TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 W207 2227465-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W207 2227465-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 19.12.2019, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, stellte am 25.10.2019 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Diesem Antrag legte die Beschwerdeführerin medizinische Unterlagen sowie eine Kopie ihres Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt-EU" bei.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung vom 04.12.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 26.11.2019, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

"...

Anamnese:

rezidivierende Depressio, Panikattacken, Adipositas per magna, arterielle Hypertonie, Gonarthrose links, Beginnende Chondrose C4/C5 C5/C6, L3/ bis S1, Vertigo, Z.n. Kollaps

Derzeitige Beschwerden:

Übersetzerin berichtet: Sie hat einen schwankenden Blutdruck, sie fällt manchmal um, sie traut sich nicht alleine aus dem Haus zu gehen, hat Angst wieder ohnmächtig zu werden. Sie ist sehr müde, sie hat Depressionen, wenn sie die Tabletten weglässt geht es ihr schlecht. Sie versucht sie manchmal wegzulassen, dann ist es wieder schlechter, mit den Tabletten geht es gut. Sie schläft schlecht. Sie hat Schmerzen im linken Knie, sie kann nicht operiert werden wegen den Angstzuständen. Sie verliert immer wieder den Harn, hat Blut im Harn, der Arzt weiß nicht warum.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Amlodipin 5mg 1-0-0, Detrusitol 2mg 1-0-1, Seractil 400mg b. Bedarf, Sirdalud 2mg 0-0-1, Ixel 25mg 1x1, Trittico 150mg 0-0-11/2, Escitalopram 20mg 1-0-0, Oleovit 40Tr

Sozialanamnese:

Beruf: Hausfrau verheiratet, 4 Kinder Wohnung im 4. Stock

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

MRT Open Dr. L. 2/15: Radialer Riss am Ansatz des Hinterhorns des medialen Meniscus. Kniegelenkserguss, Knochenmarksödem im Bereich der medialen Tibiakante und an der Unterseite des medialen Femurcondylus cranial des Corpus des medialen Meniscus. Verdickung des vorderen Kreuzbandes, in erster Linie im Sinne von degenerativen Veränderungen

1/17: Dr. M., Arzt f. Allgemeinmedizin: Rez. Depressio, Panikattacke, Innerliche Unruhe, Schlafstörungen, Angststörungen, Antriebs-Interessenlosigkeit, Art. Hypertonie, Akute Gastroenteritis, Gonarthrose li., ISG- Blockade, Lumbalgie, Inzipiente Femoropatellararthrose beidseits, Oberer Patellasporn links., Adipositas p.m.,

1/19: Dr. M., Arzt f. Allgemeinmedizin: Depressio, Adipositas pm., Arth. Hypertonie, Gonarthrose, Tachykardie,

1/19: Dr. O., FA f. Psychiatrie: von 19.4.16-22.5.2018 und erneut seit 17.12.2018 in Betreuung; Die Patientin klagt über innerliche Unruhe, Schlafstörungen, Antriebs Interessenslosigkeit, Müdigkeit, Angst alleine rauszugehen, Panikattacke und depressive Stimmung. Die Medikamente werden angepasst. Diagnose: Rez. Depressio, Panikattacke, Adipositas permagna, Hypertonie; Med: Pregamid 150mg 1-0-1, Trittico 150mg 0-0-11/3, Escitalopram 20mg 1-0-0, Psychotherapie empfohlen

mitgebrachte Befunde:

Dr. O.: FA f. Psychiatrie 20.11.2019: Pat leidet an Depression, Mann muss sie zu AMS Wegen begleiten, Gonalgie, zunehmende Verschlechterung, Pat ist im Alltag auf ihren Gatten angewiesen. Ist aufgrund der Grunderkrankungen kaum belastbar

Dr. O. 6.11.2019: D: rez. Depressio, Panikattacke, CVS, Der psychische Zustand durch jetzige Therapie etwas gebessert, jedoch klagt sie noch über innerliche Unruhe, Schlafstörungen, Angst, Müdigkeit, Antriebslosigkeit und depressive Stimmung.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

Adipositas per magna

Größe: 160,00 cm Gewicht: 127,00 kg Blutdruck: 150/100

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput frei

Adipositas per magna

Cor: r,r,nf

Pulmo: frei, vA, Eupnoe, keine Belastungs-keine Ruhedyspnoe

Abdomen weich, weit über Thoraxniveau, kein DS, normale DG, keine AS, Niere rechts leicht klopfdoelnt,

Schultergürtel/obere Extremitäten:

Nacken und Schürzengriff normal durchführbar, keine Bewegungseinschränkung der oberen Extremität

Faustschluss normal, Opposition der Finger zum Daumen unauffällig, Spitzgriff, Pinzettengriff normal durchführbar

keine Sensibilitätsstörungen im Bereich der oberen Extremitäten

Becken/untere Extremität:

freies Stehen sicher, Einbeinstand rechts und links durchführbar, Zehenstand bds durchführbar, Fersenstand bds normal durchführbar, Abheben der unteren Extremität beidseits von der Unterlage möglich,

Kniestreckung bds normal möglich, Kniebeugung links bis 90°möglich, leicht eingeschränkt, rechts unauffällig, aufgrund der Adipositas im Bewegungsumfang leicht eingeschränkt bds Sprung und Zehengelenke bds unauffällig, frei beweglich, Kraft seitengleich, keine Sensibilitätsstörungen

Bücken aus dem Sitzen zum Schuhebinden bds normal möglich

keine Beinödeme, milde Varizen bds, Fußpulse bds palpabel,

WS: keine Klopfdolenz über der gesamten WS

HWS: bds endlagig bewegungseingeschränkt

BWS, LWS frei beweglich

FBA: 50cm,

Gesamtmobilität - Gangbild:

unauffällig, Gangbild normal, aufgrund der Adipositas per magna behebiges Gangbild, keine Gehhilfe, keine Schuheinlagen

Status Psychicus:

allseits orientiert, Konzentration unauffällig, Antrieb vermindert, Stimmungslage im negativen Skalenbereich, jammernd, leidend, sehr schlechte Deutschkenntnisse, Gatte und Übersetzerin übersetzt,

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Depressio, Panikattacken, 2 Stufen über unterem Rahmensatz, da unter Medikation stabil, aber beginnende soziale Rückzugstendenz

03.06.01

30

2

Gonarthrose links - Funktionseinschränkung linkes Kniegelenk oberer Rahmensatz, da geringe Bewegungseinschränkung evident

02.05.18

20

3

arterielle Hypertonie

05.01.01

10

4

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule unterer Rahmensatz, da nur geringe Bewegungseinschränkung

02.01.01

10

5

Harninkontinenz unterer Rahmensatz, da geringe Restharnbildung, fallweise Einlagenversorgung, medikamentöse Therapie erforderlich

08.01.06

10

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden wird durch die übrigen Leiden durch Fehlen einer maßgeblichen ungünstigen wechselseitigen Leidensbeeinflussung als auch aufgrund des Ausmaßes nicht weiter erhöht.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Erstgutachten

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Erstgutachten

[X] Dauerzustand

Frau E. kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:

[X] JA

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

keine. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400m, das Ein -und Aussteigen sowie der sichere Transport sind ohne Gehhilfe und ohne fremde Hilfe sicher gewährleistet. Es liegen keine höhergradigen Einschränkungen der oberen und unteren Extremitäten vor, die Nutzung der üblichen Haltevorrichtungen ist möglich, unter der laufenden angstlösenden und antidepressiven Therapie ist die Antragswerberin stabil, es sind keine stationären psychiatrischen Aufenthalte oder psychotischen Zustandsbilder befunddokumentiert. Es liegt keine maßgebliche Mobilitätseinschränkung oder verminderter Aktionsradius vor, sodaß die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein

..."

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 04.12.2019 wurde die Beschwerdeführerin über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, das eingeholte Gutachten vom 04.12.2019 wurde ihr mit diesem Schreiben übermittelt. Der Beschwerdeführerin wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.

Mit Fax vom 17.12.2019 langte eine Stellungnahme folgenden Inhalts (hier in anonymisierter Form wiedergegeben) bei der belangten Behörde ein:

"...

Sehr geehrte Damen und Herren!

Fristgerecht geben wir nach Erhalt des Ergebnisses der Beweisaufnahme einwendungen zum Ergebnis bekannt!

Als ersten, bemerkenswerten Punkt stellen wir fest, dass bei genauerer Kenntnis der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Patientin eine Vielzahl von Symptomen, bei diversen Untersuchungen verschiedener Voruntersuchungen von Fachärzten festgestellt wurde, dass die Patientin durch das Zusammenspiel verschiedener gesundheitlicher Probleme im Besonderen im Wechselspiel von rein körperlichen Einschränkungen durch Hypertonie Adipositas und dadurch hervorgerufene Schmerzzustände, schwankendem, in besorgniserregender Höhe von durchschnittlich 150 zu 100 befindet wogegen medikamentös vorgegangen ist die Ursachen aber weitgehend nicht gründlich untersucht wurden und werden. Das ist besonders dann wenn die patientin "umfällt" was immer dann passiert, wenn die Patientin von Panikattacken erfasst wird(besonders gefährlich im öffentlichen Raum am Weg zu- bzw. von öffentlichen Verkehrsmitteln in Wien - dass, daher nur in Begleitung, und dann beschränkt erfolgen kann! Ferner sind die mentalen- und im psychischen Bereich liegenden Einschränkungen nämlich seit Jahren trotz medikamentöser Behandlung immer öfter auftreten Depressionen für die Patientin, bzw auch für die Familie ein immer größeres Problem, ( totales Unverständnis bei AMS) Angstzustände machen es der Patientin oft nicht möglich, ihre Wohnung und ihr Haus zu verlassen (tägl. Einkauf, Arztbesuche, AMS-Kurs). Es wird attestiert, dass, mit den Medikamenten alles gut gehe? Dabei wird auf die tatsächlichen ursachen nicht, bis zu wenig und ungenau gefragt! Die Patientin verliert immer wieder Harn, sie hat Blut im Harn und die Ärzte wissen nicht warum? Grundsätzlich haben sich, durch Vorgutachten bestätigt, die gesundheitlichen Änderungen zu einem Dauerzustand entwickelt. Die notwendigen Unterstützungsstrukturen können aber nur dann angewendet werden wenn diese erstens tatsächlich existieren, und zweitens überhaupt zur Anwendung gebracht werden können, diesem Umstand geschuldet stehen aber die tatsächlichen, gesundheitlichen Behinderungen, weiter im Wege.

Formal hat das "Sachverständigengutachten einige Fehler: in Zeiten des immer häufigeren Sozialmissbrauches mit der e-card ist die nachgewiesene Identität nicht eindeutig nachgewiesen es fehlen eindeutig amtliche Parameter, wie Zahl bzw. ausstellende Behörde etc. außerdem wurde festgestellt, dass der Gatte anwesend war JA,dessen Name J. E. lautet und sogleich aber festgestellt wurde dass eine Begleitperson NEIN nicht erforderlich sei! Was absolut nicht den Tatsachen entspricht. Dies kann nur bedeuten dass man entweder, die Befindlichkeiten im Zuge der gesundheitlichen Probleme nicht bewusst erkennt oder diese einfach ignoriert. Oder liegt es einfach daran, alle vorgebrachten gesundheitlichen Schädigungen nicht ernst genug nimmt. Es verwundert außerdem dass, bei einer Begutachtung trotz bestehen eines vorliegenden Status Psychikus allseits orientiert Konzentration unauffällig, antrieb vermindert, negative stimmungslage im negativen Skalenbereich diagnostiziert werden kann Eine Sachverständige der Allgemein Medizin?

Abschließend möchten wir festhalten, dass die von ihnen angeführte, durchgeführte Begutachtung am 26.11.2019 in der Landesstelle in Wien im Zeitraum von 8.30 bis 09.00 Uhr durchgeführt wurde von der Zeit her, als problematisch Sollte man sich für eine so wichtige Untersuchung nicht ein wenig mehr Zeit nehmen müssen? Oder gilt heute nur einfach (time is money") "This wäre, fatal!!"

Als Freund der Familie und Berater bei Behörden und Ärzten liegt mir der Zugang zu Recht und Ordnung besonders am herzen und im Fokus meiner Tätigkeit

Gezeichnet mit gültiger Vollmacht von Herrn J. E."

Eine von der Beschwerdeführerin unterfertigte Vollmacht lag dieser Stellungnahme allerdings nicht bei, vielmehr lag dieser Stellungnahme gar keine Vollmacht bei. Der Stellungnahme wurden auch keine neuen medizinischen Unterlagen beigelegt.

Mit Bescheid vom 19.12.2019 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 25.10.2019 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen.

Mit Schreiben vom 09.01.2020 erhob die Beschwerdeführerin durch den von ihr bevollmächtigten Vertreter (die entsprechendem mit 20.12.2019 datierte Vollmacht wurde der Beschwerde beigelegt) gegen den Bescheid vom 19.12.2019, mit dem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen worden war, fristgerecht die gegenständliche Beschwerde, in der in inhaltlicher Hinsicht (hier in anonymisierter Form wiedergegeben) Folgendes ausgeführt wird:

"...

Sehr geehrte Frau Amtsleiterin der Geschäftsstelle Wien

Mit Verwunderung und danach mit Empörung, müssen Wir den "Vorgang", respektive eine Rückantwort, auf den fristgerechten Einspruch, bemerken, denn Sie haben trotz langer Bearbeitungszeit von ca. 4 Wochen, statt einer Beantwortung, den ursprünglich von Ihnen erstellten Bescheid in Kopie an Frau E. zurückgeschickt. Dies lässt nur den Schluss zu, dass Sie entweder nicht sinnerfassend lesen können oder, den Einspruch einfach ignoriert haben,. Was in jeden fall nicht einfach, kommentarlos hingenommen werden wird!, Dieses "Amtsverständnis" ist unerhört und wird ein Nachspiel haben, da wir jetzt hier in Österreich eine neue Regierung haben, und ich persönlich, da ich mich nicht so behandeln lasse, beim zuständigen Ministerium schriftlich eine Sachverhaltsdarstellung mit einer Beschwerde einbringen werde!

Ich bin mit gültiger Voll macht von Frau E. beauftragt Sie persönlich zu vertreten!

Siehe Beilage! Mit freundlichen Grüssen

Unterschrift des Bevollmächtigten

K. Journalist i. R. und NGO-Berater und ich bin nämlich kein Ausländer, sondern

Österreichischer Staatsbürger!

Was aber bei gültiger Rechtslage keinen Unterschied machen dürfte!"

Der Beschwerde wurden keine medizinischen Unterlagen beigelegt.

Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 14.01.2020 von der Behörde zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin brachte am 25.10.2019 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:

1. Depressio, Panikattacken; unter Medikation stabil, aber beginnende soziale Rückzugstendenz

2. Gonarthrose links - Funktionseinschränkung linkes Kniegelenk; geringe Bewegungseinschränkung evident

3. Arterielle Hypertonie

4. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule; geringe Bewegungseinschränkung

5. Harninkontinenz; geringe Restharnbildung, fallweise Einlagenversorgung, medikamentöse Therapie erforderlich

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 30 v.H.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten vom 04.12.2019 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 04.12.2019.

In diesem medizinischen Sachverständigengutachten vom 04.12.2019 wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 26.11.2019 und unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Mit dem oben vollständig wiedergegebenen Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der von der medizinischen Sachverständigen vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden ausreichend konkret und substantiiert behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten schlüsselt - unter konkreter Auflistung und Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen - konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen bei der Beschwerdeführerin vorliegen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Das Vorliegen allfälliger weiterer einschätzungsrelevanter Funktionseinschränkungen vermochte von der Beschwerdeführerin nicht belegt und damit nicht objektiviert zu werden. Aufgrund der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten Unterlagen und einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin konnte gegenwärtig kein höherer Grad der Behinderung als 30 v.H. objektiviert werden.

Insoweit in der Stellungnahme vom 17.12.2019 - die allerdings von einem nicht berechtigten Einschreiter eingebracht wurde, weil dieser sich weder auf eine ihm von der Beschwerdeführerin selbst, sondern vielmehr auf eine von Herrn J. E. erteilte Vollmacht berief, noch eine von der Beschwerdeführerin erteilte Vollmacht beilegte (die in der Folge der Beschwerde beigelegte Vollmacht ist erst mit 20.12.2019 datiert), und die daher, weil sie nicht der Beschwerdeführerin zugerechnet werden kann, ansich nicht zu berücksichtigen wäre - eine Beanstandung der medizinischen Untersuchung der Beschwerdeführerin zum Ausdruck gebracht wird (Begutachtung durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin, zu kurze Dauer der Begutachtung), ist - bei hypothetischer Berücksichtigung dieser Stellungnahme vom 17.12.2019 - anzumerken, dass sich dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte für die Annahme entnehmen lassen, dass bei der Beschwerdeführerin keine fachgerechte bzw. eine zu nicht zutreffenden medizinischen Untersuchungsergebnissen führende Untersuchung durchgeführt worden wäre und ergibt sich eine solche Annahme auch nicht aus dem diesbezüglich nicht ausreichend substantiierten Vorbringen in der Stellungnahme. Im Übrigen ist es im gegenständlichen Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses nicht Aufgabe des medizinischen Sachverständigen, der Antragstellerin eine medizinische Betreuung zukommen zu lassen, sondern eine Einstufung der bestehenden Funktionseinschränkungen auf Grundlage der anzuwendenden Normen vorzunehmen. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass kein Rechtsanspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes besteht.

Die in der Stellungnahme vorgebrachten Schmerzempfindungen wurden bereits im Rahmen der (oben wiedergegebenen) Statuserhebung im Zuge der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 26.11.2019 und bei der Gutachtenserstellung im Rahmen der vorzunehmenden Einstufungen nach den Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung mitberücksichtigt. Aus dem Sachverständigengutachten vom 04.12.2019 geht diesbezüglich u.a. auch hervor, dass die Beschwerdeführerin bei ihrer persönlichen Untersuchung angab, unter Schmerzen zu leiden.

Was die unter der führenden Leidensposition 1 festgestellte Funktionseinschränkung "Depressio, Panikattacken; 2 Stufen über unterem Rahmensatz, da unter Medikation stabil, aber beginnende soziale Rückzugstendenz", eingestuft nach der Positionsnummer 03.06.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v.H. ("30%: Unter Medikation stabil, fallweise beginnende Rückzugstendenz, aber noch integriert") betrifft, so gab die Beschwerdeführerin im Rahmen der persönlichen Untersuchung selbst an, sie habe Depressionen, wenn sie die Tabletten weglasse, gehe es ihr schlecht, sie versuche sie manchmal wegzulassen, dann sei es wieder schlechter, mit den Tabletten gehe es gut. Die vorgenommene Einstufung ist daher nicht als rechtsunrichtig zu erkennen.

Insoweit in der Stellungnahme vom 17.12.2019 vorgebracht wird, dass es nicht den Tatsachen entspreche, dass die Beschwerdeführerin - wie im Gutachten ausgeführt - keine Begleitperson benötige, ist darauf hinzuweisen, dass es zwar verständlich sein mag, dass die Beschwerdeführerin subjektiv die Ansicht vertritt, im Alltag Unterstützung durch eine Begleitperson, in ihrem Fall durch ihren Ehemann, zu benötigen; nach einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 26.11.2019 durch die medizinische Sachverständige sowie unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen konnte von dieser jedoch die Erforderlichkeit einer Begleitperson im Fall der Beschwerdeführerin - abgesehen davon, dass diesem Umstand im gegenständlichen Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, in dem es nicht um die Vornahme einer entsprechenden Zusatzeintragung in einen Behindertenpass geht, keine Entscheidungsrelevanz zukommt - nicht objektiviert werden.

Der Stellungnahme vom 17.12.2019 bzw. der Beschwerde wurden, wie bereits erwähnt, keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt, die die vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder diesen entgegenstehen würden. Die Beschwerdeführerin ist daher dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten in der Beschwerde nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 04.12.2019. Dieses Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 04.12.2019 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 30 v.H. beträgt. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und auf den von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Das medizinische Sachverständigengutachten vom 04.12.2019 ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, im gegenständlichen Fall nicht gegeben sieht.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde keine Befunde vor, die geeignet wären, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche einschätzungsrelevante Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung ihres Zustandes zu belegen. Die Beschwerdeführerin ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice - allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W207.2227465.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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