TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/14 W240 2189543-1

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Veröffentlicht am 14.04.2020
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Entscheidungsdatum

14.04.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §33 Abs1

Spruch

W240 2189543-1/4E

W240 2189543-2/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerden von XXXX , StA. Somalia, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1.) vom 21.12.2017, Zl. 1104999908-160214116, sowie 2.) vom 19.02.2018, Zl. 11049999908-160214116, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2018 wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.12.2017 wird gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des BFA vom 21.12.2017, Zl. 1104999908-160214116, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 10.02.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II) und dem Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 21.12.2018 erteilt.

2. Der vorzitierte Bescheid wurde nach Zustellversuch am 28.12.2017 an der zum damaligen Zeitpunkt laut ZMR-Auskunft aktuellen Wohnadresse dem Beschwerdeführer (in der Folge auch BF) nachweislich am 29.12.2017 durch Hinterlegung zugestellt (AS 213). Laut Hinterlegungsvermerk wurde der Bescheid am 29.12.2017 hinterlegt und begann die Abholungsfrist ebenfalls am 29.12.2017.

Gleichzeitig mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung gem. § 63 Abs. 2 AVG der Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

3. Mit Schriftsatz vom 08.02.2018, beim Bundesamt eingelangt am 09.02.2018, brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist ein und übermittelte unter einem die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes vom 21.12.2017.

Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründete der Beschwerdeführer damit, dass der Bescheid am 28.12.2017 hinterlegt worden sei, nach Behebung des Bescheides habe der Beschwerdeführer am 05.01.2018 die ihm zugeteilte Rechtsberatungsorganisation, den VMÖ, aufgesucht, um sich im Beschwerdeverfahren beraten zu lassen und Beschwerde zu erheben. Der VMÖ habe die Beschwerde nicht rechtzeitig verfasst, obwohl der Beschwerdeführer von der rechtzeitigen Beschwerdeerhebung ausgegangen sei. Der Beschwerdeführer sei am 07.02.2018 zum VMÖ gegangen, um seine Beschwerde abzuholen, dabei habe er darüber Kenntnis erlangt, dass die Frist zur Beschwerdeerhebung versäumt worden sei. Die Versäumung der Rechtsmittelfrist stelle im gegenständlichen Fall einen Rechtsnachteil dar, diese Versäumnis sei durch ein unvorhersehbares Ereignis erfolgt. Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer davon ausgegangen sei, der Rechtsberater der zugeteilten Rechtsberatungsorganisation werde die Beschwerde fristgerecht erheben, sei ein unvorhergesehenes Ereignis eingetroffen, das die Partei nicht einberechnet habe. Dieses Ereignis sei kausal für die Versäumnis der Beschwerdefrist. Dem Beschwerdeführer treffe kein den minderen Grad des Versehens übertreffendes Verschulden, weil er zu Beginn der Rechtsmittelfrist die Rechtsberatung des VMÖ in Anspruch genommen habe. Es könne nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer selbst ein den minderen Grad des Verstehens übersteigendes Verschulden am verspäteten Rechtsmittel treffe. Das Verschulden des Mitarbeiters der Rechtsberatungsstelle sei nicht dem Beschwerdeführer zuzurechnen, weil kein Hinweis eines Bevollmächtigungsverhältnisses zwischen dem Beschwerdeführer und dem Mitarbeiter der Rechtsberatungsstelle vorliege.

In der gleichzeitig erhobenen Beschwerde wurde insbesondere ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen sei.

4. Mit E-Mail vom 13.02.2018 nahm ein Rechtsberater des VMÖ Stellung zum Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte insbesondere aus, dass sich der Beschwerdeführer am 05.01.2018 in einer Geschäftsstelle des VMÖ zur Rechtsberatung im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG eingefunden habe. Dem Beschwerdeführer sei aufgrund der Sachlage seitens der Rechtsberatung nicht geraten worden, eine Beschwerde einzubringen. Der Beschwerdeführer habe sich in der Beratung zwar grundsätzlich mit dem subsidiären Schutzstatus zufrieden gezeigt, habe jedoch eine Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA vom 21.12.2017 erheben wollen. Auf Ersuchen des Beschwerdeführers hätte eine Beschwerde vorbereitet werden sollen, der Beschwerdeführer hätte sich wegen der Beschwerdeerhebung noch beim VMÖ melden sollen, da er auch am 05.01.2018 noch keine Vollmacht an den VMÖ erteilt habe. Erst am 06.02.2018 (bzw. laut BF am 07.02.2018) - und damit zehn Tage nach Ablauf der Beschwerdefrist - habe sich der Beschwerdeführer nach vergeblichen Anrufen durch den Rechtsberater des VMÖ und SMS telefonisch beim Rechtsberater des VMÖ gemeldet. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass sein Telefon "kaputt" gewesen sei bzw. "er dieses verloren habe" und dass er davon ausgegangen sei, dass zwischenzeitig die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 21.12.2017 erhoben worden sei.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 19.02.2018 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 09.02.2018 gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die aufschiebende Wirkung zuerkannt (Spruchpunkt II.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer am 28.12.2018 der Bescheid des BFA vom 21.12.2017 nachweislich durch Hinterlegung zugestellt worden sei. Nach der Vorstellung bei beim dem Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Rechtsberater habe der Beschwerdeführer über mehrere Wochen keinen Kontakt gepflegt bzw. habe kein Kontakt zum BF hergestellt werden können. Es liege kein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis vor, das den Beschwerdeführer darin gehindert habe, fristgerecht eine Beschwerde einzubringen bzw. sich - wie mit dem VMÖ offenbar vereinbart - fristgerecht mit der Rechtsberatung in Verbindung zu setzen. Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft darlegen können, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Rechtsmittelfrist einzuhalten und ihm kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe.

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit fristgerecht eingelangter Beschwerde am 13.03.2018 und machte im Wesentlichen geltend, dass die Versäumung der Erhebung eines Rechtsmittels für den Beschwerdeführer einen Rechtsnachteil darstelle und diese Versäumung durch ein unvorhersehbares Ereignis erfolgt sei. Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer davon ausgegangen sei, die ihm zugeteilte Rechtsberatungsorganisation erhebe fristgerecht Beschwerde, sei ein unvorhergesehenes Ereignis eingetroffen. Das Verschulden des Rechtsberaters sei dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnen, da kein Vertretungsverhältnis bestehe. Auch treffe den Beschwerdeführer kein den minderen Grad des Verstehens übertreffendes Verschulden.

Zusammen mit der Beschwerde wurde eine mit 01.03.2018 datierte Vollmacht des VMÖ übermittelt.

6. Mit Schreiben vom 02.10.2019 wurde der VMÖ vom BVwG aufgefordert auszuführen, weshalb, wie behauptet, ein Kontakt mit dem Beschwerdeführer vor der anberaumten Beschwerdeverhandlung am 20.08.2019 nicht hergestellt werden habe können, und anzugeben, ob die Beschwerde gegen die Bescheide des BFA nach wie vor aufrecht gehalten werden.

Die Stellungnahme langte am 11.10.2019 beim BVwG ein. Darin wurde vorgebracht, dass der VMÖ nach Erhalt der Ladung für die mündliche Verhandlung am 05.07.2019 den Beschwerdeführer angerufen habe. Dieser habe allerdings nicht abgehoben, sodass eine SMS hinterlassen worden sei. Da der Beschwerdeführer mit dem VMÖ in weiterer Folge keinen Kontakt aufgenommen hätte, habe der VMÖ am 30.07.2019 wieder erfolglos versucht Kontakt herzustellen mit dem BF. Am 07.08.2019 seien Personen des VMÖ zur Meldeadresse des Beschwerdeführers gegangen, wo er aber nicht anzutreffen gewesen sei. Eine Person, die die Tür geöffnet habe, habe mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer an der Meldeadresse nicht wohne. Einer ZMR-Abfrage vom 08.08.2019 zufolge sei der Beschwerdeführer aber ebendort noch gemeldet. Da sich der Beschwerdeführer bis zum 16.08.2019 nicht beim VMÖ gemeldet habe, habe der VMÖ das BVwG kontaktiert, den Sachverhalt geschildet und die mündliche Verhandlung sei abberaumt worden. Am 29.08.2019 sei der Beschwerdeführer in der Geschäftsstelle des VMÖ Wien erschienen und ihm sei alles erklärt worden. Er habe angegeben, dass seine Telefonnummer zwar korrekt sei, die SIM-Karte aber vorübergehend kaputt gewesen sei. Die Wiederaufnahme des Kontakts mit dem BF sei dem BVwG mitgeteilt worden. Die Beschwerde gegen die Bescheide des BFA bleibe nach wie vor aufrecht.

7. Am 22.01.2020 wurde eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG abgehalten, in dieser wurde der Beschwerdeführer einvernommen sowie der dem BF zugeteilte Mitarbeiter des VMÖ.

8. Am 07.02.2020 langte beim BVwG ein Schreiben des VMÖ ein, in dem mitgeteilt wurde, dass der Beschwerdeführer angebe, am 02.02.2018 eine SMS der zuständigen Rechtsberaterin erhalten zu haben und am 07.02.2018 im Büro des VMÖ erschienen zu sein. Die Benennung des Datums "22.01.2018" in der mündlichen Verhandlung sei daher falsch gewesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, in Auszüge aus dem Zentralen Melderegister und dem Fremdeninformationssystem, in das Strafregister und einen Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers und des zuständigen Mitarbeiters des VMÖ in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

Laut dem im Akt inneliegenden Rückschein war der oben angeführte Bescheid nach einem ersten Zustellversuch am 28.12.2017 an der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Wohnadresse dem Beschwerdeführer nachweislich am 29.12.2017 durch Hinterlegung zugestellt worden (AS 213). Laut Hinterlegungsvermerk wurde der Bescheid am 29.12.2017 hinterlegt und begann die Abholungsfrist ebenfalls am 29.12.2017.

Gleichzeitig mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung gem. § 63 Abs. 2 AVG der Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ) als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Der Beschwerdeführer behauptet am 07.02.2018 vom VMÖ erfahren zu haben, dass die Frist zur Beschwerdeerhebung versäumt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 08.02.2018, beim Bundesamt eingelangt am 09.02.2018, brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist ein und übermittelte unter einem die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes vom 21.12.2017.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.02.2018 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 09.02.2018 gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die aufschiebende Wirkung zuerkannt (Spruchpunkt II.).

Es liegt kein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis vor, dass den Beschwerdeführer gehindert hat, fristgerecht eine Beschwerde einzubringen.

Der Beschwerdeführer machte im Rahmen der Beschwerdeverhandlung hinsichtlich seiner behaupteten Gründe für die verspätet erhobene Beschwerde einen persönlich nicht glaubhaften Eindruck.

Es konnte nicht dargelegt werden, dass dem BF kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens an der eingetretenen Fristversäumnis trifft.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellungen ergeben sich weitestgehend zweifelsfrei aus dem Akteninhalt. Insbesondere wurde in der Stellungnahme beziehungsweise im Wiedereinsetzungsantrag das Zustelldatum des Bescheides sowie das Einbringungsdatum der Beschwerde nicht bestritten, sondern die Verspätung vielmehr zugestanden.

Die beschwerdeführende Partei sowie die ausgewiesene Vertretung hat somit Kenntnis erlangt von der verspäteten Beschwerdeerhebung im gegenständlichen Fall und hatte hinreichend Gelegenheit sämtliche Gründe für den behaupteten "minderen Grad des Verstehens" an der Fristversäumnis im gegenständlichen Fall darzulegen.

Dass der Beschwerdeführer durch unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen wäre, die im Verfahren bestehende Rechtsmittelfrist einzuhalten und ihm kein Verschulden oder nur einen minderen Grad des Versehens an der eingetretenen Fristversäumnis treffe, konnte nicht glaubhaft gemacht werden und ist diesbezüglich insbesondere auch der persönliche Eindruck vom BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu berücksichtigten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A. I.)

1. Vorab ist festzuhalten, dass bei einer Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Beschwerdefrist § 33 VwGVG und nicht

§§ 71, 72 AVG anzuwenden sind (vgl. ua. VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0086).

2. Der VwGH hat in seiner Rechtsprechung auch bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. ua. VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0086).

3. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass als Ereignis nicht nur tatsächliches, in der Außenwelt stattfindendes, sondern prinzipiell jedes, auch inneres, psychisches Geschehen, ein psychologischer Vorgang - einschließlich der "menschlichen Unzulänglichkeit" - anzusehen sei. Ein Ereignis iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist eine alltägliche Krankheit genauso wie eine Naturkatastrophe, eine eigene menschliche Unzulänglichkeit ebenso wie eine Gewaltanwendung von außen. (VwSlg 9024 A/1976) Ein Ereignis ist dann unabwendbar, wenn es durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte. Es ist als unvorhergesehen zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat, und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte (VwGH 17.02.1994, Zl. 93/16/0020).

Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des

§ 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, d.h. die im Verkehr mit Gerichten oder Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (VwGH 14.07.1993, 93/03/0136 u.a.).

Eine Partei, die einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist stellt, hat den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur im Rahmen der Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers zu untersuchen. An den im Antrag vorgebrachten Grund bleibt die Partei gebunden (vgl. VwGH vom 17.03.2015, Zl. Ra 2014/01/0134; VwGH vom 25.02.2003, Zl. 2002/10/0223). Der Beschwerdeführer hat die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen, was aber als Grundlage ein entsprechendes Vorbringen voraussetzt (vgl. VwGH vom 16.12.2009, 2009/12/0031).

Das Auswechseln des Wiedereinsetzungsgrundes käme der Stellung eines neuerlichen, anders begründeten Antrages auf Wiedereinsetzung gleich, der außerhalb der Wiedereinsetzungsfrist erfolgte und daher unbeachtlich ist (vgl. VwGH vom 17.03.2015, Zl. Ra 2014/01/0134). Das Gericht ist auf Grund der Antragsbedürftigkeit des Verfahrens ausschließlich an die vom Wiedereinsetzungswerber (rechtzeitig) vorgebrachten tatsächlichen Gründe gebunden. Es ist dem Gericht verwehrt, von sich aus weitere Gesichtspunkte in die Prüfung miteinzubeziehen. Eine amtswegige Prüfung, ob sonstige vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte Umstände die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat nicht zu erfolgen (vgl. VwGH vom 17.03.2015, Zl. Ra 2014/01/0134; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71 Rz. 115). Der Wiedereinsetzungswerber hat im Wiedereinsetzungsantrag innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist sachverhaltsbezogenes Vorbringen zu erstatten und auszuführen, weswegen ihn an der Versäumung der Frist kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden trifft (vgl. VwGH vom 21.11.2000, 97/19/0217).

Eine Partei, die einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist stellt, hat den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen (VwGH 29.05.1990, 90/04/0097).

Zu A.I.) Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 19.02.2018 (Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung gem. § 33 Abs. 1 VwGVG):

Die belangte Behörde sah im Vorbringen des Beschwerdeführers keinen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Damit ist die belangte Behörde im Ergebnis im Recht:

Nach § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde vier Wochen. Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Wie festgestellt, wurde der Bescheid des BFA vom 21.12.2017 nach Zustellversuch am 28.12.2017 an der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Wohnadresse dem Beschwerdeführer nachweislich am 29.12.2017 durch Hinterlegung zugestellt (AS 213). Laut Hinterlegungsvermerk wurde der Bescheid am 29.12.2017 hinterlegt und begann die Abholungsfrist ebenfalls am 29.12.2017. Die am 09.02.2018 erhobene Beschwerde ist daher verspätet.

Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung (VwGH 24.01.1996, 94/12/0179) auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann. Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte (VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).

Ein Verschulden der Partei hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (VwGH 01.03.2018, Ra 2017/19/0583). An berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ist ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (VwGH 31.05.2017, Ra 2017/22/0064).

Das erkennende Gericht stellt im gegenständlichen Fall insbesondere aufgrund der Stellungnahme der Rechtsvertretung, der grundsätzlich übereinstimmenden Aussage des als Zeugen einvernommenen Mitarbeiters des VMÖ sowie aufgrund des persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wie folgt fest:

Der Beschwerdeführer ist am 05.01.2018 zur ihm zugeteilten Rechtsberatungsorganisation VMÖ gegangen zu einem Erstberatungsgespräch. Dort wurde ihm aufgrund des Sachverhaltes davon abgeraten eine Beschwerde zu erheben. Zwischen dem Beschwerdeführer und dem VMÖ wurde vereinbart, dass der Beschwerdeführer den VMÖ zur Vorbereitung einer allfälligen Beschwerde noch einmal kontaktieren sollte. Der Beschwerdeführer, der dem VMÖ im Zuge des Erstgesprächs am 05.01.2018 noch keine Vollmacht erteilt hatte, meldete sich allerdings erst am 06.02.2018 (bzw. laut BF am 07.02.2018) - somit erst zehn Tage nach Ablauf der Beschwerdefrist - telefonisch beim VMÖ. Der VMÖ hatte in der Zwischenzeit erfolglos versucht den BF zu erreichen durch SMS und Anrufe.

Laut Stellungnahme vom VMÖ vom 13.02.2018 gab der Beschwerdeführer beim VMÖ an, dass sein Mobiltelefon verloren gegangen bzw. kaputt gewesen wäre. Beim Beratungsgespräch am 07.02.2018 wurde mit dem Beschwerdeführer neuerlich der Unterschied zwischen einer Asylgewährung § 3 und einer subsidiären Schutzgewährung § 8 AsylG, die Auswirkungen der abgelaufenen Beschwerdefrist und die Möglichkeit eines Antrages auf Wiedereinsetzung erläutert.

In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer hierzu widersprüchlich an, dass kein Termin für ein weiteres Gespräch beim VMÖ vereinbart worden sei, aber der Rechtsberater angegeben hätte, dass er ihn anrufen würde. Er hätte zwei Wochen lang auf den Anruf gewartet und wäre dann am 22.01.2018 angerufen worden. Es hätte ein Problem mit seinem Handy gegeben, deshalb habe man ihn nicht erreichen können (vgl. Prot. d. mündl. Verh. S. 6). Hierzu ist auszuführen, dass es nicht verständlich ist, warum der Beschwerdeführer sich nicht beim Rechtsberater gemeldet hat, wo er doch - laut eigenen Angaben - auf einen Anruf gewartet hat und er zudem Kenntnis davon hatte, dass er aufgrund seiner Telefonprobleme nicht erreichbar ist. Weiters erscheint nicht glaubhaft nachvollziehbar, weshalb dem Beschwerdeführer erklärt worden sein sollte, dass er sich nicht nochmal beim VMÖ melden sollte, um eine Beschwerde zu erheben, da der Beschwerdeführer im Rahmen des Erstgespräches auch noch keine Vollmacht unterschrieben hatte, weshalb der VMÖ ohne erteilte Vollmacht auch keine Beschwerde für den Beschwerdeführer hätte erheben können. Bereits aus diesen unnachvollziehbaren und damit unglaubhaften Angaben des Beschwerdeführers ist klar ersichtlich, dass der Beschwerdeführer wahrheitswidrige Angaben zum tatsächlichen Geschehen angibt und ergibt sich aus dem geschilderten Verhalten des Beschwerdeführers, der laut seinen Behauptungen gewartet hatte, dass ohne sein Zutun eine Beschwerde erhoben werde, ohne sich weiter zu erkundigen, ob man noch etwaige Informationen benötigen würde, als er telefonisch nicht erreichbar gewesen sei, dass der Beschwerdeführer während der Rechtsmittelfrist auffallend sorglos gehandelt hat. Zudem gab der Beschwerdeführer in Widerspruch zu seinen eigenen Angaben einige Fragen später an, dass er am 13.01.2018 - somit noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist - wieder Kontakt mit dem zuständigen Rechtsberater gehabt hätte (vgl. Prot. d. mündl. Verh. S. 8).

Der Beschwerdeführer brachte in der mündlichen Verhandlung vor, dass das erste, was der zuständige Rechtsberater am 22.01.2018 zu ihm gesagt hätte, gewesen wäre, dass er die Beschwerdefrist verpasst habe und dies sein Fehler wäre (vgl. Prot. d. mündl. Verh. S. 8). Der Beschwerdeführer konnte jedoch nicht glaubhaft machen, dass er am 22.01.2018 beim VMÖ gewesen wäre, und kann diese Aussage nicht nachvollzogen werden, weil die Beschwerdefrist erst am 26.01.2018 endete. Dass der Beschwerdeführer nach der Beschwerdeverhandlung mit Schriftsatz vom 07.02.2020 richtigstellte, dass er doch erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist am 07.02.2018 wieder beim VMÖ gewesen wäre und er den 22.01.2018 in der Verhandlung falsch bezeichnet habe, ändert nichts daran, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung stetig vom 22.01.2018 sprach und auf Nachfrage auch vom Datum nicht abwich, was an der persönlichen Glaubwürdigkeit im höchsten Maße zweifeln lässt. Durch diese in der Beschwerdeverhandlung getätigte falsche Behauptung hat der Beschwerdeführer, der sich tatsächlich erst rund zehn Tage nach Ablauf der Rechtmittelfrist wieder beim VMÖ gemeldet hatte, offensichtlich neuerlich - erfolglos - versucht alle Verantwortung an der verspäteten Beschwerdeerhebung von sich zu schieben.

Zur Vollmacht selbst ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst einräumte, dass er beim ersten Termin beim VMÖ keine Vollmacht unterzeichnet habe, sondern das dies erst beim letzten Besuch - also nach Verstreichen der Rechtsmittelfrist - geschehen sei (vgl. Prot. d. mündl. Verh. S. 7).

Auch wenn es der Wahrheit entsprechen würde, dass das Handy des Beschwerdeführers tatsächlich kaputt gewesen wäre bzw. verloren gegangen wäre, so wäre es dem Beschwerdeführer jedenfalls zumutbar gewesen innerhalb der Rechtsmittelfrist mit einem anderen Telefon den VMÖ zu kontaktieren oder persönlich beim VMÖ vorbeizukommen. Der Beschwerdeführer hat es jedoch laut eigenen Behauptungen vorgezogen, darauf zu warten, dass der VMÖ sich beim Beschwerdeführer melden würde, obwohl dem BF zweifellos bekannt sein musste, dass sein Telefon kaputt gewesen sei bzw. verloren gegangen sei. An anderer Stelle hatte der Beschwerdeführer behauptet, er sei davon ausgegangen, dass die Beschwerde ohne sein weiteres Zutun verfasst werde vom VMÖ. Zu dieser Behauptung ist klar darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer insbesondere auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung einen persönlich nicht glaubwürdigen Eindruck hinterließ und die diesbezügliche Behauptung auch durch seine Angaben im Rahmen der Beschwerdeverhandlung nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Die erkennende Richterin ist nach Durchführung der Beschwerdeverhandlung vielmehr zur Einschätzung gelangt, dass der Beschwerdeführer - selbst wenn es zu einem Missverständnis im Rahmen des Erstgesprächs mit dem VMÖ gekommen sein sollte, was aber mangels Unterzeichnung einer Vollmacht durch den BF und aufgrund des unglaubwürdigen Eindrucks vom Beschwerdeführer nicht festgestellt wird im gegenständlichen Fall - jedenfalls während der Rechtsmittelfrist auffallend sorglos gehandelt hat, d.h. die im Verkehr mit Gerichten oder Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat (VwGH 14.07.1993, 93/03/0136 u.a.). Insbesondere auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung hat der Beschwerdeführer erfolglos alle Verantwortung von sich zu schieben versucht und wiederholt nicht brauchbare Rechtfertigungsversuche behauptet, wie etwa, dass sein Handy kaputt oder verloren gegangen sei, weshalb er behauptete, nach seinem ersten Beratungsgespräch mit dem VMÖ nicht mehr erreichbar gewesen sei und auch nicht nochmal zum VMÖ persönlich gegangen sei während der Rechtsmittelfrist. Wenn er - aufgrund des persönlichen Eindruckes in der Beschwerdeverhandlung nicht glaubhaft - behauptet, er habe darauf vertraut, dass ohne sein weiteres Zutun eine Beschwerde verfasst werde, ist dem Beschwerdeführer dennoch vorzuwerfen, dass er nicht erreichbar gewesen ist für weitere etwaige Nachfragen durch Mitarbeiter des VMÖ, wodurch sich erneut ergibt, dass der Beschwerdeführer innerhalb der Rechtsmittelfrist (Anmerkung BVwG: und auch danach, wie im Folgenden dargelegt) auffallend sorglos gehandelt hat.

Zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Verkehr mit Gerichten oder Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat, gelangt die erkennende Richterin überdies durch die Ausführungen in der Stellungnahme des VMÖ, eingelangt beim BVwG am 11.10.2019, auf Nachfrage durch das BVwG, da eine mit dem BF anberaumte Beschwerdeverhandlung abberaumt werden musste, weil der VMÖ den Beschwerdeführer nicht kontaktieren konnte. In der Stellungnahme wurde vorgebracht, dass der VMÖ nach Erhalt der Ladung für die mündliche Verhandlung am 05.07.2019 vor dem BVwG den Beschwerdeführer angerufen habe. Dieser habe allerdings nicht abgehoben, sodass eine SMS hinterlassen worden sei. Da der Beschwerdeführer in weiterer Folge keinen Kontakt aufgenommen habe, hätte der VMÖ am 30.07.2019 wieder erfolglos einen Kontaktversuch vorgenommen. Am 07.08.2019 seien Personen des VMÖ zur Meldeadresse des Beschwerdeführers gegangen, wo er aber nicht anzutreffen gewesen sei. Eine Person, die die Tür geöffnet habe, habe mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer an der Meldeadresse nicht wohne. Einer ZMR-Abfrage vom 08.08.2019 nach sei der Beschwerdeführer aber ebendort noch gemeldet. Da sich der Beschwerdeführer bis zum 16.08.2019 nicht beim VMÖ gemeldet habe, hatte der VMÖ das BVwG kontaktiert, den Sachverhalt geschildet und die mündliche Verhandlung sei aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nicht kontaktiert werden konnte, abberaumt worden. Laut VMÖ, sei der BF am 29.08.2019 in der Geschäftsstelle des VMÖ Wien erschienen und ihm sei alles erklärt worden. Er habe angegeben, dass seine Telefonnummer zwar korrekt sei, die SIM-Karte aber vorübergehend kaputt gewesen sei.

Dass der Beschwerdeführer durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen wäre, die im Verfahren bestehende Rechtsmittelfrist einzuhalten und ihm kein Verschulden oder nur einen minderen Grad des Versehens an der eingetretenen Fristversäumnis treffe, konnte der Beschwerdeführer nach Durchführung der mündlichen Beschwerdeverhandlung unter Berücksichtigung des Verhaltens und des persönlichen Eindrucks vom BF im Rahmen der Beschwerdeverhandlung daher nicht glaubhaft machen.

Der Umstand, dass die Partei die deutsche Sprache nicht oder nur mangelhaft beherrscht, stellt keinen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dar (VwGH 22.5.1997, 97/18/257; 1.8.2000, 2000/21/0097; 19.9.2007, 2007/08/0097). Vielmehr genügt es, dass dem Sprachunkundigen bewusst gewesen sein musste, ein rechtlich bedeutsames behördliches Schriftstück erhalten zu haben (vgl. VwGH 24.2.2000, 96/21/0430; 11.10.2001, 98.18.0355; 19.11.2003, 2003/21/0090) um dessen Pflicht auszulösen, im Falle seiner Ungewissheit über den Inhalt und die Bedeutung des behördlichen Schreibens, diese nicht auf sich beruhen zu lassen. (VwGH 28.1.2003, 2002/18/0291; 27.1.2004, 2003/21/0167). Vor allem der Rechtsmittelbelehrung (VwGH 10.5.2000 95/18/0972) sowie den Tag der Bescheidzustellung hat ein Fremder, der die deutsche Sprache nur ungenügend beherrscht, besondere Aufmerksamkeit zu widmen, zumal aus der Rechtmittelbelehrung die Zulässigkeit und die Art des allfällig zur Verfügung stehenden Rechtsmittels sowie die Einbringungsstelle sowie die dafür zur Verfügung stehende Frist hervorgeht und aufgrund der besonderen Bedeutung des Zustelldatums für die Einhaltung der Rechtmittelfrist, der Partei erhöhte Sorgfaltspflicht zukommt (VwGH 7.8.2001, 98/18/0068). Hat die der deutschen Sprache nicht mächtige Partei es unterlassen diesbezügliche Erkundigungen einzuholen, trifft diese ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden (vgl. VwGH 12.12.1997, 96/19/3394, 10.5.2000, 95/18/0972). Auch ein ungebildeter dem Lesen und Schreiben unkundiger Mensch, ist grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, wenn er einem behördlichen Schriftstück, ohne eine lesekundige Person beizuziehen, einen falschen Inhalt unterstellt, zumal er im Bewusstsein seiner diesbezüglichen Unfähigkeit damit rechnen musste, ein an ihn adressiertes Schreiben nicht richtig lesen und verstehen zu können (vgl. VwGH 12.12.1997, 96/19/3394; 10.5.2000, 95/18/0972).

Auch ein Irrtum über den Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides beziehungsweise den Zeitpunkt der Hinterlegung eines Bescheides und der damit bewirkten Zustellung kann einen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand darstellen. Dies gilt aber nur, wenn die Unkenntnis von der ordnungsgemäßen Hinterlegung eines Schriftstücks, mit der die Zustellung bewirkt ist, nicht auf einem Verschulden der Partei beruht, welches den minderen Grad des Versehens übersteigt (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 73 mN aus der Judikatur).

Überdies ist festzuhalten, dass der zugestellte Bescheid auch eine korrekte Rechtsmittelbelehrung samt somalischer Übersetzung enthielt. Dass die Rechtsmittelbelehrung allenfalls fehlerhaft gewesen wäre oder dass der Beschwerdeführer allenfalls den Inhalt der Rechtsmittelbelehrung nicht verstehen hätte können, wurde nicht behauptet. Vielmehr gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung an, gewusst zu haben, dass die Rechtsmittelfrist 4 Wochen beträgt (vgl. Prot. d. mündl. Verh. S. 7).

Es war daher der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen.

Zu A.II.) Zurückweisung der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 21.12.2017 wegen Verspätung

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beginnt Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt gemäß Z 4 leg.cit., wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Gemäß § 33 Abs. 2 AVG ist, wenn das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Karfreitag fällt, der nächste Werktag der letzte Tag der Frist. Eine nach Wochen bestimmte Frist endet demnach um Mitternacht (24.00 Uhr) des gleich bezeichneten Tages der letzten Woche der Frist (VwGH 18.10.1996, 96/09/0153 mwN im Erkenntnis).

Im vorliegenden Fall wurde der Bescheid des Bundesamtes vom 21.12.2017 nach Zustellversuch am 28.12.2017 an der zum damaligen Zeitpunkt laut ZMR-Auszug aktuellen Wohnadresse dem Beschwerdeführer nachweislich am 29.12.2017 durch Hinterlegung zugestellt (AS 213). Laut Hinterlegungsvermerk wurde der Bescheid am 29.12.2017 hinterlegt und begann die Abholungsfrist ebenfalls am 29.12.2017. Der Beginn der vierwöchigen Rechtsmittelfrist wurde dadurch ausgelöst. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete demnach, unter Berücksichtigung der §§ 32, 33 AVG mit Ablauf des 26.01.2018. Die im Zuge des Wiedereinsetzungsantrags erhobene Beschwerde vom 08.02.2018, die am 09.02.2018 beim Bundesamt eingelangt ist, wurde somit verspätet eingebracht.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes vom 21.12.2017 war daher gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen sowohl auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als auch auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Die Frage, ob im Sinn des § 33 Abs. 1 VwGVG ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden der Partei zur Versäumung der Frist geführt hat bzw. ob der Wiedereinsetzungsgrund ausreichend bescheinigt wurde, unterliegt aber grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (VwGH vom 25.11.2015, Ra 2015/06/0113).

Sofern die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des BVwG auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

mangelnder Anknüpfungspunkt, Verschulden, Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W240.2189543.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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