TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/6 W107 2149026-2

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Veröffentlicht am 06.11.2019
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Entscheidungsdatum

06.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W107 2149026-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sibyll BÖCK über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. - VII. des angefochtenen Bescheides abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz (in Rechtskraft erwachsen):

1.1. Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2015 schlepperunterstützt und unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 26.06.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er in der Erstbefragung als Fluchtgrund an, dass in Afghanistan Krieg herrsche und das Land sehr unsicher sei; sowohl der IS als auch die Taliban seien im Land aktiv. Er habe keine Eltern mehr, die ihn unterstützen könnten. Der Beschwerdeführer habe sich von seiner Flucht nach Europa erhofft, in ein sicheres Land zu kommen, wo er sich eine gesicherte Existenz aufbauen könne.

1.2. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erklärte der Beschwerdeführer als Grund für seine Flucht sodann, dass er nach dem Tod seiner Eltern bei seinem Onkel väterlicherseits aufgewachsen sei, welcher dem Beschwerdeführer sein Erbe verwehrt und ihm deshalb mit dem Umbringen gedroht habe.

1.3. Mit Bescheid des BFA vom 09.02.2017, Zl. XXXX , wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Begründend wurde zu Spruchpunkt I. zusammengefasst ausgeführt, dass der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt in seiner Gesamtheit als nicht asylrelevant einzustufen sei; es sei ihm nicht gelungen, glaubwürdig eine Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe geltend zu machen. Zu Spruchpunkt II. wurde festgehalten, es gebe keine Hinweise dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in sein Heimatland in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, zumal er dort über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Zu Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, es seinen keinerlei Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der Tatbestand des § 57 AsylG erfüllt sein könnte. Bei einer Gesamtabwägung der schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers und der gewichtigen öffentlichen Interessen am geordneten Vollzug des Asyl- und Fremdenwesens sei die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig und die erlassene Rückkehrentscheidung geboten. Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß des IV. Spruchpunktes mit 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides - mangels besonderer Umstände, die anderes notwendig erscheinen ließen - festgelegt.

1.4. Die gegen diesen Bescheid erhobene (und von einem amtswegig beigegebenen Rechtsberater unterstützte) Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.01.2018, W248 2149026-1/16E, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen. In seinen Entscheidungsgründen führte das Bundesverwaltungsgericht zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers (mit näherer Begründung) maßgeblich aus, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Gefährdung durch seinen Onkel väterlicherseits nicht unter einen der Gründe der GFK zu subsumieren sei, denn ein Kausalzusammenhang zwischen der behaupteten Verfolgung und einem der in der GFK taxativ aufgezählten Gründe (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, politische Gesinnung) bestehe nicht. Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt sei, sei in der Folge davon auszugehen gewesen, dass eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers nicht existiere. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten seien nicht gegeben. Die aktuelle Situation in Afghanistan sei zwar unverändert (weder sicher noch stabil), doch variiere dabei die Sicherheitslage regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt. Weder das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation noch die vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde angeführten Dokumente würden davon ausgehen, dass eine Rückkehr nach Afghanistan von alleinstehenden leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter generell unmöglich bzw. unzumutbar sei. Zwar könne dem Beschwerdeführer eine Rückführung in seine Heimatregion Mazar-e Sharif - aufgrund seines dort wohnhaften gewalttätigen Onkels väterlicherseits - nicht zugemutet werden, jedoch könne der Beschwerdeführer aufgrund der dortigen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes - nämlich in die Hauptstadt Kabul - verwiesen werden. Auch in den übrigen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides folgte das Bundesverwaltungsgericht der belangten Behörde. Diesem Erkenntnis wurde das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, Stand: 22.06.2017, zu Grunde gelegt.

Das genannte Erkenntnis erwuchs mit seiner wirksamen Zustellung in Rechtskraft. Dagegen wurde sowohl Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als auch Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Die Behandlung der Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 14.03.2018, E 688/2018-5, abgelehnt, die Revision wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106-12, als unbegründet abgewiesen.

2. Verfahren über den zweiten Antrag auf internationalen Schutz (in Rechtskraft erwachsen):

2.1. Nach negativem Abschluss seines (ersten) Asylverfahrens stellte der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet am 08.12.2018 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (erster Folgeantrag) und gab hierzu in der Erstbefragung an, dass sein letztes Asylverfahren negativ ausgegangen sei, sich die Situation in seinem Heimatland aber nicht verändert habe. Sein Onkel väterlicherseits habe ihn damals wegen Erbschaftsstreitigkeiten mit dem Tod bedroht. Da sein Onkel noch immer in Afghanistan lebe, könne der Beschwerdeführer aber nicht dorthin zurückkehren.

2.2. Nach Stellung dieses Folgeantrags reiste der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Frankreich aus, wo er am 04.01.2019 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

2.3. Mit rechtskräftigem Bescheid des BFA vom 18.01.2019, Zl.:

1075269709/181180290, wurde der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 08.12.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Es wurde keine Frist für eine freiwillige Ausreise erteilt und ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dieser Bescheid wurde gemäß § 24 Abs. 3 AsylG ohne vorherige Einvernahme des Beschwerdeführers erlassen und hierzu begründend festgehalten, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststehe und sich der Beschwerdeführer dem Verfahren entzogen habe. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte durch Hinterlegung im Akt und wurde durch Aushang beurkundet. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben, der Bescheid ist am 07.02.2019 in Rechtskraft erwachsen. Diesem Bescheid wurde das Länderinformationsblatt zu Afghanistan vom 29.06.2018, Stand: 08.01.2019, zu Grunde gelegt.

3. (gegenständliches) Verfahren über den dritten Antrag auf internationalen Schutz:

3.1. Am 17.07.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgrund eines Wiederaufnahmeersuchens der französischen Behörden von Frankreich in das österreichische Bundesgebiet rücküberstellt. Mit Aktenvermerk des BFA wurde unter Verweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 03.07.2018, Ra 2018/21/0025, festgehalten, dass der vom Beschwerdeführer am 04.01.2019 im Mitgliedstaat Frankreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz, für den Österreich gemäß den Bestimmungen der Dublin III-VO zuständig sei, als in Österreich gestellt und gemäß § 17 Abs. 2 AsylG iVm § 43 Abs. 1 BFA-VG mit 17.07.2019 eingebracht gelte (zweiter Folgeantrag). Im Zuge seiner Erstbefragung am 17.07.2019 gab der Beschwerdeführer auf die Frage, was sich seit rechtskräftigem Abschluss seines letzten Verfahrens geändert habe, an, dass seine alten Fluchtgründe aufrecht bleiben würden und dies seine einzigen Gründe seien.

3.2. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 17.07.2019 wurde betreffend den Beschwerdeführer eine Anordnung zur Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG 2005 in näher bezeichnetem Quartier getroffen.

3.3. Aufgrund des zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Ermittlungsergebnisses wurde dem Beschwerdeführer per 25.07.2019 eine schriftliche Mitteilung des BFA gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 ausgefolgt, wonach beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückzuweisen.

3.4. Am 31.07.2019 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA im Beisein seines Rechtsberaters, einer Vertrauensperson und eines Dolmetschers seiner Muttersprache. Hierbei gab der Beschwerdeführer an, nun neue Fluchtgründe zu haben. Nachdem er aus Frankreich nach Österreich zurückgekehrt sei, habe ihn sein Onkel mütterlicherseits aus Afghanistan telefonisch kontaktiert, um ihm zu sagen, dass er in Kabul gesucht werde; von wem, wisse sein Onkel aber nicht. Die Frage, ob sich an den Gründen für das Verlassen seines Heimatstaates etwas geändert habe, verneinte der Beschwerdeführer.

3.5. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 25.09.2019 wurde betreffend den Beschwerdeführer eine weitere Anordnung zur Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG 2005 in näher bezeichnetem Quartier getroffen.

3.6. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom XXXX wies das BFA den (dritten) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 17.07.2019 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Unter Spruchpunkt VIII. wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen worden sei, ab 25.09.2019 in näher bezeichnetem Quartier Unterkunft zu nehmen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer auf seine ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründe stütze, welche von der Rechtskraft des Vorverfahrens erfasst seien. Der ursprünglich vorgebrachten Fluchtgeschichte sei aber bereits keine Asylrelevanz zugekommen. Die darüberhinausgehenden Angaben im Folgeverfahren, mit welchen der Beschwerdeführer versucht habe, seinen ursprünglichen Sachverhalt zu bekräftigen, seien zu vage und allgemein gehalten, um dieses Vorbringen als glaubwürdig zu bezeichnen. Es sei somit im Folgeverfahren zu keiner entscheidungswesentlichen Sachverhaltsänderung gekommen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 sei mangels Vorliegen der Voraussetzungen nicht zu erteilten gewesen. Den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet stünden die öffentliche Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Im Falle einer zurückweisenden Entscheidung bestehe gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise. Betreffend das verhängte Einreiseverbot wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Frist für die freiwillige Ausreise in sein Herkunftsland nicht eingehalten habe und daher unter den Anwendungsbereich des Art. 11 der Rückführungsrichtlinie falle. Zudem könne er den Besitz der Mittel für seinen Unterhalt nicht nachweisen, weshalb auch der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG erfüllt und ein Einreisverbot im genannten Umfang zu erlassen gewesen sei. Über die Anordnung zur Unterkunftnahme habe das Bundesamt im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen, im Fall des Beschwerdeführers sei aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz eine Anordnung zur Unterkunftnahme geboten gewesen.

Diesem Bescheid wurde das Länderinformationsblatt zu Afghanistan vom 29.06.2018, Stand: 04.06.2019, zu Grunde gelegt.

3.7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, unterstützt durch den ausgewiesenen Rechtsberater, Beschwerde in vollem Umfang. Beantragt wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die Behebung der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung der Sache an das BFA zur Durchführung eines materiellen Verfahrens, in eventu die Behebung der Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides bzw. dessen Abänderung dahingehend, dass die Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer für auf Dauer unzulässig erklärt und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus den Gründen des Art. 8 EMRK erteilt werde sowie die Behebung der Spruchpunkte VII. und VIII., in eventu die Behebung des Bescheides und Zurückverweisung an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Beschwerde moniert ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, eine unrichtige Beweiswürdigung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung.

3.8. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 31.10.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein, deren Einlangen mit Mitteilung gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG bestätigt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten des Beschwerdeführers (insbesondere zum Vorverfahren zu W248 2149026-1, mit welchem zuletzt in der Sache entschieden wurde), durch Einsicht in die durch das BFA in das Verfahren eingeführten Länderberichte zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, durch Einsicht in die Befragungsprotokolle sowie durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in das Strafregister.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen privaten- und familiären Verhältnissen:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger. Er ist volljährig, ledig und kinderlos. Seine Muttersprache ist Dari. Die Identität des Beschwerdeführers steht mit der für das Verfahren erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest.

Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und bekennt sich zum sunnitischen Glauben. Er stammt aus Mazar-e-Sharif, Ortschaft XXXX . Dort leben noch Familienangehörige des Beschwerdeführers (Onkel und Tanten), seine Eltern sind bereits verstorben. In Mazar-e-Sharif besuchte der Beschwerdeführer sechs Jahre lang die Schule und arbeitete im Unternehmen seines Onkels väterlicherseits als Hilfsarbeiter. Der Beschwerdeführer steht mit seinem Onkel mütterlicherseits, welcher auch die Flucht des Beschwerdeführers organisiert und finanziert hat, in regelmäßigem Kontakt.

Der Beschwerdeführer reiste im Juni 2015 schlepperunterstützt und illegal nach Österreich ein und stellte am 26.06.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des BFA vollinhaltlich abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.01.2018, W248 2149026-1/16E, ebenfalls abgewiesen. Dieses Erkenntnis ist rechtskräftig.

Am 08.12.2018 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (erster Folgeantrag), dieser wurde mit Bescheid des BFA rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Afghanistan verfügt.

Der Beschwerdeführer reiste nach negativem Abschluss seines Erstverfahrens im Jänner 2019 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Frankreich aus, wo er am 04.01.2019 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz stellte. Am 17.07.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgrund eines Wiederaufnahmeersuchens der französischen Behörden von Frankreich in das österreichische Bundesgebiet rücküberstellt. Gemäß Aktenvermerk des BFA vom 18.07.2019 gilt der vom Beschwerdeführer am 04.01.2019 im Mitgliedstaat Frankreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz, für den Österreich gemäß den Bestimmungen der Dublin III-VO zuständig ist, als in Österreich gestellt und gemäß § 17 Abs. 2 AsylG iVm § 43 BFA-VG mit 17.07.2019 eingebracht (zweiter Folgeantrag).

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen in Österreich, ebenso wenig besteht hier eine Lebensgemeinschaft oder ein sonstiges ausreichend intensives Naheverhältnis zu einer in Österreich lebenden Person. Der Beschwerdeführer verfügt über soziale Kontakte in Österreich. Insbesondere zu seiner Deutschlehrerin und zu einer weiteren Person hat er ein enges Verhältnis und wird von diesen im Alltag unterstützt. Eine finanzielle Abhängigkeit des Beschwerdeführers von diesen Personen oder ein gemeinsamer Haushalt besteht nicht.

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach, bezieht seit seiner Rücküberstellung wieder Leistungen aus der Grundversorgung und ist in Österreich unbescholten. Der Beschwerdeführer besuchte Deutschkurse, nahm an einem Werte- und Orientierungskurs teil und verfügt über grundlegende Deutschkenntnisse. Er war gemeinnützig als Küchengehilfe in einem Pflege- und Altenwohnheim tätig und verfügt für den Fall der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung bzw. Arbeitsbewilligung über Einstellungszusagen sowohl für eine Mitarbeit in einer Pizzeria als auch für eine Tätigkeit als Küchenhilfe in einem Gasthaus. Der Beschwerdeführer ist kein Mitglied in einem Verein oder in einer sonstigen Organisation.

Der Beschwerdeführer leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Beeinträchtigung des Hörvermögens sowie unter Sehproblemen auf dem rechten Auge. Weiters hat der Beschwerdeführer häufig Kopfschmerzen, zitternde Hände und Entzündungen im rechten Ohr. Die Ohrenentzündung sowie die posttraumatische Belastungsstörung werden medikamentös behandelt. Zudem verwendet der Beschwerdeführer ein Hörgerät. An einer unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankung leidet der Beschwerdeführer nicht.

1.2. Zu den Fluchtgründen:

Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers kann nicht festgestellt werden, ebenso kann keine maßgebliche Änderung im Hinblick auf die Fluchtgründe oder Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers festgestellt werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung aufgrund seines Aufenthaltes in Europa droht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten wird und ihm die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen ist.

1.3. Zur maßgeblichen Lage in Afghanistan:

1.3.1. Aktualisierungen zur Sicherheitslage:

Kurzinformation vom 04.06.2019:

Politische Ereignisse: Friedensgespräche, Loya Jirga, Ergebnisse Parlamentswahl

Ende Mai 2019 fand in Moskau die zweite Runde der Friedensgespräche zwischen den Taliban und afghanischen Politikern (nicht der Regierung, Anm.) statt. Bei dem Treffen äußerte ein Mitglied der Taliban, Amir Khan Muttaqi, den Wunsch der Gruppierung nach Einheit der afghanischen Bevölkerung und nach einer "inklusiven" zukünftigen Regierung. Des Weiteren behauptete Muttaqi, die Taliban würden die Frauenrechte respektieren wollen. Ein ehemaliges Mitglied des afghanischen Parlaments, Fawzia Koofi, äußerte dennoch ihre Bedenken und behauptete, die Taliban hätten kein Interesse daran, Teil der aktuellen Regierung zu sein, und dass die Gruppierung weiterhin für ein islamisches Emirat stünde. (Tolonews 31.5.2019a).

Vom 29.4.2019 bis 3.5.2019 tagte in Kabul die "große Ratsversammlung" (Loya Jirga). Dabei verabschiedeten deren Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel, einen Friedensschluss mit den Taliban zu erreichen und den inner-afghanischen Dialog zu fördern. Auch bot Präsident Ghani den Taliban einen Waffenstillstand während des Ramadan von 6.5.2019 bis 4.6.2019 an, betonte aber dennoch, dass dieser nicht einseitig sein würde. Des Weiteren sollten 175 gefangene Talibankämpfer freigelassen werden (BAMF 6.5.2019). Einer weiteren Quelle zufolge wurden die kritischen Äußerungen zahlreicher Jirga-Teilnehmer zu den nächtlichen Militäroperationen der USA nicht in den Endbericht aufgenommen, um die Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht zu gefährden. Die Taliban nahmen an dieser von der Regierung einberufenen Friedensveranstaltung nicht teil, was wahrscheinlich u.a. mit dem gescheiterten Dialogtreffen, das für Mitte April 2019 in Katar geplant war, zusammenhängt. Dort wäre die Regierung zum ersten Mal an den Friedensgesprächen mit den Taliban beteiligt gewesen. Nachdem erstere jedoch ihre Teilnahme an die Bedingung geknüpft hatte, 250 Repräsentanten nach Doha zu entsenden und die Taliban mit Spott darauf reagierten, nahm letztendlich kein Regierungsmitarbeiter an der Veranstaltung teil. So fanden Gespräche zwischen den Taliban und Exil-Afghanen statt, bei denen viele dieser das Verhalten der Regierung öffentlich kritisierten (Heise 16.5.2019).

Anfang Mai 2019 fand in Katar auch die sechste Gesprächsrunde zwischen den Taliban und den USA statt. Der Sprecher der Taliban in Doha, Mohammad Sohail Shaheen, betonte, dass weiterhin Hoffnung hinsichtlich der inner-afghanischen Gespräche bestünde. Auch konnten sich der Quelle zufolge die Teilnehmer zwar bezüglich einiger Punkte einigen, dennoch müssten andere "wichtige Dinge" noch behandelt werden (Heise 16.5.2019).

Am 14.5.2019 hat die unabhängige Wahlkommission (Independent Electoral Commission, IEC) die Wahlergebnisse der Provinz Kabul für das afghanische Unterhaus (Wolesi Jirga) veröffentlicht (AAN 17.5.2019; vgl. IEC 14.5.2019, IEC 15.5.2019). Somit wurde nach fast sieben Monaten (die Parlamentswahlen fanden am 20.10.2018 und 21.10.2018 statt) die Stimmenauszählung für 33 der 34 Provinzen vervollständigt. In der Provinz Ghazni soll die Wahl zusammen mit den Präsidentschafts- und Provinzialratswahlen am 28.9.2019 stattfinden. In seiner Ansprache zur Angelobung der Parlamentsmitglieder der Provinzen Kabul und Paktya am 15.5.2019 bezeichnete Ghani die siebenmonatige Wahl als "Katastrophe" und die beiden Wahlkommissionen, die IEC und die Electoral Complaints Commission (ECC), als "ineffizient" (AAN 17.5.2019).

Zivile-Opfer, UNAMA-Bericht

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im ersten Quartal 2019 (1.1.2019 - 31.3.2019) 1.773 zivile Opfer (581 Tote und 1.192 Verletzte), darunter waren 582 der Opfer Kinder (150 Tote und 432 Verletzte). Dies entspricht einem Rückgang der gesamten Opferzahl um 23% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, welches somit der niedrigste Wert für das erste Jahresquartal seit 2013 ist (UNAMA 24.4.2019).

Diese Verringerung wurde durch einen Rückgang der Zahl ziviler Opfer von Selbstmordanschlägen mit IED (Improvised Explosive Devices - unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung/Sprengfallen) verursacht. Der Quelle zufolge könnten die besonders harten Winterverhältnisse in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 zu diesem Trend beigetragen haben. Es ist unklar, ob der Rückgang der zivilen Opfer wegen Maßnahmen der Konfliktparteien zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung oder durch die laufenden Gespräche zwischen den Konfliktparteien beeinflusst wurde (UNAMA 24.4.2019).

Die Zahl der zivilen Opfer aufgrund von Nicht-Selbstmord-Anschlägen mit IEDs durch regierungsfeindliche Gruppierungen und Luft- sowie Suchoperationen durch regierungsfreundliche Gruppierungen ist gestiegen. Die Zahl der getöteten Zivilisten, die regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben wurden, übertraf im ersten Quartal 2019 die zivilen Todesfälle, welche von regierungsfeindlichen Elementen verursacht wurden (UNAMA 24.4.2019).

Kampfhandlungen am Boden waren die Hauptursache ziviler Opfer und machten etwa ein Drittel der Gesamtzahl aus. Der Einsatz von IEDs war die zweithäufigste Ursache für zivile Opfer: Im Gegensatz zu den Trends von 2017 und 2018 wurde die Mehrheit der zivilen Opfer von IEDs nicht durch Selbstmordanschläge verursacht, sondern durch Angriffe, bei denen der Angreifer nicht seinen eigenen Tod herbeiführen wollte. Luftangriffe waren die Hauptursache für zivile Todesfälle und die dritthäufigste Ursache für zivile Opfer (Verletzte werden auch mitgezählt, Anm.), gefolgt von gezielten Morden und explosiven Kampfmittelrückständen (UXO - unexploded ordnance). Am stärksten betroffen waren Zivilisten in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kunduz (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 24.4.2019).

Anschläge in Kabul-Stadt

Ende Mai 2019 fanden in Kabul-Stadt einige Anschläge und gezielte Tötungen in kurzen Abständen zu einander statt: Am 26.5.2019 wurde ein leitender Mitarbeiter einer NGO in Kart-e Naw (PD5, Police District 5) durch unbekannte bewaffnete Männer erschossen (Tolonews 27.5.2019a). Am 27.5.2019 wurden nach der Explosion einer Magnetbombe, die gegen einen Bus von Mitarbeitern des Ministeriums für Hadsch und religiöse Angelegenheiten gerichtet war, zehn Menschen verletzt. Die Explosion fand in Parwana-e Do (PD2) statt. Zum Vorfall hat sich keine Gruppierung bekannt (Tolonews 27.5.2019b).

Des Weiteren wurden im Laufe der letzten zwei Maiwochen vier Kontrollpunkte der afghanischen Sicherheitskräfte durch unbekannte bewaffnete Männer angegriffen (Tolonews 31.5.2019b).

Am 30.5.2019 wurden in Folge eines Selbstmordangriffes nahe der Militärakademie Marshal Fahim im Stadtteil Char Rahi Qambar (PD5) sechs Personen getötet und 16 Personen, darunter vier Zivilisten, verletzt. Die Explosion erfolgte, während die Kadetten die Universität verließen (1 TV NEWS 30.5.2019). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zu dem Anschlag (AJ 30.5.2019).

Am 31.5.2019 wurden sechs Personen, darunter vier Zivilisten, getötet und fünf Personen, darunter vier Mitglieder der US-Sicherheitskräfte, verletzt, nachdem ein mit Sprengstoff beladenes Auto in Qala-e Wazir (PD9) detonierte. Quellen zufolge war das ursprüngliche Ziel des Angriffs ein Konvoi ausländischer Sicherheitskräfte (Tolonews 31.5.2019c).

Am 2.6.2019 kam nach der Detonation von mehreren Bomben eine Person ums Leben und 17 weitere wurden verletzt. Die Angriffe fanden im Westen der Stadt statt, und einer davon wurde von einer Klebebombe, die an einem Bus befestigt war, verursacht. Einer Quelle zufolge transportierte der Bus Studenten der Kabul Polytechnic University (TW 2.6.2019). Der IS bekannte sich zu den Anschlägen und beanspruchte den Tod von "mehr als 30 Schiiten und Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte" für sich. Die Operation erfolgte in zwei Phasen: Zuerst wurde ein Bus, der 25 Schiiten transportierte, angegriffen, und darauf folgend detonierten zwei weitere Bomben, als sich "Sicherheitselemente" um den Bus herum versammelten. Vertreter des IS haben u.a. in Afghanistan bewusst und wiederholt schiitische Zivilisten ins Visier genommen und sie als "Polytheisten" bezeichnet. (LWJ 2.6.2019).

Am 3.6.2019 kamen nach einer Explosion auf der Darul Aman Road in der Nähe der American University of Afghanistan fünf Menschen ums Leben und zehn weitere wurden verletzt. Der Anschlag richtete sich gegen einen Bus mit Mitarbeitern der Independent Administrative Reform and Civil Service Commission (Tolonews 3.6.2019).

US-Angaben zufolge ist die Zahl der IS-Anhänger in Afghanistan auf ca. 5.000 gestiegen, fünfmal so viel wie vor einem Jahr. Gemäß einer Quelle profitiert die Gruppierung vom "zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan und von aus Syrien geflohenen Kämpfern". Des Weiteren schließen sich enttäuschte Mitglieder der Taliban sowie junge Menschen ohne Zukunftsperspektive dem IS an, der in Kabul, Nangarhar und Kunar über Zellen verfügt (BAMF 3.6.2019). US-Angaben zufolge ist es "sehr wahrscheinlich", dass kleinere IS-Zellen auch in Teilen Afghanistans operieren, die unter der Kontrolle der Regierung oder der Taliban stehen (VOA 21.5.2019). Eine russische Quelle berichtet wiederum, dass ca. 5.000 IS-Kämpfer entlang der Nordgrenze tätig sind und die Nachbarländer bedrohen. Der Quelle zufolge handelt es sich dabei um Staatsbürger der ehemaligen sowjetischen Republiken, die mit dem IS in Syrien gekämpft haben (Newsweek 21.5.2019).

Kurzinformation vom 26.03.2019:

Anschläge in Kabul-Stadt

Bei einem Selbstmordanschlag während des persischen Neujahres-Fests Nowruz in Kabul-Stadt kamen am 21.3.2019 sechs Menschen ums Leben und weitere 23 wurden verletzt (AJ 21.3.2019, Reuters 21.3.2019). Die Detonation erfolgte in der Nähe der Universität Kabul und des Karte Sakhi Schreins, in einer mehrheitlich von Schiiten bewohnten Gegend. Quellen zufolge wurden dafür drei Bomben platziert: eine im Waschraum einer Moschee, eine weitere hinter einem Krankenhaus und die dritte in einem Stromzähler (TDP 21.3.2019; AJ 21.3.2019). Der ISKP (Islamische Staat - Provinz Khorasan) bekannte sich zum Anschlag (Reuters 21.3.2019).

Während eines Mörserangriffs auf eine Gedenkveranstaltung für den 1995 von den Taliban getöteten Hazara-Führer Abdul Ali Mazari im überwiegend von Hazara bewohnten Kabuler Stadtteil Dasht-e Barchi kamen am 7.3.2019 elf Menschen ums Leben und 95 weitere wurden verletzt. Der ISKP bekannte sich zum Anschlag (AJ 8.3.2019).

Überflutungen und Dürre

Nach schweren Regenfällen in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. In den Provinzen Farah, Kandahar, Helmand, Herat, Kapisa, Parwan, Zabul und Kabul, wurden ca. 5.000 Häuser zerstört und 7.500 beschädigt (UN OCHA 19.3.2019). Dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN OCHA) zufolge waren mit Stand 19.3.2019 in der Provinz Herat die Distrikte Ghorvan, Zendejan, Pashtoon Zarghoon, Shindand, Guzarah und Baland Shahi betroffen (UN OCHA 19.3.2019). Die Überflutungen folgten einer im April 2018 begonnen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und von deren Folgen (z.B. Landflucht in die naheliegenden urbanen Zentren, Anm.) sie es weiterhin sind. Gemäß einer Quelle wurden in den beiden Provinzen am 13.9.2018 ca. 266.000 IDPs vertrieben: Davon zogen 84.000 Personen nach Herat-Stadt und 94.945 nach Qala-e-Naw, wo sie sich in den Randgebieten oder in Notunterkünften innerhalb der Städte ansiedelten und auf humanitäre Hilfe angewiesen sind (IFRCRCS 17.3.2019).

Friedensgespräche

Kurz nach der Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und Vertretern der USA in Katar Ende Jänner 2019 fand Anfang Februar in Moskau ein Treffen zwischen Taliban und bekannten afghanischen Politikern der Opposition, darunter der ehemalige Staatspräsident Hamid Karzai und mehrere "Warlords", statt (Qantara 12.2.201). Quellen zufolge wurde das Treffen von der afghanischen Diaspora in Russland organisiert. Taliban-Verhandlungsführer Sher Muhammad Abbas Stanaksai wiederholte während des Treffens schon bekannte Positionen wie die Verteidigung des "Dschihad" gegen die "US-Besatzer" und die gleichzeitige Weiterführung der Gespräche mit den USA. Des Weiteren verkündete er, dass die Taliban die Schaffung eines "islamischen Regierungssystems mit allen Afghanen" wollten, obwohl sie dennoch keine "exklusive Herrschaft" anstrebten. Auch bezeichnete er die bestehende afghanische Verfassung als "Haupthindernis für den Frieden", da sie "vom Westen aufgezwungen wurde"; Weiters forderten die Taliban die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Führer und die Freilassung ihrer gefangenen Kämpfer und bekannten sich zur Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Länder, zur Bekämpfung des Drogenhandels, zur Vermeidung ziviler Kriegsopfer und zu Frauenrechten. Diesbezüglich aber nur zu jenen, "die im Islam vorgesehen seien" (z.B. lernen, studieren und sich den Ehemann selbst auswählen). In dieser Hinsicht kritisierten sie dennoch, dass "im Namen der Frauenrechte Unmoral verbreitet und afghanische Werte untergraben würden" (Taz 6.2.2019).

Ende Februar 2019 fand eine weitere Friedensgesprächsrunde zwischen Taliban und US-Vertretern in Katar statt, bei denen die Taliban erneut den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan forderten und betonten, die Planung von internationalen Angriffen auf afghanischem Territorium verhindern zu wollen. Letzterer Punkt führte jedoch zu Meinungsverschiedenheiten: Während die USA betonten, die Nutzung des afghanischen Territoriums durch "terroristische Gruppen" vermeiden zu wollen und in dieser Hinsicht eine Garantie der Taliban forderten, behaupteten die Taliban, es gebe keine universelle Definition von Terrorismus und weigerten sich gegen solch eine Spezifizierung. Sowohl die Taliban- als auch die US-Vertreter hielten sich gegenüber den Medien relativ bedeckt und betonten ausschließlich, dass die Friedensverhandlungen weiterhin stattfänden. Während es zu Beginn der Friedensgesprächsrunde noch Hoffnungen gab, wurde mit Voranschreiten der Verhandlungen immer klarer, dass sich eine Lösung des Konflikts als "frustrierend langsam" erweisen würde (NYT 7.3.2019).

Die afghanische Regierung war weder an den beiden Friedensgesprächen in Doha noch an dem Treffen in Moskau beteiligt (Qantara 12.2.2019; vgl. NYT 7.3.2019), was Unbehagen unter einigen Regierungsvertretern auslöste und die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Regierungen beeinträchtigte (Reuters 18.3.2019; vgl. WP 18.3.2019). Beispielsweise erklärte US-Unterstaatssekretär David Hale am 18.3.2019 die Beendigung der Kontakte zwischen USVertretern und dem afghanischen nationalen Sicherheitsberater Hamdullah Mohib, nachdem dieser US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen öffentlich kritisiert hatte (Reuters 18.3.2019).

Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Die Präsidentschaftswahl, welche bereits von April auf Juni 2019 verschoben worden war, soll Quellen zufolge nun am 28.9.2019 stattfinden. Grund dafür seien "zahlreiche Probleme und Herausforderungen", welche vor dem Wahltermin gelöst werden müssten, um eine sichere und transparente Wahl sowie eine vollständige Wählerregistrierung sicherzustellen - so die unabhängige Wahlkommission (IEC) (VoA 20.3.2019; vgl. BAMF 25.3.2019).

Kurzinformation 01.03.2019:

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).

Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).

Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).

Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018). Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 4.436 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;

1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).

Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).

Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019). Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).

Kurzinformation vom 31.01.2019:

Am Samstag dem 26.1.2019 endete die sechstägige Friedensgesprächsrunde in Doha, Katar, zwischen dem U.S.-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Taliban-Vertretern (DP 28.1.2019; vgl. NYT 28.1.2019, CNN 27.1.2019, Tolonews 28.1.2019). Quellen zufolge wurde ein erster Vertragsentwurf ausgehandelt, wonach sich die Taliban dazu verpflichten würden, ausländische Terrororganisationen von Afghanistan fernzuhalten, und die USA würden im Gegenzug dazu ihren Truppenabzug aus Afghanistan innerhalb von 18 Monaten garantieren. Dieser sei jedoch an weitere Bedingungen gebunden, die noch genau besprochen werden müssen, wie die Ausrufung eines Waffenstillstands zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung sowie die Forderung von direkten Gesprächen zwischen diesen beiden Akteuren (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, FP 29.1.2019). Inoffiziellen Quellen zufolge wurde bei den Gesprächen u.a. die Schaffung einer Interimsregierung, in der auch die Taliban vertreten sein sollen, angedacht, was jedoch von Khalilzad dementiert wurde (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019). Die nächste Friedensgesprächsrunde wird voraussichtlich Ende Februar 2019 stattfinden (NYT 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019). Der afghanische Präsident Ashraf Ghani äußerte während einer Fernsehansprache am 28.1.2019 sein Unbehagen bzgl. eines voreiligen Abzugs der U.S.-Truppen aus Afghanistan und erinnerte an die dramatischen Auswirkungen des sowjetischen Abzuges Ende der 1980er Jahre, dem Anarchie und die Ermordung des ehemaligen Präsidenten Mohammad Najibullah folgten (NYT 28.1.2019). Ghani, der die Taliban mehrmals dazu aufgefordert hatte, direkt mit seiner Regierung zu verhandeln, zeigte sich des Weiteren über den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen besorgt (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, IM 28.1.2019). Während sich einige Quellen hinsichtlich gründlicher Friedensgespräche und eines effizient ausgehandelten Abkommens optimistisch zeigen (Internazionale 30.1.2019; vgl. WP 30.1.2019), fürchten andere, dass ein Abzug der amerikanischen Truppen den Zusammenbruch der afghanischen Regierung wegen der Taliban und vorhersehbarer Machtkämpfe zwischen den verschiedenen lokalen Akteuren zur Folge haben könnte (DP 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019).

Kurzinformation vom 22.01.2019:

Bei einem Anschlag auf einen Stützpunk des afghanischen Sicherheitsdienstes (NDS, National Directorate of Security) in der zentralen Provinz Wardak (auch Maidan Wardak) kamen am 21.1.2019 zwischen zwölf und 126 NDS-Mitarbeiter ums Leben (TG 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Quellen zufolge begann der Angriff am Montagmorgen, als ein Humvee-Fahrzeug der U.S.- amerikanischen Streitkräfte in den Militärstützpunkt gefahren und in die Luft gesprengt wurde. Daraufhin eröffneten Angreifer das Feuer und wurden in der Folge von den Sicherheitskräften getötet (TG 21.1.2019; vgl. NYT 21.1.2019). Die Taliban bekannten sich zum Anschlag, der, Quellen zufolge, einer der tödlichsten Angriffe auf den afghanischen Geheimdienst der letzten 17 Jahre war (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Am selben Tag verkündeten die Taliban die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den U.S.-amerikanischen Vertretern in Doha, Katar (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019, Tolonews 21.1.2019).

Am Vortag, dem 20.1.2019, war der Konvoi des Provinzgouverneurs der Provinz Logar, Shahpoor Ahmadzai, auf dem Autobahnabschnitt zwischen Kabul und Logar durch eine Autobombe der Taliban angegriffen worden. Die Explosion verfehlte die hochrangigen Beamten, tötete jedoch acht afghanische Sicherheitskräfte und verletzte zehn weitere (AJ 20.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Des Weiteren detonierte am 14.1.2019 vor dem gesicherten Green Village in Kabul, wo zahlreiche internationale Organisationen und NGOs angesiedelt sind, eine Autobombe (Reuters 15.1.2019). Quellen zufolge starben bei dem Anschlag fünf Menschen und über 100, darunter auch Zivilisten, wurden verletzt (TG 21.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019, RFE/RL 14.1.2019). Auch zu diesem Anschlag bekannten sich die Taliban (TN 15.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019).

Kurzinformation vom 08.01.2019:

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabul

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.). Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach der Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).

Kurzinformation vom 23.11.2018:

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefängnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

Kurzinformation vom 29.10.2018:

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:

Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante V

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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