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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §148 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Mizner und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde 1.) des A und der MH in L, 2.) der JB in L, 3.) der HR in P, 4.) der MP in P,
5.)
des ME in P, 6.) der MW in P, 7.) des J und der MF in P,
8.)
des GN in P, 9.) des FB in P, 10.) der AS in P, 11.) des WH in P, 12.) des H und der WS in P, 13.) der AM in P, und
14.) der ER in P, alle vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 15. Februar 1996, Zl. 317.886/1-III/A/2a/96, betreffend Verfahren gemäß § 77 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: K-Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt), zu Recht erkannt:
Spruch
I. Die Beschwerde wird, soweit sie von der 14.-Beschwerdeführerin erhoben wurde, als unbegründet abgewiesen.
Die 14.-Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. Über die Beschwerde der übrigen Beschwerdeführer wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat diesen Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 24. Jänner 1995 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gemäß "§§ 74, 334 Z. 7 und 335a GewO 1994 BGBl. Nr. 194/1994 i.d.g.F., Verordnung des Landeshauptmannes von OÖ. vom 7.6.1993, LGBl. Nr. 57/1993, § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl. Nr. 234/1972 i.d.g.F."
im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Restaurants mit Drive-In-Spur, Terrasse und 34 Pkw-Stellplätzen an einem näher bezeichneten Standort unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen und mit folgenden Betriebszeiten:
Restaurant samt Drive-In-Spur: 7.00 Uhr bis 02.00 Uhr täglich
Terrasse: 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr täglich.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer und andere Berufung.
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 15. Februar 1996 wurde im Spruchpunkt 1. die Berufung u.a. der 14.-Beschwerdeführerin gemäß §§ 359 Abs. 4 i.V.m. 356 Abs. 3 GewO 1994 als unzulässig zurückgewiesen.
Den "übrigen Berufungen" - also auch der übrigen Beschwerdeführer (ausgenommen der 14.-Beschwerdeführerin) - wurde im Spruchpunkt 2. insofern Folge gegeben, als "Spruchteil Ia des angefochtenen Bescheides" wie folgt abgeändert wurde:
"Folgende Auflagen werden zusätzlich vorgeschrieben:
14.
Die Terrasse darf ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen. Lautes Sprechen, Singen und Musizieren ist untersagt.
15.
Auf dieses Verbot hinweisende Anschläge sind dauerhaft und von allen Zugängen zur Terrasse deutlich erkennbar anzubringen.
Die Betriebszeiten werden wie folgt abgeändert:
Betriebszeit Terrasse: 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr,
vom 15.6. bis 15.9. bis 23.00 Uhr
Anlieferungszeiten: 6.00 Uhr bis 23.00 Uhr
Die Aufzählungen der der Genehmigung zugrundeliegenden
Projektsunterlagen wird wie folgt ergänzt:
Telefax der K-Gesellschaft mbH betreffend Projektsmodifikation vom 16.11.1995, welches mit dem Genehmigungsvermerk des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten versehen ist.
Weiters wird Spruchteil Ia dahingehend abgeändert, daß der Genehmigung die Anlagenbeschreibung (Seite 2 bis 5 des Bescheides der Behörde erster Instanz) zugrundeliegt.
Die Anlagenbeschreibung wird wie folgt ergänzt:
Die Lüftungsgerätekomponenten werden dahingehend abgeändert, daß ein Kompaktlüftungsgerät sowie zwei Kompressorkondensatoreinheiten in schallgedämpfter Ausführung zur Aufstellung gelangen, deren Summenschalldruckpegel in 5 m Entfernung 55 dB(A) nicht überschreitet.
Im Terrassenbereich kommt eine 3 m hohe und an der Grundgrenze eine 2 m hohe Lärmschutzwand (z.B. dichte Holzlattenkonstruktion) zur Ausführung."
Zur Begründung des mehrere Berufungen zurückweisenden Abspruches (Spruchpunkt 1.) heißt es, die Berufung (u.a.) der 14.-Beschwerdeführerin sei als unzulässig zurückzuweisen gewesen, weil sie nicht rechtzeitig (spätestens in der Augenscheinsverhandlung der Behörde erster Instanz) Einwendungen erhoben habe.
Zum (meritorischen) Abspruch über die "übrigen Berufungen" im Spruchpunkt 2. wird zur Begründung u.a. ausgeführt, mit Eingabe vom 16. November 1995 habe die Genehmigungswerberin ihr Projekt mit dem Ziel eines verstärkten Nachbarschaftsschutzes modifiziert. Diese Projektsmodifikation sei einerseits als Genehmigungsunterlage und andererseits in Form der Ergänzung der Anlagenbeschreibung im Spruch des Bescheides fixiert worden. So sei beispielsweise eine Schalldämmung der Lüftungsgeräte, Lärmschutzwände im Terrassenbereich und an der Grundgrenze sowie eine Einschränkung der Anlieferungszeiten zum Projektsbestandteil erklärt worden. Hinsichtlich der projektierten Terrasse sei festzuhalten, daß diese an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenze und daher der Betriebszeitengarantie (hinsichtlich Lärmimmissionen) des § 148 Abs. 1 GewO 1994 unterliege. Bei einem derartigen Gastgarten dürften daher weder im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid bezüglich dieser Immissionsart betriebszeitenbeschränkende oder "sonstige lärmmindernde Auflagen" vorgeschrieben werden noch sei eine solche Beschränkung in einer anderen Weise im Spruch des Bescheides zulässig. Es müsse jedoch sichergestellt sein, daß der Gastgarten unter den Voraussetzungen des § 148 Abs. 1 leg. cit. betrieben werde, zumal die Genehmigungswerberin zum Ausdruck gebracht habe, daß sie dieser Betriebszeitengarantie teilhaft werden wolle. Aus diesem Grund seien die zusätzlich vorgeschriebenen Auflagen unter den Punkten 14. und 15. vorzuschreiben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hinsichtlich der Zurückweisung der 14.-Beschwerdeführerin wird zur Begründung der Beschwerde im wesentlichen ausgeführt, aus dem erstinstanzlichen Bescheid ergebe sich, daß die 14.-Beschwerdeführerin gegen die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung Einwendungen erhoben habe. Sie sei daher im erstinstanzlichen Verfahren auch Partei geworden. Ihr sei der erstinstanzliche Bescheid zugestellt worden. Es ergebe sich daher sowohl aus dem zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren als auch aus dem erstinstanzlichen Bescheid die Berufungslegitimation der 14.-Beschwerdeführerin. Es werde in keiner Weise begründet, warum die zweitinstanzliche Behörde der Ansicht sei, seitens der 14.-Beschwerdeführerin seien keine Einwendungen erhoben worden. Gerade die erstinstanzliche Behörde, gegenüber der Einwendungen zu erheben seien und in deren Verfahrensabschnitt Parteistellung erlangt werden könne, sei dazu berufen, diese Frage zu beurteilen. Die 14.-Beschwerdeführerin sei bei beiden Augenscheinsverhandlungen anwesend gewesen und habe, wie die erstinstanzliche Behörde richtig festgestellt habe, auch Einwendungen erhoben, worüber sich die belangte Behörde nicht hinwegsetzen dürfe.
Vorweg ist hinsichtlich der Beschwerde der 14.-Beschwerdeführerin festzuhalten, daß nach den Grundsätzen eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11.525/A, dem Erfordernis des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG der bestimmten Bezeichnung des verletzten Rechtes (Beschwerdepunkt) auch dann entsprochen ist, wenn der Inhalt der Beschwerde insgesamt (einschließlich der Sachverhaltsdarstellung) klar erkennen läßt, in welchem Recht sich der Beschwerdeführer verletzt erachtet. Aus dem Inhalt der Beschwerde insgesamt ist für den Verwaltungsgerichtshof klar erkennbar, daß sich die 14.-Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf meritorische Erledigung ihrer Berufung (unter Abstandnahme des von der belangten Behörde herangezogenen Zurückweisungsgrundes) verletzt erachtet. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vorbringt, die 14.-Beschwerdeführerin habe ihr Vorbringen, sie sei "unter Verkennung ihrer Parteistellung" zu Unrecht zurückgewiesen worden, bei der Anführung des Beschwerdepunktes gemäß Punkt II. der Beschwerde (subjektive Rechtsverletzung) nicht geltend gemacht, so kann daraus eine Unzulässigkeit der Beschwerde hinsichtlich der 14.-Beschwerdeführerin nicht abgeleitet werden; diese ist aber nicht begründet.
Soweit nämlich in der Beschwerde auf den erstinstanzlichen Bescheid bzw. das erstinstanzliche Verfahren Bezug genommen wird, so wird übersehen, daß die Berufungsbehörde nicht an die von der Unterinstanz getroffenen Feststellungen gebunden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1979, Zl. 1304/78). Wie sich aber aus der Verhandlungsschrift vom 23. Juni 1994 ergibt und worauf in den Gegenschriften sowohl der belangten Behörde als auch der mitbeteiligten Partei hingewiesen wird, erklärte die 14.-Beschwerdeführerin der Behörde gegenüber, nicht weiter an der Verhandlung teilnehmen zu können und daher Herrn S mit der Abgabe ihrer Stellungnahme zu bevollmächtigen. Der Niederschrift ist aber nicht zu entnehmen, daß HS eine Stellungnahme auch im Namen der 14.-Beschwerdeführerin abgegeben hätte. Derartiges wird in der Beschwerde auch gar nicht behauptet.
Soweit die Beschwerde von der 14.-Beschwerdeführerin erhoben wurde, erweist sie sich somit als unbegründet. Sie war diesbezüglich gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Die Beschwerde erweist sich aber - soweit sie von den übrigen Beschwerdeführern erhoben wurde - als begründet.
Dazu ist vorweg auf die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde einzugehen, wonach bei Gastgärten im Grunde des § 148 Abs. 1 GewO 1994 weder im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid bezüglich Lärmimmissionen betriebszeitenbeschränkende "oder sonstige lärmmindernde Auflagen vorgeschrieben werden" dürften, noch sei eine solche Beschränkung in einer anderen Weise im Spruch des Bescheides zulässig.
Die GewO 1994 - in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 63/1997 - bestimmt im § 148 Abs. 1, daß Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, jedenfalls von 8 Uhr bis 22 Uhr vom 15. Juni bis einschließlich 15. September bis 23 Uhr, betrieben werden dürfen, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 8. Oktober 1996, Zlen. 96/04/0175 bis 0177, dargelegt hat, ist, wie auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 1996, G 211/1994-12 u.a., ausgeführt hat, der dem § 148 Abs. 1 GewO 1994 unterliegende Gastgartenbetrieb unter den Voraussetzungen des § 74 GewO 1994 genehmigungspflichtig und daher gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 "erforderlichenfalls" - wenn auch nicht hinsichtlich der durch § 148 Abs. 1 GewO 1994 festgelegten Betriebszeiten - unter Auflagen zu genehmigen. Das bedeutet, daß der Betrieb eines solchen Gastgartens nur genehmigt werden kann, wenn durch die gleichzeitige Vorschreibung allenfalls erforderlicher Auflagen sichergestellt ist, daß ausgehend von den im Gesetz festgelegten Betriebszeiten die im § 74 Abs. 2 Z. 1 bis 5 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen vermieden werden können.
Die belangte Behörde verkannte daher schon deshalb die Rechtslage, wenn sie die Auffassung vertrat, daß hinsichtlich der projektierten Terrasse weder "sonstige lärmmindernde Auflagen" vorgeschrieben werden dürften, noch "eine solche Beschränkung in einer anderen Weise im Spruch des Bescheides zulässig" sei.
Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid aufgrund der Beschwerde der übrigen Beschwerdeführer (ausgenommen der 14.-Beschwerdeführerin) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhang mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996040078.X00Im RIS seit
20.11.2000