Entscheidungsdatum
05.05.2020Norm
B-VG Art132 Abs1 Z1Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch die Richterin Dr. Maier in der Beschwerdesache des Herrn A, des B, des C sowie des Herrn D, alle vertreten durch die E Rechtsanwaltspartnerschaft KG in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 19. Dezember 2019, Zl. ***, betreffend Anfechtung der Wahl des Jagdausschusses/Zurückweisung sowie gegen den Einspruch gegen die Jagdvergabe des Genossenschaftsjagdgebietes F vom 29.06.2019 den
BESCHLUSS:
1. Die Beschwerden werden als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
Zu 1.: § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)
Zu 2.: § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) iVm Artikel 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
Begründung:
1. Verfahrensgang:
Die Herren A und B brachten am 18.06.2019 bei der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn durch den ausgewiesenen Vertreter Beschwerde gegen die Wahl des Jagdausschusses vom 04. Juni 2009 betreffend die Jagdgenossenschaft G ein.
Mit Schriftsatz vom 25. September 2019, eingelangt am 30. September 2019 bei der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn, wurde von Herrn A und Herrn B Einspruch gegen die neuerliche Jagdvergabe der Jagdgenossenschaft G vom 31. August 2019 erhoben.
Sodann wurde nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens der nunmehr angefochtene Bescheid seitens der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn erlassen. Mit diesem Bescheid vom 19. Dezember 2019 wurde in Spruchpunkt 1. die am 18. Juni 2019 bei der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn eingebrachte Beschwerde gegen die Wahl des Jagdausschusses als verspätet zurückgewiesen.
In Spruchpunkt 2. wurde die Beschwerde vom 30. September 2019 gegen die Jagdvergabe des Genossenschaftsjagdgebietes F vom 31. August 2019 als unbegründet abgewiesen.
Adressat dieses Bescheides ist die Rechtsanwaltspartnerschaft KG E, ***, ***. In der Zustellverfügung am Ende dieses Bescheides wird zudem festgelegt, dass dieser Bescheid ebenso an den Jagdausschuss H, z.H. des Obmann-Stellvertreters I, zu ergehen hat. Dass die Antragsteller A und B Adressaten dieses Bescheides sein sollen, kann nicht abgeleitet werden. Andererseits findet sich im Adressatenfeld des Bescheides kein Hinweis darauf, dass sich der Bescheid an die Rechtsanwaltspartnerschaft als anwaltlicher Vertreter der Antragsteller richtet, sondern ist vielmehr von einer persönlichen Adressierung an diese Rechtsanwaltspartnerschafts KG auszugehen.
Sodann wurde gegen diesen Bescheid von A, B, C sowie D ad personam, vertreten durch die Rechtsanwaltspartnerschaft KG E, Beschwerde erhoben.
2. Beschwerdevorlage ans NÖ LVwG
Mit Schreiben vom 24. Jänner 2020, Zl. ***, wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt und gleichzeitig auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
3. Ohne auf das inhaltliche Beschwerdevorbringen einzugehen, ist Folgendes festzuhalten:
Wie eingangs bereits festgehalten, wurde seitens der Herrn A und B ein an die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn gerichtetes Schriftstück mit „Beschwerde“ bezeichnet, gleichzeitig aber mit „Anträgen“ versehen. Die an die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn gerichteten Eingaben vom 18.6.2019 und 27.9.2019 stammten beide von den Herren A und B. Diese beiden waren in dieser Angelegenheit durch die Rechtsanwaltspartnerschaft E vertreten. Diese Eingaben wurden beide mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 19. Dezember 2019 einer Erledigung zugeführt und demnach in zwei Spruchpunkte geteilt. So wurde die Eingabe vom 18.6.2019 mit Spruchpunkt 1. als verspätet zurückgewiesen, die Eingabe vom 27.9.2019 wurde als unbegründet abgewiesen. Insofern sich in diesem Spruchpunkt 2. des Bescheides das Datum „30. September 2019“ findet, ist festzuhalten, dass die Beschwerde am 27.9.2019 bei der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn im allgemeinen E-Mail-Postfach einlangte, am 30.9.2019 wurde diese Eingabe vom allgemeinen Postfach (post.bhhl) an das Postfach des zuständigen Fachgebietes (hljagdagrar)weitergeleitet. Adressat dieses Bescheides ist die Rechtsanwaltspartnerschafts KG E, ***, ***.
Dieses Anbringen wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid einer Erledigung zugeführt. Dies geht aus dem Spruch des nunmehr angefochtenen Bescheides eindeutig hervor, der auf die soeben zitierten Anbringen ausdrücklich Bezug nimmt. Obwohl die Anträge von A und B bei der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn eingebracht wurden, bezieht sich die Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn nicht auf die beiden Antragssteller, sondern wurde der Bescheid der Rechtsanwaltspartnerschaft KG E gegenüber erlassen. Ob die Rechtsanwaltspartnerschaft KG E ebenso Anträge eingebracht hat, kann dem Akt nicht entnommen werden.
Gemäß Artikel 132 Abs. 1 B-VG ist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit legitimiert, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Alleine der Umstand der Zustellung eines Bescheides alleine ergibt für sich noch nicht das Beschwerderecht desjenigen, dem der Bescheid zugestellt wurde (vergleiche dazu Hengstschläger-Leeb, Kommentar zum AVG, § 63). Die Beschwerdelegitimation knüpft einerseits daran an, dass der Bescheid einer Person gegenüber wirksam erlassen wurde und andererseits, dass er für diese Person auch inhaltlich bestimmt ist. Dabei ist maßgeblich, an wen sich der bekämpfte Bescheid seinem Inhalt nach tatsächlich richtet und nicht, an wen er richtiger Weise gerichtet hätte werden müssen.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes normieren die Bestimmungen des § 58 AVG und des § 59 AVG nicht ausdrücklich die Pflicht, im Bescheidspruch den Adressaten zu nennen. Dennoch muss der Bescheid eindeutig erkennen lassen, wer Bescheidadressat ist, dies gerade auch im Hinblick auf eine allfällige Vollstreckung. Es bedeutet keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 59 Abs. 1 AVG, wenn die Behörde im Spruch zwar den Verpflichtenden zunächst als Adressat bezeichnet (z.B. Eigentümer der Liegenschaft), dann aber in der Zustellverfügung diejenige physische oder juristische Person benennt, auf welche sich der Spruch bezieht, weil durch eine solche Erfassung der Person des zu einer Leistung Verpflichtenden das im Spruch des Bescheides zu begründende Rechtsverhältnis klar zum Ausdruck kommt. Wird also im Spruch eine Person nur abstrakt bezeichnet, so kommt der Zustellverfügung, in der sie dann namentlich bezeichnet ist, wesentliche Bedeutung zu, weil dadurch erst die notwendige Individualisierung bewirkt wird. Wird hingegen im Spruch des Bescheides niemand angesprochen, kommt mangels ausdrücklicher Spezifikation nur dem in der Zustellverfügung genannten Bescheidadressaten Parteistellung zu (VwGH vom 27.11.2008, 2006/03/0097).
Wie eben bereits festgestellt, ist der Bescheid an die Rechtsanwaltspartnerschaft KG E direkt adressiert. Weiters findet sich die behördliche Anordnung, dass dieser Bescheid ebenso an den Obmann Stellvertreter des Jagdausschusses H zu ergehen hat.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist grundsätzlich abstrakt formuliert. Es findet sich in Spruchpunkt 1. lediglich die Ansprache „die von Ihnen“, Spruchpunkt 2. hingegen ist völlig abstrakt ausformuliert.
Der Bescheidadressat muss sich daher im gegenständlichen Fall aus dem Adressatenfeld selber bzw. aus der Zustellverfügung ableiten lassen. Im Adressatenfeld ist ausdrücklich festgehalten, dass der Bescheid an die Rechtsanwaltspartnerschaft KG E, ***, ***, ergeht. In der Zustellverfügung findet sich zudem, dass der Bescheid an den Jagdausschuss H, zu Handen des Obmann-Stellvertreters ergeht.
Es ist daher seitens des angefochtenen Bescheides nicht ableitbar, dass eine Bescheiderlassung gegenüber den natürlichen Personen A und B – sohin an die Antragsteller - stattgefunden hätte.
Diese Personen können durch den nunmehr angefochtenen Bescheid daher mangels Erlassung ihnen gegenüber weder zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet werden, noch können sie durch diesen Bescheid in ihren Rechten verletzt sein.
Gegenüber dem Dritt- und Viertbeschwerdeführer, nämlich Herrn C und Herrn D, erfolgte ebenso keine Bescheiderlassung. Diese beiden Personen brachten auch nicht einmal ein Anbringen bei der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn ein. Diese beiden Beschwerdeführer können durch den nunmehr angefochtenen Bescheid daher ebenso mangels Erlassung ihnen gegenüber durch diesen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt sein.
Die Verwaltungsgerichte wurden dazu eingerichtet, um bestimmte Akte der Verwaltung auf Grund einer Beschwerde auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Das Wesen einer – wie gegenständlich vorliegenden – Bescheidbeschwerde in Form einer Parteibeschwerde besteht in der Geltendmachung der Verletzung subjektiv öffentlicher Rechte durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde. Demgemäß kann nach Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Essentiell für eine Bescheidbeschwerde ist somit die Behauptung einer Rechtsverletzung, welche zumindest möglich sein muss. Von einer Rechtsverletzung kann jedoch nur jemand betroffen sein, demgegenüber überhaupt eine behördliche Anordnung – sprich ein Bescheid – erlassen wurde. Die Beschwerdeführer können sich nicht auf eine wirksame Rechtsverletzung stützen, da ihnen gegenüber ein Bescheid zu keinem Zeitpunkt erlassen wurde. Dementsprechend verfügen sie auch über keine Beschwerdelegitimation, weshalb die Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen war.
4. Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte schon gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen. Es ist nicht zu erkennen, dass eine mündliche Erörterung fallbezogen eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten ließe und stehen einem Entfall der Verhandlung auch weder Artikel 6 Abs. 1 EMRK noch Artikel 47 GRC entgegen (vergleiche VwGH vom 03.08.2016, Ra 2016/07/0058).
5. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Landwirtschaft und Natur; Jagdrecht; Jagdgenossenschaft; Verfahrensrecht; Beschwerdelegitimation;Anmerkung
VwGH 06.12.2021, Ra 2020/03/0067 bis 0070-6, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.125.001.2020Zuletzt aktualisiert am
21.12.2021