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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör und Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Dr. M S in B bei S, vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl & Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts als Dienstgericht vom 29. Mai 2019, Zl. DG/001/2018, betreffend Versetzung in den Ruhestand gemäß § 88 RStDG, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis versetzte das Bundesfinanzgericht (BFG) als Dienstgericht den Revisionswerber, einen Richter des BFG, gemäß § 88 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG) von Amts wegen in den Ruhestand.
2 Das Erkenntnis begründet dies zusammengefasst damit, dass die Gesamtbeurteilungen der in den Jahren 2016 und 2017 vorgenommenen Dienstbeschreibungen des Revisionswerbers auf „nicht entsprechend“ gelautet hätten. Gemäß § 88 RStDG sei ein Richter in den Ruhestand zu versetzen, wenn seine Gesamtbeurteilung für zwei aufeinanderfolgende Kalenderjahre auf „nicht entsprechend“ laute.
3 Im Zuge des Verfahrens über die Versetzung in den Ruhestand gemäß § 88 RStDG habe das BFG als Dienstgericht nicht nur formal das Vorliegen von zwei aufeinanderfolgenden negativen Gesamtbeurteilungen festzustellen, sondern auch die gegen die Dienstbeschreibungen erhobenen Einwände meritorisch dahin zu überprüfen, ob der festgestellte Sachverhalt die Annahme rechtfertige, dass der betroffene Richter eine lediglich nicht entsprechende Dienstleistung erbracht habe. Zur Begründung dieser meritorischen Überprüfungspflicht der Dienstbeschreibungen verweist das angefochtene Erkenntnis auf OGH 17.12.2002, Dg 2/02, OGH 9.3.2005, Dg 1/04, sowie darauf, dass die Mitglieder des Dienstgerichts im BFG - anders als in der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit - nicht vom Personalsenat, sondern unmittelbar von der Vollversammlung gewählt würden, dass - ebenfalls im Unterschied zur Zivil- und Strafgerichtsbarkeit - nach herrschender Auffassung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit kein Rechtsmittel gegen die Gesamtbeurteilung erhoben werden könne und diese, da sie kein Erkenntnis oder Beschluss sei, auch keiner Revision an den Verwaltungsgerichtshof zugänglich sei.
4 Die vom Revisionswerber ins Treffen geführten Gründe für ein Aufschieben der Dienstbeschreibung gemäß § 51 Abs. 6 RStDG träfen nicht zu. Weder habe der Revisionswerber in den betreffenden Kalenderjahren weniger als sechs Monate Dienst versehen, noch liege eine vorübergehende Verschlechterung seiner Dienstleistung ausschließlich aus ihm nicht vorwerfbaren Gründen vor. Das Vorliegen der eine Aufschiebung gemäß § 51 Abs. 6 RStDG zulassenden Gründe könne letztlich aber dahingestellt bleiben, weil es im Fall des Revisionswerbers weder um eine erstmalige Beurteilung (§ 51 Abs. 2 RStDG) noch um einen Fall des § 51 Abs. 3 RStDG (unzutreffende letzte Gesamtbeurteilung mit „ausgezeichnet“ oder „sehr gut“) gehe und die in § 51 Abs. 6 RStDG normierte Aufschiebungsmöglichkeit nur auf diese beiden Konstellationen anwendbar sei.
5 Bei der meritorischen Überprüfung der Dienstbeschreibungen nahm das BFG neben jenen für die Kalenderjahre 2016 und 2017 auch jene für 2015 und 2018 in den Blick. Diese insgesamt vier Dienstbeschreibungen seien „sowohl von der Beurteilung der einzelnen Kriterien des § 54 Abs. 1 RStDG als auch von der Begründung der jeweiligen Gesamtbeurteilung her sehr unterschiedlich“. Während das angefochtene Erkenntnis den für 2015 und 2016 erfolgten Dienstbeschreibungen „überhaupt keine aktenmäßig nachvollziehbare Begründung“ attestierte und dazu festhielt, die näheren Beweggründe für diese Entscheidungen des Personalsenates hätten „erst im Zuge des dienstgerichtlichen Verfahrens erhoben werden“ können, beurteilte es die schriftlichen Begründungen der Dienstbeschreibungen für 2017 und 2018 als schlüssig und nachvollziehbar. Ausgehend von der Prämisse, dass das Dienstgericht an die Beschreibungen nicht gebunden sei, nahm es eine eigenständige Beurteilung vor.
6 Im Rahmen dieser eigenständigen Prüfung nahm das BFG (mit ausführlicher Begründung) jeweils auf die Kalenderjahre 2016 und 2017 bezogene Bewertungen des Revisionswerbers anhand der einzelnen in § 54 Abs. 1 Z 1 bis 8 RStDG normierten Kriterien vor und traf daran anschließend jeweils für 2016 und 2017 eine Gesamtbeurteilung.
7 Im Einzelnen kam es zu dem Ergebnis, dass der Revisionswerber in beiden Kalenderjahren beim Kriterium des § 54 Abs. 1 Z 1 RStDG („Umfang und Aktualität der fachlichen Kenntnisse, insbesondere der zur Amtsführung notwendigen Vorschriften“) sowie beim Kriterium des § 54 Abs. 1 Z 2 RStDG („Fähigkeiten und Auffassung“) mit „gut“ zu beurteilen sei, beim Kriterium nach § 54 Abs. 1 Z 3 RStDG („Fleiß, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verläßlichkeit, Entschlußkraft und Zielstrebigkeit“) hingegen mit „nicht entsprechend“. Bei der Beurteilung der Gesichtspunkte nach § 54 Abs. 1 Z 4 RStDG („soziale Fähigkeiten (§ 14 Abs. 2), Kommunikationsfähigkeit und die Eignung für den Parteienverkehr“) wurden Bewertungen nach drei Teilkriterien vorgenommen, wobei der Revisionswerber nach dem Teilkriterium „Kritik- und Konfliktfähigkeit“ mit „nicht entsprechend“, nach dem Teilkriterium „Kommunikations- und Teamfähigkeit“ mit „sehr gut“ und dem Teilkriterium „Eignung für den Parteienverkehr“ mit „nicht entsprechend“ eingestuft wurde. Hinsichtlich der „Ausdrucksfähigkeit und Fremdsprachenkenntnisse“ (§ 54 Abs. 1 Z 5 RStDG) bewertete das BFG die Leistungen des Revisionswerbers mit „ausgezeichnet“ und hinsichtlich des „Verhaltens innerhalb und außerhalb des Dienstes“ (§ 54 Abs. 1 Z 6 RStDG) mit „sehr gut“. Das Kriterium der „Eignung für eine leitende Panstelle“ (§ 54 Abs. 1 Z 7 RStDG) wurde mangels Relevanz für den Revisionswerber nicht herangezogen. Nach dem Kriterium „Erfolg der Verwendung“ (§ 54 Abs. 1 Z 8 RStDG) bewertete das BFG die Leistungen des Revisionswerbers mit „nicht entsprechend“.
8 Im Rahmen der Gesamtbeurteilung gemäß § 54 Abs. 3 RStDG kam das BFG zu dem Ergebnis, dass „in einer Gesamtsicht der Kriterien nach § 54 Abs. 1 Z 1 bis Z 8 RStDG“ nicht gesagt werden könne, dass die vom Revisionswerber erbrachte Leistung „das für die ordnungsgemäße Versehung des Dienstes unerlässliche Mindestmaß“ erreicht habe. Er sei den ihn gemäß § 57 Abs. 1 RStDG treffenden Pflichten, sich mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen, die Pflichten seines Amtes gewissenhaft zu erfüllen und die ihm übertragenen Aufgaben so rasch wie möglich zu erledigen, „aus welchen Gründen immer“ nicht in einer Weise nachgekommen, wie sie von einer Richterin oder einem Richter des BFG zu erwarten sei. Von der Erbringung der erforderlichen Mindestleistung in den Jahren 2016 und 2017 könne nicht gesprochen werden. Der Revisionswerber sei trotz seiner seit der Ernennung zum Richter des BFG immer wieder auftretenden Bearbeitungsverzögerungen und geringen Erledigungen und der wiederholt im Wege der Dienstaufsicht ergangenen Ermahnungen zur Beschleunigung seiner Arbeitsweise und zum Abbau seines Erledigungsrückstands nicht nachhaltig bereit, seinen offenbar individuell zeitaufwändigen und unökonomischen Arbeitsstil zeitgerecht zu überdenken, seinen Arbeitseinsatz auch hinsichtlich des zeitlichen Arbeitsumfangs zu steigern und die Modalitäten seiner als nicht zielführend erwiesenen Arbeitsweise zu ändern sowie gegebenenfalls therapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, dies auch nicht zu Zeiten, in denen seine volle Dienstfähigkeit aus medizinischer Sicht gutachtlich dokumentiert sei.
9 Der Revisionswerber habe weder das Warnsignal der mit „gut“ erfolgten Dienstbeurteilung für das Jahr 2015 zum Anlass von Veränderungen genommen noch - unbeschadet der fehlenden rechtlichen Relevanz - durch besondere Leistungen im Jahr 2018 (oder in den ersten Monaten des Jahres 2019) gezeigt, dass - wie von ihm ursprünglich angegeben - die geringeren Leistungen der Jahre 2016 und 2017 für ihn untypisch gewesen seien. Der Revisionswerber sei in den Jahren 2017 und 2018 durch Aktenabnahmen deutlich entlastet worden, darüber hinaus habe er sich in den Jahren 2017 und 2018 durch zwei ganzjährige Zuteilungsstopps im Wesentlichen ohne Belastung durch Neuzugänge dem Abarbeiten seines Aktenstandes widmen können. Diese deutliche Hilfestellung sei nicht genutzt worden. Im Ergebnis erweise sich die Gesamtbeurteilung für die Jahre 2016 und 2017 jeweils mit „nicht entsprechend“ als zutreffend. Bei der Dienstbeschreibung seien zwar alle der in § 54 Abs. 1 RStDG genannten Kriterien zu berücksichtigen, doch könne die mehr oder weniger hohe Erfüllung einiger dieser Kriterien nicht dazu führen, die Nichterfüllung anderer dieser Kriterien zu negieren. Daher sei auch der diesbezüglichen Argumentation des Revisionswerbers nicht zu folgen. Es möge sein, dass der Revisionswerber in der Vergangenheit bei der Berufsausübung Fleiß, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit und Verlässlichkeit gezeigt habe, während seiner Tätigkeit im BFG sei dies jedoch nicht der Fall gewesen. Dass er über fachliche Kenntnisse verfüge und diese umsetzen und sich schriftlich und mündlich klar ausdrücken könne, ändere nichts daran, dass seine Gesamtleistungen in den Jahren 2016 und 2017 das erforderliche Mindestmaß nicht erreicht hätten. Fehle es einer Richterin oder einem Richter im Beurteilungszeitraum nachhaltig an Fleiß, Ausdauer, Verlässlichkeit, Entschlusskraft und Zielstrebigkeit und sei der Erfolg der Verwendung in den Beurteilungszeiträumen nicht einmal im unerlässlichen Mindestmaß gegeben, könnten etwa durchschnittliche Fähigkeiten und Auffassungsgabe oder eine in höchstem Maße gegebene Ausdruckfähigkeit dies nicht kompensieren. Es genüge nicht, wenn die Richterin oder der Richter über die erforderlichen fachlichen Kenntnisse verfüge, gewissenhaft arbeite und sich gut ausdrücken könne, wenn sich dies nicht zumindest mittelfristig in entsprechenden Erledigungen niederschlage. Auch eine Richterin oder ein Richter, die oder der über sehr gute fachliche Kenntnisse verfüge, sei für die Ausübung des Richterberufs nicht geeignet, wenn sie oder er nicht in der Lage sei, diese Kenntnisse in der Weise umzusetzen, dass sie oder er mittelfristig wenigstens ein vertretbares Mindestmaß an entsprechenden Verfahren führe und auch ein für das ordnungsgemäße Versehen des Dienstes erforderliches Mindestmaß an diesbezüglichen Erledigungen (Beschlüssen und Erkenntnissen) aufweise. Die dargestellte Erledigungsentwicklung der Jahre 2014 bis 2018 zeige, dass in den Jahren 2016 und 2017 keine gegenüber den Jahren 2014, 2015 und 2018 atypisch niedrige Erledigungszahl bei niedrigem Schwierigkeitsgrad gegeben gewesen, sondern die Erledigungen des Revisionswerbers in all diesen Jahren in jeder Hinsicht - insbesondere inhaltlich - auf sehr niedrigem Niveau gelegen seien. Auch im Jahr 2019 sei bis Ende April 2019 kein einziger Akt erledigt worden. Dies zeige, dass auch auf Dauer nicht mit einem Leistungsumfang zumindest in unerlässlichem Mindestmaß gerechnet werden könne. Dem Revisionswerber fehle es vielmehr an der uneingeschränkten persönlichen und fachlichen Eignung für die mit der Ausübung des richterlichen Amts verbundenen Aufgaben (§ 2 Abs. 1 Z 3 RStDG). Dieser Umstand spiegle sich hier in zwei aufeinanderfolgenden Gesamtbeurteilungen mit „nicht entsprechend“ wieder.
10 Zur Dienstfähigkeit in gesundheitlicher Hinsicht traf das BFG (unter der Überschrift „Gesundheitliche Eignung“) folgende Feststellungen:
„Im Jahr 2016 hat sich der betroffene Richter von 11. bis 12. April (2 Abwesenheitstage), von 13. bis 14. Oktober (2 Abwesenheitstage) und von 20. bis 23. Dezember 2016 (4 Abwesenheitstage) krank gemeldet (letztere Dienstverhinderung bescheinigt durch ein Attest eines Arztes für Allgemeinmedizin).
Im Jahr 2017 hat sich der betroffene Richter für insgesamt 19 Abwesenheitstage krank gemeldet. Er befand sich von 1. bis 10. Februar (8 Abwesenheitstage, bescheinigt durch ein Attest einer Fachärztin für Urologie), am 6. und 7. April (2 Abwesenheitstage), am 30. und 31. Mai (2 Abwesenheitstage), von 21. bis 23. Juni (3 Abwesenheitstage), am 21. und 22. September (2 Abwesenheitstage) und am 5. und 6. Dezember 2017 (2 Abwesenheitstage) im Krankenstand.
Während fünf Monate des Jahres 2018 war der betroffene Richter laut ärztlichen Attesten weitgehend arbeitsunfähig. Danach bestand - abgesehen von einigen Kurzkrankenständen ‚keine klinisch relevante Beeinträchtigung der Dienstfähigkeit‘. Es lag keine psychische Störung von Krankheitswert vor. Der betroffene Richter war von 17. Jänner bis 19. Jänner 2018 (3 Abwesenheitstage) im Krankenstand, obwohl am 18. Jänner vom Facharzt von einer ‚Arbeitsunfähigkeit für die nächsten 4-8 Wochen‘ ausgegangen wurde. Von 27. Jänner bis 27. April (43 Abwesenheitstage, bescheinigt durch Atteste eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 27.2.2018, vom 19.3.2018, vom 9.4.2018, vom 22.5.2018) befand sich der betroffene Richter im Krankenstand. Daran schloss sich von 28. April bis 19. Mai 2018 ein stationärer Aufenthalt in einem Rehabilitationszentrum an. Von Mai bis 8. Juni (13 Abwesenheitstage) folgte ein weiterer Krankenstand. Danach gab es im Jahr 2018 einige Kurzkrankenstände (25.-26. Juni, 2 Abwesenheitstage; 10.-12. September 2018, 3 Abwesenheitstage, 11. Oktober, 1 Abwesenheitstag).
Dass der betroffene Richter darüber hinaus aus gesundheitlichen Gründen an der Versehung des Dienstes verhindert gewesen wäre, ist nicht festzustellen. Der betroffene Richter berichtet zwar über eine ‘übermäßige psychophysische Belastung‘ seit Beginn der Tätigkeit im BFG. Er unterzog sich im Jahr 2017 auch einem vorübergehenden Coaching, im Jahr 2018 einer Psychotherapie und befand sich im Mai 2015 und im April 2018 jeweils vorübergehend in stationärer Behandlung. Der betroffene Richter war seit Aufnahme seiner Tätigkeit im BFG psychisch mehr oder weniger beeinträchtigt,wobei diese Beeinträchtigung einerseits aus beruflichen und andererseits aus privaten Umständen resultierte. Diese Beeinträchtigung führte in den Jahren 2016 und 2017 aber zu keiner über die Krankmeldungen hinausgehenden Dienstunfähigkeit. Er ist derzeit aus medizinischer Sicht dienstfähig.“
11 Die Revision erklärte das BFG für zulässig und begründete diesen Ausspruch damit, dass dem Erkenntnis im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung bereits deshalb zukomme, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Dienstgerichtssachen der Verwaltungsgerichte des Bundes fehle. Von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung hänge das Erkenntnis im Besonderen hinsichtlich der Fragen ab, 1. ob eine wirksame Aufforderung im Sinne des § 91 RStDG auch dann vorliege, wenn diese von der Leiterin des Präsidialbüros des BFG „für die Präsidentin“ unterfertigt werde, 2. hinsichtlich der Frage, ob das Dienstgericht die einer Aufforderung nach § 91 RStDG zugrunde liegenden Dienstbeurteilungen auch meritorisch oder nur formal auf deren Vorliegen zu überprüfen habe, 3. hinsichtlich der Frage, ob und bejahendenfalls in welchem Umfang gesundheitliche Einschränkungen bei einer Dienstbeschreibung gemäß § 51 Abs. 5 RStDG zu berücksichtigen seien, wenn es sich hierbei um psychische Einschränkungen handle, die im Fall ihres Bestehens der uneingeschränkten persönlichen Eignung für die mit der Ausübung des richterlichen Amtes verbundenen Aufgaben iSv. § 2 Abs. 1 Z 3 RStDG entgegenstehen, sowie 4. ob eine Richterin oder ein Richter, der oder dem die Fähigkeit zu eigenständigem und eigenverantwortlichem Arbeiten fehlt, und der nur wenige, sehr einfache Rechtssachen im Jahr erledigt, während aufwendigere Rechtssachen jahrelang nicht in Bearbeitung genommen werden, in der Gesamtbeurteilung gemäß § 54 Abs. 3 RStDG besser als mit „nicht entsprechend“ zu beurteilen ist, wenn einige oder viele der in § 54 Abs. 1 RStDG genannten Kriterien positiv, teilweise sehr positiv, zu beurteilen waren.
12 Gegen dieses Erkenntnis des BFG richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
13 Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
15 Die §§ 2, 51, 54, 83, 88, 89a, 91-92 und 209 RStDG lauten - § 2 in der Fassung BGBl. I Nr. 119/2016, § 51 in der Fassung BGBl. Nr. 507/1994, § 54 in der Fassung BGBl. I Nr. 147/2008, § 91 in der Fassung BGBl. I Nr. 60/2018 und §§ 83, 88, 92 und 209 in der Fassung BGBl. I Nr. 120/2012 - auszugsweise:
„Aufnahmeerfordernisse
§ 2. (1) Erfordernisse für die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst sind:
1.die österreichische Staatsbürgerschaft;
2.die volle Handlungsfähigkeit;
3.die uneingeschränkte persönliche und fachliche Eignung einschließlich der erforderlichen sozialen Fähigkeiten (§ 14 Abs. 2) für die mit der Ausübung des richterlichen Amtes verbundenen Aufgaben;
...
Dienstbeschreibung
§ 51. (1) Wenn ein Richter zu beschreiben ist, so hat dies im ersten Viertel des Kalenderjahres für das abgelaufene Kalenderjahr zu geschehen.
(2) Die Richter der Gehaltsgruppen I und II, mit Ausnahme der Vizepräsidenten und Senatspräsidenten der Oberlandesgerichte sowie der Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz, sind für das zweite ihrer Ernennung folgende Kalenderjahr zu beschreiben.
(3) Der Präsident des Gerichtshofes (der Vorsteher des Bezirksgerichtes) hat die Neubeschreibung eines Richters zu beantragen, wenn Gründe dafür sprechen, daß die letzte Gesamtbeurteilung dieses Richters nicht mehr zutreffend ist.
(4) Der Richter kann seine Neubeschreibung beantragen, wenn er der Meinung ist, daß seine Gesamtbeurteilung nicht mehr zutrifft, und seit dem letzten Jahr, für das die Dienstbeschreibung festgesetzt worden ist, zumindest ein Kalenderjahr vergangen ist.
(5) Falls die Gesamtbeurteilung eines Richters nicht zumindest mit ‚sehr gut‘ festgesetzt wurde, ist der Richter auch für das nächstfolgende Kalenderjahr zu beschreiben.
(6) Eine Dienstbeschreibung nach Abs. 2 oder 3 ist auf das nächste Kalenderjahr aufzuschieben, wenn der Richter in dem betreffenden Kalenderjahr weniger als sechs Monate Dienst versehen hat oder wenn sich seine Dienstleistung ausschließlich aus ihm nicht vorwerfbaren Gründen vorübergehend verschlechtert hat.
...
Gesamtbeurteilung
§ 54. (1) Bei der Dienstbeschreibung sind zu berücksichtigen:
1.Umfang und Aktualität der fachlichen Kenntnisse, insbesondere der zur Amtsführung notwendigen Vorschriften;
2.die Fähigkeiten und die Auffassung;
3.der Fleiß, die Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verläßlichkeit, Entschlußkraft und Zielstrebigkeit;
4. die sozialen Fähigkeiten (§ 14 Abs. 2), die Kommunikationsfähigkeit und die Eignung für den Parteienverkehr;
5.die Ausdrucksfähigkeit (schriftlich und mündlich) in der deutschen Sprache und, sofern es für den Dienst erforderlich ist, die Kenntnis von Fremdsprachen;
6.das sonstige Verhalten im Dienst, insbesondere gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern und Parteien, sowie das Verhalten außerhalb des Dienstes, sofern Rückwirkungen auf den Dienst eintreten;
7.bei Richtern, die auf eine leitende Planstelle ernannt sind oder bei denen die Ernennung auf eine solche Planstelle in Frage kommt, die Eignung hiefür;
8.der Erfolg der Verwendung.
(2) Besondere, für die Dienstbeschreibung entscheidende Umstände sind ausdrücklich anzuführen.
(3) Die Gesamtbeurteilung hat zu lauten:
1.ausgezeichnet, bei hervorragenden Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen;
2.sehr gut, bei überdurchschnittlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen;
3.gut, bei durchschnittlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen;
4.entsprechend, wenn das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerläßliche Mindestmaß an Leistung ständig erreicht wird;
5.nicht entsprechend, wenn das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerläßliche Mindestmaß an Leistung nicht erreicht wird.
...
Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit
§ 83. (1) Die Richterin oder der Richter ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn
1.sie oder er infolge Krankheit länger als ein Jahr vom Dienst abwesend ist oder
2.sie oder er die Aufnahmeerfordernisse nach § 2 Abs. 1 Z 2 und 3 nicht mehr erfüllt.
(2) Die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit hat von Amts wegen nach § 91 oder auf Antrag der Richterin oder des Richters zu erfolgen.
(3) Bei Berechnung der einjährigen Dauer einer durch Krankheit verursachten Abwesenheit vom Dienst sind zwischenzeitige Abwesenheiten aus anderen Gründen nicht als Unterbrechung anzusehen. Eine zwischenzeitige Dienstleistung ist nur dann als Unterbrechung anzusehen, wenn sie mindestens die halbe Dauer der unmittelbar vorhergegangenen Zeit der Abwesenheiten vom Dienst erreicht. In diesem Fall ist das Jahr erst vom Ende dieser Dienstleistung an zu rechnen. Bei einer zwischenzeitigen Dienstleistung von kürzerer Dauer sind bei Berechnung der einjährigen Abwesenheit die einzelnen Abwesenheitszeiten zusammenzurechnen.
...
Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen
§ 88. Der Richter ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn seine Gesamtbeurteilung für zwei aufeinander folgende Kalenderjahre auf nicht entsprechend lautet.
...
Aufforderung an den Richter
§ 91. (1) Wenn die Gesamtbeurteilung des Richters für zwei aufeinanderfolgende Kalenderjahre auf nicht entsprechend lautet oder Umstände vorliegen, die die Vermutung begründen, daß der Richter die Aufnahmeerfordernisse nach § 2 Abs. 1 Z 2 und 3 nicht mehr erfüllt, so ist er schriftlich aufzufordern, binnen einem Monat nach Zustellung der Aufforderung seine Versetzung in den Ruhestand zum frühestmöglichen Wirksamkeitstermin (§ 89a) zu beantragen.
(3) Die Aufforderung hat der Präsident des Oberlandesgerichtes (Präsident des Obersten Gerichtshofes) hinsichtlich der ihm unterstellten Richter, bezüglich der übrigen Richter die Bundesministerin oder der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz zu erlassen.
Nichtbefolgung der Aufforderung
§ 92. Kommt der Richter einer Aufforderung nach § 91 Abs. 1 nicht nach, so hat die Stelle, die die Aufforderung erlassen hat, das Dienstgericht zu befassen.
...
5. Teil
Sonderbestimmungen für Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzgerichts
...
Dienst- und Disziplinarrecht
§ 209. Soweit in den Organisationsgesetzen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzgerichts nicht anderes bestimmt ist, sind die für das Dienstverhältnis der Richterinnen und Richter des Landesgerichtes geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf das Dienstverhältnis der Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzgerichts mit folgenden Maßgaben sinngemäß anzuwenden:
1....
2.Der gemäß § 36 zu bildende Personalsenat besteht aus der Präsidentin oder dem Präsidenten und der Vizepräsidentin oder dem Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesfinanzgerichts als Mitglieder kraft Amtes und fünf von der Vollversammlung aus ihrer Mitte gewählten Mitgliedern (Wahlmitglieder). Für die fünf Wahlmitglieder sind von der Vollversammlung aus ihrer Mitte fünfzehn Ersatzmitglieder zu wählen.
3.Für die Dienstbeschreibung der Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzgerichts mit Ausnahme der Präsidentin oder des Präsidenten und der Vizepräsidentin oder des Vizepräsidenten gemäß § 52 ist der Personalsenat zuständig.
4.Dienstgerichte sind das Bundesverwaltungsgericht für die Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichtes und das Bundesfinanzgericht für die Richterinnen und Richter des Bundesfinanzgerichtes. Diese verhandeln und entscheiden in einem Senat (§ 93), der von der Vollversammlung der Richterinnen und Richter aus ihrer Mitte gewählt wird.
...“
16 Die Revision beruft sich in ihrer gesonderten Zulässigkeitsbegründung auf die Zulassungsbegründung des BFG und ergänzt diese in Bezug auf den vierten vom BFG angeführten Zulassungsgrund näher wie folgt: Gemäß § 54 Abs. 1 RStDG sei bei der Beurteilung eines Richters ein Kriterienkatalog von sieben (beziehungsweise 8) Ziffern zu berücksichtigen. Vom Dienstgericht seien im vorliegenden Fall diverse Ziffern negativ, der „überwiegende Teil“ jedoch positiv beurteilt worden. Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, in welchem Verhältnis diese Beurteilungskriterien zueinander stünden bzw. wie diese im Verhältnis zueinander zu gewichten seien und ob etwa der fehlende Verwendungserfolg im Sinne der Ziffer 8 dazu führe, dass jedenfalls eine Gesamtbeurteilung im Sinne von „nicht entsprechend“ zu erfolgen habe.
17 Als zusätzlichen Grund für ihre Zulässigkeit bringt die Revision vor, es liege auch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob im Fall einer neuerlichen Dienstbeschreibung nach § 51 Abs. 5 RStDG eine Aufschiebung der Dienstbeschreibung nach § 51 Abs. 6 RStDG zur Anwendung gelangen könne.
18 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
19 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
20 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
21 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat auch eine ordentliche Revision von sich aus die im Lichte des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe ihrer Zulässigkeit darzulegen, sofern sie der Auffassung ist, die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision reiche nicht aus, oder sie andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. u.a. VwGH 20.5.2015, Ro 2014/10/0086; 20.11.2018, Ro 2018/12/0002). Eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht bei der Zulassung einer Revision als grundsätzlich angesehen hat, vermag die Zulässigkeit einer Revision nicht zu begründen, wenn diese Rechtsfrage in der Revision nicht angesprochen wird (vgl. VwGH 13.7.2015, Ro 2015/20/0001; 21.12.2018, Ro 2018/12/0015). Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung über die Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 5.9.2018, Ro 2017/12/0013, mwN).
22 Soweit die gesonderte Zulässigkeitsbegründung der Revision Rechtsfragen anspricht, auf die in den Revisionsgründen nicht mehr zurückgekommen wird, versagen diese schon deshalb als Zulässigkeitsgründe (vgl. VwGH 20.5.2015, Ra 2014/19/0175; 14.3.2019, Ra 2018/20/0387). Die vorliegende Revision zeigt daher eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung insoweit nicht auf, als sie - ohne darauf in den Revisionsgründen zurückzukommen - in der Zulässigkeitsbegründung auf die ersten zwei vom BFG angeführten Rechtsfragen Bezug nimmt (nämlich 1. ob eine wirksame Aufforderung im Sinne des § 91 RStDG auch dann vorliege, wenn diese von der Leiterin des Präsidialbüros des BFG „für die Präsidentin“ unterfertigt werde, sowie 2. hinsichtlich der Frage, ob das Dienstgericht die einer Aufforderung nach § 91 RStDG zugrunde liegenden Dienstbeurteilungen auch meritorisch oder nur formal auf deren Vorliegen zu überprüfen habe).
23 Im Übrigen ist das BFG zutreffend von der Wirksamkeit der Aufforderung nach § 91 Abs. 1 RStDG ausgegangen. Wie § 91 Abs. 3 RStDG zeigt, handelt es sich bei dieser im unmittelbaren Anwendungsbereich der Norm (bei betroffenen Richtern der ordentlichen Justiz) um einen Akt der monokratischen Justizverwaltung; nichts anderes gilt für die sinngemäße Anwendung der Bestimmung auf Richter des BFG. Da es sich beim Revisionswerber um einen für den Bereich der monokratischen Justizverwaltung der Präsidentin des BFG als Dienstbehörde unterstellten Richter handelt, war diese in der genannten Eigenschaft auch zur Vornahme der Aufforderung zuständig, wobei sie sich dazu auch eines ihr unterstellten approbationsbefugten Beamten bedienen durfte.
24 Auf die zweite aufgeworfene Frage kommt es vorliegendenfalls nicht an, weil das BFG ohnedies eine Überprüfung der Gesamtbeurteilungen im Ruhestandsversetzungsverfahren vorgenommen hat, welche - wie im Folgenden gezeigt wird - ihrerseits keine grundsätzlichen Rechtsfragen aufwirft.
25 Soweit die Revision in ihrer gesonderten Zulassungsbegründung auf den dritten vom BFG angeführten Zulassungsgrund abstellt („ob und bejahendenfalls in welchem Umfang gesundheitliche Einschränkungen bei einer Dienstbeschreibung nach § 51 Abs. 5 RStDG zu berücksichtigen sind, wenn es sich hierbei um psychische Einschränkungen handelt, die im Fall ihres Bestehens der uneingeschränkten persönlichen Eignung für die mit der Ausübung des richterlichen Amtes verbundenen Aufgaben iSd. § 2 Abs. 1 Z 3 RStDG entgegen stehen“) ist ihr zunächst der klare Wortlaut (zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bei eindeutigem Gesetzeswortlaut in Ermangelung der Voraussetzungen für Analogie und teleologische Reduktion vgl. VwGH 20.10.2014, Ra 2014/12/0007) des § 54 Abs. 3 (Z 5) RStDG entgegenzuhalten, welcher - sofern eine Dienstbeschreibung zu erfolgen hat - keine Berücksichtigung der vom Revisionswerber ins Treffen geführten Umstände vorsieht. Im Übrigen hat der Gesetzgeber in § 51 Abs. 6 RStDG eine Ausnahmebestimmung geschaffen, wonach unter den dort umschriebenen Kautelen bis zum Wegfall solcher Gründe eine Aufschiebung der Dienstbeschreibung stattfindet. Für das Erfordernis einer teleologischen Reduktion des § 54 Abs. 3 RStDG oder einer Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 51 Abs. 6 RStDG bestehen keine Anhaltspunkte.
26 Dies erhellt auch aus einem Vergleich mit der Abgrenzung zwischen negativer Leistungsfeststellung und Ruhestandsversetzung nach der bisherigen Rechtsprechung für den Bereich der Bundesbeamten:
27 Im Falle einer Dienstunfähigkeit geht die Ruhestandsversetzung wegen dieser der Leistungsbeurteilung vor. Die für die Leistungsbeurteilung zuständige Behörde hat sich, wenn in ihrem Verfahren nach den Umständen des Falles die Frage zu behandeln ist, ob nicht die „Minderleistung“ auf eine Dienstunfähigkeit zurückzuführen ist und daher ein Ruhestandsversetzungsverfahren an Stelle des Dienstbeurteilungsverfahrens durchzuführen ist, mit diesem Umstand erhebungs- und begründungsmäßig auseinander zu setzen (VwGH 17.8.2000, 99/12/0267, mwN)
28 Ist die Dienstfähigkeit zu bejahen und kommt folglich ein Leistungsfeststellungsverfahren in Betracht, so ist bei diesem - entgegen der Auffassung des Revisionswerbers, der meint, gesundheitliche Beeinträchtigungen seien auch bei der Leistungsfeststellung zu berücksichtigen - ein objektiver Maßstab anzuwenden. Nach diesem objektiven Maßstab haben gesundheitliche Beeinträchtigungen insoweit außer Betracht zu bleiben, als eine entsprechende Dienstfähigkeit gegeben ist (vgl. VwGH 18.10.2000, 99/12/0351, mwN; vgl. auch VwGH 25.2.2010, 2005/09/0143, wonach die Leistungen zu beurteilen sind, nicht aber der Grund für allfällige Änderungen der Leistungen zu erforschen ist). Selbst das Dienstrecht der Bundesbeamten geht also davon aus, dass - jedenfalls bei gegebener Dienstfähigkeit - die Leistungsfeststellung ungeachtet gesundheitlicher Beeinträchtigungen nach objektiven Kriterien zu erfolgen hat, wiewohl negative Leistungsfeststellungen dort zur Entlassung führen können. Dies muss umso mehr für den Bereich der Gesamtbeurteilung von Richtern gelten, können dort doch negative Gesamtbeurteilungen nur zu demselben Ergebnis (Ruhestandsversetzung) führen wie der Wegfall der Ernennungsvoraussetzungen (aus psychischen Beeinträchtigungen).
29 Soweit die Revision vorbringt, es liege keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, „ob im Falle einer neuerlichen Dienstbeschreibung nach § 51 Abs. 5 RStDG eine Aufschiebung der Dienstbeschreibung nach § 51 Abs. 6 RStDG zur Anwendung gelangen kann“, wird - basierend auf der von der Revision vertretenen Auslegung der letztgenannten Bestimmung - im Ergebnis ein Verfahrensmangel gerügt. Das Vorbringen zielt der Sache nach darauf ab, das BFG hätte Gründe für eine unverschuldete Leistungsminderung des Revisionswerbers zu ermitteln und auf dieser Grundlage anders zu verfahren, nämlich mit einer Leistungsfeststellung zuzuwarten gehabt. Damit werden Feststellungs- sowie Begründungsmängel geltend gemacht. Ein Verfahrensmangel führt nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, wenn das Verwaltungsgericht bei Vermeidung des Mangels zu einem anderen, für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätte gelangen können. Der Revisionswerber hat daher die Relevanz des Mangels durch ein konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen (vgl. VwGH 19.2.2020, Ra 2019/12/0039). Dass beim Revisionswerber jene Umstände verwirklicht wären, an die § 51 Abs. 6 RStDG die Rechtsfolge einer Aufschiebung der Dienstbeschreibung knüpft, somit, dass das BFG bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels Tatsachen festgestellt hätte, die die Beurteilung zuließen, dass die Leistungsminderung des Revisionswerbers nicht nur vorübergehend und unverschuldet waren, sondern auch, dass die dafür ins Treffen geführten Umstände die ausschließliche Ursache für die Verschlechterung der Gesamtbeurteilung waren, wird im Revisionsvorbringen nicht dargelegt. Den Annahmen des BFG, dass „in den Jahren 2016 und 2017 keine gegenüber den Jahren 2014, 2015 (in einer Gesamtschau von 2014 und 2015) und 2018 atypisch niedrige Erledigungszahl bei niedrigem Schwierigkeitsgrad gegeben war, sondern die Erledigungen des betroffenen Richters in all diesen Jahren in jeder Hinsicht - insbesondere inhaltlich - auf sehr niedrigem Niveau lagen“ sowie dass „auch auf Dauer nicht mit einem Leistungsumfang zumindest im unerlässlichen Mindestmaß gerechnet“ werden könne, tritt die Revision nicht entgegen. In der Revision wurde auch kein konkretes Vorbringen dazu erstattet, dass bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers Umstände hervorgetreten wären, die darauf hätten schließen lassen, dass sich die Leistung in dem bei der Leistungsfeststellung herangezogenen Zeitraum nur vorläufig verschlechtert hatte. Mit dem auf § 51 Abs. 6 RStDG bezogenen Vorbringen zeigt die Revision daher schon aus diesem Grund eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht auf, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob das Auslegungsergebnis des BFG zutrifft, wonach diese Bestimmung nicht anwendbar sei.
30 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird aber auch nicht aufgezeigt, soweit die Zulässigkeitsausführungen der Revision zusätzlich darauf hinweisen, dass das Dienstgericht den Revisionswerber zwar nach diversen Ziffern des § 54 RStDG negativ, im „überwiegenden Teil“ jedoch positiv beurteilt habe, und dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, in welchem Verhältnis diese Beurteilungskriterien zueinander stünden bzw. wie diese im Verhältnis zueinander zu gewichten seien und ob etwa der fehlende Verwendungserfolg im Sinne der Ziffer 8 dazu führe, dass jedenfalls eine Gesamtbeurteilung im Sinne von „nicht entsprechend“ zu erfolgen habe.
31 Dem ist zunächst neuerlich der klare Wortlaut des § 54 Abs. 3 Z 5 RStDG entgegenzuhalten, welcher - ohne auf die Kriterien des Abs. 1 leg. cit. abzustellen - auf das Nichterreichen des „zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerlässliche Mindestausmaß an Leistung“ abstellt. Dies entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur ähnlichen Rechtslage im Beamtendienstrecht (vgl. für Bundesbeamte § 81 Abs. 1 Z 3 BDG 1979):
32 Der Gesamtbeurteilung im Rahmen einer Leistungsfeststellung liegt demnach ein Werturteil über die Dienstleistung des Beamten zugrunde, das auf der von der Behörde in freier Überzeugung gewonnenen Meinung über die Dienstleistung des Beamten beruht; dieses Urteil ist der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung nur in der Richtung zugänglich, ob es nicht etwa auf einer aktenwidrigen Sachverhaltsannahme beruht, ob der angenommene Sachverhalt unter Bedachtnahme auf die einzuhaltenden Verfahrensvorschriften für eine verlässliche Urteilsbildung ausreicht, ob die aus ihm gezogenen Schlussfolgerungen mit den Denkgesetzen vereinbar und ob keine sachfremden Erwägungen angestellt worden sind (VwGH 19.10.1995, 92/09/0184; 18.11.1986, 85/09/0180; 29.3.2000, 94/12/0180; 28.4.2000, 95/12/0107).
33 Die Dienstbeurteilung ist dennoch keine rechnerische Zusammenfassung von einzelnen vorliegenden Teilbewertungen, sondern das Ergebnis einer gesamthaften Würdigung aller Aspekte der Tätigkeit (vgl. VwGH 23.11.2005, 2002/09/0202), eine solche Beurteilung kann in vertretbarer Weise auch zu dem Ergebnis kommen, dass ein Defizit in einem (wesentlichen) Bereich nicht durch hervorragende Leistungen in einem anderen Bereich ausgeglichen werden kann (vgl. VwGH 14.12.1994, 89/12/0147; 19.3.2004, 2000/12/0008) oder dass auch „überdurchschnittliche Leistungen“ in einem Teilbereich nicht erkennen lassen, dass diese „so erheblich“ wären, dass sie bloße Normalleistungen „im Bereich zentraler Aufgaben“ nicht wettmachen können (vgl. VwGH 5.4.1990, 86/09/0133 [= VwSlg. 13.169 A/1990]). Weiterer Leitlinien für die Gesamtbeurteilung von Richtern bedarf es daher nicht. In der Revision wurde aber auch nicht dargelegt, welche vom BFG als hervorragend beurteilten Teilbereiche (aus welchen Gründen) aus Sicht des Revisionswerbers in der Gewichtung als wesentlich zu veranschlagen oder stärker zu gewichten gewesen wären, inwiefern den Beurteilungskriterien, nach denen die Leistung des Revisionswerbers mit „nicht entsprechend“ beurteilt wurde, - entgegen der Gesamtbeurteilung des BFG - keine wesentliche und zentrale Bedeutung zukäme oder inwiefern diese Gesamtbeurteilung sonstwie zu relativieren wäre. Die Revision lässt daher nicht erkennen, inwiefern die im Einzelnen beurteilten Teilleistungen nicht in zumindest vertretbarer Weise für zwei Kalenderjahre in Folge die Schlussfolgerung einer Gesamtbeurteilung mit „nicht entsprechend“ rechtfertigen (vgl. mutatis mutandis auch VwGH 10.12.2018, Ro 2018/12/0010). Vor diesem Hintergrund ist auch ein Abweichen von den Grundsätzen der zitierten Rechtsprechung - mit der sich die Revision nicht auseinandersetzt - nicht ersichtlich.
34 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 18. Mai 2020
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden VwRallg3/2 sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019120007.J00Im RIS seit
11.07.2020Zuletzt aktualisiert am
11.07.2020