Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Mai 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Walter in der Strafsache gegen Sebastian D***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten D***** sowie die Berufung des Angeklagten Valeriu-Alexandru Ö***** gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Jugendschöffengericht vom 4. Februar 2020, GZ 61 Hv 161/19t-63, und über die Beschwerde des Angeklagten D***** gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten D***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen unbekämpft gebliebenen Schuldspruch des Mitangeklagten Valeriu-Alexandru Ö***** sowie einen unzulässigen Subsumtionsfreispruch (vgl Lendl, WK-StPO § 259 Rz 1 f mwN) enthaltenden, Urteil wurde Sebastian D***** jeweils eines Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Fall StGB (A./) und des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, Abs 2 Z 1, 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB (B./) sowie des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (C./) schuldig erkannt.
Danach hat er – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter (§ 12 StGB)
B./ gewerbsmäßig anderen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Gesamtwert durch Einbruch in Wohnstätten (B./1./, 2./ und 5./) und in ein Gebäude (B./4./) zu B./2./ sowie durch Aufbrechen eines Behältnisses und durch Öffnen mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel (B./2./) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen (B./1./, 2./, 4./) und wegzunehmen versucht (B./5./), und zwar
1./ am 11. Oktober 2019 in R***** Erich R*****, indem sie durch eine von Ö***** aufgebrochene Terrassentür in dessen Wohnhaus gelangten, 1.000 CHF Bargeld sowie eine Uhr, eine Plakette und ein Getränk jeweils unbekannten Wertes;
2./ am 10. September 2019 in M***** (Fürstentum Liechtenstein) M***** R*****, indem sie durch ein von Ö***** aufgebrochenes Fenster in deren Wohnhaus eindrangen, Ö***** einen Schrank aufbrach und mit einem dort gefundenen Schlüssel einen Tresor öffnete, 300 CHF und 220 CAD Bargeld sowie Schmuck und Münzen im Wert von 28.940 CHF;
4./ zwischen 29. September und 1. Oktober 2019 in S***** (Fürstentum Liechtenstein) Stephan A***** und Gewahrsamsträgern der W***** AG, indem sie durch eine von Ö***** aufgebrochene Tür in einen Baucontainer eindrangen, Maschinen und Ladegeräte im Wert von 2.900 CHF sowie Bekleidung und Alkohol im Wert von 53,60 CHF;
5./ am 30. September 2019 in S***** (Fürstentum Liechtenstein) Hubert M*****, indem sie durch eine von D***** aufgebrochene Tür in dessen Wohnhaus einzudringen versuchten, wobei sie von M***** bemerkt wurden und flüchteten, aufzufindende Wertgegenstände unbekannten Wertes.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten D***** kommt keine Berechtigung zu.
Entgegen der eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) relevierenden Mängelrüge stellt es keinen Begründungsmangel dar, dass die Tatrichter die Konstatierungen zu einem auf die Wertqualifikation nach § 128 Abs 1 Z 5 StGB bezogenen Vorsatz des Beschwerdeführers (US 12) – unter Berücksichtigung der geständigen Verantwortung des D***** zu B./1./, 4./ und 5./, dessen leugnender Einlassung zu B./2./ sowie der den Rechtsmittelwerber belastenden Angaben des Mitangeklagten Ö***** zu letztgenanntem Faktum (vgl US 13, 15 f, 18) – auf das objektive Geschehen stützten (US 19; RIS-Justiz RS0098671, RS0116882).
Diese Erwägungen des Erstgerichts übergeht die Rüge (nominell Z 5 vierter Fall, der Sache nach Z 5 zweiter Fall) mit der Behauptung, bei Konstatierung des gewerbsmäßigen Vorgehens des Beschwerdeführers zu B./ seien widerstreitende Verfahrensergebnisse, nämlich dessen leugnende Verantwortung zu B./2./, nicht berücksichtigt worden.
Die zu B./2./ erhobene Subsumtionsrüge (Z 10) bestreitet die Annahme der widerrechtlichen Erlangung (§ 129 Abs 1 Z 1 StGB) des am Tatort in einer Kiste, neben vielen weiteren Schlüsseln verwahrten, zum Schloss des in der Folge geöffneten Tresors passenden Schlüssels und orientiert sich damit nicht an dem den Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit darstellenden festgestellten Sachverhalt (RIS-Justiz RS0099810). Auch leitet sie nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, inwieweit ein solcher in einem Haus, in das ein Täter zuvor eingebrochen ist, durch aktives Suchen vorgefundener Schlüssel rechtmäßig ohne Zutun des Täters in dessen Gewahrsam gelangt wäre, dem Berechtigten nicht weggenommen worden sei und einem bestimmten Schloss – trotz seiner Verwahrung in einer Kiste neben vielen weiteren Schlüsseln – eindeutig zuordenbar wäre (vgl dazu RIS-Justiz RS0093818, RS0093884; Stricker in WK2 StGB § 129 Rz 58, 63).
Zudem legt die Subsumtionsrüge nicht dar, weshalb ausgehend von den Konstatierungen, wonach der mit dem am Tatort erlangten Schlüssel geöffnete Tresor in einem verschlossenen Holzschrank vorgefunden wurde, der von einem der Täter zuvor mit Körperkraft aufgebrochen worden war (US 10), die zu B./2./ vorgenommene Subsumtion nach § 129 Abs 1 Z 2 StGB insgesamt rechtsirrig erfolgt sein sollte (RIS-Justiz RS0093946 [T1]).
Im Übrigen kann bei einem – wie hier – alternativen Mischdelikt die rechtliche Annahme einer von mehreren als verwirklicht angesehenen Alternativen aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO nicht angefochten werden (RIS-Justiz RS0116655; Stricker in WK2 StGB § 129 Rz 165).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E128276European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00052.20V.0528.000Im RIS seit
12.06.2020Zuletzt aktualisiert am
12.06.2020