Entscheidungsdatum
12.09.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W126 2155048-1/58E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.03.2017, Zl. 1092827410/151648141, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte II. bis IV. als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 29.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
In der Erstbefragung gab der zum damaligen Zeitpunkt minderjährige Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass er Afghanistan verlassen habe, weil er dort keine Zukunft habe.
In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 24.02.2017 brachte der Beschwerdeführer im Beisein seiner gesetzlichen Vertretung im Wesentlichen vor, gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen. Seine Eltern, sein jüngerer Bruder und seine Schwester würden in Kabul leben. Als Fluchtgrund führte er an, dass die Lage in Afghanistan unsicher gewesen sei und Krieg geherrscht habe sowie dass er Angst vor den Kutschis habe.
In der am 06.03.2017 vom Beschwerdeführer übermittelten Stellungnahme wurde das Vorbringen wiederholt und diverse Berichte zur Situation in Afghanistan wiedergegeben.
2. Mit angefochtenem Bescheid vom 28.03.2017 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status als Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 (Spruchpunkt II.) ab und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 (Spruchpunkt III). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 28.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater zur Seite gestellt.
3. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und der Verletzung von Verfahrensvorschriften.
4. Am 12.10.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und sein gesetzlicher Vertreter teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm (entschuldigt) nicht an der Verhandlung teil.
Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung zusammengefasst an, dass er in Afghanistan in der Provinz Maidan Wardak im Distrikt XXXX im Dorf XXXX gemeinsam mit seiner Familie gelebt habe. Er habe XXXX im Jahr 2014 verlassen und habe danach ungefähr ein Jahr in Kabul gelebt. Im Jahr 2015 habe er Afghanistan verlassen. Die Familie des Beschwerdeführers lebe in Kabul. Der Vater des Beschwerdeführers arbeite als Straßenverkäufer, um für die Familie zu sorgen. Es gehe ihm aber gesundheitlich nicht gut, weshalb er nicht regelmäßig arbeiten könne. Der Beschwerdeführer telefoniere einmal im Monat mit seiner Mutter. Die Familie lebe im Haus eines Freundes seines Vaters. Der ältere Bruder des Beschwerdeführers sei von den Taliban mitgenommen worden. Der Beschwerdeführer habe noch drei Tanten und zwei Onkel väterlicherseits sowie eine Tante und einen Onkel mütterlicherseits, welche ebenfalls in Kabul leben würden. Er habe nur zu einem Onkel väterlicherseits Kontakt. Als der Beschwerdeführer in Kabul gewohnt habe, habe er als Automechaniker gearbeitet. Er sei nur zwei Jahre in die Schule gegangen. In Kabul habe der Beschwerdeführer Angst vor den Taliban und den Kutschis gehabt. Diese hätten seinen Bruder mitgenommen. Da der Beschwerdeführer seinem Bruder vom Alter her folge, habe sein Vater nicht mehr gewollt, dass er in Afghanistan bleibe.
Der Bruder des Beschwerdeführers sei vor circa dreieinhalb Jahren mitgenommen worden. Sie seien in der Nacht gekommen, hätten die Häuser angegriffen und in Brand gesetzt und das Vieh weggenommen. Sie hätten auch die Eltern des Beschwerdeführers zusammengeschlagen, sodass der Vater des Beschwerdeführers Verletzungen am Kopf und im Gesichtsbereich erlitten habe. Die Familie des Beschwerdeführers habe sich bemüht, den Bruder des Beschwerdeführers über die Dorfältesten wieder freizubekommen, dies sei ihnen aber nicht gelungen. Die Familie sei daraufhin nach Kabul geflüchtet. Dort sei der Vater des Beschwerdeführers im Krankenhaus behandelt worden. Der Beschwerdeführer habe nichts mehr über seinen Bruder erfahren, er wisse auch nicht ob dieser noch am Leben sei. Es habe auch davor schon Probleme mit den Kutschis im Heimatdorf gegeben. Der Beschwerdeführer wisse nicht, wie die Situation im Heimatdorf derzeit sei.
Er habe sich in Kabul gefürchtet, dass noch einmal Taliban oder Kutschis kommen und ihn mitnehmen würden. Er habe solche Angst gehabt, dass er sich in Kabul nicht frei bewegt habe. Das Problem sei, dass der Beschwerdeführer Hazara sei, weshalb er in Kabul kein sicheres Leben führen könne.
In Österreich leide der Beschwerdeführer an Kopfschmerzen und bekomme regelmäßig Nasenbluten. Als er am Anfang nach Österreich gekommen sei, habe er sehr viel Angst gehabt und sein Zimmer kaum verlassen. Später habe er bemerkt, dass er in Österreich nichts zu befürchten habe. Wenn er in der Früh aufstehe, versuche er Deutsch zu lernen, allerdings funktioniere das nicht so gut, weil er oft in Gedanken bei seiner Familie sei und sich Sorgen um diese mache. Nachdem sich der Beschwerdeführer in einer Schule angemeldet habe, sei ihm gesagt worden, dass er das Sprachniveau B1 erreichen müsse, um die Schule fortsetzen zu können. Sein Niveau sei auf A1 bzw. A2 geschätzt worden. Er sei auch zwei Wochen lang in einen Box-Club gegangen, jedoch sei die Entfernung zu groß und die Fahrtkosten sehr hoch gewesen, weshalb er dies nicht fortsetzen habe können. Er habe circa sechs oder sieben Monate lang in einer Mannschaft Fußball gespielt. Der Beschwerdeführer habe eine österreichische Freundin und Bekannte, mit denen er manchmal Fußball spiele. Er habe auch afghanische Freunde, welche er aus dem Heim kennen würde. Er habe in Österreich keine Straftat begangen und verstehe sich sehr gut mit Österreichern. Manchmal helfe er auch bei Arbeiten, zum Beispiel beim Rasenmähen.
Der Beschwerdeführer habe zwei verschiedene Medikamente verschrieben bekommen. Eines sei ein Schlaf- und das andere ein Schmerzmittel. Er nehme die Medikamente nur bei Bedarf. Ein Arzt habe ihn gefragt, ob er versucht habe Selbstmord zu begehen. Er habe gesagt, dass er es nicht geschafft habe. Auf Nachfrage, dass im Arztbrief stehe, dass der Beschwerdeführer vor einigen Monaten in Schweden einen Selbstmordversuch verübt habe, gab der Beschwerdeführer an, dass ein Freund von ihm, mit dem er gemeinsam aus Afghanistan gekommen sei, vor ein paar Monaten nach Schweden weitergereist sei und in Schweden Selbstmord begangen habe.
Der gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers führte an, dass er nichts zu den ärztlichen Unterlagen sagen könne. Der Beschwerdeführer sei vor einiger Zeit verlegt worden und habe sich gut eingelebt, es sei aber immer wieder zu belastenden Situationen gekommen und aufgrund des dortigen Betreuungsumfelds sei eine medizinische Abklärung in die Wege geleitet worden. Der Beschwerdeführer habe immer wieder über starke Kopfschmerzen geklagt. Es sei im Raum gestanden, ob diese Kopfschmerzen auf psychische Probleme zurückzuführen seien, was abgeklärt werden sollte. Es sei noch keine Therapie eingeleitet worden. Der Beschwerdeführer habe die Medikamente bei Bedarf zu nehmen und sei für einen Therapieplatz angemeldet.
Im Rahmen der Verhandlung legte der Beschwerdeführer eine Teilnahmebestätigung an einem Werte- und Orientierungskurs am 10.04.2017, ein Prüfungszeugnis A1 (Prüfung am 12.07.2017) sowie zwei ambulante Arztbriefe vom 23.08.2017 und vom 14.09.2017 vor. Im Arztbrief vom 23.08.2017 wurde als Diagnose "Depressive Episode bei psychosozialer Belastung, Ein- und Durchschlafstörung, selbstverletzendes Verhalten und rez. Kopfschmerzen" angeführt. Laut Arztbrief vom 14.09.2017 wurde eine mittelgradige depressive Episode, ein Kulturschock, Kopfschmerzen und ein nichtsuizidales selbstschädigendes Verhalten diagnostiziert.
Am 17.11.2017 langten beim Bundesverwaltungsgericht eine psychologische Stellungnahme der Psychologin in der Unterbringung des Beschwerdeführers vom 16.11.2017, ein ambulanter Arztbrief vom 16.11.2017 über die aktuelle gesundheitliche Situation, eine Bestätigung der Medikamenteneinnahme vom 16.11.2017 betreffend die regelmäßige Einnahme der verschriebenen Psychopharmaka, eine Bestätigung des Psychosozialen Netzwerks vom 15.11.2017 darüber, dass sich der Beschwerdeführer seit 07.11.2017 in Psychotherapie befindet, ein ambulanter Arztbrief vom 14.09.2017 sowie ein Arztbrief vom 23.08.2017 ein.
Im Schreiben der Freundin des Beschwerdeführers an das Bundesverwaltungsgericht vom 04.04.2018 legte diese zusammengefasst dar, dass sich im Leben des Beschwerdeführers viel geändert habe. Da die Mutter des Beschwerdeführers seit zwei Monaten an Krebs leide, sei die Familie des Beschwerdeführers nach Indien ausgewandert, um bessere Ärzte aufsuchen zu können. Würde der Beschwerdeführer zurück nach Afghanistan geschickt werden, würde er dort keine Bezugspersonen mehr finden. Zudem seien in seiner Heimatstadt viele Taliban, die ihn als "Europäer" und somit als Verräter des Landes entlarven würden. Nach dem Prinzip der Taliban sei dies nicht zu tolerieren, was bedeute, dass das Leben des Beschwerdeführers in großer Gefahr sei. Noch dazu kenne er sich in keinen anderen Städten als Kabul und XXXX aus und habe keine Verwandten oder Bekannten, die ihm weiterhelfen könnten. Außerdem sei er schon seit fast sechs Monaten mit ihr in einer Beziehung. Auch habe sich die Anzahl an einheimischen Bezugspersonen stark vergrößert, wobei man bei allen von guten Freunden sprechen könne. Der Beschwerdeführer habe sich gut integriert und eingefügt. Es werde ersucht, all diese Faktoren in der Entscheidung zu berücksichtigen.
5. In der zweiten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15.06.2018 nahmen neben dem nunmehr volljährigen Beschwerdeführer seine Freundin als Zeugin und der Betreuer des Beschwerdeführers als Vertrauensperson teil. Ein Vertreter der belangten Behörde und der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sind nicht erschienen.
Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst an, dass er Deutsch verstehe, es aber nicht so gut sprechen könne. Er habe einen Deutschkurs und ein Gymnasium besucht, würde das Gymnasium aber nicht mehr besuchen. Er sei auf Arbeitssuche, habe aber bisher nichts gefunden. Der Beschwerdeführer habe eine Ausbildung zum Automechaniker und habe in Kabul auch als Mechaniker gearbeitet. Dies sei sein Berufswunsch. Mit seinen Freunden lerne er täglich ein bis zwei Stunden Deutsch. Er habe seit etwa sieben oder acht Monaten eine österreichische Freundin, mit welcher er nicht zusammenlebe. Wenn sie Zeit hätten, würden sie gemeinsam Deutsch lernen.
Seit drei bis vier Monaten wisse der Beschwerdeführer nichts mehr über die Lage in Afghanistan. Er stehe derzeit nicht in Kontakt mit seiner Familie. Es gebe kein Internet und das Handy seiner Familie sei verloren gegangen. Die Familie des Beschwerdeführers lebe derzeit in Afghanistan, er gehe davon aus, dass seine Familienangehörigen nach wie vor in Kabul wohnen. Beim BFA habe er angegeben, dass seine Familie bei einem Freund seines Vaters leben würde. Da es nicht mehr möglich sei, bei diesem zu wohnen, sei die Familie zu einem Onkel väterlicherseits gezogen. Dieser Onkel sei letztes Jahr getötet worden. Er habe einen Sohn gehabt, welcher sich in Schweden das Leben genommen habe. Nach dem Tod seines Onkels habe die Familie weiterhin im Haus des Onkels gelebt. Seine Mutter sei wegen ihrer Krebserkrankung in Indien gewesen und nach einer Operation zurückgekommen. Sie müsse acht oder neun Monate ohne Bewegung liegen. Der Vater und der Bruder des Beschwerdeführers seien Straßenverkäufer.
Der Beschwerdeführer habe nach wie vor psychische Probleme. Diese habe er bereits in Afghanistan gehabt, dafür gebe es aber in Afghanistan keine medizinische Versorgung. Er würde es sich nicht leisten können, zu einem Arzt zu gehen. Seine Mutter habe ihn früher immer getröstet. Er habe ein schwieriges Leben gehabt, weil er im Krieg aufgewachsen sei. Er habe manchmal starke Kopfschmerzen und Nasenbluten. Zurzeit nehme er die ihm verschriebenen Medikamente ein.
Er sei einmal in Österreich mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, weil jemand seine Freundin belästigt habe. Es habe ein Gerichtsverfahren gegeben und als Strafe habe er eine Woche in einem Altenheim arbeiten müssen. Eine weitere Woche sei noch offen.
Zum Vorhalt, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nach wie vor volatil sei und es auch nicht verkannt werde, dass die Situation in Kabul angespannt sei, es aber nach der Quellenlage und auch aufgrund der höchstgerichtlichen Judikatur nicht gesagt werden könne, dass eine Rückkehr nach Afghanistan und nach Kabul allgemein nicht zugemutet werden könne, erwiderte der Beschwerdeführer, dass die Sicherheitslage in Afghanistan sehr schlecht sei und es den Eltern des Beschwerdeführers nicht so gut gehen würde; auch habe er seinen Onkel verloren. Wenn er zurückkehren müsste, würden ihn seine Landsleute beschuldigen, dass er Christ geworden sei; er sei kein Christ, aber die Afghanen würden dies annehmen. Täglich würden Hazara umgebracht werden. Vor kurzem sei ein Enkelkind seiner Tante mütterlicherseits getötet worden.
Sein Wunsch sei, dass er seine Freundin heirate. Ein großer Wunsch sei, etwas zu lernen und zu arbeiten. Er wolle ein ruhiges Leben haben, welches er bisher in Kabul nicht gehabt habe.
Die Freundin des Beschwerdeführers sagte zusammengefasst aus, seit sechs Monaten mit dem Beschwerdeführer zusammen zu sein. Dieser sei gut integriert und habe auch schon gemeinsam mit ihr in einem Kurzfilm mitgespielt und sei der "Star" in seiner Fußballmannschaft. Er sei fleißig und könne schon gut Deutsch sprechen.
Der Beschwerdeführer gab ergänzend noch an, dass sein Vater in der Heimatprovinz am hinteren Kopfbereich geschlagen worden sei und zeigte dazu Fotos.
Der Beschwerdeführer legte zudem eine Arbeitsbestätigung über die vom Beschwerdeführer abgeleisteten Sozialstunden, eine Bestätigung über die Mitgliedschaft in einem Fußballverein seit Beginn des Jahres 2018 und zahlreiche sonstige - dem Bundesverwaltungsgericht zum Teil bereits bekannte - medizinische Unterlagen vor.
In der Therapiebestätigung des interkulturellen Beratungs- und Therapiezentrums Zebra vom 10.01.2018 wird bestätigt, dass der Beschwerdeführer an einem therapeutischen Abklärungsgespräch teilgenommen habe und die Symptome auf das Vorliegen einer Traumafolgestörung hinweisen würden.
In der fachlichen Äußerung des interkulturellen Beratungs- und Therapiezentrums Zebra vom 08.06.2018 wurde zusammengefasst dargelegt, dass die Symptome des Beschwerdeführers auf eine posttraumatische Belastungsstörung hinweisen. Der Beschwerdeführer nehme das traumaspezifische Psychotherapieangebot von Zebra seit Dezember 2017 regelmäßig und kontinuierlich in Anspruch, wodurch eine erste deutliche Besserung seiner Symptome erzielt werden habe können. Die weitere psychotherapeutische Behandlung sei aus therapeutischer Sicht anzuraten, um den psychischen Zustand des Beschwerdeführers weiter zu stabilisieren.
Im chirurgischen Ambulanzbericht vom 17.01.2018 wird ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer beim Fußballspielen das linke Sprunggelenk verletzt habe. In der erneuten Untersuchung am 24.01.2018 wurde festgestellt, dass die Schwellung bereits rückläufig sei und dem Beschwerdeführer empfohlen, sich zu schonen sowie drei Wochen keinen Sport auszuüben.
Am 06.2018 langte die Schulbesuchsbestätigung des Beschwerdeführers, wonach dieser von 01.12.2017 bis 24.03.2018 ein Gymnasium besuchte, beim Bundesverwaltungsgericht ein. Eine Stellungnahme zu den Länderberichten wurde, auch seitens des Rechtsvertreters, trotz Belehrung in der Verhandlung, nicht erhoben.
6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer aufgrund seiner persönlichen Umstände möglich und zumutbar sei, sich in Kabul anzusiedeln.
7. Mit Erkenntnis vom 13.03.2019, E 3765/2018, hob der Verfassungsgerichthof das vom Beschwerdeführer angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wegen der Nichtbehandlung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels sowie der erlassenen Rückkehrentscheidung und des Ausspruchs der Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan auf und lehnte die Behandlung der Beschwerde im Übrigen ab.
8. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 14.03.2019, Ra 2018/18/0500, wurde die Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2018, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde in Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, zurückgewiesen und das Erkenntnis in seinem übrigen Umfang ebenfalls wegen der mangelnden Auseinandersetzung mit der UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
9. Am 25.04.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine weitere mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter teilnahmen. Ein Vertreter vom BFA nahm (entschuldigt) nicht an der Verhandlung teil.
In der Verhandlung gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass ihm im Jahr 2018 sein Ausweis abgenommen worden sei und er keine neue Karte beantragt habe. Er habe Alkohol getrunken und mit seiner Freundin gestritten, weshalb die die Polizei gekommen sei, ihm seinen Ausweis abgenommen habe und ihn aufgrund seines Alkoholkonsums in ein Krankenhaus gebracht habe. Der Beschwerdeführer verfüge derzeit über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet, weil er auf die heutige Einvernahme habe warten wollen. Er habe keinen Ausweis und sei auch nicht hinausgegangen, weil er Angst gehabt habe, von der Polizei aufgegriffen zu werden. Nachdem er eine negative Entscheidung erhalten habe, habe er sich an seinen Vertreter gewandt und mitgeteilt, dass er dagegen Beschwerde erheben wolle. Etwa ein oder zwei Wochen danach habe er aber beschlossen, Österreich zu verlassen, weil er Angst vor einer Abschiebung gehabt habe und sei nach Belgien gereist, wo ihm nach fünf bis sechs Monaten mitgeteilt worden sei, dass Österreich für sein Asylverfahren zuständig sei. In Belgien habe er in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt. Letzten Montag sei er wieder nach Österreich gekommen. Von seiner damaligen Freundin habe er sich getrennt.
Seine Eltern und sein Bruder würden nach wie vor in Kabul im Haus seines verstorbenen Onkels leben, aber vermutlich bald wieder nach XXXX ziehen. Er habe Kontakt zu seiner Familie. Die Familie des Beschwerdeführers finanziere sich ihr Leben durch die Arbeit seines Vaters und seines Bruders als Straßenverkäufer. Der Beschwerdeführer glaube, dass seine Mutter nicht mehr lange leben werde, da sich der Krebs mittlerweile im ganzen Körper verteilt habe. Für die Operation seiner Mutter habe die Familie ihren Besitz - ausgenommen ihr Haus - in XXXX verkauft. Er habe in Kabul auch noch andere Verwandte, zu denen er aber keinen Kontakt habe. Er wisse nicht, ob seine Eltern Kontakt zu diesen Verwandten hätten.
Es gehe dem Beschwerdeführer psychisch schlecht und er benötige ärztliche Behandlung. Außerdem herrsche in Afghanistan keine Sicherheit, auch in Kabul sei es nicht sicher. Er könnte auch nicht in Kabul bei seinen Eltern leben, weil er Angst habe und Zeit und Ruhe benötige, um sich wieder zu erholen. Der Beschwerdeführer habe an seinem Arbeitsplatz in Afghanistan ein Selbstmordattentat mitbekommen und könne die Bilder nicht vergessen. Er sei letztes Jahr in Österreich bei einem Arzt gewesen und sei auch in Belgien zu einem Arzt gegangen, aber habe die Befunde in Deutschland verloren. Er nehme keine Medikamente, aber habe vor, zu einem Arzt zu gehen. Nachdem er eine negative Entscheidung bekommen habe, habe er keine Medikamente mehr eingenommen. In Belgien habe er ein Schlafmittel und ein Schmerzmittel genommen; diese Medikamente nehme er seit circa eineinhalb Monaten nicht mehr. Er könne auch nicht in Mazar-e Sharif leben, weil es dort keine Krankenversicherung gebe und er nicht in der Lage sein werde, für seine Behandlungen und Medikamente aufzukommen. Er habe in Afghanistan niemanden, der ihn unterstützen könne. Sein Vater habe eine Verletzung am Bein und Kopf und könne nicht ordentlich gehen und seine Mutter leide an Krebs und werde sterben. Sein Onkel mütterlicherseits sei geistig behindert. Sein Bruder sei inzwischen 16 oder 17 Jahre alt und der Beschwerdeführer glaube, dass sein Bruder in Kabul in eine Schule gehe.
Der Beschwerdeführervertreter brachte vor, dass er medizinische Unterlagen aus Belgien anfordern wolle, da der Beschwerdeführer immer noch an Depressionen, Kopfschmerzen, Nasenbluten und Schlafstörungen leide und der Beschwerdeführer in Belgien beim Arzt gewesen sei und Medikamente verschrieben bekommen habe. Er werde die Unterlagen per E-Mail anfordern und vorlegen.
10. In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 16.05.2019 wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nach wie vor an einer posttraumatischen Belastungsstörung und eine klinische Depression mit ernsthaften suizidalen Gedanken leide und er deshalb als besonders vulnerabel einzuschätzen sei. In der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation "Allgemeine Verfügbarkeit von Behandlungen bei psychischen Störungen und Depressionen, Verfügbarkeit und Kosten von Medikamenten" vom 13.11.2018 sei die Rede davon, dass Afghanistan nicht über die notwendigen Ressourcen an Spezialisten verfüge. Aus der Anfragebeantwortung lasse sich ableiten, dass im Gesundheitswesen von einem System der Schmiergeldzahlung auszugehen sei und es zudem keine staatliche Versicherung gebe. Dem Beschwerdeführer sei es mangels ausreichender finanzieller Mittel nicht möglich, Medikamente zu erwerben. Aus der weiteren Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 07.02.2018 gehe eindeutig hervor, dass sich der Beschwerdeführer die Medikamente in Afghanistan faktisch nicht besorgen könne. In Verbindung mit der prekären Arbeitsmarktsituation sei auch nicht davon auszugehen, dass sich dies in Zukunft ändern würde.
Hinsichtlich der Länderberichte werde angeführt, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul laut den UNHCR-Richtlinien derzeit generell ausgeschlossen sei. Zudem werde auf die extrem hohe Anzahl an Binnenvertriebenen und auf die Rekorddürre unter anderem in Herat und Balkh hingewiesen. Unter Berücksichtigung der Voraussetzungen für das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative seien folglich auch Herat und Mazar-e Sharif als innerstaatliche Fluchtalternative auszuschließen.
Der Stellungnahme wurden psychologische Atteste vom 24.03.2019 und vom 15.05.2019 in niederländischer Sprache, eine fachliche Äußerung von Zebra vom 08.05.2019, eine Integrationsbestätigung der Caritas vom 26.04.2019 sowie zwei Empfehlungsschreiben beigelegt.
11. Im vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten psychiatrisch-neurologischem Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 07.07.2019 wurde ausgeführt, dass sich beim Beschwerdeführer unterschiedliche Störungsbereiche finden würden. Im Vordergrund stehe ein depressiver Verstimmungszustand, der einer leichten depressiven Episode zuzuordnen sei. Als weiterer Störungsbereich sei ein zeitweise bestehender schädlicher Gebrauch von Alkohol im Sinne eines symptomatischen Alkoholmissbrauchs zu sehen. Weiters werde nunmehr seit zwei Monaten auch ein Cannabismissbrauch angeführt. Die erhöhte Reizbarkeit und Selbstverletzungen würden auf eine Persönlichkeitsstörung im Sinne einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp hinweisen.
Die fassbaren Störungsbereiche, insbesondere der depressive Verstimmungszustand seien behandelbar. Der Beschwerdeführer befinde sich seit circa einem Jahr in einer regelmäßigen psychologisch/psychotherapeutischen Behandlung, die bereits zu einer wesentlichen Verbesserung geführt habe. Die Fortführung der Behandlung sei medizinisch indiziert. Weiters habe sich der Beschwerdeführer in einer nervenärztlichen Behandlung befunden. Eine weitere ambulante nervenärztliche Behandlung mit neuerlicher Einstellung auf zB Trittico retard 150 mg abends erscheine medizinisch empfehlenswert.
Bei der nunmehrigen Untersuchung hätten sich keine Hinweise auf das Vorliegen einer aktuellen Suizidalität ergeben. Ob und inwieweit eine Abschiebung nach Afghanistan wieder zu Suizidtendenzen führen würde, könne derzeit nicht prognostiziert werden; die Wiederaufnahme von Suizidtendenzen könne bei neuerlichen Belastungen nie mit Sicherheit ausgeschlossen werden.
Beim Beschwerdeführer sei keine psychische Erkrankung in einem Ausmaß fassbar, die ihn daran hindern würde seine Angelegenheiten und die Angelegenheiten des täglichen Lebens ohne Gefahr eines Nachteils für sich zu erledigen bzw. ihn in seiner Erwerbstätigkeit beeinträchtigen würde. Er sei derzeit entsprechend seinem Ausbildungsniveau aus psychiatrischer Sicht als arbeitsfähig zu erachten. Im Fall einer Rückführung nach Afghanistan sei eine weitere psychische Belastung, die zu einer zumindest vorübergehenden Verschlechterung der derzeit leichtgradigen depressiven Episode führen könnte, nicht ausschließbar.
12. Mit Schreiben vom 23.07.2019 wurden das BFA und der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und den Parteien eine Frist für allfällige Stellungnahmen eingeräumt.
13. In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 23.08.2019 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich aus dem Gutachten ergebe, dass es insbesondere unter Belastungen zu neuen Suizidgedanken des Beschwerdeführers kommen könne. Aufgrund des schlechten psychischen Zustandes des Beschwerdeführers befinde sich dieser momentan in wöchentlicher Behandlung beim Verein Zebra. Auf Seite 14 des gegenständlichen Gutachtens führte der Beschwerdeführer zudem an, dass er vor einer Woche erfahren habe, dass sein Vater in Afghanistan getötet worden sei. Es seien daher Ereignisse eingetreten, die zum Zeitpunkt der letzten Verhandlung noch nicht eingetreten seien.
Es werde beantragt, eine Frist von vier Wochen zur Einholung eines weiteren Gutachtens zum Beweis der nötigen Therapie und der starken Vulnerabilität des Beschwerdeführers einzuräumen sowie die Durchführung einer ergänzenden mündlichen Verhandlung unter Teilnahme der behandelnden Psychotherapeutin als Zeugin beantragt.
Am 05.09.2019 wurde eine fachliche Äußerung des interkulturellen Beratungs- und Therapiezentrums Zebra vorgelegt, wonach der Beschwerdeführer wöchentlich Therapieeinheiten besuche.
Am 12.09.2019 langte eine Schulbesuchsbestätigung der Freien Waldorfschule XXXX , eine Bestätigung über die Mitgliedschaft in einem Fußballverein sowie ein Empfehlungsschreiben der Caritas ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Muslime. Seine Muttersprache ist Dari. Er ist volljährig, im erwerbsfähigen Alter und arbeitsfähig.
Er stammt aus dem Dorf XXXX , Distrikt XXXX in der Provinz Maidan Wardak. Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan zwei Jahre lang eine Schule in einer Moschee besucht und danach auf Landwirtschaften gearbeitet. Er lebte vor seiner Ausreise aus Afghanistan circa ein Jahr in Kabul und arbeitete dort als Automechaniker.
Der ältere Bruder des Beschwerdeführers wurde im Jahr 2014 von Kutschis mitgenommen und ist nicht mehr zurückgekommen. Als der Vater versuchte, die Kutschis aufzuhalten, erlitt er einen Schädelbruch und eitere Verletzungen. Eine Woche nach diesem Vorfall gingen seine Familienangehörigen nach Kabul, wo sie seither leben.
Der Vater des Beschwerdeführers ist im Jahr 2019 verstorben. Die Mutter, die Schwester und der jüngere Bruder des Beschwerdeführers leben in Kabul im Haus des verstorbenen Onkels des Beschwerdeführers. Der Bruder des Beschwerdeführers arbeitet als Straßenverkäufer und verdient so den Lebensunterhalt der Familie. Zudem leben drei Tanten und ein Onkel väterlicherseits und eine Tante sowie ein Onkel mütterlicherseits in Kabul. Die Mutter des Beschwerdeführers unterzog sich wegen einer Krebserkrankung in Indien einer Operation. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie in Afghanistan, teilweise in größeren Abständen.
1.1.2. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren Krankheiten. Zum Entscheidungszeitpunkt leidet er an einer leichten depressiven Episode. Zudem besteht ein zeitweise schädlicher Gebrauch von Alkohol sowie der Verdacht auf eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp.
Der Beschwerdeführer befindet sich in medizinischer Behandlung, welche bereits zu einer wesentlichen Besserung der Symptomatik geführt hat. Eine regelmäßige Medikamenteneinnahme wurde dem Beschwerdeführer empfohlen. Derzeit besteht keine aktuelle Suizidalität.
1.2. Zur Rückkehrmöglichkeit nach Afghanistan:
Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Maidan Wardak ist nicht zumutbar.
Eine Ansiedlung des Beschwerdeführers in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat ist möglich und zumutbar. Er kann die Städte Kabul, Mazar-e Sharif und Herat (auch über Kabul) von Österreich sicher mit dem Flugzeug erreichen. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen und mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates und in Afghanistan gesprochenen Sprachen vertraut. Der Beschwerdeführer verfügt in Kabul über familiäre Anknüpfungspunkte und hat vor seiner Ausreise aus Afghanistan ungefähr ein Jahr gemeinsam mit seiner Familie in Kabul gelebt. Er hat bislang nicht in Mazar-e Sharif oder Herat gelebt und verfügt in diesen Städten über keine familiären Anknüpfungspunkte. Angesichts seiner Arbeitsfähigkeit könnte sich der Beschwerdeführer in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat eine Existenz aufbauen und diese - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Der Beschwerdeführer ist in der Lage, in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat eine einfache Unterkunft zu finden. Er hat zudem die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Auch könnte er - jedenfalls anfänglich - Unterstützung von seiner Familie (in Kabul) erhalten.
1.3. Zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich:
Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Asylantragstellung am 29.10.2015 in Österreich. Im September 2018 reiste der Beschwerdeführer nach Belgien, wo er einen weiteren Asylanatrag stellte, und kam im April 2019 zurück nach Österreich.
Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich.
Der Beschwerdeführer wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt und ist bisher in Österreich keiner bezahlten Erwerbstätigkeit nachgegangen; er war vor seiner Ausreise aus Österreich im September 2018 und ist auch derzeit Mitglied eines Fußballvereins. Er absolvierte seit Beginn seines Aufenthaltes in Österreich einen Deutschkurs (Niveau A1), nahm an einem Werte- und Orientierungskurs teil und besuchte von 01.12.2017 bis 24.03.2018 ein Gymnasium, welches er freiwillig verließ. Seit Beginn des Schuljahres 2019/2020 besucht er die Freie Waldorfschule XXXX .
Der Beschwerdeführer ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung strafrechtlich unbescholten.
1.4. Zur im konkreten Fall maßgeblichen Lage in Afghanistan:
Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).
Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).
Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).
Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).
Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).
Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 4.436 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Zivile Opfer
Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;
1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).
Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).
Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).
Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).
Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).
Kabul
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).
Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).
In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).
Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).
Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).
Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.
Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul
Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul
Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).
Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).
Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilist/innen und Gefechte) (ACLED 23.2.2018).
Balkh
Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).
Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).
Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:
Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3).
Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).
Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).
Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).
Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).
In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.
Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Balkh
Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).
Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh
Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).
Herat
Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschä