TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/18 97/03/0320

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Veröffentlicht am 18.03.1998
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65006 Jagd Wild Steiermark;

Norm

Abschußrichtlinien Schalenwild Stmk 1982;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs1;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs2;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs4;
JagdRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des Ferdinand Wieland in Pöls, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. September 1997, Zl. 8-42 Pe 23/6-97, betreffend Abschußplanfestsetzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden - soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren von Bedeutung - die Abschußpläne für das Jagdjahr 1997/98 hinsichtlich des Rotwildes in den vom Beschwerdeführer gepachteten Gesamtjagden Frauenburg und Offenburg dahin festgesetzt, daß in diesen Jagden der Abschuß von Hirschen der Klasse III, Alttieren, Schmaltieren und Kälbern innerhalb der Schußzeit ohne ziffernmäßige Beschränkung freigegeben wird. Dem Antrag, auch Hirsche der Klassen I und II unbeschränkt freizugeben, wurde keine Folge gegeben. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen

Dipl. Ing. Gottfried Stadlmann. Dieser ging davon aus, daß die beiden Jagdgebiete zur "Rotwilddünnzone" gehörten. Darunter sei im jagdlichen Sprachgebrauch ein Gebiet zu verstehen, das aufgrund guter forstlicher Bonitäten, einer hohen Anfälligkeit gegenüber Wildschäden und dem Fehlen der für Rotwild notwendigen Ausstattung als Rotwildlebensraum ungeeignet sei. In diesen Gebieten sei ein langdauernder Aufenthalt von Rotwild unerwünscht. Daher sei dort eine rigorose Abschußtätigkeit - mit Ausnahme der Hirschen der Klassen I und II - notwendig, die nicht durch Abschußrichtlinien behindert werde. In diesen Jagdgebieten wären somit die Hirsche der Klasse III, Alttiere, Schmaltiere und alle Kälber ohne jede Beschränkung, jedoch unter Einhaltung der Schonvorschriften, freizugeben. Hirsche der Klassen I und II hielten sich im allgemeinen in den geeigneten Rotwildbiotopen auf und verirrten sich meist zufällig und nur kurzfristig in rotwildverdünnte Gebiete. Da solche Hirsche für Rotwildbestände unbedingt notwendig und außerdem nur in sehr kleiner Zahl vorhanden seien, wäre ein unbeschränkter Abschuß, falls sich ein solcher Hirsch kurzfristig in ein Rotwilddünngebiet einstellte, eine Entwertung von Jagdgebieten, die Rotwild bewirtschafteten, und ein Schaden für diese Rotwildpopulation. Solche Hirsche sollten daher nur unter Beachtung der Gesamtpopulation, von großräumigen Planungen und Überlegungen sowie eventueller schadensabhängiger Notwendigkeit im Einzelfall freigegeben werden. Die vorgenomenen Erhebungen über die Abschußtätigkeit in den Jagdjahren 1992/93 bis 1996/97 hätten gezeigt, daß trotz der Größe der Jagdgebiete (Gesamtjagd Frauenburg 1654 ha, Gesamtjagd Offenburg 676 ha) und fast völliger Freiheit im Abschuß nur eine sehr geringe Zahl an Rotwild erlegt worden sei. Dies bedeute weiters, daß in diesen Revieren kaum Rotwild vorhanden sei und sich daher dort nur äußerst selten und höchstens kurzzeitig Hirsche der Klassen I oder II aufhalten würden. Die Wahrscheinlichkeit, daß solche Hirsche einen Schaden anrichteten, sei äußerst gering. Da großräumig eine gewisse Anzahl reifer Hirsche erforderlich sei, sei deren Abschuß an eine exakte Planung zu binden, weshalb eine völlige Freigabe nachteilige Folgen verursachen würde. In den Gesamtjagden Frauenburg und Offenburg sei der Abschuß von Hirschen der Klassen I und II nicht gänzlich verboten, sondern an eine Bewilligung gebunden. Dies sei unbedingt nötig, damit im Rahmen einer großräumigen Planung die für eine Rotwildpopulation notwendige Anzahl von reifen Hirschen vorhanden sei. Nur eine gut entwickelte Altersstruktur und eine entsprechend niedrige Rotwilddichte seien eine Voraussetzung für tolerierbare Schäden. Ein ungehinderter Abschuß von reifen Hirschen sowohl in Rotwildgebieten als auch in Rotwilddünnzonen würde jedes Bemühen von vornherein zum Scheitern verurteilen.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid insofern, als dem Antrag auf unbeschränkte Freigabe von Hirschen der Klasse I und II nicht stattgegeben worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde, zu der der Beschwerdeführer eine Stellungnahme erstattete, erwogen:

Gemäß § 56 Abs. 1 Steiermärkisches Jagdgesetz 1986, LGBl. Nr. 23, (JG) hat der Jagdberechtigte den Wildabschuß so zu regeln, daß der Abschußplan erfüllt wird, die berechtigten Ansprüche der Land- und Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden gewahrt werden und durch den Abschuß eine untragbare Entwertung des eigenen und der angrenzenden Jagdgebiete vermieden wird. Innerhalb dieser Grenzen soll die Abschußplanung bewirken, daß ein in seinen Altersklassen gesunder Wildstand aller heimischen Wildarten in angemessener Zahl erhalten bleibt. Der Abschuß von Schalenwild - das Schwarzwild ausgenommen - hat gemäß § 56 Abs. 2 JG aufgrund eines genehmigten Abschußplanes stattzufinden. Die Genehmigung des Abschußplanes erfolgt gemäß § 56 Abs. 4 JG durch den Bezirksjägermeister unter Zugrundelegung der Abschußrichtlinien der Steirischen Landesjägerschaft und unter Berücksichtigung der Abschußplanerfüllung des vergangenen Jagdjahres im Einvernehmen mit der zuständigen Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft. Kommt ein solches Einvernehmen nicht zustande, wird der Abschußplan von der Bezirksverwaltungsbehörde festgelegt. Bei der Genehmigung bzw. Festlegung der Abschußpläne ist zur Regelung der Wildbestände auf die Situation in den Nachbargebieten Bedacht zu nehmen.

Nach den vom Landesjagdausschuß der Steirischen Landesjägerschaft am 14. September 1982 beschlossenen Abschußrichtlinien für das Schalenwild, kundgemacht im Amtsblatt für die Steiermark, Grazer Zeitung, 8. Stück, vom 25. Februar 1983, bezweckt die Abschußplanung in erster Linie die Erhaltung oder Herstellung eines naturnahen Altersklassenaufbaues und eines richtigen Geschlechterverhältnisses des Wildbestandes sowie dessen zahlenmäßige Anpassung an die natürlichen Äsungsverhältnisse. Dadurch wird die Voraussetzung für die geringste Schadensgefährdung der Landeskultur sowie für das Wohlbefinden und die Gesundheit des Wildes und somit auch für eine gute Trophäenentwicklung geschaffen. Die wirkungsvolle Regulierung von Wildbeständen ist nur großräumig möglich. Die Abschußrichtlinien für das Rotwild sehen vor, daß die Bestandesregulierung vor allem beim weiblichen Wild sowie allgemein in der Klasse der Kälber und in den nächsten Jahrgängen der Jugendklasse zu erfolgen hat. Beim männlichen Rotwild ist die Klasse II (fünf bis neun Jahre) die Schonklasse. In ihr sollen daher nur nachweislich kranke oder erheblich untergewichtige sowie alle jene Stücke erlegt werden, bei denen mindestens zwei der drei Merkmale Masse, Höhe und Vereckung deutlich unter dem Durchschnitt liegen. In der Klasse I der Hirsche stellt die Vollendung des 10. Lebensjahres das Mindestalter dar. Das Älterwerden besonders von überdurchschnittlich entwickelten Hirschen (Platzhirschen - Hegehirschen) bis hinauf zum vollendeten 14. Lebensjahr ist im Sinne des biologisch richtigen Aufbaues eines Bestandes durchaus erwünscht und liegt daher im Interesse der Revierinhaber. Soweit in Randgebieten kein geschlossenes Rotwild vorkommend vorhanden ist, wird sich die Freigabe (beim Hirschabschuß) in der Regel nur auf die Klasse III (alle Junghirsche bis zum vollendeten 4. Lebensjahr) beschränken.

Auf dem Boden dieser Rechtslage kann die vom Beschwerdeführer bekämpfte Abweisung des Antrages, Hirsche der Klassen I und II in den Gesamtjagden Frauenburg und Offenburg unbeschränkt freizugeben, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Bereits in dem - unter anderem - die Festsetzung des Abschußplanes für das Jagdjahr 1992/93 in den Jagdgebieten Frauenburg I, Frauenburg II und Offenburg hinsichtlich des Rotwildes betreffenden Erkenntnis vom 29. September 1993, 93/03/0025, erachtete der Verwaltungsgerichtshof die Ausführungen des auch dem damaligen Verwaltungsverfahren beigezogenen Amtssachverständigen Dipl. Ing. Stadlmann, welche im wesentlichen den gutächtlichen Aussagen im gegenständlichen Verwaltungsverfahren entsprechen, für schlüssig und mit den bei der Erstellung des Abschußplanes zu beobachtenden Grundsätzen in Einklang stehend. In dem die Festsetzung des Abschußplanes für das Jagdjahr 1993/94 unter anderem in den genannten Jagdgebieten hinsichtlich des Rotwildes betreffenden hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1994, Zl. 94/03/0064, wurde darauf hingewiesen, daß bei der Abschußplanung für das Schalenwild nicht allein die Verhältnisse in dem betreffenden Jagdgebiet maßgebend seien. Gemäß § 56 Abs. 4 JG sei vielmehr bei der Genehmigung bzw. Festlegung der Abschußpläne zur Regulierung der Wildbestände auf die Situation in den Nachbarjagdgebieten Bedacht zu nehmen. Wenn - diesem Grundsatz Rechnung tragend - in dem dem (damals) angefochtenen Bescheid zugrundegelegten Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen die Einschränkung der Abschußfreigabe bei den Hirschen der Klassen I und II mit der Hintanthaltung von Beeinträchtigungen der Nachbarjagden begründet worden sei, so begegne dies im Hinblick auf den ausgedehnten Lebensraum des Rotwildes keinen Bedenken. Angesichts der sehr geringen Zahl der in den (dort) gegenständlichen Jagdgebieten vorkommenden Hirsche der Klassen I und II sei auch eine wesentliche Gefährdung der forstwirtschaftlichen Kulturen durch nicht zum Abschuß freigegebene Stücke nicht zu befürchten. Es könne daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen sei, daß die mit dem (dort) angefochtenen Bescheid getroffene Regelung dem Grundsatz des § 1 Abs. 3 JG, wonach unter grundsätzlicher Wahrung des Lebensrechtes des Wildes den Interessen der Land- und Forstwirtschaft nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes im Widerstreit mit jagdlichen Interessen der Vorrang zukomme, nicht zuwiderlaufe.

Warum diese Erwägungen nicht auch im vorliegenden Beschwerdefall gelten sollten, vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun. Es trifft zwar zu, daß Hirsche der Klassen I und II in gleicher Weise wie das übrige Rotwild Forstschäden verursachen können; dies kann jedoch unter Berücksichtigung der in § 56 Abs. 1 JG normierten Zielsetzung der Erhaltung eines in seinen Altersklassen gesunden Wildstandes in angemessener Zahl entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht zwangsläufig dazu führen, auch Hirsche der Klassen I und II in gleicher Weise wie das übrige Rotwild zum Abschuß freizugeben. Die Verwirklichung des Zieles der Erhaltung oder Herstellung eines naturnahen Altersklassenaufbaues und eines richtigen Geschlechterverhältnisses des Wildbestandes sowie die zahlenmäßige Anpassung an die natürlichen Äsungsverhältnisse hat nach den Abschußrichtlinien für das Schalenwild beim Rotwild vielmehr durch die Regulierung des Bestandes vor allem beim weiblichen Wild sowie allgemein in der Klasse der Kälber und in den nächsten Jahrgängen der Jugendklasse zu erfolgen. Da es sich bei den gegenständlichen Jagdgebieten um Randgebiete ohne geschlossenes Rotwildvorkommen handelt, findet auch die Beschränkung der Freigabe des Abschusses an Hirschen auf die Klasse III in den Abschußrichtlinien Deckung.

Auch eine allfällige Zunahme des Bestandes an Rotwild in den Nachbarrevieren rechtfertigt es nicht, bei der Regulierung des Wildbestandes im Rahmen der Abschußplanfestsetzung von den Grundsätzen abzugehen, die in den gemäß § 56 Abs. 4 JG der Abschußplanfestsetzung zugrundezulegenden Abschußrichtlinien verankert sind.

Soweit der Beschwerdeführer die Sinnhaftigkeit einer Altersklasseneinteilung bei den Hirschen in Frage stellt, ist er auf die entsprechenden Regelungen in den Abschußrichtlinien zu verweisen.

Die Aussage des Amtssachverständigen, Hirsche der Klassen I und II hielten sich in den keinen geeigneten Lebensraum für Rotwild darstellenden gegenständlichen Jagdgebieten nur zufällig und kurzfristig auf, vermag der Beschwerdeführer durch gegenteilige, nicht auf der gleichen fachlichen Ebene stehende Behauptungen nicht zu entkräften. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers lassen die geringen Abschußzahlen der Jahre 1992 bis 1996 durchaus den Schluß auf ein nur geringfügiges Vorhandensein von Rotwild in den gegenständlichen Jagdgebieten zu. Wenn der Amtssachverständige daraus abgeleitet hat, daß sich daher auch Hirsche der Klassen I und II nur äußerst selten und höchstens kurzzeitig in den Revieren aufhielten, sodaß die Wahrscheinlichkeit der Schadensverursachung durch solche Hirsche äußerst gering sei, begegnet dies keinen Bedenken. Bei dieser Sachlage bedarf es für die hier strittige Frage der Freigabe des Abschusses von Hirschen der Klassen I und II nicht der vom Beschwerdeführer vermißten Auseinandersetzung, "wie hoch und wie gestaltet der Wildstand in den Jagden und im großen Hegegebiet ist".

Aus dem mit der Stellungnahme vom 11. Februar 1998 vorgelegten Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 24. Juni 1992, 1 Ob 17/92, und dem Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. Constantin Pott vom 24. Jänner 1994 lassen sich keine für das vorliegende Beschwerdeverfahren wesentlichen Aufschlüsse gewinnen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote Abschußplan Genehmigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997030320.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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