TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/9 I416 2159185-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I416 2159185-1/16E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DER AM 23.10.2019

MÜNDLICH VERKÜNDETEN ENTSCHEIDUNG

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. IRAK, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH, Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH, p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 28.04.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.10.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, reiste legal mit gültigem Reisepass auf dem Luftweg von Bagdad nach Istanbul aus dem Irak aus und in stellte nach schlepperunterstützter, illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 01.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 02.09.2015 wurde er durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einvernommen und gab zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll: "Ich hab politische Probleme in meinem Heimatland, dadurch werde ich verfolgt. Ich hab mit einem Verwandten einen Korruptionsskandal entdeckt, Baumaterial wurde zu höheren Preisen verkauft, wodurch wir verfolgt wurden. Auch auf Grund meiner Tätigkeit als Dolmetscher für die Amerikaner, welche nicht beliebt sind. Als weiteren Grund die Weitergabe von Informationen von mir an das irakische Verteidigungsministerium betreffend Stellungen von Kampfgruppen wie Al Forsan und Stärke und den geplanten Aktionen."

Bei einer Rückkehr in die Heimat würde er festgenommen und eingesperrt werden. Es erwarte ihn zwar keine Todesstrafe, aber eine lange Haftstrafe.

3. Mit Schreiben seiner Rechtsvertretung vom 08.09.2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, die belangte Behörde). Begründend führte er aus, dass seine noch im Irak lebende Ehefrau an Lungenkrebs leide und daher in medizinischer Behandlung stehe. Auch habe er Angst um das Leben seiner drei kleinen, ebenfalls im Irak lebenden Söhne. Weiters möchte er mitteilen, dass er sich in psychologischer und therapeutischer Behandlung aufgrund des von ihm und seiner Familie erlebten befinde. Dem Antrag war ein Schreiben einer Psychotherapeutin vom 12.06.2016 beigelegt.

4. Mit Schreiben seiner Rechtsvertretung vom 12.09.2016 übermittelte der Beschwerdeführer eine Vereinbarung mit der XXXX vom 08.04.2016 über ehrenamtliche Mitarbeit, sowie Bestätigungen über die Teilnahme am Kurs Deutsch als Fremdsprache A2/Intensivkurs vom 28.04.2016 bis 10.06.2016.

5. Mit Schreiben vom 20.10.2016 beantragte die Rechtsvertretung neuerlich eine Einvernahme des Beschwerdeführers durch das BFA, mit der Begründung, das sich der medizinische Zustand seiner in Bagdad lebenden Ehefrau, die an Brustkrebs leide, verschlechtert habe. Es wurde das Ergebnis einer irakischen Laboruntersuchung ohne Übersetzung übermittelt.

6. Am 09.11.2016 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde statt, im Zuge derer er ein Konvolut an Unterlagen vorlegte. Die Einvernahme wurde aufgrund des labilen psychischen Zustandes des Beschwerdeführers abgebrochen und ihm ein neuer Ladungstermin übermittelt.

7. Am 14.12.2016 wurde der Beschwerdeführer erneut niederschriftlich einvernommen und legte er der Behörde die Kopie seines Reisepasses Nr. XXXX, gültig bis 30.07.2015 und eine fachärztliche Stellungnahme von Dr. XXXX vor. Gefragt, ob er psychisch und physisch in der Lage sei, die Einvernahme durchzuführen, gab er wörtlich an: "Ja, ich bin in der Lage die Einvernahme durchzuführen. Ich befinde mich seit 14.11.2016 in psychologischer Behandlung bei Dr. XXXX, sein Schreiben liegt bei. Es geht mir gut." Zu seinen persönlichen Lebensumständen in seinem Heimatland führte er aus, dass er bis zu seiner Ausreise am 10.08.2015 in Bagdad zusammen mit seiner Frau und seinen drei Söhnen gelebt habe. Seine Brüder und Schwestern, seine Mutter und überhaupt alle seine Verwandten würden in Basra leben und habe er Kontakt zu seiner Mutter und seinem Sohn, der bei seiner Mutter leben würde, zu seinen Geschwistern und seiner Frau habe er keinen Kontakt, seine Mutter aber schon. Er führte weiters aus, dass er nach dem Studium 2009 in der Kanzlei des Vizepräsidenten von Irak als XXXXtätig und die rechte Hand von Adel Abdel Mahdi gewesen sei, Mitglied der Partei sei er aber nicht gewesen. Sein Frau würde nach wie vor in Bagdad leben und sei diese als Designerin und Schneiderin tätig und verfüge sie über Geldreserven in der Höhe von $ 15.000,--. In Österreich würde noch ein Bruder leben, der ebenfalls Asyl beantragt habe. Zu seinem Fluchtgrund führte er im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass er zusammen mit zwei weiteren Personen in der Kanzlei des Vizepräsidenten tätig gewesen wäre, dies wären XXXX, der wie er XXXX gewesen sei undXXXX der Leibwächter und Sicherheitschef des Vizepräsidenten. XXXX habe er erzählt, dass er Beweismittel gegen den Chef der Leibwächter habe und habe ihn dieser unterstützt und auch zugestimmt, dass diese Beweismittel veröffentlicht werden. Diese Beweismittel seien Videoaufnahmen gewesen, die den sexuellen Missbrauch von Frauen zeigten und sei einer dieser Frauen auch ein guter Posten im Ölministerium versprochen worden. Der Leibwächter habe großes Vertrauen zu ihm gehabt, da er auch dessen Kinder in Englisch unterrichtet habe und habe er die Frauen immer in die "Grüne Zone" gebracht, da der Eintritt in diese Zone nur hochrangigen Personen möglich gewesen sei. Der Leibwächter habe mit den Frauen immer mehrere Tage dort verbracht, dies sei nur möglich gewesen, da dieser im vertraut hätte. Er habe die Frauen unter dem Deckmantel "Delegation" in die Grüne Zone gebracht und habe er auch Videoaufnahmen von den Söhnen, dass sich diese auch mit den Frauen amüsiert hätten. Er führte weiters aus, dass er die Aufnahmen heimlich gemacht hätte, die Frauen hätten auch immer alle einen Posten im Ölministerium erhalten, zudem hätten auch die Frau des Leibwächters und die beiden mj. Kinder im Präsidialbüro einen Posten gehabt, obwohl diese Hausfrau gewesen und die Kinder dort nie aktiv tätig gewesen seien, dies würde die Korruption von XXXX beweisen. Er gab weiters an, dass

XXXX am 27.07.2015 mit einigen Leibwächtern zu ihm nach Hause gekommen sei und er ihm auf Aufforderung alle Dokumente gegeben habe. Gefragt, ob es eine Kopie des Videos gegeben habe, gab er wörtlich an: "Ich habe alle Unterlagen, die ihn belasten an dem Tag übergeben. Ich habe nur Fotos von ihm und seinen Kindern." Er gab weiters zu Protokoll, dass ihn der Leibwächter aufgefordert habe, sich nackt auszuziehen und habe er sich zusammen mit einem weiteren Leibwächter, der ebenfalls nackt gewesen ist, ins Bett legen müssen und sei er so fotografiert worden, wobei der Leibwächter ihm gedroht habe diese Fotos zu veröffentlichen, wenn er irgendwann ein Dokument über ihn freigeben würde. Auch seine beiden Kinder hätten sich ausziehen müssen und seinen fotografiert worden. Seine Frau hätten sie im Wohnzimmer eingesperrt und ihr den Mund mit Klebeband zugeklebt. XXXX sei dann zu ihm gekommen und habe dieser seinen Schuh in seinen Nacken gelegt und habe er daraufhin gesagt, dass ihn dieser töten solle. Dieser habe gesagt, dass er sich die Hände nicht schmutzig machen würde und er ihn anzeigen würde, er würde zwei schiitischen Milizen sagen, dass er Informationen über diese beiden Gruppen den Amerikanern übermittelt habe. Sie hätten ihm seinen Dienstausweis abgenommen und dann das Haus verlassen. Er führte weiters aus, dass dies sein Hauptgrund gewesen sei. Er gab zudem an, dass sein Cousin ihm gesagt habe, dass gegen ihn ein Haftbefehl erlassen worden sei und habe er am nächsten Tag den Irak verlassen, diesen Haftbefehl hätten die Milizen erreicht. Auf Vorhalt, dass er in Bagdad gelebt habe, sich der Vorfall in Basra ereignet habe und warum dann der Haftbefehl in Basra ausgestellt worden sei, gab er wörtlich an: "Bei dem zweiten Vorfall handelt es sich um den Ehemann meiner Cousine. Der Ehemann ist im Spital ums Leben gekommen. Ich habe den gesamten Vorfall aufgenommen und auch veröffentlicht. Ich habe die Behörde kritisiert, das war der Grund, das der Haftbefehl in Basra ausgestellt wurde." Dieser Vorfall sei Ende 2012 gewesen. Gefragt, ob seine Familie Probleme durch seine Flucht bekommen hätte, gab er an, dass diese einen Drohbrief erhalten hätten, der an ihn gerichtet gewesen sei, leben würde seine Familie aber immer noch dort. Gefragt, ob er aktuell noch gesucht werde, gab er an, dass die Miliz bei ihm zu Hause gewesen wäre, als er in Istanbul gewesen sei. Gefragt, ob er noch weitere Fluchtgründe habe, gab er an, dass sein Cousin wegen eines Bauskandals Probleme gehabt habe, er habe dies veröffentlichen wollen, sei aber nicht mehr zu gekommen. Im Rahmen seiner Tätigkeit als XXXX von 2009 bis 2012 sei er auch für die Amerikaner tätig gewesen. Diese seien nämlich für die Sicherheit des Vizepräsidenten zuständig gewesen. Er habe immer wenn der Vizepräsident irgendwo hingefahren ist, diese Informationen an die Amerikaner weitergegeben. Auf Vorhalt, warum er sich nicht an den Vizepräsidenten gewandt habe, gab er an, dass es verfassungsrechtlich nicht erlaubt gewesen sei, sein Anliegen direkt mit dem Vizepräsidenten zu besprechen, man hätte dies über seinen Sohn oder den Kanzleidirektor, der der Schwiegersohn des Vizepräsidenten war, machen müssen. Er gab an, dass er 2013 den beiden erzählt habe, dass XXXX Offiziere und Soldaten entlassen habe und dieser deren Gehälter weiterhin kassieren würde. Dies sei auch bestätigt worden und habe er dies aufdecken wollen. Seit diesem Vorfall wolle weder seine Frau, die Brustkrebs habe, noch sein Sohn mit ihm sprechen. Kontakt habe er nur mit seiner Mutter und seinem ältesten Sohn. Auf die Frage, wie er das gemeint habe, als er bei der Erstbefragung angegeben habe, dass er politisch verfolgt werde, gab er wörtlich an: "Ich glaube, dass mein Fluchtgrund eine politische Verfolgung wiederspiegelt." Gefragt, ob er seine Frau und seine Kinder nach Österreich holen möchte, führte er aus, dass das sein Wunsch wäre, wenn sich die Beziehung zu seiner Familie verbessern würde, da seine Frau wisse, dass er sich in Österreich befinde. Er gab weiters an, dass er grundsätzlich im Irak leben könnte, wenn er keiner Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt wäre, dass er von staatlicher Seite nichts zu befürchten hätte, dass er im Irak nie in Haft gewesen wäre, oder Probleme mit der Polizei- oder Justizbehörden gehabt habe. Er gab aber an, dass es einen Haftbefehl gegen ihn geben würde und habe er Angst vor den Milizen und habe er mit schiitischen Milizen Probleme, weil er den Amerikanern Informationen gegeben habe. Gefragt, was er befürchten würde, wenn er jetzt wieder in seinen Herkunftsstaat zurückkehren müsste, gab er an, dass er sterben würde, da ihn die Milizen nicht in Ruhe lassen würden. Zuletzt führte er an, dass der Auslöser für seine Krankheit gewesen sei, als er gesehen hab, wie seine Kinder nackt im Bett gelegen hätten und er geschlagen worden wäre, zudem seien auch seine Kinder geschlagen worden. Auf die Abgabe einer Stellungnahme zu den Länderberichten verzichtete der Beschwerdeführer ausdrücklich und gab er nach erfolgter Rückübersetzung an, dass er alles verstanden habe. Seitens des Einvernahme-Leiters wurde letztlich festgehalten, dass der Beschwerdeführer während der Einvernahme zeitlich und örtlich orientiert gewesen sei und es keinerlei Anzeichen für eine psychische Beeinträchtigung gegeben habe. Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Einvernahme ein Konvolut von Unterlagen vor.

8. Mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid vom 28.4.2017, Zl. XXXX, wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III., erster Spruchteil), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III. zweiter Spruchteil), stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III., dritter Spruchteil) und gewährte eine Frist für seine freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde für nicht glaubhaft befunden.

9. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 28.04.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

10. Gegen obigen Bescheid wurde fristgerecht am 16.05.2017 Beschwerde in vollem Umfang wegen Rechtswidrigkeit aufgrund nicht nachvollziehbarer unschlüssiger Beweiswürdigung, mangelhafter Ermittlungstätigkeit und darauf basierender unrichtiger rechtlicher Beurteilung, sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen; allenfalls nicht geltend gemachte Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid amtswegig aufgreifen bzw. dem Beschwerdeführer einen Verbesserungsauftrag erteilen; gemäß § 3 den Status eines Asylberechtigten zuerkennen; gemäß § 8 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen; die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklären und dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen, sowie feststellen, dass seine Abschiebung in den Irak unzulässig ist und die Frist für die freiwillige Ausreise ersatzlos beheben; in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

11. Mit Schriftsatz vom 24.05.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 29.05.2017, legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

12. Die Beschwerdesache wurde zunächst den Gerichtsabteilungen L508, L504 und L513 zugewiesen und schließlich aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 07.08.2018 der Gerichtsabteilung L513 abgenommen und der Gerichtsabteilung I416 neu zugewiesen.

13. Mit Schreiben seiner damaligen Rechtsvertretung vom 18.04.2018 brachte der Beschwerdeführer ein Konvolut an medizinischen Unterlagen in Vorlage.

14. Mit Schriftsatz vom 07.10.2019 gab die damalige Rechtsvertretung des Beschwerdeführers die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekannt.

15. Mit Schriftsatz vom 23.10.2019 gab der Beschwerdeführer bekannt, nunmehr von der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Flüchtlingshilfe vertreten zu werden und übermittelte diverse weitere Unterlagen.

16. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 23.10.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und seines Rechtsvertreters und in entschuldigter Abwesenheit der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer u.a. zu seiner Identität, zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat, zu den Fluchtgründen sowie zu seinem Leben in Österreich ausführlich befragt. Der Beschwerdeführer legte weitere Unterlagen betreffend seine Integration vor. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.

17. Mit Schriftsatz vom 24.10.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 25.10.2019, wurde die schriftliche Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist irakischer Staatsangehöriger, Angehöriger der arabischen Volksgruppe, Moslem der schiitischen Glaubensrichtung, im Irak verheiratet und Vater von drei im Irak lebenden Kindern.

Er hält sich nach illegaler Einreise seit spätestens 01.09.2015 in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer leidet laut eigenen Angaben an Depressionen, befindet sich in ärztlicher Behandlung und nimmt Medikamente. Es liegen keine Hinweise vor, dass im Falle einer Rückkehr die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelte hohe Schwelle einer Verletzung des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Weder liegt eine existenzbedrohende Erkrankung, noch das Fehlen jeglicher Behandlungsmöglichkeit im Herkunftsstaat vor. Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig.

Er stammt aus dem Stadtviertel XXXX in Bagdad und war dort bis zu seiner Ausreise wohnhaft.

Es leben noch Angehörige des Beschwerdeführers im Irak, nämlich seine Ehefrau und seine drei Kinder, sowie seine Mutter, zwei Brüder und drei Schwestern. Er steht mit seiner Mutter und seinem ältesten Sohn in Kontakt.

Der Beschwerdeführer besuchte im Irak zwölf Jahre lang die Schule, verfügt über die allgemeine Hochschulreife, studierte für vier XXXX an einer Universität und arbeitete anschließend als XXXX des Vizepräsidenten und konnte so den Lebensunterhalt für sich und seine Familie bestreiten.

In Österreich lebt ein Bruder des Beschwerdeführers, dessen Antrag auf internationalen Schutz vom 30.10.2015 mit Bescheid des BFA vom 28.08.2018, Zl. XXXX negativ entschieden wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde ist derzeit noch beim Bundesverwaltungsgericht zur Zl. L501 2204904 anhängig. Ansonsten verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer hat verschiedene Deutschkurse bis zum Niveau B2 besucht, eine ÖSD-Integrationsprüfung Niveau B1 bestanden und spricht gut Deutsch, ist seit 08.04.2016 mehrmals wöchentlich ehrenamtlich als Lernhelfer (zuerst in der XXXX und derzeit in einer Volksschule und in einem Kindergarten in XXXX) tätig, arbeitet einmal pro Monat als Reinigungskraft für die Gemeinde XXXX, engagierte sich im Rahmen eines Praktikums von 04.02.2018 bis 30.04.2018 für die Initiative "XXXX" und war von 08.07.2019 bis 16.08.2019 im Ausmaß von 20 Wochenstunden für das Projekt XXXX gemeinnützig tätig. Allerdings führt er in Österreich kein Familienleben und kann insbesondere aufgrund der kurzen Dauer seines Aufenthaltes in Österreich noch nicht von einer nachhaltigen Aufenthaltsverfestigung gesprochen werden.

Er geht in Österreich keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser im Irak aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war.

Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass ihm im Irak Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht. Die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohung/Verfolgung durch den Chef der Leibwächter des damaligen Ölministers und nunmehrigen Ministerpräsidenten, bzw. durch Milizen kann mangels Glaubhaftmachung nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer den Irak aufgrund staatlicher Verfolgung verlassen hat. Es kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen bzw. eine solche im Falle der Rückkehr zu befürchten habe.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

Nicht festgestellt werden kann auch, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre, darüber hinaus verfügt er noch über vielfältige familiäre Anknüpfungspunkte.

1.3. Zur allgemeinen Situation im Irak:

Die entscheidungswesentlichen Feststellungen aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand: 20.11.2018, letzte Aktualisierung vom 30.10.2019) sind:

Politische Lage

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazat) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).

Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).

Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018). Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).

In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).

Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).

Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 12.10.2018

-

Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker,

https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker-180915115434675.html, Zugriff 19.10.2018

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BBC - British Broadcasting Corporation (9.12.2017): Iraq declares war with Islamic State is over, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-42291985, Zugriff 18.10.2018

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BBC - British Broadcasting Corporation (3.10.2018): New Iraq President Barham Saleh names Adel Abdul Mahdi as PM, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-45722528, Zugriff 18.10.2018

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CIA - Central Intelligence Agency (17.10.2018): The World Factbook

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Iraq,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html, Zugriff 19.10.2018

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DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salih-as-new-president/a-45733912, Zugriff 18.10.2018

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Fanack (27.9.2018): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 17.10.2018

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The Guardian (3.10.2018): Iraqi president names Adel Abdul-Mahdi as next prime minister,

https://www.theguardian.com/world/2018/oct/03/iraqi-president-names-adel-abdul-mahdi-as-next-prime-minister, Zugriff 18.10.2018

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ICG - International Crisis Group (9.5.2018): Iraq's Pre-election Optimism Includes a New Partnership with Saudi Arabia, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/iraq/iraqs-pre-election-optimism-includes-new-partnership-saudi-arabia, Zugriff 18.10.2018

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KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 17.10.2018

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LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018):

The 2018 Iraqi Federal Elections: A Population in Transition?, http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC_Iraqi-elections_Report_2018.pdf, Zugriff 18.10.2018

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Reuters (15.9.2018): Iraq parliament elects Sunni lawmaker al-Halbousi as speaker, breaking deadlock, https://www.reuters.com/article/us-iraq-politics/iraq-parliament-elects-sunni-lawmaker-al-halbousi-as-speaker-breaking-deadlock-idUSKCN1LV0BH, Zugriff 18.10.2018

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RoI - Republic of Iraq (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, http://www.refworld.org/docid/454f50804.html, Zugriff 18.10.2018

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Der Standard (13.5.2018): Wahlen im Irak: Al-Abadi laut Kreisen in Führung,

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Der Standard (3.10.2018): Neue alte Gesichter für Iraks Topjobs, https://derstandard.at/2000088607743/Neue-alte-Gesichter-fuer-Iraks-Topjobs, Zugriff 19.10.2018

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TA - Tagesanzeiger (12.5.2018): Im Bann des Misstrauens, https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/im-bann-des-misstrauens/story/29434606, Zugriff 18.10.2018

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UNSC - United Nations Security Council (17.1.2018): Report of the Secretary-General pursuant to resolution 2367 (2017), https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1800449.pdf, Zugriff 19.10.2018

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WZ - Wiener Zeitung (12.5.2018): Erste Wahl im Irak nach Sieg gegen IS stößt auf wenig Interesse, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/964399_Erste-Wahl-im-Irak-nach-Sieg-gegen-IS-stoesst-auf-wenig-Interesse.html, Zugriff 23.10.2018

Parteienlandschaft

Es gibt vier große schiitische politische Gruppierungen im Irak: die Islamische Da'wa-Partei, den Obersten Islamischen Rat im Irak (OIRI) (jetzt durch die Bildung der Hikma-Bewegung zersplittert), die Sadr-Bewegung und die Badr-Organisation. Diese Gruppen sind islamistischer Natur, sie halten die meisten Sitze im Parlament und stehen in Konkurrenz zueinander - eine Konkurrenz, die sich, trotz des gemeinsamen konfessionellen Hintergrunds und der gemeinsamen Geschichte im Kampf gegen Saddam Hussein, bisweilen auch in Gewalt niedergeschlagen hat (KAS 2.5.2018).

Die meisten politischen Parteien verfügen über einen bewaffneten Flügel oder werden einer Miliz zugeordnet (Niqash 7.7.2016; vgl. BP 17.12.2017) obwohl dies gemäß dem Parteiengesetz von 2015 verboten ist (Niqash 7.7.2016; vgl. WI 12.10.2015). Milizen streben jedoch danach, politische Parteien zu gründen (CGP 4.2018) und haben sich zu einer einflussreichen politischen Kraft entwickelt (Niqash 5.4.2018; vgl. Guardian 12.5.2018).

Die sunnitische politische Szene im Irak ist durch anhaltende Fragmentierung und Konflikt gekennzeichnet, zwischen Kräften, die auf Provinz-Ebene agieren, und solchen, die auf Bundesebene agieren. Lokale sunnitische Kräfte haben sich als langlebiger erwiesen als nationale (KAS 2.5.2018)

Die politische Landschaft der Autonomen Region Kurdistan ist historisch von zwei großen Parteien geprägt: der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Dazu kommen Gorran ("Wandel"), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert, sowie eine Reihe kleinere islamistische Parteien (KAS 2.5.2018).

Abgesehen von den großen konfessionell bzw. ethnisch dominierten Parteien des Irak, gibt es auch nennenswerte überkonfessionelle politische Gruppierungen. Unter diesen ist vor allem die Iraqiyya/Wataniyya Bewegung des Ayad Allawi von Bedeutung (KAS 2.5.2018).

Die Wahl im Mai 2018 war von Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten und Wahlbetrug begleitet (Al-Monitor 23.8.2018; vgl. Reuters 24.5.2018, Al Jazeera 6.6.2018). Eine manuelle Nachzählung der Stimmen, die daraufhin angeordnet wurde, ergab jedoch fast keinen Unterschied zu den zunächst verlautbarten Ergebnissen und bestätigte den Sieg von Muqtada al-Sadr (WSJ 9.8.2018; vgl. Reuters 10.8.2018). Die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament ist neu und jung (WZ 9.10.2018). Im Prozess zur Designierung des neuen Parlamentssprechers, des Präsidenten und des Premierministers stimmten die Abgeordneten zum ersten Mal individuell und nicht in Blöcken - eine Entwicklung, die einen Bruch mit den üblichen, schwer zu durchbrechenden Loyalitäten entlang parteipolitischer, konfessioneller und ethnischer Linien, darstellt (Arab Weekly 7.10.2018).

Quellen:

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Al Jazeera (6.6.2018): Iraq orders recount of all 11 million votes from May 12 election,

https://www.aljazeera.com/news/2018/06/iraq-orders-recount-11-million-votes-12-election-180606163950024.html, Zugriff 23.10.2018

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Al-Monitor (23.8.2018): Many Iraqi legislators call for canceling election results,

https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/05/iraq-election-fraud.html, Zugriff 23.10.2018

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The Arab Weekly (7.10.2018): Room for optimism in Iraq under new leadership,

https://thearabweekly.com/room-optimism-iraq-under-new-leadership, Zugriff 23.10.2018

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BP - Baghdad Post (17.12.2017): All Shia political parties have armed militias - Nujaba,

https://www.thebaghdadpost.com/en/Story/21086/All-Shia-political-parties-have-armed-militias-Nujaba, Zugriff 22.10.2018

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CGP - Center for Global Policy (4.2018): The Role of Iraq's Shiite Militias in the 2018 Elections, https://www.cgpolicy.org/wp-content/uploads/2018/04/Mustafa-Gurbuz-Policy-Brief.pdf, Zugriff 22.10.2018

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Fanack (27.9.2018): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 17.10.2018

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The Guardian (12.5.2018): Martyr or master? Future of anti-Isis militias splits Iraq ahead of elections, https://www.theguardian.com/world/2018/may/12/iraq-elections-become-battleground-iranian-influence, Zugriff 22.10.2018

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HoC - House of Commons (12.6.2018): Briefing paper: Iraq and the 2018 election,

researchbriefings.files.parliament.uk/documents/.../CBP-8337.pdf, Zugriff 22.10.2018

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IRIS - Institute of Regional and International Studies (11.5.2018): Iraq Votes 2018: Election Mobilization Strategies, https://auis.edu.krd/iris/sites/default/files/IraqVotes2018_MobilizationStrategies1.pdf, Zugriff 2.11.2018

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ISPI - Istituto per gli studi di politica internazionale (10.5.2018): After IS: The meaning of Iraq's election for the Arab Sunni community,

https://www.ispionline.it/sites/default/files/pubblicazioni/commentary_seloom_10.05.2018.pdf, Zugriff 22.10.2018

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Joel Wing - Musings on Iraq (22.5.2018): Sadr-Communist Alliance And Iraq's 2018 Elections Interview With Benedict Robin, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/05/sadr-communist-alliance-and-iraqs-2018.html, Zugriff 22.10.2018

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KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 17.10.2018

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LSE - London School of Economics and Political Science (4.6.2018):

Iraq and its regions: The Future of the Kurdistan Region of Iraq after the Referendum,

http://eprints.lse.ac.uk/88153/1/Sleiman%20Haidar_Kurdistan_Published_English.pdf, Zugriff 23.10.2018

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LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018):

The 2018 Iraqi Federal Elections: A Population in Transition?, http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC_Iraqi-elections_Report_2018.pdf, Zugriff 18.10.2018

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MEMO - Middle East Monitor (16.1.2018): Iraq: 3 major Sunni provinces form alliance to run in elections, https://www.middleeastmonitor.com/20180116-iraq-3-major-sunni-provinces-form-alliance-to-run-in-elections/, Zugriff 22.10.2018

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MEMO - Middle East Monitor (27.2.2018): Iraq Islamic party will not run in upcoming elections,

https://www.middleeastmonitor.com/20180227-iraq-islamic-party-will-not-run-in-upcoming-elections/, Zugriff 22.10.2018

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Niqash (7.7.2016): Too Many Contradictions: Why Iraq's New Political Parties Law Can Never Work, http://www.niqash.org/en/articles/politics/5304/, Zugriff 22.10.2018

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Niqash (5.4.2018): Formerly-Armed Angels? The Controversial Iraqi Militia That Now Prefers Social Work To Politics, http://www.niqash.org/en/articles/security/5873/, Zugriff 22.10.2018

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Reuters (19.5.2018): Cleric Moqtada al-Sadr's bloc wins Iraq election,

https://www.reuters.com/article/us-iraq-election-results/cleric-moqtada-al-sadrs-bloc-wins-iraq-election-idUSKCN1IJ2X0, Zugriff 19.10.2018

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Reuters (24.5.2018): Iraqi PM Abadi says election fraud allegations to be investigated, https://www.reuters.com/article/us-iraq-election-fraud/iraqi-pm-abadi-says-election-fraud-allegations-to-be-investigated-idUSKCN1IP2Z2, Zugriff 23.10.2018

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Reuters (10.8.2018): Recount shows Iraq's Sadr retains election victory, no major changes,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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