TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/28 W181 2211071-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.01.2020
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Entscheidungsdatum

28.01.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52

Spruch

W181 2211071-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald PERL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Nikolaus RAST, Schottengasse 10, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2018,

Zl. 1002174604-160312185, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.11.2019 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 8 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides betreffend die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird gemäß § 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

IV. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. und Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides betreffend die Rückkehrentscheidung und Abschiebung sowie gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch gemäß § 52 FPG in Verbindung mit § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt.

V. Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 54 Abs. 2 AsylG 2005 wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 29.02.2016 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Im Rahmen einer am gleichen Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF an, aus XXXX zu stammen, ledig zu sein und der Religionsgemeinschaft der Sunniten anzugehören. Er habe in Dhaka eine Grundschule, eine Allgemeinbildende Höhere Schule und anschließend eine Universität besucht. Seine letzte Beschäftigung sei als Angestellter in einem Mobiltelefongeschäft gewesen. Sein Vater, seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester würden in Bangladesch leben. Eine Schwester des BF lebe mit ihrem Ehemann in Österreich und verfüge über einen Aufenthaltstitel.

Der BF habe im Jahr 2014 ein Visum bei der österreichischen Botschaft in Indien beantragt. Am 12.05.2014 sei er legal als Student nach Österreich eingereist und daraufhin bis 04.01.2016 legal in Österreich aufhältig gewesen. Von 04.01.2016 bis 17.02.2016 habe er sich an der Wohnadresse seiner Eltern in Bangladesch aufgehalten. Am 25.02.2016 habe er Bangladesch legal mit dem Flugzeug verlassen und sei nach einem Zwischenstopp erneut legal in Österreich eingereist.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der BF an, am 17.02.2016 seine Wohnadresse verlassen zu haben, weil er dort von der Polizei gesucht worden sei. Er sei am 01.12.2013 fälschlicherweise von seinen Gegnern der Awami League wegen des Verstoßes gegen das Sprengmittelgesetz bei der Polizei angezeigt worden, weil am 01.12.2013 bei einer Demonstration in Dhaka im Stadtviertel Shantinagar eine Bombe explodiert sei. Die Anzeige sei aber nicht von der Awami League, sondern von der Polizei ausgegangen. Die Awami League habe die Polizei beeinflusst. Zu Beginn sei der BF als Verdächtiger bzw. unbekannter Täter in der Anzeige geführt worden. Am 30.04.2015 sei die Anklage erstellt worden und dort scheine der BF als achter Angeklagter auf. Am 23.11.2015 habe eine Verhandlung stattgefunden, an welcher der BF nicht teilgenommen habe. Die Eltern des BF seien mündlich an ihrer Wohnadresse von der Ladung des BF in Kenntnis gesetzt worden. Diese hätten damals der Polizei gesagt, dass sich der BF im Ausland aufhalte und nicht an der Verhandlung teilnehmen könne. Am 16.02.2016 habe eine weitere Verhandlung stattgefunden, an der der BF ebenfalls nicht teilgenommen habe, weil er darüber keine Verständigung erhalten habe. Am 17.02.2016 sei die Polizei mit einem Haftbefehl an der Wohnadresse des BF erschienen. Der BF sei zu diesem Zeitpunkt in einem Einkaufszentrum gewesen. Seiner Mutter, welche zu Hause gewesen wäre, sei der Haftbefehl nicht ausgehändigt worden. Die Polizei habe anschließend die Wohnung durchsucht und sei danach wieder gegangen. Am 18.02.2016 habe der Vater des BF mit Hilfe eines Rechtsanwalts am 18.02.2016 die Verfahrensunterlagen beim Gericht beantragt. Am 24.02.2016 seien dem Vater des BF Abschriften des gesamten Verfahrens, darunter auch der Haftbefehl gegen den BF, ausgehändigt worden. Danach sei der BF nicht mehr zurück zu seiner Wohnadresse gefahren, sondern habe sich bis zu seiner Ausreise bei einem Freund versteckt gehalten.

Ursprünglich habe der BF am 19.03.2016 wieder legal nach Österreich reisen wollen. Er habe aber am 17.02.2016, gleich nachdem er von seinem Haftbefehl erfahren habe, sein Flugticket auf den frühestmöglichen Termin, den 25.02.2016, umbuchen lassen. Von 17.02.2016 bis zu seiner Ausreise habe er keinen Kontakt mit der Polizei gehabt. Für seine Ausreise habe sein Vater 100.000 Taka an einen dem BF unbekannten Polizeibeamten, der bei der Ausreisekontrolle in Dhaka gearbeitet habe, bezahlt.

Im Fall einer Rückkehr habe er Angst, dass er in Bangladesch von der Polizei festgenommen werde und in Haft von der Polizei misshandelt zu werden. Er habe zudem Angst, als Unschuldiger verurteilt zu werden.

Der BF legte im Rahmen der Erstbefragung seinen Aufenthaltstitel, eine Kopie seines Reisepasses sowie die Verlustmeldung seines Reisepasses, zwei Buchungsbestätigungen einer Fluggesellschaft, eine Bestätigung über die Tätigkeit des BF bei der Bangladesch Jatiyatabadi Chatradal (JCD) und Kopien der Verfahrensunterlagen bezüglich der gegen den BF erstatteten Anzeige vor.

I.3. Am 30.05.2018 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

Er gab in der Einvernahme an, gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen. Er habe in Bangladesch weder Probleme aufgrund seiner Volksgruppe noch aufgrund seiner Religion. Der BF habe sich politisch betätigt und Probleme mit der Polizei gehabt. Seine Familienangehörigen seien Unterstützer der XXXX (im Folgenden: BNP).

In Bangladesch leben sein Vater, seine Mutter, sein Bruder und eine Schwester gemeinsam an einer Wohnadresse. Eine Schwester lebe gemeinsam mit ihrem Ehemann in Österreich, diese seien österreichische Staatsangehörige. Seine Familie in Bangladesch finanziere sich ihren Lebensunterhalt durch die Arbeit des Vaters des BF als Mechanik-Ingenieur bei der staatlichen Bahn. Die Mutter des BF sei Hausfrau und seine Schwester habe ihren Master in Englisch gemacht. Der BF habe regelmäßig Kontakt zu seinen Verwandten in Bangladesch. Der BF habe nach dem Besuch einer Grundschule und einer allgemeinbildenden höheren Schule die Universität in Dhaka besucht.

Der BF habe Bangladesch am 11.05.2014 zum ersten Mal legal verlassen und sei am 12.05.2014 legal in Österreich eingereist, danach sei er am 04.01.2016 nach Bangladesch gereist und am 25.02.2016 wieder legal in Österreich eingereist. Der Zweck seiner ersten Einreise sei sein Studium in Österreich gewesen. Er besuche derzeit keine Veranstaltungen an der Universität.

Auf Nachfrage, warum sein Aufenthaltstitel, der am 24.05.2016 abgelaufen und nicht verlängert worden sei, gab er an, dass er im Jahr 2016 nach Bangladesch gegangen sei und er gezwungen gewesen sei, einen Asylantrag zu stellen.

In Österreich lebe seine Schwester gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrem Kind. Der BF habe auch einige Freunde in Österreich. Er lebe von der Grundversorgung. Seine Lehre sei gekündigt worden, weil er wegen einer Schnittwunde an der Hand im Krankenstand gewesen sei. Die vorgelegten Dokumente der arbeitsrechtlichen Vorverträge seien aufrecht. In Österreich gehe der BF gerne spazieren und in die Disko. Er gehöre der XXXX und dem Cricket Club an und sei Mitglied bei der XXXX in Wien. Der BF führe in Österreich kein Familienleben oder eine familienähnliche Beziehung. Sein Schwager unterstütze ihn finanziell etwas.

Zu den Gründen für die Stellung seines Asylantrags gab der BF im Wesentlichen an, dass er am 12.04.2014 nach Österreich gekommen sei und am 04.01.2016 nach Bangladesch geflogen sei. Am 01.12.2013 sei eine Anklage gegen Unbekannt erstattet worden. Am 30.04.2015 habe es diesbezüglich eine Anklageschrift gegeben, in welcher der BF als Beschuldigter Nummer acht aufgelistet gewesen sei. Am 23.11.2015 und am 16.02.2016 hätten Gerichtsverhandlungen stattgefunden. Am 17.02.2016 sei gegen ihn ein Haftbefehl ausgestellt worden.

Vor dem 23.11.2015 sei die Polizei zum BF nach Hause gekommen und habe gesagt, dass er am 23.11.2015 zu einer Gerichtsverhandlung erscheinen müsse. Am 16.02.2016 sei er bereits in Bangladesch gewesen, aber seine Eltern hätten ihm nichts über eine Gerichtsverhandlung erzählt. Am 17.02.2016 habe er sein Flugticket geändert und sei bei einem Freund gewesen. Er habe geplant gehabt, am 19.03.2016 auszureisen, sei dann aber schon am 25.02.2016 legal nach Österreich zurückgekehrt, weil man ihm Probleme gemacht habe.

Sein Vater habe einem Zollpolizeibeamten 100.000 Taka gegeben. Am 18.02.2016 habe sein Vater die Verfahrensunterlagen beim Gericht beantragt. Am 24.02.2016 habe der BF diese Unterlagen bekommen. Sein Vater habe am 20.05.2018 einen Rechtsanwalt beauftragt, zu Gericht zu gehen. Er habe dort erfahren, dass gegen den BF ein zweites Verfahren laufe und der Antrag auf Aufnahme dieses Verfahrens am 15.05.2018 gestellt worden sei. Am 23.05.2018 habe sein Vater ihm die Unterlagen dazu geschickt.

Aufgefordert, genaue Angaben zur ersten Anzeige zu machen, gab der BF ergänzend an, dass es sich dabei um Verfahren bezüglich des Vorwurfes von Autosachbeschädigungen und Werfen von Benzinbomben handle.

Aufgefordert, genaue Angaben über den 23.11.2015 zu machen, gab der BF an, dass er nichts gewusst habe, weil seine Eltern ihm davon nichts erzählt hätten und er außerdem bereits in Österreich gewesen sei. Erst als die Polizei am 17.02.2016 zu ihm nach Hause gekommen sei, habe er von allem erfahren.

Auf Nachfrage, wieso seine Eltern dem BF vor der Gerichtsverhandlung nichts darüber gesagt hätten, gab er an, dass sie sich gedacht hätten, weil der BF im Ausland sei, würde es nichts bringen, wenn sie ihm davon erzählen würden.

Der BF glaube, dass der Kläger der ersten Anzeige die Polizei sei, weil dies üblicherweise so sei, wenn zum Beispiel eine Demonstration stattfinde. Am 01.12.2013 habe eine Demonstration stattgefunden, bei der angeblich explosive Stoffe und Bomben eingesetzt worden seien. Der BF habe an der Demonstration nicht teilgenommen. Die BNP sei im Verfahren erwähnt worden. Der BF sei 2014 der stellvertretende Organisationssekretär gewesen. Er habe sich 2008 der Politik und seit 2011 gänzlich der BNP angeschlossen. 2014 habe er eine Funktion in der Abteilung 34 erhalten. Am 14.02.2014 hätten ihn Awami League Verbrecher verletzt. Der BF habe schwere Verletzungen an der Hand erlitten. Er habe drei Nähte bekommen und sein Nerv sei verletzt worden. Er habe nicht mehr außer Haus gehen können. Danach habe er vom österreichischen Konsulat ein österreichisches Visum erhalten.

Aufgefordert, genaue Angaben über den Vorfall mit der Awami League und seiner Verletzung zu machen, gab der BF an, dass dies an einem Freitag auf dem Heimweg vom Freitagsgebet passiert sei. Drei Jungen seien mit einem Motorrad gekommen und hätten den BF von hinten getreten, woraufhin dieser zu Boden gefallen sei. Ein Junge habe in den Rücken des BF getreten und die beiden anderen hätten jeweils einen Arm des BF gehalten. Sie hätten ihm mit einer Metallstange die Verletzung an der Hand zugefügt. Nachdem weitere Personen mit dem Gebet fertig gewesen und herbeigeeilt gekommen seien, seien die Jungen geflüchtet. Einen davon habe der BF gekannt. Danach sei der BF zu einem Krankenhaus in der Nähe gegangen, wo ihm gesagt worden sei, dass sie keine ernsten Fälle aufnehmen würden und ihn an ein anderes Krankenhaus verwiesen hätten. In dem anderen Krankenhaus sei der BF operiert worden. Danach habe er einen Monat lang einen Verband an seinem Arm getragen. Er habe dazu keine Unterlagen.

Seine Tätigkeit als Sekretär bei der BNP habe das Organisieren von Mitarbeitern und die Organisation von Veranstaltungen enthalten. Wenn Demonstrationen stattgefunden hätten, seien die dafür gedachten Plätze davor besichtigt worden. Die BNP habe 19 Ziele, ein Ziel sei zum Beispiel die Unabhängigkeit und Souveränität des Landes zu erlangen. Die Awami League würde unschuldige Menschen im Kreuzfeuer erschießen und ins Gefängnis stecken. Letzte Woche seien 100 Personen, die meisten davon Anhänger der BNP, in einem Kreuzfeuer erschossen worden. Wer mehr Möglichkeiten und Geld habe, könne auch mehr in der Politik erreichen.

Auf Aufforderung, genaue Angaben zur zweiten Anzeige zu machen, gab der BF an, dass es um den Vorwurf der Schutzgelderpressung und gefährlicher Drohung mit Waffen gegen das Leben gehe. Der Kläger sei eine Art Führer der Awami League.

Auf Aufforderung, genaue Angaben über die Probleme bei der zweiten Ausreise zu machen, gab der BF an, dass ihn die "Immigration Police" angehalten habe und er dem Mitarbeiter gesagt habe, dass er mit dem Vater des BF reden solle. Danach habe dieser 100.000 Taka vom Vater des BF genommen und den BF nach vorne begleitet. Der BF habe keine Probleme mehr gehabt und sei ausgereist.

Auf Nachfrage, weshalb sein Vater ihm nicht bei der ersten Anzeige finanziell geholfen habe, führte der BF an, dass das eine politisch motivierte Anzeige und der Kläger die Polizei gewesen sei. Bei solchen Verfahren funktioniere das nicht, weil die Polizisten dies nicht akzeptieren würden, weil auch andere Personen anwesend seien. Außerdem habe es die Eltern des BF nicht so sehr gekümmert, weil sich der BF ohnehin im Ausland aufgehalten habe.

Auf Vorhalt, dass so etwas auch vor der Polizeistation besprochen hätte werden können, gab der BF an, dass seine Eltern dieser Anzeige keine Wichtigkeit zugesprochen hätten, weil der BF im Ausland gewesen sei. Sein Vater habe die Unterlagen beim Gericht über einen Rechtsanwalt am 18.02.2016 beantragt, weil der BF in dieses Land habe kommen wollen und er keine andere Chance gehabt habe.

Im Fall einer Rückkehr nach Bangladesch befürchte der BF, dass ihn die Polizei sofort verhaften, physisch und psychisch misshandeln und töten würde.

Nach Einsicht in die Länderfeststellungen des BFA zu Bangladesch gab der BF an, dass er kein Vertrauen in das Justiz- und Rechtswesen habe.

Im Rahmen der Einvernahme legte der BF ergänzend Gerichtsunterlagen, ein Schreiben der XXXX , eine Beschäftigungsbewilligung als Kochlehrling, einen österreichischen Führerschein, einen Lehrvertrag, ein Mitgliedschreiben der XXXX , zwei arbeitsrechtliche Vorverträge, einen Schülerausweis-Mitgliedsausweis der Bücherei Wien, Studienblätter der Universität Wien sowie drei Fotos vor. Davon wurden lediglich die Studienblätter der Universität Wien, das Schreiben der XXXX sowie die Gerichtsunterlagen zum Akt genommen.

I.4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.10.2018, Zl. 1002174604/160312185, wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3

Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß

§ 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage

(Spruchpunkt VI.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status des Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass es dem BF nicht gelungen sei, ein fundiertes und substantiiertes Vorbringen rund um etwaige Fluchtgründe im Herkunftsland darzulegen. Die Angaben des BF hätten sich als vage und widersprüchlich gestaltet, sodass von tatsächlich stattgefundenen Vorfällen nicht ausgegangen werden könne. Beim vorgelegten Schreiben der XXXX falle auf den ersten Blick auf, dass die Unterschriften von den Personen auf Druckschrift nicht den Buchstaben der Handschrift entsprechen und der Teil des Stempels auf dem Foto mit dem Teil auf dem Dokument sehr stark verschoben sei. Der beauftragte Übersetzer habe zudem angeführt, dass der Text des zu übersetzenden Dokuments in sehr schlechtem Englisch und der Name der Partei im selben Dokument auf verschiedene Schreibweisen geschrieben sei. Nicht plausibel sei auch die Bestätigung, dass der BF seine Funktion seit 2014 bis "jetzt" bekleiden solle, obwohl er 2014 nach Österreich ausgereist sei. Überdies enthalte das Schreiben weder ein Ausstellungsdatum noch - außer dem am Foto oben beschriebenen - Stempel, weshalb davon ausgegangen werde, dass es sich dabei um eine Fälschung handle.

Der BF habe weder genaue Angaben über die Tätigkeit als stellvertretender Organisationssekretär noch über das politische System in Bangladesch machen können. Auch habe der BF zum Überfall durch Anhänger der Awami League keine genauen Angaben machen können. Nach Einsicht in den Asylländerbericht der Österreichischen Botschaft in Indien sei die Zustellung gesetzlich geregelt. In Abwesenheit der zu ladenden Person - wie im vom BF geschilderten Fall - könne die Ladung an ein erwachsenes männliches Mitglied der Familie übergeben werden. Es sei daher unglaubwürdig, dass die Polizei die Eltern des BF lediglich mündlich vom Gerichtstermin in Kenntnis gesetzt habe. Auch die Angaben des BF über die vorgelegten Anzeigen seien äußerst vage und nicht besonders glaubhaft gewesen. Auffallend nach Einsicht in die Übersetzung der Anzeige sei, dass die angeführten Kalenderdaten unvollständig sowie Namen, Adresse und weitere Daten des Rechtsanwalts des Klägers unleserlich seien. Außerdem werde das Alter des BF mit 24 Jahren angeführt, obwohl er damals erst XXXXJahre alt gewesen sei, und sei der Familienname falsch geschrieben worden.

Widersprüchlich und nicht plausibel seien auch die Angaben zur Ausreise des BF gewesen. Es ergebe sich eindeutig, dass der BF niemals Mitglied der BNP gewesen sei und daher auch die behauptete Verfolgung nicht vorliege.

Darüber hinaus würden auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen. Der verfüge in Bangladesch nach wie vor über familiäre Beziehungen und es sei dem BF zuzumuten, sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung und der Unterstützung durch seine Angehörigen zukünftig den Lebensunterhalt zu sichern. Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und würden zudem die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei.

I.5. Mit Schriftsatz vom 04.12.2018 wurde der Bescheid des BFA seitens des - rechtsfreundlich vertretenen - BF zur Gänze angefochten.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nicht nachgekommen sei, in dem sie sich mit dem Vorbringen des BF nicht ausreichend auseinandergesetzt habe. Sie habe es unterlassen, Vor-Ort-Recherchen durchzuführen, obwohl dies aufgrund der detaillierten Angaben des BF möglich gewesen wäre. Bei den Schilderungen des BF sei kein einziger Widerspruch zu Tage getragen worden, der eben nicht als marginales Abweichen, welches üblich sei, wenn eine Geschichte mehrmals erzählt werde, gewertet werden könne. Der BF habe glaubhaft dargelegt, dass er eine Verfolgung durch die Behörden seines Heimatlandes befürchte, weil gegen ihn eine Anzeige anhängig sei. Die Anzeige beruhe nicht auf einer tatsächlichen Handlung, vielmehr werde ihm eine strafbare Handlung unterstellt. Dem BF drohe eine lange Untersuchungshaft unter unmenschlichen Bedingungen. Dies erreiche jedenfalls eine Intensität im Sinne der GFK.

Zur Integration des BF wurde ausgeführt, dass der BF die Deutschprüfung A2 erfolgreich bestanden habe und er Mitglied der XXXX sei. Auch habe er eine Lehre als Koch begonnen und sei er sozial und kulturell integriert. Er verfüge über eine Wohnung und sei kranken- und unfallversichert. Selbstverständlich sei er sowohl verwaltungsstrafrechtlich als auch gerichtlich unbescholten.

I.6. Am 11.12.2018 legte das BFA die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.7. Am 07.11.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der der BF sowie dessen Rechtsvertretung teilnahmen.

Auf konkrete einleitende Frage bestätigte der BF, dass er im Mai 2014 legal nach Österreich eingereist sei, um hier zu studieren. Er sei bis 2016 in Österreich geblieben, sei im Jänner und Februar 2016 in Bangladesch gewesen und im Februar 2016 wieder legal nach Österreich eingereist und habe am 29.02.2016 seinen Asylantrag gestellt.

Der BF führte weiters aus, dass er an der Universität Wien ein Studium für Soziologie beginnen habe wollen, davor einen Deutschkurs B1 absolvieren habe müssen, den er allerdings nicht erfolgreich bewältigt habe. Auf konkrete Frage führte der BF aus, dass er an der Universität Wien aus diesem Grund keine Prüfungen absolviert habe.

Angemerkt wurde, dass die Unterhaltung auf Deutsch geführt werde.

Hinsichtlich der Gründe seines Asylantrages bestätigte der BF zunächst, dass es richtig sei, dass im Dezember 2013 eine Anzeige gegen ihn wegen eines Verstoßes gegen das Sprengmittelgesetz von seinen Gegnern aus der AL eingebracht worden sei. Er bestätigte weiter den Akteninhalt, dass im April 2015 eine Anklage erstellt worden sei, anhand derer er als achter Angeklagter aufscheine.

Weiters bestätigte der BF, dass am 25.11.2015 eine Verhandlung in Bangladesch stattgefunden habe, seine Eltern den Behörden gegenüber gesagt hätten, dass er sich im Ausland befinde. An der am 16.02.2016 stattgefundenen weiteren Verhandlung habe er nicht teilgenommen, weil er von diesem Termin keine Kenntnis gehabt habe. Auf konkrete Frage des Richters, weshalb ihm seine Eltern einen so wichtigen Termin, wie jenen der Verhandlung, nicht gesagt hätten, führte der BF aus, dass seine Eltern das für nicht notwendig erachtet hätten, zumal er sich für sie ja in Österreich in Sicherheit befunden habe.

Auf konkrete Nachfrage führte der BF aus, dass er von dem Termin am 16.02.2016 gar nicht erfahren habe, sondern am 17.02.2016 gegen Mittag ihn seine Mutter angerufen habe - er sei zu diesem Zeitpunkt in einem Einkaufszentrum gewesen -, dass die Polizei ihn suche, woraufhin der BF sich zu einem Freund begeben habe und seinen Abreisezeitpunkt vom 19.03.2016 auf den 25.02.2016 vorverlegt habe.

Der Richter fragte den BF, ob er angesichts dessen, dass aufgrund seiner Angaben gegen ihn eine Anzeige vorgelegen sei und bereits eine Verhandlung stattgefunden habe, an der der BF nicht teilgenommen habe, er Probleme bei der Einreise nach Bangladesch (aus Österreich) im Jänner 2016 gehabt habe. Dies verneinte der BF zweimal. Er habe seinen Ausführungen nach vielmehr Probleme bei der neuerlichen Ausreise aus Bangladesch gehabt. Ein Mann der Flughafenpolizei habe den BF seinen Ausführungen nach zur Seite gewinkt, er habe daraufhin seinen Vater verständigt, der innerhalb kürzerer Zeit gekommen sei, den Mann von der Flughafenpolizei vor dem Flughafengebäude Geld gegeben habe, sodass er dann ausreisen habe können.

Auf die Frage, wodurch der BF Kenntnis von der Anzeige bzw. der Anklage hatte, führte er aus, dass er am 18.02. im Wege seines Vaters und unterstützt auf einen Anwalt einen schriftlichen Antrag auf Akteneinsicht gestellt habe. Am 24.02. habe er dann auch diese Aktenteile bekommen.

Befragt nach seinen Ausführungen zu einem zweiten anhängigen Verfahren in Bangladesch führte der BF aus, dass er sich im Wege eines Anwaltes nach dem Stand seines Verfahrens erkundigen habe wollen und dabei erfahren habe, dass gegen ihn ein weiteres Verfahren - wegen Schutzgelderpressung - anhängig sei. Die diesbezüglichen Unterlagen wurden bereits dem BFA vorgelegt.

Zu seiner Mitgliedschaft zur BNP befragt, führte der BF aus, dass er seit 2008 Angehöriger der BNP sei und seit 2011 als "gänzlich dabei" anzusehen sei. In Bangladesch sei es so, dass die Politik auf Studenten auf Maturalevel aktiv zukomme und die sich einer politischen Richtung quasi anschließen müssen. Seine Wahl sei auf die BNP gefallen. Seit 2014 sei er Assistent des Organisationssekretärs gewesen.

Zu den Vorwürfen des BFA, welches im Rahmen des Administrativverfahrens die Echtheit der Unterlage, mit welcher der BF die Mitgliedschaft bei der BNP darlegte, bezweifelt konkret befragt, führte der BF aus, dass diese Unterlage ein 100 prozentiges Original sei, das er vom Bürozentrum der BNP erhalten habe und, entgegen der Auffassung des BFA, die Unterschrift von denjenigen trägt, die in der Unterlage auch angeführt seien. Man könne dies gerne einer Überprüfung zuführen.

Der Richter merkte an, dass das Gespräch im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft zur BNP in Bengali gehalten worden sei.

Zu dem Themenkomplex führte der Rechtsvertreter des BF an, dass die Identität des BF durch Vorlage einer Kopie des bengalischen Reisepasses, entgegen der Ausführungen der belangten, Behörde feststehe. Zu den Länderfeststellungen gebe es keine Anmerkungen.

Hinsichtlich seiner Ausbildung bestätigte der BF, dass er die Grundschule und die AHS (bzw. vergleichbare Schule) besuche sowie an der Universität zwei Jahre Soziologie studiert habe. Dieses Studium habe der BF in weiterer Folge in Österreich fortsetzen wollen. Zwei Tage in der Woche habe der BF als Angestellter in einem Mobiltelefongeschäft gearbeitet.

Auf eine diesbezügliche Frage führte der BF aus, dass in Bangladesch sein Vater, seine Mutter, ein Bruder sowie eine Schwester, welche verheiratet sei und ein Kind habe, wohnen. Eine gleichfalls verheiratete Schwester wohne in Österreich, habe nunmehr aber allerdings die Absicht, nach England zu übersiedeln.

Nach seiner aktuellen Einkommenssituation befragt, führte der BF aus, dass er seit 22.07.2019 eine eigene Firma für die Durchführung einfacher Reinigungsarbeiten einschließlich der Durchführung objektbezogener Wartungsarbeiten betreibe. Mit seiner Firma arbeite er hauptsächlich für eine Cateringfirma ( XXXX ), die einem Freund von ihm gehöre, der ihm auch geraten habe, diese eigene Firma zu eröffnen. Als Nachweis legt der BF die entsprechende Gewerbeanmeldung beim Magistrat der Stadt Wien sowie Honorarnoten der Firma XXXX vor. Darüber hinaus legte der BF einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag vor, dem zu entnehmen ist, dass ihm die genannte Cateringfirma für den Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels eine Vollzeitbeschäftigung anbieten kann.

Auf konkrete Nachfragt führte der BF aus, dass er mit seiner Putzfirma hauptsächlich für die Firma XXXX arbeitet und sonstige Aufträge allenfalls über Mundpropaganda erhalten könnte.

Der Vertreter des BF führte weiters aus, dass der BF nach islamischen Recht mit Frau XXXX verheiratet sei, die als Angestellte der XXXX ebenfalls über ein geregeltes Einkommen verfüge. Diesbezüglich legte der BFV Lohn- und Gehaltsverrechnungen für die Monate August, September und Oktober vor.

Auf konkrete Frage führte der BF aus, dass er an der Firmenadresse seiner Gewerbeanmeldung wohnhaft sei. Er wohne dort mit zwei weiteren Mitbewohnern. Seine Lebensgefährtin wohne noch bei ihren Eltern; derzeit seien sie auf der Suche nach einer gemeinsamen Wohnung. Der Vertreter des BF legt in diesem Zusammenhang ein Schreiben der Wohnberatung Wien vom 12.08.2019 vor. Auf konkrete Frage führte der BF aus, dass sie derzeit noch kein konkretes Wohnungsangebot hätten.

Der Richter merkte an, dass die Verhandlung großteils auf Deutsch geführt worden sei und dass der BF aus Sicht des Richters ein gebrochenes, aber gut verständliches Deutsch spreche und der Richter auch den Eindruck habe, dass der BF die Fragen auch auf Deutsch gut verstanden habe und verstehe.

Der BF führte weiters aus, dass er seine Freizeit in erster Linie mit seiner Lebensgefährtin verbringe, mit ihr spazieren oder ins Kino gehe. Zuhause spreche er mit seiner Lebensgefährtin in erster Linie Bangla, mit Freunden oder Bekannten - der BF führte aus, dass er zwei bis drei österreichische Freunde bzw. Bekannte habe - spreche er Deutsch. Mit seiner Lebensgefährtin sei der BF auch innerhalb Österreichs auch auf Urlaub gewesen, etwa in Klagenfurt und Salzburg.

Zur Frage der Integration legt der BFV eine Unterschriftenliste betreffend die Integration des BF, eine Prüfungsanmeldebestätigung der Integrationsprüfung B1, eine Mitgliedsbestätigung der XXXX , eine Bescheinigung des Erste-Hilfe-Grundkurses des ÖRK, eine Bescheinigung vom XXXX , die Kopie eines Führerscheins sowie einen weiteren arbeitsrechtlichen Vorvertrag vom 25.10.2019 vor.

Auf Frage seines Vertreters führe der BF zu seiner früheren Lehre aus, dass er zwei Monate eine Kochlehre absolviert habe, diese jedoch aufgrund einer längerdauernden Handverletzung, die er sich bei der Tätigkeit als Kochlehrling geholt habe, nicht weiter verlängert worden sei. Der BF führte aus, dass er die Lehre als Koch gerne fortsetzen würde, eine geeignete Stelle aber bis jetzt nicht gefunden worden sei. Er strebe auf konkrete Nachfrage weiterhin eine Kochlehre an, sollte er eine weitere Chance bekommen, möchte er auch gerne eine Krankenpfleger-Ausbildung absolvieren.

Die Zeugin führte aus, dass sie mit dem BF nach islamischen Recht verheiratet sei. Dazu legte der Vertreter des BF einen Ehevertrag des Islamischen Zentrums Wien vor. Die Zeugin führte aus, dass sie den BF seit Jänner 2018 kenne, seit Juni 2018 mit ihm in einer Beziehung stehe und nunmehr seit XXXX verheiratet sei. Auf konkrete Frage des Richters nach dem Arbeitsverhältnis führte die Zeugin aus, dass sie bei der Firma XXXX beschäftigt sei und diese Firma sie an die XXXX "verleiht". Auf weitere Fragen des Vertreters führte die Zeugin aus, dass sie sich seit Juli dieses Jahres in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis befinde und zuvor als Rezeptionistin in einem holländischen Restaurant beschäftigt gewesen sei. Davor sei sie geringfügig beschäftigt gewesen und habe Architektur studiert.

Auf Frage des Vertreters bestätigte die Zeugin, dass sie sich gemeinsam mit dem BF auf Wohnungssuche befinde. Sie suche im Bereich der Stadt Wien, als auch im privaten Sektor. Sie selbst wohne noch bei ihren Eltern mit zwei Geschwistern.

Auf Frage des Vertreters sowie auch des Richters führte die Zeugin aus, dass der BF in ihre Familie voll integriert sei, er mit ihren Geschwistern (Schwester 25, Bruder 14) befreundet sei und sie faktisch ein Familienleben führen würden.

Auf weitere Fragen des Vertreters des BF führte die Zeugin aus, dass soweit und solange sie den BF kenne, er ihrer Meinung nach alle Schritte unternehme, um sich bestens in Österreich zu integrieren. Sie würden auch viel mit Freunden unternehmen, seien in Salzburg und in Kärnten gewesen.

Abschließend führte die Zeugin aus, dass ihr Lebensgefährte ein guter und lieber Mensch sei und bezeichnete ihn als äußerst sozial. Sie würde sich wünschen, mit ihm weiterhin hier zusammen leben zu können. Auf konkrete Frage des Richters, ob auch eine Ehe nach österreichischem Recht angedacht sei, bejahte dies die Zeugin und ergänzte, dass dafür noch ein Ehefähigkeitszeugnis notwendig sei.

Auf Frage des Richters, welche Konsequenzen für die Zeugin damit verbunden wären, würde das Gericht zur Entscheidung kommen, dass ein Aufenthalt des BF nicht möglich wäre, führt die Zeugin aus, dass das für sie eine (wörtlich) schlimme Situation wäre und sie dann gezwungen wäre, ihren Lebensgefährten zu begleiten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali.

Der BF wurde in XXXX geboren. Vor seiner Ausreise aus Bangladesch lebte er gemeinsam mit seinen Eltern, seinem Bruder und einer seiner Schwestern in Dhaka. Er besuchte in Dhaka zehn Jahre eine Grundschule und anschließend zwei Jahre eine allgemeinbildende höhere Schule. Von 2012 bis 2014 besuchte er eine Universität in Dhaka. Der BF hat in Bangladesch keinen Beruf ausgeübt. Sein Vater ist für seinen Lebensunterhalt aufgekommen.

In Bangladesch halten sich derzeit die Eltern, der Bruder und eine Schwester des BF auf. Der BF hat regelmäßigen Kontakt zu seinen Familienangehörigen in Bangladesch.

Eine Schwester des BF lebt gemeinsam mit ihrem Ehemann und einem Kind in Österreich, beabsichtigt aber, mit ihrer Familie nach England zu ziehen.

Der BF reiste erstmals am 12.05.2014 legal mit einem Studentenvisum in Österreich ein. Am 04.01.2016 kehrte er nach Bangladesch zurück. Am 25.02.2016 reiste er erneut legal in Österreich ein. Am 29.02.2016 stellte der BF den gegenständlichen Asylantrag. Er verfügte bis 24.05.2016 über einen Aufenthaltstitel "Studierender" in Österreich.

Der BF absolvierte in Österreich keine Prüfungen an der Universität Wien. Für die Zulassung zum Studium Soziologie wären noch diverse Ergänzungsprüfungen (darunter eine Deutschprüfung) abzulegen gewesen.

Der BF arbeitete zu Beginn seines Aufenthalts in Österreich an zwei Tagen in der Woche als Angestellter in einem Mobilfunkgeschäft. Der BF erhielt im Jahr 2017 eine Beschäftigungsbewilligung als Kochlehrling und hat eine Lehre als Koch begonnen, welche jedoch vorzeitig beendet wurde. Im Juli 2019 meldete der BF das Gewerbe Hausbetreuung an. Er führt seitdem ein Unternehmen, das einfache Reinigungsarbeiten einschließlich der Durchführung projektbezogener Wartungsarbeiten durchführt und erbrachte im Rahmen seines Unternehmens von August bis Oktober 2019 Leistungen für ein Catering-Unternehmen ( XXXX ), für welche er pro Monat EUR 900 erhielt. Der BF ist selbsterhaltungsfähig. Er verfügt zudem über zwei arbeitsrechtliche Vorverträge aus Oktober 2019, wonach er im Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels eine Vollzeitbeschäftigung bei unterschiedlichen Dienstgebern beginnen könnte.

Der BF bezieht seit Stellung des Asylantrages Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er lebt in Österreich gemeinsam mit zwei Bengalen in einer privaten Unterkunft. Der BF hat Freunde und Bekannte im Bundesgebiet. Der BF ist Mitglied der XXXX , der XXXX sowie des XXXX . Im Oktober 2019 besuchte der BF einen Erste-Hilfe-Grundkurs beim Wiener Roten Kreuz. Der BF verfügt über gute Deutschkenntnisse.

Im November 2019 heiratete der BF eine österreichische Staatsbürgerin nach islamischem Recht. Der BF kennt seine Lebensgefährtin sei Jänner 2018 und seit Juni 2018 führen diese eine Beziehung. Die Lebensgefährtin des BF übt seit Juli 2019 eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung aus. Zuvor war sie als Rezeptionistin in einem Restaurant beschäftigt und davor studierte sie Architektur und arbeitete nebenbei geringfügig.

Der BF und seine Lebensgefährtin leben nicht in einem gemeinsamen Haushalt und befinden sich derzeit auf Wohnungssuche. Die Lebensgefährtin des BF lebt gemeinsam mit ihren Eltern und ihren Geschwistern.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in seinem Herkunftsland einer konkret gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt gewesen ist oder ihm im Falle seiner Rückkehr eine solche droht.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

Politische Lage

Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) - mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern durch die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die Awami League (AL) und Bangladesh Nationalist Party (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt (DW 14.2.2019).

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt (HRW 13.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat auf Grund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).

Durch eine Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 12.2018).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).

Quellen:

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bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase,

https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019

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BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019

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BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019

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DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,

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DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3

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DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019

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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2019): Bangladesch - Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 11.3.2019

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NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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