt stehen - selbst wenn Letztere bereits eine selbständige Berufsausübungsberechtigung als Arzt für Allgemeinmedizin erworben haben (Wallner in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht2, 715). Der Revisionswerber war in der streitgegenständlichen Zeit von 1. August 2008 bis 31. Juli 2011 als Turnusarzt nur zur unselbständigen Berufsausübung gemäß § 3 Abs. 3 ÄrzteG 1998 berechtigt.

17 Aus dem Gesagten ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass der Revisionswerber für die strittigen Zeiten - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - lediglich den verringerten Fondsbeitrag nach Abschnitt I Abs. 10 BO zu entrichten gehabt hätte. Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen

Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

18 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 6. Mai 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018110042.L00

Im RIS seit

16.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten