Entscheidungsdatum
12.05.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §54bText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Visinteiner über die Beschwerde des Herrn AA, Z, vertreten durch den Verein „BB“, zH RA CC, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol, Fremden- und Grenzpolizeiliche Abteilung (FGA) *** vom 14.02.2020, Zl ***, betreffend einen Antrag auf Gewährung von Teilzahlung,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 20.01.2020, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er sei als Fremder (§ 2 Abs 4 Z 1 FPG) am 12.11.2019 um 12.18 Uhr über den Binnengrenzübergang Y von Italien kommend unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist, obwohl gegen ihn ein rechtskräftiges Einreiseverbot bestehe und er nicht im Besitz einer Wiedereinreisebewilligung gemäß § 27a FPG sei. Dadurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung gemäß § 120 Abs 1c Z 1 iVm §§ 67, 53 FPG begangen und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 5.000,00 verhängt. Weiters wurde dem Beschuldigten gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von Euro 500,00 vorgeschrieben.
Mit Schreiben vom 12.02.2020 stellte Herr AA ein „Ansuchen um Ratenzahlung“ an die belangte Behörde. Begründend wurde ausgeführt, dass er es sich nicht leisten könne, den ganzen Betrag auf einmal zu begleichen. Er bitte um eine Ratenzahlung zu Euro 50,00 pro Monat.
Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers ab. Begründend führte sie aus, dass gemäß § 54b Abs 3 VStG die Behörde auf Antrag des Beschuldigten, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen hat, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen dürfe nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist. Der Beschwerdeführer habe in seinem Ansuchen einen Teilzahlungsbetrag in Höhe von Euro 50,00 angeführt. Dieser Teilbetrag entspreche nicht den Voraussetzungen des § 54b Abs 3 2.Satz VStG, da der angegebene Teilzahlungsbetrag nicht im Verhältnis zum Betrag des Straferkenntnisses stehe und die eventuell aushaftenden Teilbeträge nicht sofort beglichen werden könnten, wenn er mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug sein sollte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers, vertreten durch den Verein „BB“, vom 12.03.2020, in welcher zusammengefasst ausgeführt wird, dass die Entscheidung in vollem Umfang angefochten werde, da die Entscheidung inhaltlich falsch und die Verfahrensführung falsch sei. Der Rechtsmittelwerber stamme aus Indien und wäre als Flüchtling nach Österreich gekommen. Sein Asylverfahren sei ohne sein Verschulden negativ abgeschlossen worden. Er sei gegenüber der Behörde kooperativ und habe sich in Österreich stets anständig verhalten.
Die Voraussetzungen für die Teilzahlung würden vorliegen, weshalb die Behörde dem Ansuchen stattgeben hätte müssen. Den Beschwerdeführer treffe an der derzeitigen gesetzlichen Notsituation keine Schuld und liege nicht einmal Fahrlässigkeit vor. Gegenteiliges habe von der belangten Behörde nicht dargelegt werden können.
Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, sodann den bekämpften Bescheid in die vom Beschwerdeführer gewünschte Richtung abzuändern und der belangten Behörde Kostenersatz aufzutragen.
Nach Vorlage der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol wurde der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.04.2020 aufgefordert, innerhalb einer Frist von zwei Wochen die Gründe für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der unverzüglichen Zahlung der Geldstrafe näher darzulegen, insbesondere die Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers zu konkretisieren.
Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht innerhalb der gesetzten Frist nach.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Zahl *** und in den Akt des Landesverwaltungsgerichts Tirol zu Zl LVwG-2020/33/0720.
II. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus der dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorliegenden Aktenlage und ist unstrittig.
III. Rechtslage:
Die im gegenständlichen Verfahren maßgebende Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991, idF BGBl I Nr 58/2018, lautet wie folgt:
„§ 54b
Vollstreckung von Geldstrafen
(1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. (…)
(…)
(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.
(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.“
IV. Erwägungen:
Gemäß § 54b Abs 3 VStG ist einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, von der Behörde auf Antrag ein angemessener Aufschub (Stundung) oder Teilzahlung zu bewilligen. Die Anwendung des Abs 3 leg cit setzt voraus, dass die Geldstrafe an sich einbringlich ist, sich der Bestrafte also bloß vorübergehend in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Zudem darf die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen nur mit der Maßgabe bewilligt werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Teilzahlung nicht zu bewilligen, sondern nach § 54b Abs 2 VStG vorzugehen und die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Für die Beurteilung der Einbringlichkeit der Geldstrafe ist auf die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen. Die belangte Behörde bzw nunmehr das Landesverwaltungsgericht Tirol ist daher gehalten, die Einbringlichkeit der Geldstrafe zu prüfen.
In diesem Zusammenhang trifft den Bestraften eine besondere Mitwirkungspflicht. Er hat insbesondere die für die Zahlungserleichterungen geltend gemachten wirtschaftlichen Gründe konkret darzulegen (VwGH 23.01.1991, 90/02/0211). Nicht hinreichend ist insbesondere die bloße Behauptung des Bestraften, er habe gegenwärtig sehr große finanzielle Schwierigkeiten. Vielmehr ist substantiiert darzutun, dass finanzielle Schwierigkeiten bestehen, diese nur vorübergehender Natur sind und der Bestrafte auch tatsächlich in der Lage sein wird, die Geldstrafe in angemessenen Teilbeträgen zu entrichten (vgl VwGH 22.02.1989, 88/02/0126).
Bei der Entscheidung über einen Antrag gemäß § 54b Abs 3 VStG hat die Vollstreckungsbehörde eine Prognoseentscheidung zu treffen. Sie hat zu beurteilen, ob durch die Bewilligung der Ratenzahlung der Antragsteller seiner Zahlungsverpflichtung überhaupt nachkommen kann. Werden vom Bestraften Gründe angegeben, die nicht bloß vorübergehend die finanziellen Schwierigkeiten des Bestraften implizieren, sodass keine Prognose dahingehend möglich ist, dass der Bestrafte die Geldstrafe überhaupt zahlen kann, so hat die Behörde von der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe auszugehen (VwGH 20.05.1994, 94/02/0165). Dasselbe gilt, wenn sich die Einbringlichkeit aufgrund der (fehlenden) Angaben des Beschwerdeführers nicht beurteilen lässt.
Nach früher geltender Rechtslage hat die Bewilligung eines Zahlungsaufschubes die Vollstreckungsverjährung gehemmt, nicht hingegen die Bewilligung von Ratenzahlungen (VwGH 24.10.2012, 2010/17/0021). Mit der Novelle BGBl I Nr 57/2018 wurde dies insofern abgeändert, als nunmehr ausdrücklich in § 54b Abs 3 VStG vorgesehen ist, dass die Strafvollstreckung auch durch die Bewilligung eines Antrags auf Teilzahlung aufgeschoben wird (vgl EB zur RV 193 XXVI GP, S 12). Demnach kann die erforderliche Höhe der Teilzahlungen nicht mehr nach der Vollstreckungsverjährungsfrist bemessen werden. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die Geldstrafe in einer angemessenen Zeitspanne entrichtet werden kann. Die zu erwartenden Einkünfte und die zu entrichtenden offenen Strafbeträge müssen in einem solchen Verhältnis stehen, dass eine Entrichtung in einer angemessenen Zeitspanne möglich und realistisch erscheint. Was unter einer angemessenen Zeitspanne zu verstehen ist, muss im Einzelfall beurteilt werden (vgl VwG Wien 05.07.2019, VGW-001/032/5121/2019).
Im gegenständlichen Fall wurde die Gewährung von Teilzahlungen von der belangten Behörde abgelehnt, da der im Antrag genannte monatliche Betrag in Höhe von Euro 50,00 nicht den Voraussetzungen des § 54b Abs 3 2. Satz VStG entsprechen würde. Nähere Sachverhaltsermittlungen hat die belangte Behörde nicht angestellt. Mit Schreiben vom 27.04.2020 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen 14 Tagen seine Vermögensverhältnisse konkret darzulegen. Dieser Aufforderung ist der Beschwerdeführer nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen.
Zumal der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist und insbesondere auch nach Aufforderung des Landesverwaltungsgerichtes keine näheren Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht hat, ist keine Prognose dahingehend möglich, ob der Beschwerdeführer die ausstehende Geldstrafe tatsächlich leisten wird können. Im Antrag auf Ratenzahlung bietet der Beschwerdeführer die Zahlung eines Betrages von monatlich Euro 50,00 an. Dies würde bedeuten, dass die aushaftende Geldstrafe in Höhe von Euro 5.000,00 erst nach einer Zeitspanne von über acht Jahren abbezahlt wäre. Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Tirol erscheint eine Entrichtung über einen derart langen Zeitraum keinesfalls angemessen und ist dies einer Uneinbringlichkeit gleichzusetzen. Auch kann bei dem genannten Teilzahlungsbetrag nicht davon ausgegangen werden, dass der gesamte aushaftende Betrag bei Zahlungsverzug von zwei Raten sofort beglichen werden kann.
Die belangte Behörde hat demnach den Antrag auf Teilzahlung zu Recht abgewiesen, weshalb die dagegen gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
V. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
In der gegenständlichen Angelegenheit konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG unterbleiben, da sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet (vgl VwGH 15.12.2011, 2011/09/0160, mwN; VwGH 22.02.2013, 2011/02/0232).
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Visinteiner
(Richter)
Schlagworte
Antrag Gewährung Teilzahlungen;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.33.0720.2Zuletzt aktualisiert am
10.06.2020