Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §1 Abs3 Z6;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/19/1743Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,
Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerden
1.) der ND, geboren 1970, 2.) des ED, geboren 1967, beide in Wien, beide vertreten durch den als Verfahrenshelfer beigegebenen Rechtsanwalt Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres 1.) vom 14. September 1995, Zl. 105.797/2-III/11/94 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) und 2.) vom 20. September 1995, Zl. 105.827/4-III/11/94 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der von der Erstbeschwerdeführerin angefochtene Bescheid vom 14. September 1995 wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.
Der Zweitbeschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer, ein türkisches Ehepaar, reisten am 13. Mai 1992 in das Bundesgebiet ein und beantragten am selben Tag die Gewährung von Asyl. Mit an die Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, gerichteten Schriftsätzen vom 14. Oktober 1992 beantragten die Beschwerdeführer die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsberechtigung; aus einer Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 17. November 1992 geht hervor, daß darunter vornehmlich die Erteilung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 5 Abs. 1 des Asylgesetzes 1968 verstanden wurde. In diesem Schrifsatz wurde allerdings auch darauf hingewiesen, daß (jeweils) bereits ein Sichtvermerk gemäß § 25 des Paßgesetzes beantragt worden sei. In einem weiteren Schreiben vom 11. Dezember 1992 legten die Beschwerdeführer Unterlagen über Unterhaltszahlungen, über ihre Wohnverhältnisse, über eine erfolgte Anmeldung zur Sozialversicherung und hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin über das Vorliegen einer Beschäftigungsbewilligung als Ordinationsgehilfin in einer Kleintierklinik vor.
Der Erstbeschwerdeführerin wurde mit Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. Mai 1993 mitgeteilt, der Sichtvermerksantrag werde wegen illegaler Einreise abzulehnen sein. In einer daraufhin erstatteten Stellungnahme beider Beschwerdeführer vom 26. Mai 1993 verwiesen diese darauf, daß ihnen aufgrund der unsicheren Situation in den Drittstaaten und drohenden Gefahren im Heimatstaat eine illegale Einreise auch aufenthaltsrechtlich im Wege des angezogenen Sichtvermerkstatbestandes (gemeint wohl: § 10 Abs. 1 Z. 7 Fremdengesetz) nicht vorgeworfen werden könne.
Mit Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien (Fremdenpolizeiliches Büro) vom 15. Juli 1993 wurde den Beschwerdeführern mitgeteilt, daß der Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß den §§ 1 und 6 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) als ein Antrag auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung" zu werten sei und aus diesem Grunde an den Landeshauptmann von Wien (MA 62) abgetreten werde.
Mit Schriftsatz vom 14. Juli 1994 legte der Zweitbeschwerdeführer eine Verpflichtungserklärung seiner Ehegattin, seinen Meldezettel sowie die Kopie eines Beschlusses über die aufschiebende Wirkung des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 1994 in seiner Asylangelegenheit vor und brachte weiters zur Kenntnis, daß er bei seiner Ehegattin sozialversicherungsrechtlich mitversichert sei.
Der Landeshauptmann von Wien wies mit gleichlautenden Bescheiden vom 4. August 1994 die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 9 Abs. 3 AufG ab. Die Höchstzahl an Bewilligungen für das Bundesland Wien sei bereits ausgeschöpft; es könnten keine weiteren Bewilligungen erteilt werden, zumal auch nicht die Voraussetzungen einer unter § 3 AufG fallenden Familienzusammenführung vorlägen.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung und brachten vor, vor dem 31. Dezember 1992, also vor dem Inkrafttreten des Fremdengesetzes, eingereist zu sein und einen Asylantrag gestellt zu haben. Bei der Erstbeschwerdeführerin sei eine legale Beschäftigung gegeben und beim Zweitbeschwerdeführer sei eine solche in Aussicht. Im übrigen sei beim Zweitbeschwerdeführer der Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit seiner Ehegattin gesichert. Der von den Beschwerdeführern seinerzeit an die Fremdenpolizei gerichtete Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei sohin nach dem Erlaß des Bundesministers für Inneres vom 6. April 1994, Zl. 713.70/59-III/11/94, zu beurteilen. Es hätte daher der von ihnen gestellten Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung stattgegeben werden müssen.
Mit dem nunmehr zu hg. Zl. 96/19/1586 angefochtenen Bescheid vom 14. September 1995 wurde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG abgewiesen. Die Berufung des Zweitbeschwerdeführers wurde mit dem nunmehr zu hg. Zl. 96/19/1743 angefochtenen Bescheid vom 20. September 1995 ebenfalls gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG abgewiesen. Aus der im wesentlichen inhaltsgleichen Begründung der angefochtenen Bescheide geht hervor, daß gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG Fremde keine Bewilligung bräuchten, wenn sie aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt seien. Nach der der erkennenden Behörde vorliegenden Aktenlage sei im Falle der Beschwerdeführer die Regelung des § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG zutreffend. Der Verfassungsgerichtshof habe mit Beschluß vom 18. März 1994 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) bzw. vom 24. Februar 1994 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer) dem Antrag auf vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Bis zur "Finalisierung" der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde (so im Bescheid betreffend die Erstbeschwerdeführerin) bzw. der "Beschwerde" (so im Bescheid betreffend den Zweitbeschwerdeführer) seien die Beschwerdeführer demnach zum Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet als Asylwerber berechtigt, wodurch positive Erledigungen im gegenständlichen Verwaltungsverfahren im Hinblick auf die angeführten Normen ausgeschlossen seien.
Die Erstbeschwerdeführerin erhob gegen den Bescheid vom 14. September 1995 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung ablehnte und sie mit Beschluß vom 8. Mai 1996, B 3223/95-8, dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. In der Beschwerdergänzung machte die Erstbeschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend.
Der Zweitbeschwerdeführer wandte sich mit seiner Beschwerde gegen den Bescheid vom 20. September 1995 an den Verwaltungsgerichtshof und machte Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen, rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:
Betrachtet man das Asylverfahren der Beschwerdeführer, ergibt sich folgender Ablauf:
Die die vorläufigen Aufenthaltsberechtigungen der Beschwerdeführer nach fristgerecht gestellten Asylanträgen (zunächst) beendenden Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 29. Dezember 1993 wurden von den Beschwerdeführern beim Verfassungsgerichtshof angefochten; mit den Beschwerden waren Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden. Mit Beschlüssen vom 18. März 1994 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) bzw. vom 24. Februar 1994 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer) wurde diesen Anträgen stattgegeben. Die Behandlung der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerden wurde von diesem mit Beschluß vom 13. Juni 1994, B 229/94-6 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) sowie B 214/94-6 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer), abgelehnt und an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Die Zustellung dieser Beschlüsse erfolgte am 27. September 1994.
Der Verwaltungsgerichtshof erkannte über Antrag der Beschwerdeführer den Beschwerden ebenfalls die aufschiebende Wirkung zu, und zwar mit hg. Beschluß vom 7. Dezember 1994, Zl. AW 94/20/0497 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin), sowie mit hg. Beschluß vom 10. Februar 1995, Zl. AW 95/20/0029 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer). Mit Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juli 1995, Zl. 94/20/0707 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) sowie Zl. 94/20/0705 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer), wurden die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 29. Dezember 1993 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Das Bundesministerium für Inneres entschied im Asylverfahren der Beschwerdeführer neuerlich abweislich mit Bescheiden vom 21. August 1996; diese Bescheide wurden erneut vor dem Verwaltungsgerichtshof in Beschwerde gezogen und traten gemäß § 44 Abs. 2 des Asylgesetzes 1997, BGBl. Nr. 76, mit 1. Jänner 1998 außer Kraft. Das Asylverfahren der Beschwerdeführer befindet sich somit erneut im Stadium vor Erlassung der Berufungsbescheide.
Übereinstimmend gehen Behörde und Beschwerdeführer davon aus, daß diese aufgrund ihrer fristgerecht gestellten Anträge auf Asylgewährung nach ihrer Einreise im Mai 1992 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1968 erworben haben, welche grundsätzlich erst mit rechtskräftigem Abschluß des Asylverfahrens endet. Vorläufige Aufenthaltsberechtigungen, wie die vorliegenden, welche bereits unter Geltung des Asylgesetzes 1968 erworben wurden, sind nach dem 1. Juni 1992 als solche anzusehen, die aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum (weiteren) Aufenthalt in Österreich berechtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 95/19/0187).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 21. November 1997, Zl. 96/19/3392) dargelegt hat, ist die Stattgebung der Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof und an den Verwaltungsgerichtshof mit der Wirkung verbunden, daß den Antragstellern die Rechtsstellung zukommt, die sie als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides innehatten; sie sind in solchen Fällen aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, die als solche aufgrund des Asylsgesetzes 1991 anzusehen ist, zum weiteren Aufenthalt in Österreich berechtigt.
Aufgrund dieses Ablaufes des Asylverfahrens bis zum Zeitpunkt der Erlassung der vorliegenden angefochtenen Bescheide vom 14. bzw. 20. September 1995 ergibt sich, daß den Beschwerdeführern eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 in folgenden Zeiträumen zukam:
-
von der (Asyl)antragstellung am 13. Mai 1992 bis zur Erlassung der Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 29. Dezember 1993 (zugestellt am 5. Jänner 1994);
-
von der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (Beschlüsse vom 24. Februar bzw. 18. März 1994) bis zur Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 1994 (zugestellt am 27. September 1994);
-
von der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschlüssen vom 7. Dezember 1994 bzw. 10. Februar 1995 bis zur Erlassung des Ersatzbescheides des Bundesministers für Inneres vom 21. August 1996.
Die Beschwerdeführer verfügten somit über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 im Zeitpunkt der Antragstellung ebenso wie im Zeitpunkt der Weiterleitung ihres Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes an die Aufenthaltsbehörde gemäß § 7 Abs. 7 FrG (15. Juli 1993), als auch im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz vom 4. August 1994 (zugestellt am 10. August 1994) sowie im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide vom 14. bzw. 20. September 1995.
Gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG brauchen Fremde keine Bewilligung, wenn sie aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu einem Zeitpunkt, in dem ein Fremder aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum vorläufigen Aufenthalt in Österreich berechtigt war, nicht zu erteilen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. September 1997, Zl. 96/19/0280, und vom 21. November 1997, Zl. 96/19/3392).
Insoweit die Beschwerdeführer übereinstimmend geltend machen, es sei in ihren Fällen von der analogen Anwendung des § 13 AufG auszugehen, sind sie auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, der zufolge § 13 Abs. 1 AufG aus dem Grunde des Abs. 2 auf die Beschwerdeführer als gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG aufenthaltsberechtigte Fremde keine Anwendung findet (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0722, und vom 7. November 1997, Zl. 96/19/0972). Eine Verlängerung ihrer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 13 Abs. 1 AufG kommt daher nicht in Betracht.
Die Beschwerdeführer bringen - sowohl unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch unter dem der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - weiters vor, die Behörde hätte feststellen müssen, daß sie als Flüchtlinge weder in ihrem Heimatstaat zurückkehren noch in ein Drittland ausreisen könnten. Die rechtskräftige Versagung einer Aufenthaltsbewilligung für das Bundesgebiet würde sie "in die Lage versetzen, in der Türkei Verhaftung, Folter und möglicherweise Tötung zu gewärtigen". Dem ist zu entgegnen, daß das Vorliegen solcher lebensbedrohlicher Umstände im Heimatland der Beschwerdeführer nicht im Verfahren zur Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung, sondern im Verfahren betreffend Asylgewährung geltend zu machen ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 12. November 1996, Zl. 96/19/2261, und vom 30. Mai 1997, Zl. 96/19/0448). Die Nichterteilung der Aufenthaltsbewilligung zieht aber keineswegs als direkte Folge die Abschiebung der Beschwerdeführer in ihr Heimatland nach sich. Selbst bei Nichtgewährung des Asyls stünden den Beschwerdeführern die Möglichkeiten der Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Asylgesetz 1991 bzw. des Abschiebungsaufschubes des § 36 Abs. 2 Fremdengesetz offen. Der belangten Behörde unterlief somit weder eine unrichtige rechtliche Beurteilung noch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn sie mangels Relevanz im Verfahren betreffend die Aufenthaltsbewilligung keine Feststellungen über die Fluchtgründe der Beschwerdeführer bzw. die Situation im Heimatland der Beschwerdeführer traf.
Dem Zweitbeschwerdeführer, dessen Beschwerde sich in diesen Beschwerdeausführungen erschöpft, gelang es daher nicht, die Rechtmäßigkeit des von ihm angefochtenen Bescheides in Zweifel zu ziehen. Seine Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt die Erstbeschwerdeführerin weiters vor, die belangte Behörde habe in rechtswidriger Weise angenommen, es wäre bei vorliegender Sachlage "ein Fall der Fallgruppe des § 6 Abs. 2 AufG" bzw. des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG verwirklicht. Auf dieses Vorbringen ist zu erwidern, daß sich die belangte Behörde weder im Spruch noch in der Begründung ihres Bescheides auf die genannten Bestimmungen stützt. Dies gilt auch für das unter dem Gesichtspunkt von Verletzung von Verfahrensvorschriften erstattete Vorbringen, wonach die Feststellung der belangten Behörde, die Erstbeschwerdeführerin hätte den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom Ausland aus zu stellen gehabt, nicht nachvollziehbar und unschlüssig sei. Der angefochtene Bescheid enthält keine derartigen Feststellungen. Die diesbezüglichen Beschwerdevorbringen vermögen daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die Erstbeschwerdeführerin weist schließlich in ihrer Beschwerde darauf hin, daß die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides unzuständig gewesen sei und meint, der von ihr gestellte Antrag wäre an die zuständige "fremdenpolizeiliche Stelle" in Wien weiterzuleiten gewesen. Dazu ist vorerst darauf hinzuweisen, daß der ursprünglich bei der Bundespolizeidirektion Wien (Fremdenpolizeiliches Büro) eingebrachte Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes an die zuständige Aufenthaltsbehörde weitergeleitet und die Erstbeschwerdeführerin davon auch informiert wurde.
Mit dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen wird aber auch die nach der Weiterleitung des Antrages der Erstbeschwerdeführerin von den Aufenthaltsbehörden wahrgenommene Zuständigkeit zur Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Antrag in Zweifel gezogen. Insofern erweist sich die Beschwerde als berechtigt.
Gemäß § 7 Abs. 7 FrG darf den Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden, wenn sich aus den Umständen des Falles ergibt, daß der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß den §§ 1 und 6 des Bundesgesetzes, mit dem der Aufenhalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), benötigt. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 AufG unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen.
Wie vorhin dargelegt war die Erstbeschwerdeführerin sowohl im Zeitpunkt der Antragstellung als auch im Zeitpunkt der Weiterleitung gemäß § 7 Abs. 7 FrG sowie im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Behörde erster Instanz als eine Fremde anzusehen, die aufgrund des Asylgesetzes zum Aufenthalt in Österreich berechtigt war. Gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG brauchte sie - wie die belangte Behörde selbst in ihrer Bescheidbegründung richtig feststellte - in den diese Zeitpunkte einschließenden, oben dargestellten Zeiträumen des Vorliegens einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG keine Bewilligung nach dem AufG. Brauchte die Beschwerdeführerin aber keine Aufenthaltsbewilligung, dann ist nicht davon auszugehen, daß sich aus den Umständen des Falles ergibt (§ 7 Abs. 7 FrG), daß die Antragstellerin eine Aufenthaltsbewilligung benötigte. Der im § 7 Abs. 7 FrG enthaltene Verweis auf § 1 AufG umfaßt auch die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 3 leg. cit.; dies bedeutet, daß nur in den Fällen, in denen gemäß § 1 AufG eine Aufenthaltsbewilligung benötigt wird - somit nicht in den Fällen des § 1 Abs. 3 AufG - die Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 FrG gegeben sein können. In den Fällen des § 1 Abs. 3 AufG ist mangels Notwendigkeit einer Aufenthaltsbewilligung die Weiterleitung eines Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes an die Aufenthaltsbehörden somit ausgeschlossen.
Die Weiterleitung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Sichtvermerkes an die Aufenthaltsbehörden erweist sich daher als nicht rechtmäßig. Der bloßen Weiterleitung des Sichtvermerksantrages mit formlosem Schreiben kommt keine zuständigkeitsbegründende Wirkung zu. Vielmehr ergibt sich bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 FrG, daß der Beschwerdeführerin unverändert von den zuständigen Fremdenbehörden - bei Vorliegen der Voraussetzungen - ein Sichtvermerk erteilt werden darf. Die Aufenthaltsbehörden hingegen waren zur Entscheidung über den - nach wie vor als Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes anzusehenden - Antrag der Beschwerdeführerin vom 14. Oktober 1992 nicht zuständig.
Die Verwaltungsbehörden haben nach § 6 Abs. 1 AVG ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit jederzeit von Amts wegen wahrzunehmen; durch Vereinbarung von Parteien kann die Zuständigkeit weder begründet noch geändert werden (§ 6 Abs. 2 AVG). Die Unzuständigkeit einer Behörde ist daher von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen; dadurch, daß eine Partei die Unzuständigkeit der Behörde nicht geltend macht, wird die Zuständigkeit nicht begründet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1968, Slg. Nr. 7319/A, vom 18. Jänner 1979, Slg. Nr. 9742/A, sowie vom 21. Jänner 1992, Zl. 91/11/0076 u.a.).
Die Aufenthaltsbehörde erster Instanz hätte ihre Unzuständigkeit zur bescheidmäßigen Erledigung des weitergeleiteten Antrages erkennen und diese Anträge gemäß § 6 Abs. 1 AVG an die zuständige Stelle weiterzuleiten, d.h. an die unverändert zuständigen Fremdenpolizeibehörden zurückzuleiten gehabt. Die Behörde erster Instanz hat aber in Verkennung der Rechtslage als unzuständige Behörde in der Sache selbst entschieden.
Die Berufungsbehörde hätte daher - auch wenn dies in der Berufung nicht vorgebracht wurde - die Zuständigkeit der Behörde erster Instanz zur Fällung der in Berufung gezogenen Sachentscheidung prüfen müssen. Diesfalls wäre sie zum Ergebnis gelangt, daß die Behörde erster Instanz eine Zuständigkeit in Anspruch genommen hat, die ihr nicht zukam. Die Berufungsbehörde hätte in diesem Fall mit einer bloßen Kassation des angefochtenen Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG vorgehen müssen. Dies deshalb, weil nach der materiell-rechtlichen Situation die Erlassung eines Bescheides durch die unzuständige Aufenthaltsbehörde erster Instanz überhaupt unzulässig war und allein die Kassation eines solchen Bescheides den von der Rechtsordnung vorgesehenen Zustand herstellen könnte (vgl. die hg. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1984, Zl. 82/07/0020, vom 12. September 1985, Zl. 85/07/0186, sowie vom 22. Mai 1986, Zl. 86/07/0035).
Dadurch, daß die Berufungsbehörde nicht erkannte, daß die Behörde erster Instanz mit dem in Berufung gezogenen Bescheid eine Zuständigkeit in Anspruch nahm, die ihr nicht zukam, und eine Sachentscheidung traf, anstatt diesen Bescheid ersatzlos zu beheben, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der Bescheid betreffend die Erstbeschwerdeführerin war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß die Sach- und Rechtslage hinsichtlich des vom Zweitbeschwerdeführer angefochtenen Bescheides insofern eine vom Fall der Erstbeschwerdeführerin verschiedene ist, als der Zweitbeschwerdeführer während des erstinstanzlichen Verfahrens eine Eingabe an die Aufenthaltsbehörde richtete, in der er sich auf seinen "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung" bezog. Daraus ist ableitbar, daß der Zweitbeschwerdeführer seinen ursprünglich auf Erteilung eines Sichtvermerkes lautenden Antrag vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides in einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung änderte. Daher war in seinem Fall die Zuständigkeit der Aufenthaltsbehörde erster Instanz auf Grundlage des entsprechend geänderten Antrages gegeben.
Die Aussprüche über den Kostenersatz stützen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung und Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996191586.X00Im RIS seit
02.05.2001