TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/17 98/04/0006

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Veröffentlicht am 17.03.1998
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §13 Abs4;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/04/0007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerden des E in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom 20. Oktober 1997, Zl. MA 63-K 434/96 und MA 63-K 435/96, beide betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in den Beschwerden im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Bescheide entzog der Landeshauptmann von Wien dem Beschwerdeführer mit den beiden im Instanzenzug ergangenen Bescheiden vom 20. Oktober 1997 gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 zwei verschiedene Gewerbeberechtigungen an einem näher bezeichneten Standort. Zur Begründung führte der Landeshauptmann in beiden Bescheiden übereinstimmend aus, mit Beschluß des Handelsgerichtes vom 28. November 1995 sei über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet worden. Die im Berufungsverfahren befragte Gebietskrankenkasse habe mit Schreiben vom 22. Jänner 1997 mitgeteilt, der Beitragsrückstand für die Zeit von Dezember 1994 bis Dezember 1996 betrage S 434.847,13. Die Masseforderungen seien bezahlt worden, eine Zahlungsvereinbarung mit dem Gewerbeinhaber sei nicht abgeschlossen worden. Die gleichfalls befragte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe der Behörde mit Schreiben vom 23. Jänner 1997 mitgeteilt, der Gewerbeinhaber schulde für die Zeit vom 1. Februar 1995 bis 27. November 1995 Beiträge in der Höhe von S 24.019,97, welche als Konkursforderungen angemeldet worden seien. Die vom 28. November 1995 bis 31. Dezember 1996 vorgeschriebenen Masseforderungen seien entrichtet worden. Das Bezirksgericht habe bekanntgegeben, daß in das Vermögen des Beschwerdeführers zahlreiche Exekutionen bewilligt worden seien, denen Forderungen von insgesamt S 1,378.305,25 zugrunde lägen. Über entsprechende Aufforderung habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. Mai 1997 bekanntgegeben, es seien die den bekanntgegebenen Exekutionen zugrunde liegenden Forderungen zum Großteil bezahlt worden. Der von ihm beabsichtigte Zwangsausgleich werde spätestens mit Juli eingereicht. Die dafür notwendigen Mittel würden ihm aus der Familie in dem notwendigen Ausmaß zur Verfügung gestellt werden. Für die Rückzahlung werde ein langfristiger Zeitraum eingeräumt. Gestützt auf dieses Ermittlungsergebnis gelangte der Landeshauptmann zum Ergebnis, der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage, die laufenden Verbindlichkeiten, die im Falle des weiteren Betriebes seines Gewerbes entstünden, zu begleichen. Sein bisheriges Verhalten gegenüber den Sozialversicherungsträgern zeige vielmehr, daß es ihm offenbar an den notwendigen liquiden Mitteln fehle, um die mit der Gewerbeausübung verbundenen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu erfüllen. Darüberhinaus zeigten auch die bisher gegen ihn geführten erfolglosen Exekutionen, daß er offenkundig nicht in der Lage sei, seine Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu erfüllen. Es mangle daher an einem vorwiegenden Interesse der Gläubiger an der weiteren Ausübung des Gewerbes durch den Beschwerdeführer. Daran könne auch die in Aussicht gestellte Einbringung eines Zwangsausgleiches nichts ändern, weil der Beschwerdeführer über den Inhalt des beabsichtigten Zwangsausgleiches keine Angaben gemacht habe und es daher fraglich sei, ob die Erfüllung eines Zwangsausgleiches überhaupt sichergestellt sei. Darüberhinaus habe er sich auch zu den offenen Exekutionsverfahren nicht mehr geäußert. In beiden Fällen wäre es bei ihm gelegen, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Die Unterlassung eines diesbezüglichen Vorbringens gehe insofern zu seinen Lasten, als die Berufungsbehörde davon ausgehen müsse, daß die Voraussetzungen für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht gegeben seien.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach deren Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Nichtentzug und weitere Gewährung der entzogenen Gewerbeberechtigungen verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht er in beiden Beschwerden übereinstimmend geltend, die Masseverwalterin sei von der belangten Behörde nicht gehört worden. Wäre dies geschehen, so wäre dabei herausgekommen, daß durch den erfolgreichen Fortbetrieb des Unternehmens im Konkurs sichergestellt sei, daß die neuen Gläubiger des Unternehmens jeweils befriedigt würden. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht der belangten Behörde ausreichend Anhaltspunkte zur Verfügung gestellt, sodaß diese hätte amtswegig weiterforschen können. Zu Unrecht lege die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde, daß der Beschwerdeführer die laufenden Verbindlichkeiten bei Fortbestehen des Gewerbes nicht begleichen werde können. Es sei unzulässig, jenen Umstand, der als Entzugsgrund geltend gemacht werde, noch einmal dafür anzuführen, daß die Ausnahmeregelung auszuschließen wäre. Weil der Beschwerdeführer seine laufenden Verbindlichkeiten nicht allen Gläubigern gegenüber ordentlich erfüllt habe, sei eben das Konkursverfahren eröffnet worden, dessen Folge das Entzugsverfahren sei. In diesem sei also lediglich zu prüfen, ob in Zukunft die Befriedigung der neuen Gläubiger erwartet werden könne und ob es im Interesse der Gläubiger stehe, wenn der Gewerbeinhaber durch Fortführung seines Gewerbes seine Einkunftsgrundlage nicht verliere und damit die Befriedigung auch der alten Gläubiger zumindest im Zuge eines Zwangsausgleiches erfolgen könne. Nach § 13 Abs. 4 GewO 1994 werde durch die Eröffnung des Konkurses der Gewerbeausschluß nicht bewirkt, wenn es zu einem Zwangsausgleich oder Zahlungsplan komme oder aber nach einem Abschöpfungsverfahren die Restschuldbefreiung erteilt worden sei. Aus einem Größenschluß ergebe sich, daß es nicht die Absicht des Gesetzgebers sei, bei einem laufenden Konkursverfahren mit Fortbetrieb die wirtschaftliche Existenz des Gemeinschuldners zu vernichten, in der Folge aber ihm diese wirtschaftliche Existenz bei Neuansuchen um eine Gewerbeberechtigung ohne Hinderung zu geben. Es erweise sich daher, daß bei richtiger Rechtsanwendung der Gewerbeentzug wegen des Zwangsausgleiches zu Unrecht auf die Bestimmung des § 13 Abs. 3 GewO 1994 gestützt werde, im übrigen aber im Sinne des § 87 Abs. 2 leg. cit. von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen sei, da die Gläubiger des Beschwerdeführers hieran ein überwiegendes Interesse hätten. Der "Sanierungsausgleich" erfolge in der Regel nur, wenn tatsächlich das gewerbliche Unternehmen bestehen bleiben könne.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Nach § 13 Abs. 3 leg. cit. sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen.

Nach dem Abs. 4 dieser Gesetzesstelle ist Abs. 3 u.a. dann nicht anzuwenden, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt worden ist.

Nach § 87 Abs. 2 GewO 1994 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie sich aus dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 4 GewO 1994 ergibt, ist Voraussetzung der Nichtanwendung des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle und damit des Wegfalles des dort normierten Ausschlußgrundes, daß es im Zuge des Konkursverfahrens u.a. zum Abschluß eines Zwangsausgleiches gekommen und dieser erfüllt worden ist. Solange dieser Tatbestand nicht gegeben ist, also der abgeschlossene Zwangsausgleich nicht (zur Gänze) erfüllt worden ist, bleibt der Gewerbeausschlußgrund des § 13 Abs. 3 und damit der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 aufrecht. Der Beschwerdeführer irrt daher, wenn er meint, es sei im vorliegenden Fall schon wegen der Absicht, einen Zwangsausgleich anzustreben, der von der belangten Behörde herangezogene Entziehungsgrund nicht mehr gegeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 94/04/0172).

Zu der im § 87 Abs. 2 GewO 1994 geregelten Frage des Absehens von der Entziehung der Gewerbeberechtigung hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt, daß die Gewerbeausübung einer natürlichen Person jedenfalls nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger" gelegen und daher nach dieser Gesetzesstelle von der nach § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 leg. cit. vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen ist, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird, wie dies im übrigen in den Nachsichtsvoraussetzungen des § 26 Abs. 2 GewO 1994 zum Ausdruck kommt. Die Erwartung, daß die natürliche Person den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen können wird, setzt jedenfalls die Verfügung über die erforderlichen liquiden Mittel voraus, um die diesbezüglichen Verbindlichkeiten abzudecken. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden können, denn es muß sichergestellt sein, daß im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartende Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 94/04/0029).

Im Lichte dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der belangten Behörde, im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht gegeben, nicht als rechtswidrig zu erkennen, läßt doch der von der belangten Behörde ermittelte Sachverhalt in keiner Weise erkennen, daß der Beschwerdeführer derzeit in der Lage sei, neben den aus der laufenden Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten alle bisher entstandenen, bereits fälligen Forderungen durch liquide Mittel zu erfüllen. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang der belangten Behörde eine Verletzung der ihr obliegenden amtswegigen Ermittlungspflicht vorwirft, vermag er damit eine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht darzutun, weil er es unterläßt darzulegen, welchen anderen konkreten Sachverhalt die Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels ermittelt hätte. Abgesehen davon räumt der Beschwerdeführer im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung ein, daß es zu dem für Sommer 1997 geplanten Antrag auf Zwangsausgleich nicht gekommen sei, weil sich die "Umschichtung von Vermögen" verzögert habe, sodaß der Zwangsausgleichsantrag erst in naher Zukunft gestellt werden werde.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998040006.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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