TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/19 W279 2225467-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

19.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W279 2225467-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX 1997 alias XXXX 1998, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .10.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste im April 2015 illegal und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am XXXX 04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei seiner Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Wien am

XXXX 04.2015 gab der BF an, er sei schiitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Hazara an. Zu seinem Fluchtgrund führte der BF aus, dass er seine Heimat aufgrund der schlechten Sicherheitslage verlassen habe müssen. Er habe Angst um sein Leben gehabt, daher habe er sich zur Flucht aus Afghanistan entschieden. Bei einer Rückkehr habe er Angst vor der unsicheren Lage.

3. Am XXXX 08.2016 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) einvernommen. Der BF gab an, dass er aus der Provinz Ghazni stamme, der Volksgruppe der Hazara und dem schiitischen Glauben angehöre. Er könne lediglich eine Kopie der Tazkira vorlegen. Auf Aufforderung, einen kurzen Lebenslauf wiederzugeben, entgegnete der BF, dass er in Malistan geboren sei und fünf Jahre die Schule besucht habe. Er sei gemeinsam mit seinen Eltern in der Landwirtschaft tätig gewesen. Auf die Frage, welche Angehörige noch in Afghanistan leben würden, erklärte der BF, dass seine Mutter, seine Schwägerin und deren Kind in einem Haus gelebt hätten. Seine beiden Schwestern würden mit ihren Ehemännern in der Provinz Ghazni wohnhaft sein, sein Bruder sei im Iran aufhältig. Auf Aufforderung, seine Lebensumstände im Heimatland zu schildern, erklärte der BF, dass sie viel Grund besessen hätten und der BF mit seiner Mutter in der Landwirtschaft tätig gewesen sei. Überdies habe ihnen sein Bruder regelmäßig Geld geschickt. Befragt, wann er zuletzt mit seinen Familienangehörigen in Kontakt gestanden sei, entgegnete der BF, dass er vor vier Monaten mit seiner Mutter sowie seiner Schwägerin in Kontakt gestanden sei. Zudem habe er in Malistan noch einen familiären Anknüpfungspunkt in Form seines Onkels, der in einem eigenen Haus wohne und eine Landwirtschaft habe. Er habe jedoch keinen Kontakt zu seinem Onkel. Die Fragen, ob er vorbestraft sei, gegen ihn staatliche Fahndungsmaßnahmen bestehen würden, er politisch tätig oder Mitglied einer politischen Partei gewesen sei oder aufgrund seines Religionsbekenntnisses bzw. seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme gehabt habe, wurden vom BF verneint. Er habe auch keine gröberen Probleme mit Privatpersonen gehabt und in seinem Heimatland an keinen bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass er einer Minderheit angehöre und die Taliban seien Sunniten, die Schiiten dazu nötigen würden, gegen die afghanische Regierung zu kämpfen und die Kuchis würden ihre Gründe in Besitz nehmen wollen. Bei einer Rückkehr würden ihn die Taliban finden und als Spion behandeln. Vor allem in Ghazni habe er aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara keine Sicherheit.

Befragt, wann es zur ersten Bedrohung von Seiten der Taliban gekommen sei, entgegnete der BF, dass er die erste Bedrohung Anfang 2015 und somit 15 Tage vor seiner Ausreise erhalten habe. Auf Nachfrage, was die Taliban von ihm gewollt hätten, entgegnete der BF, dass er als Schiit gegen die Amerikaner sowie die Regierung kämpfen hätte sollen. Die Taliban hätten die Dorfbewohner jedenfalls versammelt und sie angewiesen, für sie zu kämpfen, andernfalls würden sie mit Konsequenzen zu rechnen haben. Zur Frage, wie oft er von den Taliban bedroht worden sei, erwiderte der BF, dass sie die Bewohner zweimal versammelt und ihnen Anweisungen erteilt hätten. Befragt, ob er selbst bereits von den Taliban angegriffen worden sei, erklärte der BF, dass er selbst nicht tätlich durch die Taliban angegriffen worden sei, das Getreide seiner Familie aber oftmals von den Taliban zerstört worden sei. Auf die Frage, wann die zweite Versammlung der Taliban stattgefunden habe, gab der BF zu Protokoll, dass diese 15 Tage vor seiner Ausreise stattgefunden habe und ihnen den Besuch einer Militärschule angeraten hätten. Zwischen der ersten und der zweiten Bedrohung seien in etwa 10 Tage vergangen. Auf Vorhalt, dass er zuvor angegeben habe, dass die erste Bedrohung 15 Tage vor seiner Ausreise stattgefunden habe und nunmehr erkläre, dass die zweite Bedrohung ebenfalls 15 Tage vor seiner Ausreise stattgefunden habe, entgegnete der BF, dass er seine Angaben dahingehend korrigieren wolle, dass es sich beim ersten Mal um eine schlichte Versammlung gehandelt habe, währenddessen das zweite Mal eine Bedrohung gewesen sei. Zum weiteren Vorhalt, dass er zuvor gemeint habe, dass er bereits bei der Versammlung eine Morddrohung erhalten habe und jetzt zu Protokoll gebe, nur zum Überlegen aufgefordert worden zu sein, entgegnete der BF, dass sie beim ersten Mal noch eine Bedenkzeit bekommen hätten, beim zweiten Mal jedoch eine konkrete Entscheidung verlangt hätten. Zur Frage, ob er selbst auch direkt durch die Taliban mit dem Tod bedroht worden sei, erwiderte der BF, dass es sich um eine allgemeine Bedrohung gehandelt habe, die an alle junge Männer gerichtet gewesen sei. Zwischen der zweiten Bedrohung und seiner Ausreise seien insgesamt 15 Tage verstrichen und sie hätten zwischen den beiden Bedrohungen eine Frist von 20 oder 25 Tagen bekommen, um sich für oder gegen die Taliban zu entscheiden. In der Zeit vor seiner Ausreise hätten sie die Taliban jedenfalls nicht mehr belästigt. Befragt, ob er die zwei geschilderten Vorfälle der Polizei gemeldet habe, entgegnete der BF, dass die Vorfälle zwar gemeldet worden seien, diese jedoch keinen ausreichenden Einfluss gehabt habe. Die Benachteiligung der Volksgruppe der Hazara sei ein allgemeines Problem in Afghanistan. Seine Familienangehörigen seien im Herkunftsstaat jedenfalls nie bedroht worden.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, führte der BF aus, dass er im Bundesgebiet keine familiären Anknüpfungspunkte habe und bereits eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 abgeschlossen habe. Er habe in Österreich weder eine Schule besucht noch sei er einer Erwerbstätigkeit nachgegangen und beziehe Leistungen aus der Grundversorgung. Die Fragen, ob er in Österreich eine Lebensgefährtin habe oder Mitglied in einem Verein sei, wurden vom BF ebenfalls verneint. Er verrichte gelegentlich gemeinnützige Gartenarbeiten.

4. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom BF eine Teilnahmebestätigung vom XXXX 06.2016 über die Absolvierung der Bildungslehrveranstaltung Deutsch A1 Teil 1 für AsylwerberInnen und eine Bestätigung eines Sprachinstituts über die Teilnahme an einem Deutschkurs in Vorlage gebracht.

5. Mit Bescheid vom XXXX 09.2016, Zl. XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum XXXX 09.2017 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. (Spruchpunkt III.).

In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, dass es in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu divergenten Aussagen bezüglich der ersten und der zweiten Bedrohung gekommen sei. Des Weiteren seien die divergenten Aussagen bezüglich der jeweiligen Zeitpunkte der Versammlungen anzuführen. Selbst bei unterstellter Glaubwürdigkeit läge im Fall des BF keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aufgrund der Rasse im Sinne der GFK vor, da er wie die anderen Dorfbewohner nur allgemein aufgefordert worden sei, sich für oder gegen die Taliban zu entscheiden, ohne jeglichen Hintergrund einer persönlichen, direkten Bedrohung aufgrund seiner Religion, Nationalität, sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung. Seine Familie lebe in Ghazni, ein soziales Netzwerk in einer anderen afghanischen Provinz stehe dem BF nicht zur Verfügung. Alleine schon die Sicherheitslage in dieser Provinz lasse eine Rückkehr dorthin objektiv gefährlich erscheinen. Der BF könne lediglich eine fünfjährige Volksschulausbildung und keine nennenswerte Berufsausbildung, außer der landwirtschaftlichen Tätigkeit im elterlichen Anwesen vorweisen. Es würden daher Umstände vorliegen, aufgrund derer man nicht ausschließen könne, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan, selbst wenn er sich in einer relativ gesehen sicheren Provinz als Ghazni niederlassen würde, in eine die Existenz bedrohende Lage geraten würde.

6. Mit Bescheid vom XXXX 09.2017 wurde dem BF die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum XXXX 09.2019 erteilt.

7. Am XXXX 07.2019 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG.

Aus einem Aktenvermerk des BFA vom XXXX 09.2019 geht hervor, dass sich im Zuge der Prüfung hinsichtlich der Erteilung der Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass die Voraussetzungen für eine Zuerkennung infolge geänderter persönlicher Umstände (Arbeits-und Selbsterhaltungsfähigkeit) nicht mehr vorliegen würden.

8. In einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA vom XXXX 09.2019 führte der BF aus, dass er gesund sei und keine Medikamente einnehme. Er sei weder in Behandlung noch in Therapie. Auf Vorhalt, dass ein Aberkennungsverfahren eingeleitet worden sei, da aus Sicht der Behörde die Voraussetzungen für eine weitere Verlängerung des subsidiären Schutzes nicht mehr vorliegen würden und daher beabsichtigt sei, ihm den Status als subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, entgegnete der BF, dass es in seiner Heimatregion nach wie vor keine Sicherheit gebe. Er könne einen Lohnzettel vorlegen, der seine Integration in Österreich belege. Der BF sei schiitischer Hazara. Seine Mutter, seine Schwestern sowie seine Schwägerin würden sich nach wie vor in Ghazni befinden und es gehe ihnen gut. Seine Mutter sei in Besitz eines Hauses und einer Landwirtschaft, der BF stehe mit dieser etwa einmal im Monat in Kontakt. Zur weiteren Frage, ob er noch Onkeln oder Tanten in seinem Heimatland habe, entgegnete der BF, dass er lediglich einen Onkel in Ghazni habe und die weiteren Onkeln und Tanten bereits verstorben seien. Die Fragen, ob er noch Freunde in Afghanistan habe oder Verwandte in Österreich, wurde vom BF verneint.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, erklärte der BF, dass er neben Deutschkurse keine weiteren Kurse besucht habe und derzeit arbeitslos sei. Die Fragen, ob er Privatbesitz in Österreich habe, eine Freundin oder Lebensgefährtin habe oder ein aktives Mitglied in einem Verein sei, wurden allesamt verneint. Er gehe ebenfalls keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach.

Aus einem Auskunftsverfahren geht hervor, dass der BF seit dem XXXX08.2019 Arbeitslosengeld bezieht.

9. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX 10.2019, Zl. XXXX , wurde dem BF der zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Absatz 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG), von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und der Antrag vom XXXX 07.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde abgewiesen. Die mit Bescheid vom XXXX 09.2016, Zl. XXXX , erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde dem BF gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.) Weiters sprach die belangte Behörde aus, dass dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen wird (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt wird, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Weiters wurde festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde nicht verkenne, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse im Heimatstaat des BF im Vergleich zu Österreich schwieriger seien, jedoch sei der BF im erwerbsfähigen Alter und es hätten sich im Ermittlungsverfahren keine Gründe ergeben, welche darauf schließen lassen würden, dass er für seinen Lebensunterhalt nicht aufkommen könne. Es sei ihm auch zumutbar, seinen Unterhalt zumindest gelegentlich mit Hilfs-und Gelegenheitsarbeiten zu bestreiten. Seine Anpassungsfähigkeit, seine Flexibilität und seine Fähigkeit, außerhalb des Familienverbandes zu leben, habe er bereits durch seine alleinige Reise nach Österreich und sein Leben in Österreich bewiesen. Dies zeuge auch von einem hohen Maß an Selbstständigkeit. Es werde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Familienangehörige vom BF nach wie vor in Afghanistan leben würden. Seine Mutter, seine Schwägerin und zwei verheiratete Schwestern würden in der Provinz Ghazni wohnen. Diese könnten den BF im Falle einer Rückkehr finanziell unterstützen. Sein im Iran befindlicher Bruder unterstütze seine Familie in Afghanistan, indem er Geld nach Afghanistan überweise. Es werde nicht verkannt, dass die Sicherheitssituation in seinem Herkunftsort bedrohlich sei und dass es sich bei der Provinz Ghazni um eine volatile Provinz Afghanistans handle. Es sei dem BF jedoch durchaus zumutbar, sich in einer sicheren Gegend wie Balkh niederzulassen. Wie den Länderfeststellungen zu entnehmen sei, verfüge die Provinz Balkh über einen Flughafen, den der BF sicher erreichen könne. Der BF habe sich während seines Aufenthalts in Österreich ständig weitergebildet und einige Deutschkurse absolviert. Des Weiteren habe er bereits Berufserfahrungen bei den Firmen diverser Personaldienstleistungen sammeln können. Seine neu erworbenen Kenntnisse könnten dem BF daher im Falle einer Ansiedelung in der Provinz Balkh von Nutzen sein, um damit auch die grundlegendsten Bedürfnisse abdecken zu können. Er verfüge über Familienangehörigen in Afghanistan und einen im Iran befindlichen Bruder. Eine zumindest finanzielle Unterstützung durch diese könne angenommen werden, da diese über finanzielle Einkünfte verfügen würden.

10. Der BF erhob mittels seines nunmehrigen Rechtsvertreters gegen den oben genannten Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde, in der ausgeführt wurde, dass es die belangte Behörde völlig unterlasse, die maßgeblichen Umstände zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt mit jenen zum Zeitpunkt der Zuerkennung zu vergleichen und somit darzulegen, ob eine Änderung eingetreten sei. Vergleiche man nämlich die im Zuerkennungszeitpunkt angeführten maßgeblichen Umstände zum damaligen Entscheidungszeitpunkt mit dem jetzigen Entscheidungszeitpunkt, komme man zu dem Ergebnis, dass keine Änderung vorliege. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf die individuelle Situation des BF sei von der belangten Behörde nicht dargetan worden. Soweit das BFA davon ausgehe, dass der BF bei einer Ansiedelung in Balkh finanzielle Unterstützung durch seine Verwandten erwarten könnte, lasse der angefochtene Bescheid eine Begründung dahingehend vermissen, aus welchen Erwägungen hier von einer Änderung auszugehen wäre, da seine Familie seit seiner Ausreise am selben Ort wohne und keine finanzielle Verbesserung deren Lage eingetreten sei. Die Familie des BF sei auf die Hilfe seines Bruders angewiesen und eine finanzielle Unterstützung durch seine Familie sei nicht zu erwarten. Zur fehlenden "Schul-und Berufsausbildung" wolle der BF ausführen, dass auch zum damaligen Entscheidungszeitpunkt bekannt gewesen sei, dass der BF arbeitsfähig sei, in Afghanistan bereits in der Landwirtschaft gearbeitet habe und dort selbst für seinen Lebensunterhalt aufgekommen sei. Eine Berufsausbildung habe er auch bislang nicht abgeschlossen. Hinsichtlich seiner Schulbildung treffe zu, dass er als Kind in Afghanistan fünf Jahre lang die Schule besucht habe. Von einer erheblichen Berufserfahrung seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten könne daher keineswegs die Rede sein und liege somit auch in Hinblick auf die "fehlende Schul-und Berufsausbildung" keine Änderung vor. Auch die von der belangten Behörde herangezogene Rechtsprechung zur Neuansiedelung begründe keine Änderung der Umstände, da es sich dabei zum einen um Rechtsprechung aus den Jahren 2016 und 2017 handle, die auch bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiären Schutzes vorgelegen habe. Zusammengefasst könne angemerkt werden, dass im Fall des BF eine Änderung der maßgeblichen Umstände nicht vorliege, da sich weder seine individuelle Situation noch die relevante Situation im Herkunftsstaat verbessert habe. Die Umstände, aufgrund derer dem BF subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei, würden auch zum derzeitigen Zeitpunkt weiterhin vorliegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF

Der BF ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Dari.

Der BF stammt aus der Provinz Ghazni, Afghanistan. Der BF verdiente seinen Lebensunterhalt im Herkunftsstaat als Landarbeiter in der Landwirtschaft.

Im Heimatland leben in der Provinz Ghazni neben seiner Mutter und seinen beiden Schwestern auch eine Schwägerin sowie ein Onkel und der BF steht mit seiner Mutter in regelmäßigen Kontakt.

Der BF ist auf Grund der Tatsache, dass er sich in Europa aufgehalten hat und damit einhergehend "westlicher" orientiert ist, in Afghanistan keiner psychischen und/oder physischen Gewalt ausgesetzt bzw. hat er (oder jeder derartige "Rückkehrer") eine solche im Falle seiner Rückkehr nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten.

1.2. Zu den Lebensumständen in Österreich

Der BF war nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet zunächst ab April 2015 als Asylwerber und dann seit September 2016 als subsidiär Schutzberechtigter mit einer bis September 2017 befristeten Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet aufhältig, die einmal verlängert und zuletzt bis zum XXXX 09.2019 erteilt wurde.

In Österreich hat der BF keine familiären Anknüpfungspunkte oder sonstige Verwandte.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der BF hat einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 besucht und ist derzeit arbeitslos, war im Bundesgebiet jedoch bereits als Arbeiter bei diversen Firmen beschäftigt.

Der BF befindet sich - nicht nur auf Grund seines nunmehrigen Lebensalters - aktuell persönlich nicht mehr in der gleichen (gleich vulnerablen) Lage wie zum Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiärem Schutz im September 2016. Der BF ist inzwischen älter, erfahrener, selbständiger, hat Berufserfahrung gesammelt und Kontakte geknüpft.

1.3. Zur Rückkehrsituation:

Im Falle einer Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Eine Rückkehr des BF in seine Heimatprovinz Ghazni ist nicht möglich.

Dem BF steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat zur Verfügung. Der BF hat bis zu seiner Ausreise in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat nicht gelebt. Der BF kann Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug auf Grund der vorhandenen internationalen Flughäfen erreichen.

Der BF ist gesund, mobil, anpassungsfähig, befindet sich im erwerbsfähigen Alter und ist auch erwerbsfähig.

Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des BF nach Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt ausschließen, liegen nicht vor.

Der BF ist mit den kulturellen Gepflogenheiten und der Sprache seines Herkunftsstaates vertraut und verfügt über Kenntnisse in Dari in Wort und Schrift.

Der BF liefe im Falle einer Rückkehr nach Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt nicht maßgeblich Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er ist in der Lage, in Mazar-e Sharif oder in Herat-Stadt eine einfache Unterkunft zu finden bzw. am Erwerbsleben teilzunehmen.

Im Übrigen hat der BF die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form einer Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und ist es zudem nicht ausgeschlossen, dass die Familie bzw. Verwandte des BF ihn bei einer Rückkehr nach Afghanistan beim Aufbau einer Existenzgrundlage in Mazar-e Sharif oder in Herat-Stadt finanziell durch kleine Überweisungen unterstützten.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

KI vom 4.6.2019, politische Ereignisse, zivile Opfer, Anschläge in Kabul, IOM

Politische Ereignisse: Friedensgespräche, Loya Jirga, Ergebnisse Parlamentswahl

Ende Mai 2019 fand in Moskau die zweite Runde der Friedensgespräche zwischen den Taliban und afghanischen Politikern (nicht der Regierung, Anm.) statt. Bei dem Treffen äußerte ein Mitglied der Taliban, Amir Khan Muttaqi, den Wunsch der Gruppierung nach Einheit der afghanischen Bevölkerung und nach einer "inklusiven" zukünftigen Regierung. Des Weiteren behauptete Muttaqi, die Taliban würden die Frauenrechte respektieren wollen.

Ein ehemaliges Mitglied des afghanischen Parlaments, Fawzia Koofi, äußerte dennoch ihre Bedenken und behauptete, die Taliban hätten kein Interesse daran, Teil der aktuellen Regierung zu sein, und dass die Gruppierung weiterhin für ein islamisches Emirat stünde. (Tolonews 31.5.2019a).

Vom 29.4.2019 bis 3.5.2019 tagte in Kabul die "große Ratsversammlung" (Loya Jirga). Dabei verabschiedeten deren Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel, einen Friedensschluss mit den Taliban zu erreichen und den inner-afghanischen Dialog zu fördern. Auch bot Präsident Ghani den Taliban einen Waffenstillstand während des Ramadan von 6.5.2019 bis 4.6.2019 an, betonte aber dennoch, dass dieser nicht einseitig sein würde. Des Weiteren sollten 175 gefangene Talibankämpfer freigelassen werden (BAMF 6.5.2019). Einer weiteren Quelle zufolge wurden die kritischen Äußerungen zahlreicher Jirga-Teilnehmer zu den nächtlichen Militäroperationen der USA nicht in den Endbericht aufgenommen, um die Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht zu gefährden. Die Taliban nahmen an dieser von der Regierung einberufenen Friedensveranstaltung nicht teil, was wahrscheinlich u.a. mit dem gescheiterten Dialogtreffen, das für Mitte April 2019 in Katar geplant war, zusammenhängt. Dort wäre die Regierung zum ersten Mal an den Friedensgesprächen mit den Taliban beteiligt gewesen. Nachdem erstere jedoch ihre Teilnahme an die Bedingung geknüpft hatte, 250 Repräsentanten nach Doha zu entsenden und die Taliban mit Spott darauf reagierten, nahm letztendlich kein Regierungsmitarbeiter an der Veranstaltung teil. So fanden Gespräche zwischen den Taliban und Exil-Afghanen statt, bei denen viele dieser das Verhalten der Regierung öffentlich kritisierten (Heise 16.5.2019).

Anfang Mai 2019 fand in Katar auch die sechste Gesprächsrunde zwischen den Taliban und den USA statt. Der Sprecher der Taliban in Doha, Mohammad Sohail Shaheen, betonte, dass weiterhin Hoffnung hinsichtlich der inner-afghanischen Gespräche bestünde. Auch konnten sich der Quelle zufolge die Teilnehmer zwar bezüglich einiger Punkte einigen, dennoch müssten andere "wichtige Dinge" noch behandelt werden (Heise 16.5.2019).

Am 14.5.2019 hat die unabhängige Wahlkommission (Independent Electoral Commission, IEC) die Wahlergebnisse der Provinz Kabul für das afghanische Unterhaus (Wolesi Jirga) veröffentlicht (AAN 17.5.2019; vgl. IEC 14.5.2019, IEC 15.5.2019). Somit wurde nach fast sieben Monaten (die Parlamentswahlen fanden am 20.10.2018 und 21.10.2018 statt) die Stimmenauszählung für 33 der 34 Provinzen vervollständigt. In der Provinz Ghazni soll die Wahl zusammen mit den Präsidentschafts- und Provinzialratswahlen am 28.9.2019 stattfinden. In seiner Ansprache zur Angelobung der Parlamentsmitglieder der Provinzen

Kabul und Paktya am 15.5.2019 bezeichnete Ghani die siebenmonatige Wahl als "Katastrophe" und die beiden Wahlkommissionen, die IEC und die Electoral Complaints Commission (ECC), als "ineffizient" (AAN 17.5.2019).

Zivile-Opfer, UNAMA-Bericht

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1.2019 - 31.3.2019) 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte), darunter waren 582 der Opfer Kinder (150 Tote und 432 Verletzte). Dies entspricht einem Rückgang der gesamten Opferzahl um 23% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, welches somit der niedrigste Wert für das erste Jahresquartal seit 2013 ist (UNAMA 24.4.2019).

Diese Verringerung wurde durch einen Rückgang der Zahl ziviler Opfer von Selbstmordanschlägen mit IED (Improvised Explosive Devices - unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung/Sprengfallen) verursacht. Der Quelle zufolge könnten die besonders harten Winterverhältnisse in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 zu diesem Trend beigetragen haben. Es ist unklar, ob der Rückgang der zivilen Opfer wegen Maßnahmen der Konfliktparteien zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung oder durch die laufenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien beeinflusst wurde (UNAMA 24.4.2019).

Die Zahl der zivilen Opfer aufgrund von Nicht-Selbstmord-Anschlägen mit IEDs durch regierungsfeindliche Gruppierungen und Luft- sowie Suchoperationen durch regierungsfreundliche Gruppierungen ist gestiegen. Die Zahl der getöteten Zivilisten, die regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben wurden, übertraf im ersten Quartal 2019 die zivilen Todesfälle, welche von regierungsfeindlichen Elementen verursacht wurden (UNAMA 24.4.2019).

Kampfhandlungen am Boden waren die Hauptursache ziviler Opfer und machten etwa ein Drittel der Gesamtzahl aus. Der Einsatz von IEDs war die zweithäufigste Ursache für zivile Opfer: Im Gegensatz zu den Trends von 2017 und 2018 wurde die Mehrheit der zivilen Opfer von IEDs nicht durch Selbstmordanschläge verursacht, sondern durch Angriffe, bei denen der Angreifer nicht seinen eigenen Tod herbeiführen wollte. Luftangriffe waren die Hauptursache für zivile Todesfälle und die dritthäufigste Ursache für zivile Opfer (Verletzte werden auch mitgezählt, Anm.), gefolgt von gezielten Morden und explosiven Kampfmittelrückständen (UXO - unexploded ordnance). Am stärksten betroffen waren Zivilisten in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kunduz (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 24.4.2019).

Anschläge in Kabul-Stadt

Ende Mai 2019 fanden in Kabul-Stadt einige Anschläge und gezielte Tötungen in kurzen Abständen zu einander statt: Am 26.5.2019 wurde ein leitender Mitarbeiter einer NGO in Kart-e Naw (PD5, Police District 5) durch unbekannte bewaffnete Männer erschossen (Tolonews 27.5.2019a). Am 27.5.2019 wurden nach der Explosion einer Magnetbombe, die gegen einen Bus von Mitarbeitern des Ministeriums für Hadsch und religiöse Angelegenheiten gerichtet war, zehn Menschen verletzt. Die Explosion fand in Parwana-e Do (PD2) statt. Zum Vorfall hat sich keine Gruppierung bekannt (Tolonews 27.5.2019b).

Des Weiteren wurden im Laufe der letzten zwei Maiwochen vier Kontrollpunkte der afghanischen Sicherheitskräfte durch unbekannte bewaffnete Männer angegriffen (Tolonews 31.5.2019b).

Am 30.5.2019 wurden in Folge eines Selbstmordangriffes nahe der Militärakademie Marshal Fahim im Stadtteil Char Rahi Qambar (PD5) sechs Personen getötet und 16 Personen, darunter vier Zivilisten, verletzt. Die Explosion erfolgte, während die Kadetten die Universität verließen (1 TV NEWS 30.5.2019). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zu dem Anschlag (AJ 30.5.2019).

Am 31.5.2019 wurden sechs Personen, darunter vier Zivilisten, getötet und fünf Personen, darunter vier Mitglieder der US-Sicherheitskräfte, verletzt, nachdem ein mit Sprengstoff beladenes Auto in Qala-e Wazir (PD9) detonierte. Quellen zufolge war das ursprüngliche Ziel des Angriffs ein Konvoi ausländischer Sicherheitskräfte (Tolonews 31.5.2019c).

Am 2.6.2019 kam nach der Detonation von mehreren Bomben eine Person ums Leben und 17 weitere wurden verletzt. Die Angriffe fanden im Westen der Stadt statt, und einer davon wurde von einer Klebebombe, die an einem Bus befestigt war, verursacht. Einer Quelle zufolge transportierte der Bus Studenten der Kabul Polytechnic University (TW 2.6.2019). Der IS bekannte sich zu den Anschlägen und beanspruchte den Tod von "mehr als 30 Schiiten und Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte" für sich. Die Operation erfolgte in zwei Phasen: Zuerst wurde ein Bus, der 25 Schiiten transportierte, angegriffen, und darauf folgend detonierten zwei weitere Bomben, als sich "Sicherheitselemente" um den Bus herum versammelten. Vertreter des IS haben u.a. in Afghanistan bewusst und wiederholt schiitische Zivilisten ins Visier genommen und sie als "Polytheisten" bezeichnet. (LWJ 2.6.2019).

Am 3.6.2019 kamen nach einer Explosion auf der Darul Aman Road in der Nähe der American University of Afghanistan fünf Menschen ums Leben und zehn weitere wurden verletzt. Der Anschlag richtete sich gegen einen Bus mit Mitarbeitern der Independent Administrative Reform and Civil Service Commission (Tolonews 3.6.2019)

US-Angaben zufolge ist die Zahl der IS-Anhänger in Afghanistan auf ca. 5.000 gestiegen, fünfmal so viel wie vor einem Jahr. Gemäß einer Quelle profitiert die Gruppierung vom "zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan und von aus Syrien geflohenen Kämpfern". Des Weiteren schließen sich enttäuschte Mitglieder der Taliban sowie junge Menschen ohne Zukunftsperspektive dem IS an, der in Kabul, Nangarhar und Kunar über Zellen verfügt (BAMF 3.6.2019). US-Angaben zufolge ist es "sehr wahrscheinlich", dass kleinere IS-Zellen auch in Teilen Afghanistans operieren, die unter der Kontrolle der Regierung oder der Taliban stehen (VOA 21.5.2019). Eine russische Quelle berichtet wiederum, dass ca. 5.000 IS-Kämpfer entlang der Nordgrenze tätig sind und die Nachbarländer bedrohen. Der Quelle zufolge handelt es sich dabei um Staatsbürger der ehemaligen sowjetischen Republiken, die mit dem IS in Syrien gekämpft haben (Newsweek 21.5.2019).

Rückkehr

Die International Organization for Migration (IOM) gewährt seit April 2019 keine temporäre Unterkunft für zwangsrückgeführte Afghanen mehr. Diese erhalten eine Barzuwendung von ca. 150 Euro sowie Informationen über mögliche Unterkunftsmöglichkeiten. Gemäß dem Europäischen Auswärtigen Amt (EAD) nutzten nur wenige Rückkehrer die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM (BAMF 20.5.2019).

Quellen:

1 TV NEWS (30.5.2019): At least six killed in suicide blast near military academy in Kabul,

http://www.1tvnews.af/en/news/afghanistan/38366-breaking-blast-rocks-kabul, Zugriff 3.6.2019

AAN - Afghanistan Analysts Network (17.5.2019): The Results of Afghanistan's 2018 Parliamentary Elections: A new, but incomplete Wolesi Jirga,

https://www.afghanistan-analysts.org/the-results-of-afghanistans-2018-parliamentary-elections-a-new-but-incomplete-wolesi-jirga/, Zugriff 22.5.2019

AJ - Al Jazeera (30.5.2019): Suicide bomber targets Afghan military training centre in Kabul,

https://www.aljazeera.com/news/2019/05/suicide-bomber-targets-afghan-military-training-centre-kabul-190530082719388.html, Zugriff 3.6.2019

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.6.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per E-Mail

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (20.5.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per E-Mail

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (6.5.2019): Briefing Notes, Afghanistan, per E-Mail

BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation (13.2.2019): Kabul Police Districts Map, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf

Heise (16.5.2019): Afghanistan: Wie viel Macht hat der Präsident?, https://www.heise.de/tp/features/Afghanistan-Wie-viel-Macht-hat-der-Praesident-4422023.html, Zugriff 3.6.2019

IEC - Independent Electoral Commission via Facebook (14.5.2019):

Press Declaration 24/2/1398,

https://www.facebook.com/AfghanistanIEC/posts/2361637283896572?__tn__=-R, Zugriff 4.6.2019

IEC - Independent Electoral Commission (15.5.2019): Kabul - Wolesi Jirga Final Results,

http://www.iec.org.af/results/en/home/finalresult_by_province/1/2, Zugriff 4.6.2019

LWJ - Long War Journal (2.6.2019): Islamic State bombs bus, security personnel in western Kabul,

https://www.longwarjournal.org/archives/2019/06/islamic-state-bombs-bus-security-personnel-in-western-kabul.php, Zugriff 3.6.2019

Newsweek (21.5.2019): Russia Spy Chief warns 5,000 ISIS Foreign Fighters Threaten Borders of Former Soviet Union, https://www.newsweek.com/russia-spy-chief-warns-5000-isis-foreign-fighters-threaten-borders-former-1431576, Zugriff 4.6.2019

Tolonews (3.6.2019): Five Killed As Explosion Targets Govt Employees Bus In Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/explosion-targets-govt-bus-kabul, Zugriff 3.6.2019

Tolonews (31.5.2019a): Taliban Wants An ‚Inclusive Post-Peace Govt', https://www.tolonews.com/afghanistan/taliban-wants-inclusive-post-peace-govt, Zugriff 3.6.2019

Tolonews (31.5.2019b): Concerns Mount Over Sharp Increase In Attacks

In Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/concerns-mount-over-sharp-increase-attacks-%C2%A0kabul, Zugriff 3.6.2019

Tolonews (31.5.2019c): Heavy Explosion Rocks Kabul; 4 Civilians Killed,

https://www.tolonews.com/afghanistan/heavy-explosion-rocks-kabul, Zugriff 3.6.2019

Tolonews (27.5.2019a): Seven Members Of One Family Murdered in Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/seven-members-one-family-murdered-kabul, Zugriff 3.6.2019

Tolonews (27.5.2019b): 10 Wounded As Blast Targets Govt Employees Bus In Kabul,

https://www.tolonews.com/afghanistan/10-wounded-blast-targets-govt-employees-bus-kabul, Zugriff 3.6.2019

TW - The Week (2.6.2019): Afghan officials: 3 bomb blasts in capital, 1 killed,

https://www.theweek.in/news/world/2019/06/02/afghan-officials-3-bomb-blasts-in-capital-1-killed.html, Zugriff 3.6.2019

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (24.4.2019): Quarterly Report on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 31 March 2019, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_-_first_quarter_report_2019_english_.pdf, Zugriff 3.4.2019

VOA - Voice of America (21.5.2019): Islamic State in Afghanistan Growing Bigger, More Dangerous, https://www.voanews.com/a/islamic-state-in-afghanistan-growing-bigger-more-dangerous/4927406.html, Zugriff 4.6.2019

KI vom 26.3.2019, Anschläge in Kabul, Überflutungen und Dürre, Friedensgespräche, Präsidentschaftswahl

Anschläge in Kabul-Stadt

Bei einem Selbstmordanschlag während des persischen Neujahres-Fests Nowruz in Kabul-Stadt kamen am 21.3.2019 sechs Menschen ums Leben und weitere 23 wurden verletzt (AJ 21.3.2019, Reuters 21.3.2019). Die Detonation erfolgte in der Nähe der Universität Kabul und des Karte Sakhi Schreins, in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Quellen zufolge wurden dafür drei Bomben platziert: eine im Waschraum einer Moschee, eine weitere hinter einem Krankenhaus und die dritte in einem Stromzähler (TDP 21.3.2019; AJ 21.3.2019). Der ISKP (Islamische Staat - Provinz Khorasan) bekannte sich zum Anschlag (Reuters 21.3.2019).

Während eines Mörserangriffs auf eine Gedenkveranstaltung für den 1995 von den Taliban getöteten Hazara-Führer Abdul Ali Mazari im überwiegend von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi kamen am 7.3.2019 elf Menschen ums Leben und 95 weitere wurden verletzt. Der ISKP bekannte sich zum Anschlag (AJ 8.3.2019).

Überflutungen und Dürre

Nach schweren Regenfällen in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. In den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, Herat, Kapisa, Parwan, Zabul und Kabul, wurden ca. 5.000 Häuser zerstört und 7.500 beschädigt (UN OCHA 19.3.2019). Dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN OCHA) zufolge waren mit Stand 19.3.2019 in der Provinz Herat die Distrikte Ghorvan, Zendejan, Pashtoon Zarghoon, Shindand, Guzarah und Baland Shahi betroffen (UN OCHA 19.3.2019). Die Überflutungen folgten einer im April 2018 begonnen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und von deren Folgen (z.B. Landflucht in die naheliegenden urbanen Zentren, Anm.) sie es weiterhin sind. Gemäß einer Quelle wurden in den beiden Provinzen am 13.9.2018 ca. 266.000 IDPs vertrieben: Davon zogen 84.000 Personen nach Herat-Stadt und 94.945 nach Qala-e-Naw, wo sie sich in den Randgebieten oder in Notunterkünften innerhalb der Städte ansiedelten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (IFRCRCS 17.3.2019).

Friedensgespräche

Kurz nach der Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und Vertretern der USA in Katar Ende Jänner 2019 fand Anfang Februar in Moskau ein Treffen zwischen Taliban und bekannten afghanischen Politikern der Opposition, darunter der ehemalige Staatspräsident Hamid Karzai und mehrere "Warlords", statt (Qantara 12.2.201). Quellen zufolge wurde das Treffen von der afghanischen Diaspora in Russland organisiert. Taliban-Verhandlungsführer Sher Muhammad Abbas Stanaksai wiederholte während des Treffens schon bekannte Positionen wie die Verteidigung des "Dschihad" gegen die "US-Besatzer" und die gleichzeitige Weiterführung der Gespräche mit den USA. Des Weiteren verkündete er, dass die Taliban die Schaffung eines "islamischen Regierungssystems mit allen Afghanen" wollten, obwohl sie dennoch keine "exklusive Herrschaft" anstrebten. Auch bezeichnete er die bestehende afghanische Verfassung als "Haupthindernis für den Frieden", da sie "vom Westen aufgezwungen wurde"; Weiters forderten die Taliban die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Führer und die Freilassung ihrer gefangenen Kämpfer und bekannten sich zur Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Länder, zur Bekämpfung des Drogenhandels, zur Vermeidung ziviler Kriegsopfer und zu Frauenrechten. Diesbezüglich aber nur zu jenen, "die im Islam vorgesehen seien" (z.B. lernen, studieren und sich den Ehemann selbst auswählen). In dieser Hinsicht kritisierten sie dennoch, dass "im Namen der Frauenrechte Unmoral verbreitet und afghanische Werte untergraben würden" (Taz 6.2.2019).

Ende Februar 2019 fand eine weitere Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und US-Vertretern in Katar statt, bei denen die Taliban erneut den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan forderten und betonten, die Planung von internationalen Angriffen auf afghanischem Territorium verhindern zu wollen. Letzterer Punkt führte jedoch zu Meinungsverschiedenheiten: Während die USA betonten, die Nutzung des afghanischen Territoriums durch "terroristische Gruppen" vermeiden zu wollen und in dieser Hinsicht eine Garantie der Taliban forderten, behaupteten die Taliban, es gebe keine universelle Definition von Terrorismus und weigerten sich gegen solch eine Spezifizierung. Sowohl die Taliban- als auch die US-Vertreter hielten sich gegenüber den Medien relativ bedeckt und betonten ausschließlich, dass die Friedensverhandlungen weiterhin stattfänden. Während es zu Beginn der Friedensgesprächsrunde noch Hoffnungen gab, wurde mit Voranschreiten der Verhandlungen immer klarer, dass sich eine Lösung des Konflikts als "frustrierend langsam" erweisen würde (NYT 7.3.2019).

Die afghanische Regierung war weder an den beiden Friedensgesprächen in Doha noch an dem Treffen in Moskau beteiligt (Qantara 12.2.2019; vgl. NYT 7.3.2019), was Unbehagen unter einigen Regierungsvertretern auslöste und die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Regierungen beeinträchtigte (Reuters 18.3.2019; vgl. WP 18.3.2019). Beispielsweise erklärte US-Unterstaatssekretär David Hale am 18.3.2019 die Beendigung der Kontakte zwischen US-Vertretern und dem afghanischen nationalen Sicherheitsberater Hamdullah Mohib, nachdem dieser US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen öffentlich kritisiert hatte (Reuters 18.3.2019).

Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Die Präsidentschaftswahl, welche bereits von April auf Juni 2019 verschoben worden war, soll Quellen zufolge nun am 28.9.2019 stattfinden. Grund dafür seien "zahlreiche Probleme und Herausforderungen" welche vor dem Wahltermin gelöst werden müssten, um eine sichere und transparente Wahl sowie eine vollständige Wählerregistrierung sicherzustellen - so die unabhängige Wahlkommission (IEC) (VoA 20.3.2019; vgl. BAMF 25.3.2019).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (21.3.2019): Blasts in Afghan capital Kabul kill six during new year festival,

https://www.aljazeera.com/news/2019/03/blasts-afghan-capital-kabul-kill-6-year-festival-190321064823472.html, Zugriff 26.3.2019

AJ - Al Jazeera (8.3.2019): Death toll rises to 11 in attack on Shia gathering in Kabul,

https://www.aljazeera.com/news/2019/03/death-toll-rises-11-afghan-capital-attack-shia-gathering-190308102222870.html, Zugriff 26.3.2019

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (25.3.2019): Briefing Notes Afghanistan, liegen im Archiv der Staatendokumentation auf

NYT - The New York Times (7.3.2019): U.S. Peace Talks With Taliban Trip Over a Big Question: What Is Terrorism?, https://www.nytimes.com/2019/03/07/world/asia/taliban-peace-talks-afghanistan.html, Zugriff 26.3.2019

IFRCRCS - International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies (17.3.2019): Emergency Appeal Afghanistan: Drought and Flash Floods,

https://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-drought-and-flash-floods

Qantara (12.02.2019): Any deal will do, https://en.qantara.de/print/34493, Zugriff 26.3.2019

Reuters (21.3.2019): Explosions in Afghan capital Kabul kills six during new year festival,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack/explosions-in-afghan-capital-kabul-kill-6-during-new-year-festival-idUSKCN1R20GL, Zugriff 26.3.2019

Reuters (18.3.2019): U.S. freezes out top Afghan official in peace talks feud: sources,

https://www.reuters.com/article/us-usa-afghanistan/us-freezes-out-top-afghan-official-in-peace-talks-feud-sources-idUSKCN1QZ2OU, Zugriff 26.3.2019

Taz - Die Tagezeitung (6.2.2019): Auch Moskau spielt die Taliban-Karte,

https://www.taz.de/Gespraeche-zwischen-Taliban-und-Russland/!5568633/, Zugriff 26.3.2019

TDP - The Defense Post (21.3.2019): Bomb blasts around Afghanistan capital kill 6 during Nowruz celebrations, https://thedefensepost.com/2019/03/21/afghanistan-kabul-bombings-nowruz/, Zugriff 26.3.2019

UN OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (19.3.2019): Afghanistan: Flash Floods, Update No. 7 (as of 19 March 2019),

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afg_flash_floods_update_7_19_mar_2019_web.pdf, Zugriff 26.3.2019

VoA - Voice of America (20.3.2019): Afghanistan Again Postpones Presidential Election,

https://www.voanews.com/a/afghanistan-again-postpones-presidential-election/4840141.html, Zugriff 26.3.2019

WP - The Washington Post (18.3.2019): Afghan government, shut out of U.S.-Taliban peace talks, running short on options, https://www.washingtonpost.com/world/afghan-government-shut-out-of-us-taliban-peace-talks-running-short-on-options/2019/03/18/92cd6128-497d-11e9-8cfc-2c5d0999c21e_story.html?noredirect=on&utm_term=.ffa121b12dbc, Zugriff 26.3.2019

Kommentar: Die Lage vor Ort wird weiterhin beobachtet und gegebenenfalls wird mit weiteren Kurzinformationen reagiert. Weiterführende Informationen zu der Friedensgesprächsrunde von Jänner 2019 können der KI vom 31.1.2019 entnommen werden.

KI vom 1.3.2019, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2018

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).

Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).

Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).

Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 4.436 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;

1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).

Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).

Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).

Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.201

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten