TE Lvwg Erkenntnis 2020/5/13 LVwG-2020/45/0860-1

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Veröffentlicht am 13.05.2020
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Entscheidungsdatum

13.05.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
41/01 Sicherheitsrecht

Norm

VStG §49
VStG §45 Abs1 Z3
SPG 1991 §82 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Stemmer über die Beschwerde des Herrn AA, wohnhaft in Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 30.03.2020, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Sicherheitspolizeigesetz (Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses),

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt 1. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Spruchpunkt 1. behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer zu Spruchpunkt 1. gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang, Sachverhalt:

Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 21.01.2020, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß vorgeworfen:

„1.      Datum/Zeit:                   09.01.2020, 10:20 Uhr

Ort:                               Z, Adresse 2, Abflughallte, Zufahrtsrampe Flughafen Z

Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: ***

Sie haben sich durch das unten beschriebene Verhalten trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahr nahm, aggressiv verhalten.

Sie haben während der Lenk- & Fahrzeugkontrolle wild mit den Händen vor dem Gesicht des Beamten gestikuliert, reagierten unkooperativ und sehr aggressiv. Sowohl Ihr Ton als auch Ihre Lautstärke entbehrten der gebotenen Ruhe sowie dem gebotenen Anstand.

2.       Datum/Zeit:                   09.01.2020, 10:07 Uhr – 09.01.2020, 10:18 Uhr

Ort:                               Z, Adresse 2, Abflughallte, Zufahrtsrampe Flughafen Z

Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: ***

Sie haben als Lenker des Fahrzeuges mehr Rauch, üblen Geruch und unnötige Luftverunreinigung verursacht, als bei sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges notwendig gewesen ist, da Sie den Motor des KFZ 11 Minuten am Stand laufen gelassen haben.

3.       Datum/Zeit:                   09.01.2020, 10:07 Uhr – 09.01.2020, 10:18 Uhr

Ort:                               Z, Adresse 2, Abflughallte, Zufahrtsrampe Flughafen Z

Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: ***

Sie haben zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort, das angeführte Kraftfahrzeug, welches als Taxi verwendet wurde, gelenkt, obwohl das angeführte KFZ nicht über ein Schild mit der Aufschrift „TAXI“, welches auf dem Fahrzeugdach angebracht werden muss und den Bestimmungen des § 5 Abs. 1 TPBO 2000 entspricht, verfügte.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.       § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl 566/91 i.d.g.F.

2.       § 102 Abs. 4 KFG

3.       § 5 Abs. 1 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung 2000 i.d.g.F.“

Aufgrund dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Beschwerdeführer zu Spruchpunkt 1. gemäß § 82 Abs 1 SPG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,--, Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage; zu Spruchpunkt 2. eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,--, Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag 16 Stunden; zu Spruchpunkt 3. eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,--, Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag, verhängt. Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer am 03.02.2020 zugestellt.

Am 04.02.2020 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht einen Einspruch, wobei sich dieser Einspruch eindeutig nur gegen die Spruchpunkte 2. und 3. richtete und der Beschwerdeführer zu diesen beiden Spruchpunkten Vorbringen erstattete.

In der Folge leitete die belangte Behörde das ordentliche Verfahren ein und erließ das nunmehr angefochtene Straferkenntnis, in dem dem Beschwerdeführer die oben in der Strafverfügung angeführten Verwaltungsübertretungen zu 1. § 82 Abs 1 SPG, zu 2. § 102 Abs 4 KFG und zu 3. § 5 Abs 1 TPBO vorgeworfen wurden und über ihn zu Spruchpunkt 1. eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,--, Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage; zu Spruchpunkt 2. eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,--, Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag 16 Stunden; zu Spruchpunkt 3. eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,--, Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag, verhängt wurde. Zusätzlich wurde ein anteiliger Beitrag zu den Verfahrenskosten der Behörde in der Höhe von gesamt Euro 50,-- vorgeschrieben. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

Dieser Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus der dem Landesverwaltungsgericht vorliegenden Aktenlage. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG abgesehen werden.

II.      Rechtslage:

Die verfahrensgegenständlich relevante Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 57/2018, lautet wie folgt:

§ 49. (1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.

III.     Erwägungen:

Eingangs ist klarzustellen, dass sich das gegenständliche Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol nur auf Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses bezieht. Gemäß der Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol wurde das Straferkenntnis aufgrund der Aufteilung in „Spezialgruppen“ zwei Einzelrichterinnen zugeteilt. Im Verfahren zu LVwG-2020/45/0860 war dabei ausschließlich Spruchpunkt 1. (Übertretung des SPG) verfahrensgegenständlich; hinsichtlich der Spruchpunkte 2. und 3. wird auf das Verfahren zu LVwG-2020/28/0853 verwiesen.

Gemäß § 49 VStG besteht die Möglichkeit gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch zu erheben. Durch einen rechtzeitig eingebrachten Einspruch tritt die Strafverfügung außer Kraft und die Behörde hat das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wird kein Einspruch erhoben, wird die Strafverfügung rechtskräftig und kann gemäß § 49 Abs 3 VStG vollstreckt werden.

Mit der Strafverfügung der belangten Behörde vom 21.02.2020 wurden dem Beschwerdeführer drei Verwaltungsübertretungen nach dem SPG (zu Spruchpunkt 1.), dem KFG (zu Spruchpunkt 2.) sowie der TPBO (zu Spruchpunkt 3.) vorgeworfen. Der Beschwerdeführer hat explizit nur hinsichtlich der Spruchpunkte 2. und 3. rechtzeitig Einspruch erhoben. Nach der Rechtsprechung können nur bestimmte, trennbare Absprüche einer Strafverfügung mit einem Einspruch bekämpft werden, wobei jene Teile der Strafverfügung, die mit dem Einspruch nicht bekämpft werden, in Rechtskraft erwachsen (vgl ua VwGH vom 23.03.2016, Ra 2015/02/0247). In diesem Sinne ist die Strafverfügung hinsichtlich Spruchpunkt 1., der verfahrensgegenständlichen Übertretung des SPG, in Rechtskraft erwachsen und gemäß § 49 Abs 3 VStG vollstreckbar.

Die belangte Behörde hat in der Folge trotzdem auch hinsichtlich dieser rechtskräftigen Verwaltungsübertretung nach dem SPG das ordentliche Verfahren eingeleitet und in der Folge auch hinsichtlich der Übertretung des SPG – neuerlich – eine Strafe ausgesprochen. Ist die Strafverfügung rechtskräftig, ist es der Erstbehörde aber verwehrt, ein Strafverfahren einzuleiten und neuerlich ein Straferkenntnis gegen den Beschuldigten zu fällen (vgl VwGH vom 04.05.1988, 87/03/0218). Die Berufungsbehörde hat ein Straferkenntnis, das trotz rechtskräftiger Strafverfügung erlassen wurde, aufzuheben (vgl VwGH vom 17.09.1964, 0859/64) und die Einstellung des Strafverfahrens nach § 45 Abs 1 Z 3 VStG vorzunehmen (vgl ua VwGH vom 30.09.1983, 83/04/0125; VwGH vom 07.03.2017, Ra 2016/02/0271), weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen (vgl Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 45 Rz 3 (Stand 1.5.2017, rdb.at)). Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Stemmer

(Richterin)

Schlagworte

Strafverfügung;
Einspruch;
Rechtskraft;
Straferkenntnis trotz rechtskräftiger Straverfügung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.45.0860.1

Zuletzt aktualisiert am

10.06.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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