TE Vfgh Beschluss 2020/2/24 A21/2019

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Veröffentlicht am 24.02.2020
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Index

L2600 Lehrer/innen

Norm

B-VG Art137 / Liquidierungsklage
B-VG Art137 / sonstige Klagen
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung der Klage eines Beamten gegen das Land Oberösterreich auf Auszahlung von Bezügen mangels Zuständigkeit; Entscheidung über Höhe der, dem Kläger - einem entlassenen Volksschuldirektor - dem Grunde nach zustehenden Bezüge für die Ferienzeit durch noch ausstehenden Bescheid zu bestimmen

Spruch

I. Die Klage wird zurückgewiesen.

II. Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung

I. Sachverhalt, Klagebegehren, Vorverfahren

1. Der Kläger stand seit 1. Juli 2007 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich, ab 21. Juni 2010 als Leiter einer Volksschule. Mit Bescheid vom 27. März 2017, bestätigt durch Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 21. Juni 2017, wurde über den Kläger die Entlassung ausgesprochen.

2. Mit Bescheid vom 21. November 2016 stellte der Landesschulrat für Oberösterreich fest, dass dem Kläger auf Grund unentschuldigter Abwesenheit vom Dienst mit Wirkung vom 12. September 2016 bis auf weiteres keine Bezüge aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gebührten.

2.1. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zunächst als unbegründet ab. Der Verwaltungsgerichtshof hob das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich mit Erkenntnis vom 9. Mai 2018, Ra 2017/12/0111, auf, weil während der Schulferien keine Abwesenheit vom Dienst vorliegen könne.

2.2. Mit Erkenntnis vom 13. August 2018 gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der Beschwerde im zweiten Rechtsgang mit der Maßgabe statt, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten habe: "Es wird festgestellt, dass [dem Kläger], BEd. gemäß §6 Abs1 des Oö. Landeslehrer-Diensthoheitsgesetzes 1986, LGBl Nr 18 idgF mit Wirkung vom 12. September 2016 bis 23. Juni 2017 – ausgenommen der Zeiten von 24. Dezember 2016 bis 6. Jänner 2017 (Weihnachtsferien), von 20. bis 25. Februar 2017 (Semesterferien), von 8. bis 18. April 2017 (Osterferien) und von 3. bis 6. Juni 2017 (Pfingstferien) – keine Bezüge aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gebühren."

3. Mit Eingabe an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vom 9. November 2018 beantragte der Kläger unter dem Titel "Kostenbestimmungsantrag zum Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes OÖ […] vom 13.8.2018[;] Aufforderung zur Äußerung des Prozessgegners über den Kostenbestimmungsantrag[;] Unverzügliche Auszahlung des Schuldbetrages" einerseits die "Benachrichtigung des Landesschulrates für OÖ vom ausstehenden Schuldbetrag in der Höhe von insgesamt 6748 €" und andererseits die "Feststellung der Kosten durch das Landesverwaltungsgericht OÖ". Begründend führte der Kläger aus, dass dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich Fehler unterlaufen seien, weil vier schulfreie Tage nicht berücksichtig worden seien. Aus diesem Grund solle das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf Grund der vom Kläger vorgelegten Berechnung die aufgelaufenen Kosten bestätigen.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wies mit Beschluss vom 15. November 2018 den "Kostenfeststellungsantrag" wegen entschiedener Sache zurück, weil über den Entfall der Bezüge sowie die Anzahl der davon ausgenommenen schulfreien Tage bereits rechtskräftig mit Erkenntnis vom 13. August 2018 abgesprochen worden sei.

4. In seiner auf Art137 B-VG gestützten Klage gegen das Land Oberösterreich begehrt der Kläger die Zahlung von € 6.020,35 s.A. Begründend führt er im Wesentlichen aus, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich habe ausgesprochen, dass es für die Zeiten der Schulferien zu keinem Entfall der Bezüge komme. Der Kläger habe mit Schreiben vom 20. November 2018 den Landesschulrat Oberösterreich aufgefordert, die ihm zustehenden Bezüge auszubezahlen. Unter Heranziehung der Bruttojahresbezüge des Jahres 2016 in der Höhe von € 62.785,34 ergebe sich ein Bruttotagesbezug von € 172,01. Da die Schulferien 35 Tage ausgemacht hätten, ergebe sich der Klagsbetrag von € 6.020,35. Dieser Betrag sei samt 4% Zinsen seit 9. November 2018 zu bezahlen.

5. Das Land Oberösterreich erstattete eine Gegenschrift, in der es ausführt, dass die Klagssumme falsch berechnet worden sei, zudem sei ein Übergenuss abzuziehen gewesen und sei dem Kläger der verbleibende Betrag längst ausbezahlt worden. Die Bruttobezüge des Jahres 2016 würden € 45.475,59 ausmachen. Der Bruttomonatsbezug betrage für das Jahr 2016 € 4.200,60 zuzüglich der Leiterzulage in der Höhe von € 504,50. Für das Jahr 2017 betrage der Bruttomonatsbezug € 4.255,50 zuzüglich der Leiterzulage in der Höhe von € 511,10. Der Bruttotagesbezug ergebe sich aliquot unter Berücksichtigung der Anzahl der Tage des jeweiligen Monats. Für die Monate Dezember, Februar und Juni seien zudem aliquot zustehende Sonderzahlungen zu berücksichtigen. Daraus ergebe sich eine Summe von € 6.465,13 brutto für die 35 vom Bezugsentfall ausgeschlossenen Ferientage. Von dieser Summe seien jedoch ein Bezugsvorschussrest sowie ein Übergenuss abzuziehen, weil dem Kläger das gesamte Gehalt für den Monat September ausbezahlt worden sei. Der Bruttobetrag von € 6.465,13 mache einen Nettobetrag von € 4.162,34 aus. Von dieser Summe sei ein Nettobetrag von € 1.407,21 auf Grund des Übergenusses abzuziehen. Es verbleibe demnach ein Nettoauszahlungsbetrag in der Höhe von € 2.755,13, der dem Kläger bereits am 13. August 2018 ausbezahlt worden sei. Zinsen würden keine zustehen. Es werde die Erstattung der Kosten in der Höhe von € 863,04 beantragt.

II. Zulässigkeit

1. Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

2. Mit der Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen das Land Oberösterreich geltend gemacht. Er gründet sich auf das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu dieser Gebietskörperschaft. Da es sich somit um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, also nicht um eine bürgerliche Rechtssache (§1 JN) oder um eine andere Angelegenheit handelt, die vor den ordentlichen Gerichten auszutragen ist, sind die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über den Anspruch nicht zuständig. Es ist aber zu prüfen, ob über den Klagsanspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist.

3. Der geltend gemachte Anspruch wird aus dem Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zur beklagten Partei und aus dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 13. August 2018 abgeleitet. In diesem Erkenntnis wird ausgesprochen, dass dem Kläger für die "Zeiten von 24. Dezember 2016 bis 6. Jänner 2017 (Weihnachtsferien), von 20. bis 25. Februar 2017 (Semesterferien), von 8. bis 18. April 2017 (Osterferien) und von 3. bis 6. Juni 2017 (Pfingstferien)" Bezüge gebühren. Es wird jedoch keine Entscheidung über die Höhe der tatsächlich zustehenden Bezüge getroffen.

Besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten werden in der Regel in drei Phasen – Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung – verwirklicht. Die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der nur der Verwirklichung der vorangegangenen Bescheide dient, also selbst nicht durch Bescheid der Verwaltungsbehörde zu erledigen ist, sodass für die Entscheidung eines solchen Liquidierungsbegehrens die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG gegeben ist (so die ständige, mit VfSlg 3259/1957 eingeleitete Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes). Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, sondern um die Rechtsfrage der Gebührlichkeit, so ist darüber im Streitfall durch Bescheid der zuständigen (Dienst-)Behörde zu entscheiden (vgl die mit den Erkenntnissen VfSlg 7172/1973 und 7173/1973 beginnende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, etwa VfSlg 10.756/1986, 11.395/1987, 12.313/1990, 17.535/2005). Auch wenn über die Frage der Gebührlichkeit bereits abgesprochen wurde (VfSlg 19.216/2010; VfGH 22.11.2012, A8/2012), hat noch keine Bemessung der Höhe auf Grund eines entsprechenden Antrages an die zuständige Behörde stattgefunden.

4. Im konkreten Fall besteht demnach zwar ein Anspruch auf Auszahlung der Bezüge für die im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 13. August 2018 genannten Schulferien, allerdings wurde die Höhe des zustehenden Betrages noch nicht festgesetzt. Aus diesem Grund handelt es sich nicht bloß um die Liquidierung von Bezügen, nämlich den technischen Vorgang ihrer Auszahlung. Über die strittige Höhe des dem Kläger gebührenden Anspruches hätte – auf seinen Antrag hin – die zuständige Behörde mit Bescheid zu entscheiden, zumal ein rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung besteht, in welcher Höhe ihm dieser Anspruch zusteht (vgl zB VfSlg 14.947/1997, 15.238/1998, 16.006/2000, 17.039/2003, 19.216/2010). Sollte die zuständige Behörde diesbezüglich ihre Entscheidungspflicht verletzen, könnte dagegen eine Säumnisbeschwerde erhoben werden.

5. Da somit über die Bemessung des Klagsanspruches durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist, sind die Prozessvoraussetzungen des Art137 B-VG nicht gegeben. Der Verfassungsgerichtshof ist dementsprechend nicht zuständig, über das Klagsbegehren zu entscheiden.

III. Ergebnis

1. Da die Prozessvoraussetzungen des Art137 B-VG nicht gegeben sind, ist der Verfassungsgerichtshof nicht zuständig, über das Klagsbegehren zu entscheiden.

2. Die Klage war daher zurückzuweisen.

3. Nach §41 VfGG kann zwar dem unterliegenden Teil (im Verfahren nach Art137 B-VG) auf Antrag der Ersatz der Prozesskosten auferlegt werden. Nach Lage des vorliegenden Falles war es jedoch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig, im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof einen Rechtsanwalt mit der Vertretung des Landes Oberösterreich zu betrauen (vgl auch VfSlg 9281/1981, 19.998/2015, 20.098/2016 mwN), weswegen keine Kosten zugesprochen werden.

4. Diese Beschlüsse konnten gemäß §19 Abs3 Z2 VfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Dienstrecht, Bezüge, Liquidierungsklage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:A21.2019

Zuletzt aktualisiert am

07.07.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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