Entscheidungsdatum
06.04.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §49 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Mag. Wostri über die Beschwerde der Frau A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 6.2.2020, Zl. …, betreffend Übertretung des Wiener Naturschutzgesetzes, zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis vom 6.2.2020 behoben und der Einspruch der Beschwerdeführerin vom 27.1.2020 gegen die Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 12.12.2019, Zl. …, gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die belangte Behörde erkannte die Beschwerdeführerin mit Straferkenntnis vom 6.2.2020 schuldig, sie habe am 21.10.2019 um 07:15 Uhr entgegen § 17 Abs. 2 Z 1 Wiener Naturschutzgesetz, wonach im Grünland das Fahren mit Kraftfahrzeugen und deren Abstellen außerhalb der für den fließenden und ruhenden Verkehr bestimmten Flächen verboten ist, das Kraftfahrzeug C. mit dem behördlichen Kennzeichen W-1 im Grünland in Wien, D.-weg/Ecke E.-straße, das dem Landschaftsschutzgebiet F. zuzuordnen ist, abgestellt, ohne dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Wiener Naturschutzgesetz vorlagen.
Wegen Verletzung des § 17 Abs. 2 Z 1 Wiener Naturschutzgesetz verhängte die belangte Behörde gemäß § 49 Abs. 1 Z 15 2. Strafsatz Wiener Naturschutzgesetz über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von € 49,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Stunden) und schrieb gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 10,-- vor.
Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Beschwerde.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:
Mit Strafverfügung vom 12.12.2019 wurde der Beschwerdeführerin eine Übertretung des § 17 Abs. 2 Z 1 Wiener Naturschutzgesetz zur Last gelegt und über diese eine Geldstrafe iHv € 49,-- verhängt. Die belangte Behörde veranlasste zunächst eine Zustellung dieser Strafverfügung ohne Zustellnachweis via „Fensterkuvert“. Die Strafverfügung wurde der Beschwerdeführerin in der Kalenderwoche 51 des Jahres 2019 (Montag, 16.12.2019 bis Freitag, 20.12.2019) zugestellt.
Die Beschwerdeführerin verfasste daraufhin per E-Mail einen Einspruch gegen diese Strafverfügung und sendete diesen am 21.12.2019 um 10:13 Uhr an die E-Mail-Adresse „post@mba...wien.gv.aat“.
Die Strafverfügung vom 12.12.2019 wurde von der belangten Behörde nochmals - nunmehr mit Zustellnachweis - versendet und der Beschwerdeführerin am 27.1.2020 zugestellt.
Am 27.1.2020 übermittelte die Beschwerdeführerin folgende E-Mail an die belangte Behörde:
„auf grund eines fehlers in der email-adresse ist mein einspruch vom 21.12.19 bei ihnen nicht angekommen. ich hatte auch keine unzustellbarkeitsbenachrichtigung vom server erhalten. ich sende die email daher nochmals und bitte um bestätigung, dass sie diese erhalten haben. vielen dank“
Dieser E-Mail war die (an die Adresse „post@mba...wien.gv.aat“ gesendete) E-Mail vom 21.12.2019 beigefügt. Erst zu diesem Zeitpunkt - nämlich am 27.1.2020 - langte der Einspruch vom 21.12.2019 gegen die Strafverfügung vom 12.12.2019 bei der belangten Behörde ein.
Die belangte Behörde eröffnete daraufhin das ordentliche Verfahren und wurde die Beschwerdeführerin mit Straferkenntnis vom 6.2.2020 – mit näherer Begründung – der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung für schuldig befunden.
Bei der Beweiswürdigung waren folgende Erwägungen maßgeblich:
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die im Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde vorgelegten unbedenklichen und unbestritten gebliebenen Unterlagen und Urkunden. Die Feststellung, dass die Strafverfügung vom 12.12.2019 der Beschwerdeführerin in der Kalenderwoche 51 des Jahres 2019 zugestellt wurde, ergibt sich aus deren vom Verwaltungsgericht Wien eingeholter Stellungnahme vom 24.3.2020. Ein genaues Datum konnte die Beschwerdeführerin nicht mehr angeben. Aufgrund der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin am 21.12.2019 bereits einen Einspruch gegen diese Strafverfügung verfasste, musste die Zustellung spätestens am Freitag, 20.12.2019, erfolgt sein.
Dass der Einspruch vom 21.12.2019 aufgrund eines Fehlers in der E-Mail-Adresse des Empfängers („post@mba...wien.gv.aat“) erst am 27.1.2020 bei der belangten Behörde einlangte, ist unstrittig und wurde von der Beschwerdeführerin überdies in ihrer E-Mail vom 27.1.2020, mit welcher sie den Einspruch vom 21.12.2019 letztlich nochmal übermittelte, zugestanden.
Rechtlich war dieser Sachverhalt folgendermaßen zu würdigen:
Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
Gemäß § 6 ZustG löst die neuerliche Zustellung eines Dokuments, wenn dieses bereits zugestellt ist, keine Rechtswirkungen aus.
Gemäß § 26 Abs. 1 ZustG wird, wenn die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet wurde, das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.
Im vorliegenden Fall wurde die Strafverfügung vom 12.12.2019 zunächst ohne Zustellnachweis an die Beschwerdeführerin versendet und dieser in der Kalenderwoche 51 des Jahres 2019 (Montag, 16.12.2019 bis Freitag, 20.12.2019) zugestellt.
Die zweiwöchige Einspruchsfrist des § 49 Abs. 1 VStG, bei der es sich um eine zwingende, auch durch die Behörde nicht erstreckbare gesetzliche Frist handelt (vgl. das Erkenntnis des VwGH 11.7.1988, 88/10/0113), begann daher spätestens am 20.12.2019 und endete spätestens am 3.1.2020.
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die erneute Zustellung der Strafverfügung vom 12.12.2019 - nunmehr mit Zustellnachweis - an die Beschwerdeführerin am 27.1.2020 gemäß § 6 ZustG keine Rechtswirkungen auslöste, da die Zustellung unstrittig bereits in der Kalenderwoche 51 des Jahres 2019 erfolgte (vgl. VwGH 23.11.2011, 2009/11/0022; 17.11.2010, 2010/13/0118).
Im Hinblick auf den bereits am 21.12.2019 per E-Mail verfassten und an die E-Mail-Adresse „post@mba...wien.gv.aat“ übermittelten Einspruch ist festzuhalten, dass ein Anbringen (grundsätzlich) mit dem Zeitpunkt seines Einlangens bei der Behörde als eingebracht gilt. Ein Anbringen ist nur dann als eingebracht anzusehen, wenn es der Behörde tatsächlich zugekommen ist (VwGH 23.11.2009, 2009/05/0118, mwN). Dies gilt sowohl für konventionelle Einbringungsarten (persönliche Abgabe bei der Behörde, postalische Übermittlung) als auch für die elektronische Übermittlung (Fax, E-Mail). Die Partei trägt die Gefahr für den Verlust einer Eingabe auf ihrem Weg zur Behörde, da die Einbringung deren Entgegennahme durch die Behörde erfordert (VwGH 19.3.2013, 2011/02/0333). Die Partei trifft auch die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde (VwGH 26.1.2011, 2010/12/0060).
Der am 21.12.2019 verfasste Einspruch langte aufgrund der falsch angeführten E-Mail-Adresse der belangten Behörde („post@mba...wien.gv.aat“ statt richtig „post@mba...wien.gv.at“) erst am 27.1.2020 bei dieser ein. Da die zweiwöchige Einspruchsfrist gemäß § 49 Abs. 1 VStG - wie oben ausgeführt – bereits abgelaufen war, erweist sich der am 27.1.2020 per E-Mail eingebrachte Einspruch der Beschwerdeführerin als verspätet und war die Strafverfügung vom 12.12.2019 zu diesem Zeitpunkt bereits in Rechtskraft erwachsen. Der Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, war es daher untersagt, ein ordentliches Verfahren einzuleiten und auf das Einspruchsvorbringen einzugehen (vgl. VwGH 4.5.1988, 87/03/0218).
Indem die belangte Behörde dennoch das Straferkenntnis vom 6.2.2020 erließ, hat sie eine Zuständigkeit für sich in Anspruch genommen, die ihr nicht zugestanden ist. Das angefochtene Straferkenntnis war folglich zu beheben und der Einspruch vom 27.1.2020 als verspätet zurückzuweisen (vgl. hiezu etwa VwGH 18.9.1996, 96/03/0045 sowie zur Zulässigkeit, die Frage der Rechtzeitigkeit des Einspruchs in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen und gegebenenfalls wahrzunehmen VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0081).
Diesbezüglich ist auch anzumerken, dass Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet allein die Versäumnis des Rechtsmittels und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung ist (VwGH 11.7.1988, 88/10/0113).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte in Hinblick auf § 44 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das mit Beschwerde angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Überdies ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen und liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal es bei der vorliegenden Entscheidung lediglich um einzelfallbezogene Fragen der Zustellung der Strafverfügung und der Zurückweisung eines verspätet eingebrachten Rechtsmittels geht.
Schlagworte
Strafverfügung; Einspruch; Rechtzeitigkeit; Anbringen; elektronische ÜbermittlungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.001.086.3139.2020Zuletzt aktualisiert am
10.06.2020