TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/17 95/04/0075

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Veröffentlicht am 17.03.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §66 Abs4;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Mizner und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der D-GesmbH & Co KG in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. Dezember 1994, Zl. 306.422/1-III/A/2a/94, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 27. Jänner 1992 wurde der Beschwerdeführerin gemäß "§ 81, § 77, § 74 Abs. 2, § 359 Abs. 1 1. Satz der Gewerbeordnung 1973, § 27 Abs. 3 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, § 359 Abs. 1 zweiter Satz der Gewerbeordnung 1973," die gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung ihrer Betriebsanlage an einem näher bezeichneten Standort "durch die Verwendung der Halle 3 als Druck- und Produktionshalle und Aufstellen" mehrerer näher bezeichneten Druckmaschinen in den Hallen 3 und 1 unter einer Reihe von Auflagen erteilt. Im Spruch dieses Bescheides heißt es auch: "Diese Genehmigung zur Verwendung der Halle 3 als Druck- und Produktionshalle sowie zum Betrieb der unter a) und

b) angeführten Druckmaschinen gilt nur in der Zeit von 6 Uhr bis 20 Uhr."

In diesem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 27. Jänner 1992 wird auch (als Sprucheinleitung) das Ergebnis der Verhandlung vom 6. November 1991 wiedergegeben. Darin heißt es (u.a.): "Der Rechtsvertreter der Konsenswerberin modifiziert den Antrag vom 4.2.1991 dahingehend, daß die Bewilligung der neuen Anlagenteile, die Gegenstand des heutigen Genehmigungsverfahrens sind, gewerbebehördlich erteilt werden wolle für die Zeit von 6 bis 20 Uhr."

In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., hinsichtlich der Lärmemissionen sei festzuhalten, daß die Messungen ergeben hätten, daß bei Tagzeit (6 bis 20 Uhr) keine unzumutbaren Belästigungen zu erwarten seien. Aus diesem Grund sei die Bewilligung auch nur für diese Zeit erteilt worden. Durch die zeitliche Einschränkung des Betriebes der im Spruch angeführten Anlagenteile bzw. Maschinen auf die Zeit von 6 bis 20 Uhr sowie Vorschreibung zweier näher bezeichneter Auflagen habe die Gewerbebehörde dafür gesorgt, daß eine unzumutbare Lärmbelästigung der Nachbarn ausgeschlossen werde.

Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. April 1993 als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin erhob auch gegen diesen Bescheid Berufung. Darin führt sie, soweit dies für den Beschwerdefall von Bedeutung ist, aus, es sei unzumutbar, etwa in der Zeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr früh, sämtliche die Benützungsart bestimmenden Gerätschaften und Maschinen zu demontieren, aus dieser Halle zu verbringen und dann bei Beginn der erlaubten Verwendung wiederum zu installieren. Sollte allerdings die Behörde nunmehr den Standpunkt vertreten, daß eine Widmung eines Raumes zu bestimmten produktionstechnischen Maßnahmen nur dann erforderlich und nur für die Zeit notwendig sei, in der diese Maßnahmen auch tatsächlich ausgeführt würden, dann wäre es erforderlich gewesen, daß die Berufungsbehörde diese Auffassung ausdrücklich und unmißverständlich für sämtliche Anrainer zum Ausdruck bringe.

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. Dezember 1994 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. April 1993 insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid und der diesem zugrunde liegende Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 27. Jänner 1992 wie folgt abgeändert wurde:

"Der zweite Absatz des Spruches des zitierten Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 27. 1. 1992 mit dem Wortlaut "Diese Genehmigung zur Verwendung der Halle 3 als Druck- und Produktionshalle sowie zum Betrieb der unter a) und

b) angeführten Druckmaschinen gilt nur in der Zeit von 6 Uhr bis 20 Uhr" entfällt."

Anstelle dessen wurde folgender zusätzlicher Auflagenpunkt

14.) vorgeschrieben:

"Der Betrieb der Halle 3 als Druck- und Produktionshalle ist nur während der täglichen Betriebszeit von 6 Uhr bis 20 Uhr zulässig."

Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen.

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, bezüglich der Betriebszeitenbeschränkung komme dem Berufungsvorbringen insoferne Berechtigung zu, als - bei überspitzter Leseart des erstinstanzlichen Bescheidspruches - die Genehmigung selbst und nicht die Betriebszeiten als zeitlich beschränkt gesehen werden könnte, "wodurch die Druck- und Produktionshalle außerhalb der Betriebszeiten nicht als solche verwendet (und damit die Maschinen während dieser Zeiten dort nicht aufgestellt werden) dürfte". Dem sei durch den nunmehr abgeänderten Auflagenpunkt 14.) Rechnung getragen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Die Beschwerdeführerin erstattete daraufhin eine Erwiderung zur Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin im Recht auf "Benützung einer Betriebsanlage und somit in ihrer Erwerbsfreiheit sowie in der Achtung wohlerworbener Rechte" verletzt. In Ausführung ihres so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, in den Anträgen auf Bewilligung der Abänderung der Betriebsanlage sei von einem Aufgeben des Lagerzweckes in der Halle 3 nicht die Rede gewesen, sondern es sei die Beschreibung der Halle 3 für Druck-, Produktions- und Lagerzwecke vorgenommen worden. Die Formulierung in lit. a) des erstinstanzlichen Spruches könne dahin verstanden werden, daß nunmehr die Lagerhallenwidmung nicht mehr bestehen würde. Es sei dem Spruch nicht eindeutig zu entnehmen, daß eine zusätzliche neben der bisherigen Verwendungsart genehmigt werde und nicht eine die bisherige Verwendungsart ersetzende, gleichwohl der Spruch auch so verstanden werden könnte.

Zu diesem Vorbringen ist darauf zu verweisen, daß, wovon ja auch die Beschwerdeführerin ausgeht, die Verwendung der Halle 3 als Lagerhalle bereits rechtskräftig mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. August 1988 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zlen. 88/04/0239, 0240) genehmigt wurde. Auf diesen Umstand hat auch der Landeshauptmann von Niederösterreich in der Begründung des Bescheides vom 28. April 1993 hingewiesen und - in Erwiderung des diesbezüglichen Berufungsvorbringens, die Textierung des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides könnte dahin verstanden werden, daß der bewilligte Bestand (als Lagerhalle) verloren ginge - daraus gefolgert, die "Erwähnung dieser Tatsache" im Spruch des Bescheides, mit dem die zusätzliche Verwendung der Halle als Druck- und Produktionshalle bewilligt worden sei, erübrige sich. Dieses Begründungselement hat die belangte Behörde durch ihre Verweisung auf die zutreffenden Gründe im Bescheid der Vorinstanz rezipiert. Da Spruch und Begründung eines Bescheides eine Einheit bilden, ist im Zweifel aus dem Zusammenhalt beider der nähere Sinn und Inhalt der Entscheidung zu schließen (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1985, Zl. 85/05/0114, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1972, Slg. Nr. 6.764). Ausgehend davon ist Abspruchsgegenstand der gegenständlichen Änderungsgenehmigung nach § 81 GewO 1994 die (zusätzliche) Verwendung der Halle 3 als Druck- und Produktionshalle, ohne daß, wie es die Beschwerdeführerin formuliert, "nunmehr die Lagerhallenwidmung nicht mehr bestehen würde". Insofern wurde die Beschwerdeführerin auch nicht in der als Beschwerdepunkt geltend gemachten "Achtung wohl erworbener Rechte" verletzt.

In der Beschwerde wird weiters geltend gemacht (und dies näher begründet), die mit dem angefochtenen Bescheid (zusätzlich) vorgeschriebene Auflage 14.) sei unter Verletzung des Parteiengehörs gefaßt worden, wäre im Hinblick auf die Schutzinteressen der Nachbarn nicht erforderlich bzw. es hätte allenfalls eine nur spezifisch auf die in der Halle 3 aufgestellten Maschinen bezogene Auflage vorgeschrieben werden dürfen, die in etwa hätten lauten können:

"Durch den Betrieb der Druckmaschinen MAN Rotation 4 Werke (Lithoman) und MAN Rotation 5 Werke (Polyman) in der Halle 3 darf in der Zeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr im Nachbarschaftsbereich Wintergasse der Lärmemissionswert von 40 dB nicht überschritten werden."

Wie aus dem eingangs dargestellten Verfahrensgang ersichtlich, ist infolge der entsprechenden Erklärung des Vertreters der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vom 6. November 1991 - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist - der Genehmigungsantrag vom 4. Februar 1991 dahingehend modifiziert worden, "daß die Bewilligung der neuen Anlagenteile, die Gegenstand des heutigen Genehmigungsverfahrens sind, gewerbebehördlich erteilt werden wolle für die Zeit von 6 Uhr bis 20 Uhr". Es war daher mit Rücksicht auf das sich aus § 77 Abs. 1 GewO 1994 ergebende Wesen von Auflagen als Vorschreibung von "bedingten Polizeibefehlen" zur Hintanhaltung von sonst bei Errichtung oder Betrieb der (geänderten) Betriebsanlage zu befürchtenden Nachteilen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 verfehlt, Beschränkungen beim Betrieb der geänderten Betriebsanlage, die bereits Gegenstand des Projektes sind, (noch einmal) als Auflagen vorzuschreiben, anstatt in geeigneter Form, d.h. im Wege der Aufnahme einer Betriebsbeschreibung in den Spruch des Bescheides den diesbezüglichen (geänderten) Inhalt des Projektes festzuhalten. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem gleichgelagerten Fall im Beschluß vom 28. Jänner 1997, Zl. 96/04/0181, jedoch ausgesprochen hat, ist es ausgeschlossen, daß durch eine solche der belangten Behörde unterlaufene Rechtswidrigkeit subjektive Rechte des Beschwerdeführers (als Konsenswerber) verletzt werden, weil durch die Vorschreibung von Maßnahmen als Auflagen, die bereits Gegenstand des Projektes sind, in die Rechtssphäre des Konsenswerbers nicht eingegriffen wird und auch im Fall einer Zuwiderhandlung die Nichteinhaltung von Auflagen nach § 367 Z. 25 GewO 1994 nicht strenger bestraft wird als nach § 366 Abs. 1 Z. 3 der genehmigungslose Betrieb einer in genehmigungspflichtiger Weise geänderten Betriebsanlage. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995040075.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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