TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/10 W279 2226035-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.12.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W279 2226035-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX .1992, StA. UKRAINE, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung gegen den Bescheid des BFA RD XXXX vom XXXX .10.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 FPG 2005 mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf zwei Jahre herabgesetzt wird.

II. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF), ein ukrainischer Staatsbürger, hat sich von Juni 2014 bis März 2018 rechtswidrig im Schengenraum aufgehalten. Im März 2018 stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz, der im Mai 2018 negativ in Rechtskraft erwuchs.

Nach Einreise in den Schengenraum im August 2018, wird der BF im Oktober 2019 mit wenigen Euromünzen und mit einem gebrauchten Cuttermesser, einem 8m-Rollmeter und Schrauben in einer Ortschaft in Niederösterreich angetroffen.

Eigenen Angaben zufolge arbeite er - derzeit in Polen - seit sieben bis acht Jahren auf Baustellen, sei zum Zwecke des Spazierenfahrens in Niederösterreich und gerade nach Wien unterwegs gewesen.

Der BF wird daraufhin festgenommen, zwei Tage später in Schubhaft genommen und einen weiteren Tag später in die Ukraine abgeschoben.

Am XXXX .10.2019 erlässt die Behörde einen Schubhaftbescheid sowie den bekämpften, gegenständlichen Bescheid, mit dem ein Aufenthaltstitel nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt, ein Einreiseverbot in der Dauer von 3 Jahren erlassen, sowie die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

Die gegenständliche Beschwerde vom XXXX .11.2019 richtet sich lediglich gegen Spruchpunkt IV. (Einreiseverbot) des Bescheides. Dieses dreijährige Einreiseverbot stützt sich lediglich auf die Mittellosigkeit des BF.

Verfahrensgegenständlich ist, ob die Verhängung eines Einreiseverbots unterbleiben hätte müssen und verneinenden Falls, ob die Dauer des Einreiseverbotes den Kriterien nach §53 Abs. 2 FPG entspricht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist ukrainischer Staatsbürger, unbescholten und mittellos.

Seine Eltern und seine Schwester leben in der Ukraine.

Der BF hat Verwandte in Polen und Tschechien.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen basieren auf dem vorgelegten Verwaltungsakt und sind nicht strittig.

Hinsichtlich der Verwandten in Polen und Tschechien, wird das in der Beschwerde Vorgebrachte zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zum Einreiseverbot per se:

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.Der BF ist unbescholten, das Einreiseverbot und dessen Höchstdauer im Ausmaß von fünf Jahren richten sich somit nach §53 Abs. 2 FPG. Hierbei muss die öffentliche Ordnung oder Sicherheit durch den Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen gefährdet sein.

Das gegenständliche Einreiseverbot wird von der Behörde lediglich mit der Z6 leg.cit. - der Mittellosigkeit des BF - begründet.

Soweit dahingehend die Beschwerde moniert, dass aufgrund der Unbescholtenheit und der Ausreisebereitschaft des BF keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliege und der Ausspruch eines Einreiseverbotes überhaupt als rechtswidrig zu sehen sei und dieser Argumentation folgend, der Mittellosigkeit alleine kein Bedeutungsgehalt beizumessen wäre, wird auf die Entscheidung des VwGH Ra 2018/14/0282, vom 12.07.2019 verwiesen:

"Es trifft aber auch nicht zu, dass dem in § 53 Abs. 2 Z 6 FPG enthaltenen Tatbestand kein eigenständiger Bedeutungsgehalt beizumessen wäre. So hat der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits zitierten Erkenntnis vom 20. September 2018, Ra 2018/20/0349, ausgeführt, dass aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiert, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist. Dies gilt auch für ein in einem Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz erlassenes Einreiseverbot. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung auch keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass diese Bestimmung als verfassungsrechtlich bedenklich einzustufen wäre."

Ein nur auf die Mittellosigkeit gestütztes Einreiseverbot ist somit rechtlich möglich. Die von Mittelosigkeit ausgehende Gefahr ist somit den Interessen des BF gegenüber zu stellen. Hier wird die Kontaktmöglichkeit des BF zu seinen Verwandten in Polen und Tschechien ins Treffen geführt. Der Kontakt wird aber durch das Einreiseverbot nicht verunmöglicht. Einerseits stehen dem BF moderne Kommunikationsmöglichkeiten, insbesondere über das Internet, zum Aufrechterhalten des Kontakts zur Verfügung. Weiters können während seines Einreiseverbotes auch seine Verwandten ihn in der Ukraine besuchen. Die Verwandtschaftsverhältnisse nach Polen und Tschechien stehen dem Einreiseverbot per se somit nicht entgegen.

Gemäß Art. 11 Abs. 4 der Rückführungsrichtlinie steht es im Übrigen jedem Mitgliedsstaat zu, einen Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung für Drittstaatsangehörige auszustellen, gegen die ein Einreiseverbot eines anderen Mitgliedstaates besteht. (Filzwieser et al, Kommentar Asyl und Fremdenrecht, NWV Wien/Graz, Seite 1137 mit Verweis auf VwGH v. 13.09.2012 Zl. 2011/23/0413)

Das von der belangten Behörde angeordnete Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG erweist sich somit dem Grunde nach als gerechtfertigt, weshalb eine gänzliche Aufhebung des Einreiseverbotes nicht in Betracht kommt.

Zur Dauer des Einreiseverbotes:

Auch bei der Dauer des Einreiseverbotes sind diese Verwandtschaftsverhältnisse zu berücksichtigen, die Zusammen mit der Unbescholtenheit für ein kurzes Einreiseverbot sprechen.

Die Höchstdauer nach §53 Abs. 2 FPG beträgt fünf Jahre. Schwerwiegender als die gegenständliche Mittellosigkeit wären gravierende Verwaltungsübertretungen oder sogar gerichtlich strafbare Handlungen, die nicht unter Abs. 3 leg.cit. fallen.

Das Vorliegen eines solchen Tatbestandes wird von der Behörde nicht behauptet. Im Rahmen der Höchstdauer von fünf Jahren muss aber auch für solche Fälle ein entsprechender Bemessungsraum bleiben. Auch sonst wird von der Behörde nichts ins Treffen geführt, das für eine möglichst lange Dauer des Einreiseverbotes sprechen würde.

Unter diesen Prämissen ist die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes im Ausmaß von drei Jahren zu hoch angesetzt. Daher war in einer Gesamtbetrachtung die Dauer des Einreiseverbots auf zwei Jahre herabzusetzen.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird daher mit der Maßgabe insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG auf zwei Jahre herabgesetzt wird.

Zum Antrag auf aufschiebende Wirkung:

Die Beschwerde tritt der mit Spruchpunkt V des gegenständlichen Bescheides aberkannten aufschiebenden Wirkung substantiell nicht entgegen. Ein Grund, der nach § 18 Abs. 5 BFA-VG für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechen würde, ist nicht ersichtlich.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien sind im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts vollinhaltlich bestätigt. Im Übrigen vermag das Vorbringen in der Beschwerdeschrift die erstinstanzliche Entscheidung nicht in Frage zu stellen. In der Beschwerde findet kein neues Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Gründe, welche die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gerechtfertigt erscheinen ließe.

Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, Dauer der Maßnahme, Einreiseverbot,
Gefährdung der Sicherheit, Interessenabwägung, Mittellosigkeit,
öffentliche Interessen, öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit,
private Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W279.2226035.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten