TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/18 I413 2212411-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.12.2019
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Entscheidungsdatum

18.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2

Spruch

I413 2212411-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. KAMERUN, vertreten durch RA Mag. Nadja LORENZ, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich BAL vom 06.11.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.04.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte nach seiner Überstellung von Schweden nach Österreich am 23.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit gesundheitlichen Gründen und seiner Arbeit als Propagandadirektor für den Verein "Southern Cameron National Counsel" begründete.

2. Am 05.06.2018 führte die belangte Behörde die Befragung des Beschwerdeführers durch, anlässlich der er mitteilte, dass es einen Haftbefehl gegen ihn gebe, sein Haus und Büro von der Polizei durchsucht worden sei und deshalb sein Leben in Gefahr sei. Hierzu legte er den ihm von seinem Anwalt übermittelten Haftbefehl vor.

3. Am 11.07.2018 wurde der Beschwerdeführer ergänzend von der belangten Behörde vernommen.

4. Am 16.07.2018 übermittelte René XXXX, Chief Executive Officer der Energetica Industries GmbH, die Antworten der an ihn von der belangten Behörde gestellten Fragen. Zusammengefasst gab er an:

"Herr XXXX hat anscheinend unter Vorspiegelung falscher Tatsachen sich von uns eine fremdenpolizeiliche Einladung erschlichen, welche wir niemals beantragt hätten, wenn wir gewusst hätten, daß er keine geschäftlichen Interessen mit uns hat. Ein Aufenthalt war lediglich für ein paar Tage geplant. Wir haben keinerlei weitere Geschäftsbeziehung zu Hr. XXXX und aufgrund dieser erfolgten Täuschung auch kein weiteres Interesse an einer Zusammenarbeit."

5. Mit Bescheid vom 06.11.2018, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz vom 23.10.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG und gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Kamerun ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kamerun zulässig ist (Spruchpunkt V.) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

6. Gegen diesen am 08.11.2018 zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 03.12.2018 wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, beantragte die Einvernahme von XXXX zum Beweis der Mitgliedschaft der Beschwerdeführers bei SNC Kamerun und zum Beweis dafür, dass es sich beim Mitgliedsausweis um keine Fälschung handelt und beantragte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die amtswegige Aufgreifung von nicht geltend gemachten zu Lasten des Beschwerdeführers gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid bzw die Erteilung eines Verbesserungsauftrages, um die nicht mit der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkte ausführen zu können, die Stattgebung der Beschwerde und Abänderung des Bescheides dahingehend, dass dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz stattgegeben und festgestellt werde, dass ihm der Status des Asylberechtigten zukomme, in eventu Abänderung des Bescheides dahingehend, dass dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz stattgegeben und festgestellt werde, dass ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werde, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend zu ändern, dass die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG erteilt werde, sowie festgestellt werde, dass seine Abschiebung nach Kamerun unzulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise ersatzlos behoben werde, in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

7. Mit Schreiben vom 04.01.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 08.01.2018, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

8. Mit Schreiben vom 10.01.2019 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die Staatendokumentation um Einholung folgender Auskünfte:

"Der Beschwerdeführer gibt an, es bestünde ein Haftbefehl (Anlage 1) gegen ihn. Es wird ersucht abzuklären, ob der beiliegende Haftbefehl - er trägt einen offenkundigen Schreibfehler im Namen des Staates Kamerun - authentisch ist oder nicht. Es wird ersucht zu recherchieren, ob es ein amtliches Dokument/Formular von Haftbefehlen gibt und wie diese aussehen. Der Beschwerdeführer gibt weiters an, Mitglied des SCNC zu sein. Es wird ersucht über einen Vertrauensanwalt zu verifizieren, ob der Beschwerdeführer Mitglied des SCNC ist. Zuletzt wird um Auskunft ersucht, welche Konsequenzen einfachen Mitgliedern des SCNS in Kamerun drohen."

9. Am 11.02.2019 erstattete die Staatendokumentation die Anfragebeantwortung vom 08.02.2019, in der zusammengefasst die Auskunft seitens des Vertrauensanwalts der Österreichischen Botschaft Abuja erteilt wurde, dass der vorgelegte Haftbefehl gefälscht sei, keine Aufzeichnungen, Berichte oder Informationen darüber bestünden, dass das Unternehmen XXXX Probleme mit der Regierung oder ihrer Behörden wegen Steuerbetrug, Geldwäsche, Insolvenz usw hätte und dass auch keine Berichte existierten, dass die Konten des Chief Executive Officers von Unternehmen wegen ihrer Mitgliedschaft in der SCNC gesperrt wurden. Die Regierung sei nicht hinter Beamten der SCNC her, sondern hinter Terroristen, Mörder und Kriminellen, die unter dem Deckmantel der Zugehörigkeit zur SCNC operierten. Spezifisch auf die Frage welche Konsequenzen einfachen Mitgliedern des SCNC drohen konnten nicht gefunden werden. Es konnten lediglich Quellen gefunden werden, welche über Vorfälle berichten, in denen es zu Anspannungen zwischen tatsächlichen oder vermeintlichen Separatisten/Aufständischen und den Sicherheitskräften gekommen sein soll. Somit ist den nachfolgend zitierten Quellen zu entnehmen, dass es seit Beginn der anglophonen Krise zu strafrechtlicher Verfolgung von Teilnehmern von Protestkundgebungen und Mitgliedern des im Jahr 2017 verbotenen "Southern Cameroons National Council" (SCNC) gekommen ist. In einigen Fällen ist es vereinzelt und vorübergehend zu Festnahmen oder Gewaltanwendung der Sicherheitskräfte gegen Oppositionelle, in der Regel im Zusammenhang mit der Planung bzw. Durchführung von nicht genehmigten Demonstrationen gegen die Regierung, gekommen. Zudem kommt es neben Inhaftierungen, auch zu Vorwürfen von Folter in Haft. Allerdings ist es auch zu Verletzen und Todesopfern unter den Sicherheitskräften gekommen. Eine weitere Quelle berichtet, dass es nicht zu systematischer Verfolgung von Oppositionellen im Kamerun kommt, diese sich jedoch nur schwer entfalten können. Darüber hinaus berichtet eine Analyse über die Folgen für die Menschen aus diesen anglophonen Regionen. Viele sind aufgrund der unsicheren Lage aus ihren Häusern oder ins Nachbarland Nigeria geflohen. Eine Reaktion der Regierung auf die Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen im Zuge dieser Ausschreitungen, wird in wenigen Fällen erwähnt. Als Reaktion auf die Lage der Vertriebenen in den Regionen Südwesten und Nordwesten kündigte die Regierung im Juni 2018 an, einem humanitären Soforthilfe-Plan zu erstellen.

10. Am 04.04.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht (in Folge auch BVwG) eine mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer in Anwesenheit seiner Rechtsvertreterin als Partei sowie der Zeuge XXXX einvernommen wurden.

11. Mit Schreiben vom 27.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer zur Wahrung seines Parteiengehörs der aktualisierte Länderbericht für Kamerun übermittelt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, binnen 14 Tagen schriftlich Stellung zu nehmen.

12. Mit Schreiben vom 10.07.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 16.07.2019, erteilte der BF eine Stellungnahme zum aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Kamerun und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Seine Identität steht fest. Er bekennt sich zum christlichen Glauben und gehört der Volksgruppe der Ngie an.

Der Beschwerdeführer ist ledig. Er hat zwei minderjährige Kinder, welche mit ihrer Mutter in den Vereinigten Staaten von Amerika wohnen und an welche er bis zu seiner Ausreise aus dem Kamerun auch Unterhalt leistete; derzeit erbringt er keine Unterhaltsleistungen.

Er ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste aufgrund von Geschäftsbeziehungen legal nach Österreich. Er hält sich seit (mindestens) 23.10.2017 durchgehend in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer pflegt nach wie vor intensiven Kontakt zu seinen Freunden und Verwandten in Kamerun; seine Schwester lebt mittlerweile in den USA, doch sein Bruder und zumindest ein weiterer Cousin leben noch in Kamerun. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer hat in Kamerun Betriebswirtschaft studiert und Kenntnisse in Volkswirtschaft erlangt. Er ist in seinem Herkunftsstaat als Geschäftsmann im Handel tätig gewesen; er hatte eine Baufirma. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Kamerun hat er eine Chance, auch hinkünftig am kamerunischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht auch keine Leistungen von der staatlichen Grundversorgung; eine Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers liegt somit nicht vor.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich zwar keine Deutschprüfung absolviert, doch ist eine Kommunikation mit ihm auf Deutsch gut möglich. Er besucht den Verein der Kameruner, was jedoch nicht für eine Integration in Österreich spricht; darüber hinaus ist er Mitglied einer evangelischen Kirche. Er weist darüber hinaus in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den geltend gemachten Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer reiste aus geschäftlichen Gründen über Schweden am 22.08.2017 nach Österreich ein, wo er sich bis 25.08.2017 aufhielt. Am 25.08.2017 reiste er zurück nach Schweden, wo er einen Asylantrag stellte, doch wurde er von Schweden nach Österreich abgeschoben und stellte der Beschwerdeführer am 23.10.2017 in Österreich gegenständlichen Asylantrag.

Der Beschwerdeführer verließ Kamerun ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen. Bei dem von ihm vorgelegten Haftbefehl handelt es sich um eine Fälschung. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Kamerun einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Nationalität, der Religion, seiner politischen Einstellung oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt gewesen wäre. Im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat Kamerun droht dem Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit weder Folter noch eine unmenschliche Behandlung oder Bestrafung noch die Todesstrafe. Er wird auch nicht im Falle seiner Rückkehr Opfer eines innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen bewaffneten Konfliktes werden.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Kamerun:

Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers werden anhand des aktuellen "Länderinformationsblattes der Staatendokumentation" (Stand 23.03.2017 in der Fassung vom 14.11.2019) zu Kamerun folgende Feststellungen getroffen:

1.3.1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Von 30.9. bis 4.10.2019 fand ein von Präsident Biya vorgeschlagener Nationaler Dialog statt, um den zweijährigen Konflikt zwischen seiner Regierung und anglophonen Separatisten beizulegen, der seit 2017 die Regionen im Nordwesten und Südwesten Kameruns betrifft (ICG 26.9.2019; vgl. TC 20.10.2019, DW 12.11.2019).

Der Präsident hatte die Organisation an Premierminister Joseph Dion Ngute, einen Anglophonen, übertragen. Ngute hat Konsultationen mit einer Vielzahl von Kamerunern aufgenommen. Die meisten sind jedoch nicht anglophon und spielen in den englischsprachigen Regionen des Landes keine große Rolle (ICG 26.9.2019). Wichtige sezessionistische Persönlichkeiten haben die fünftägigen Gespräche boykottiert (DW 12.11.2019; vgl. ICG 26.9.2019). Die Rebellengruppen gaben an, dass sie solchen Verhandlungen nur zustimmen würden, wenn sie in einem fremden Land mit UN-Mediatoren und in Anwesenheit von Weltmächten wie den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und Deutschland stattfinden würden (VN 2.10.2019). Wichtige Mitglieder der anglophonen separatistischen Bewegung, die in der Diaspora leben, nahmen nicht teil (TC 20.10.2019).

Dennoch gaben die Teilnehmer eine Reihe von Empfehlungen ab, um zu versuchen, den Frieden wiederherzustellen (DW 12.11.2019). Während des nationalen Dialogs wurden acht Kommissionen gebildet, um auf die Beschwerden der englischsprachigen Kameruner zu reagieren (TC 20.10.2019). Eine Empfehlung lautet, den Regionen Südwesten und Nordwesten einen "Sonderstatus" einzuräumen, um laut Angaben des Präsidenten, "die Besonderheit der anglophonen Region anzuerkennen und gleichzeitig die territoriale Integrität des Landes zu respektieren". Es ist jedoch noch nicht klar, wie dieser Sonderstatus aussehen könnte und wann er umgesetzt wird (DW 12.11.2019; vgl. TC 20.10.2019).

Weitere Vorschläge aus dem Nationalen Dialog, die in gewisser Weise zur Lösung anglophoner Probleme beitragen sollen, umfassen auch die Namensänderung des Landes in die Vereinigte Republik Kamerun, die Wiederherstellung des Hauses der traditionellen Häuptlinge, die Wahl der lokalen Gouverneure und die rasche Integration von ehemaligen Kämpfern (TC 20.10.2019).

Präsident Biya, der seit 1982 autoritär regiert, begrüßte die Beschlüsse des Dialogs als "reich und vielfältig" und versprach, dass sie "Gegenstand einer aufmerksamen und sorgfältigen Prüfung im Hinblick auf ihre Umsetzung" sein werden. George Ewane, der Sprecher des nationalen Dialogs, sagte, dass 58 Kämpfer Anfang November 2019 ihre Waffen im Südwesten niedergelegt hätten (AN 1.11.2019). Eine Expertengruppe hat den Inhalt des Sonderstatus ausgearbeitet (JdC 12.11.2019; vgl. AN 1.11.2019) und der Gesetzentwurf soll dem Parlament in der nächsten Wahlperiode vorgelegt werden (AN 1.11.2019).

Die Krise begann Ende 2016 als Protest gegen die staatliche Diskriminierung anglophoner Menschen in den Bereichen Bildung und Gesetzgebung. Sie wurde schnell zu einembewaffneten Konflikt, als die Sicherheitskräfte die Proteste niederschlugen und einige anglophone Separatisten den unabhängigen Staat "Ambazonia" ausriefen und die Waffen gegen den Staat erhoben (IGC 26.9.2019; vgl. DW 30.9.2019). Seit 2017 kämpfen Rebellen gegen Sicherheitskräfte, wobei beide Seiten Berichten zufolge Verbrechen gegen die Bevölkerung begehen (ICG 26.9.2019; vgl. DW 30.9.2019). Die Gewalt hat rund 3.000 Menschenleben gefordert, eine halbe Million Menschen innerhalb Kameruns vertrieben, weitere 40.000 zur Flucht nach Nigeria gezwungen, 700.000 Kinder in ihren Heimatgebieten der Schulbildung beraubt und jeder dritte Mensch in den anglophonen Regionen ist auf humanitäre Hilfe angewiesen (ICG 26.9.2019).

Analysten meinen, dass die Vorschläge des Nationalen Dialoges die Krise nicht lösen werden, da sie sich nicht mit den Kernfragen der Separatisten Kameruns befassen (TC 20.10.2019). Weder die Separatisten noch die Regierung haben bisher viel Interesse an Versöhnung gezeigt (ICG 26.9.2019). Separatistenkämpfer, die als die Amba-Boys bekannt sind, haben geschworen, weiter zu kämpfen, bis "Ambazonia befreit ist" (TC 20.10.2019).

Laut anglophonen Aktivisten sei die Bevölkerung in den Krisengebieten auch nach dem Dialog weiterhin mit den gleichen Realitäten konfrontiert wie vor dem Dialog. Die anglophone Bevölkerung habe kein Vertrauen mehr in die Regierung und der Dialog scheint keine neue und dauerhafte Lösung für die Forderungen der Anglophonen nach der Gestaltung des Staates gebracht zu haben (AN 1.11.2019).

Quellen:

AN - Africa News (1.11.2019): Has Cameroon's national dialogue delivered solutions to Anglophone crisis?, https://www.africanews.com/2019/11/01/has-cameroon-snational-dialogue-delivered-solutions-to-anglophone-crisis/, Zugriff 13.11.2019

DW - Deutsche Welle (12.11.2019): France's Macron urged to take action in Cameroon Anglophone crisis, https://www.dw.com/en/frances-macron-urged-to-takeaction-in-cameroon-anglophone-crisis/a-51215741, Zugriff 13.11.2019

DW - Deutsche Welle (30.9.2019): Kamerun: Dialog mit ungewissem Ausgang,

https://www.dw.com/de/kamerun-dialog-mit-ungewissem-ausgang/a-50641890, Zugriff 13.11.2019

ICG - International Crisis Group (26.9.2019): Cameroon's Anglophone Dialogue: A Work in Progress,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2017247/26-sept-19-cameroonanglophone-dialogue.pdf, Zugriff 13.11.2019

JdC - Journal du Cameroun (12.11.2019): Cameroon: Anglophone working group outlines content for Special Status, https://www.journalducameroun.com/en/cameroon-anglophone-working-groupoutline-contents-for-special-status/, Zugriff 13.11.2019

TC - The Conversation (20.10.2019): Why Cameroon must move beyond dialogue to solve its Anglophone crisis, https://theconversation.com/why-cameroon-must-movebeyond-dialogue-to-solve-its-anglophone-crisis-125241, Zugriff 13.11.2019

VN - Vatican News (2.10.2019): National Dialogue in Cameroon goes on without the Separatists,

https://www.vaticannews.va/en/africa/news/2019-10/national-dialogue-incameroon-goes-on-without-the-separatists.html, Zugriff 13.11.2019

1.3.2. Politische Lage

Kamerun ist eine Präsidialrepublik. Zwar kann die Staatsform als semipräsidentiell bezeichnet werden, dh es gibt neben dem Präsidenten als zweite Exekutivgewalt den Regierungschef (= Premierminister), dessen Regierung dem Parlament verantwortlich ist, aber die Verfassung sichert dem Staatspräsidenten - seit 1982 ist dies Paul Biya - eine überragende Stellung (GIZ 2.2017a; vgl USDOS 3.3.2017). Legislative und Justiz haben nur geringe Kontrolle über die Exekutive (BS 2016).

Das Land wird seit 1966 von der Partei "Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais" (RDPC, bis 1985 "Union Nationale Camerounaise") regiert. Staatspräsident Paul Biya (82 Jahre) regiert seit 1982. Die nächsten Präsidentenwahlen finden turnusgemäß 2018 statt. Nach Einführung des Mehrparteiensystems fanden 1992 zum ersten Mal Parlaments- und Präsidentenwahlen statt. Diese und nachfolgende Wahlen verliefen nicht ganz regulär. Die seit 1996 geltende Verfassung ist eine Präsidialverfassung nach französischem Vorbild und sieht die Schaffung eines Verfassungsgerichts vor, was allerdings bis heute nicht geschehen ist. Das politische System Kameruns ist auf den Präsidenten ausgerichtet, der die verschiedenen politischen, ethnischen und regionalen Kräfte im Lande so an der Macht beteiligt, dass sie in einer effizient austarierten Balance verharren (AA 9.12.2016).

Die jetzt gültige Verfassung ist die 3. seit dem Erlangen der Unabhängigkeit im Jahr 1960. Diese 3. Verfassung wurde unter Biya inzwischen dreimalig einer Revision unterzogen: 1984, in der Phase der Machtkonsolidierung Biyas, wurde der Staat in "Republik Kamerun" umbenannt und die Provinzgrenzen neu gezogen. 1996 wurden die Weichen für eine moderate Dezentralisierung gestellt. So wurde die Einrichtung einer zweiten Parlamentskammer (Senat) beschlossen und die Amtszeit des Staatspräsidenten auf sieben Jahre, mit einmaliger Möglichkeit der Wiederwahl, festgesetzt. 2008 kam es zur vorläufig letzten Verfassungsänderung: die RDPC /CPDM nutzte ihre breite Parlamentsmehrheit und beschloss sowohl eine unbeschränkte Amtszeit des Präsidenten, als auch dessen Immunität über die Zeit der Präsidentschaft hinaus (GIZ 2.2017a).

Bei den letzten Präsidentschaftswahlen Anfang Oktober 2011 wurde Paul Biya mit deutlicher Mehrheit im Amt bestätigt und bleibt damit kamerunischer Präsident für die nächsten sieben Jahre. Paul Biya erhielt 78 % der Stimmen. Gemäß offiziellen Angaben soll die Wahlbeteiligung bei 65 % gelegen haben (GIZ 2.2017a; vgl. BS 2016). Mit ihren 22 Präsidentschaftskandidaten landete die Opposition weit abgeschlagen. Der Ausgang dieser Wahl war kaum überraschend, im Land herrscht Resignation hinsichtlich eines demokratischen Wandels vor, scharfe Kritik wird vor allem von den im Ausland lebenden Kamerunern geäußert (GIZ 2.2017a).

Parlaments- und Kommunalwahlen werden zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen abgehalten. Nach wiederholter Wahlterminverlegung (die Opposition hatte immer wieder Reformen des Wahlverfahrens angemahnt) fanden am 30. September 2013 die bislang letzten Parlaments- und Kommunalwahlen statt; - mit wenig überraschendem Ergebnis: Die RDPC/CPDM behauptete sich mit Abstand (GIZ 2.2017a). Ihr gehören 148 (zuvor 152) der 180 Abgeordneten an. Als größte Oppositionspartei stellt die SDF (Mitglied der Sozialistischen Internationale) 18 Abgeordnete, während 5 kleinere Parteien insgesamt 14 Sitze erhielten. Die Kommunalwahlen entschied die RDPC ebenfalls klar für sich: Sie kann in 305 Kommunen allein regieren, die Oppositionsparteien lediglich in 24 (AA 9.12.2016).

Am 14.4.2013 wurden zum ersten Mal Senatoren für die 2.Kammer gewählt - 17 Jahre nach Schaffung der verfassungsrechtlichen Grundlagen. Großer Gewinner war die RDPC/CPDM (GIZ 2.2017a; vgl. AA 9.12.2016). Senatspräsident ist der 81-jährige Marcel Niat Njifendji, ex-Vizepremierminister. Er würde im Falle der Amtsunfähigkeit des Staatspräsidenten übergangsweise dessen Amtsgeschäfte führen (AA 9.12.2016).

Die über 200 Parteien bieten kaum politische Alternativen: Die meisten Oppositionsparteien, so auch die SDF, kranken an ähnlich überkommenen Strukturen wie die Regierungspartei RDPC. Parteigründer sind oftmals gleichzeitig ewige Vorsitzende (in einigen Fällen inzwischen deren Söhne) und führen ihre Partei in autokratischem Stil. Zudem stützen sich die meisten Oppositionsparteien auf eine regionale Hochburg (meist der Herkunftsort des Vorsitzenden). So auch die SDF: 13 ihrer 18 Parlamentssitze errang sie in der anglophonen Region Nord-West, aus der Parteigründer und Vorsitzender John Fru Ndi (74 Jahre) stammt (AA 9.12.2016).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Cameroon Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Cameroon.pdf, Zugriff 9.3.2017

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 9.3.2017

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html, Zugriff 9.3.2017

1.3.3. Sicherheitslage

Für den Großteil des Staatsgebiets Kameruns wird seitens des französischen Außenministeriums bzgl. Reisen nicht abgeraten. Abgeraten wird lediglich von Reisen in die Grenzgebiete zu Nigeria, dem Tschad und der zentralafrikanischen Republik; in die Provinz Extrême-Nord und den nördlichen Teil der Provinz Nord. Reisen in die Provinzen Nord und Adamoua sollten nur unternommen werden, wenn diese dringend notwendig sind (FD 17.3.2017b). In den englischsprachigen Regionen um die Städte Bamenda und Buea kommt es nach Streiks von Teilen der anglophonen Bevölkerung zu gewalttätigen Demonstrationen und Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, die bereits mehrere Todesopfer und Verletzte gefordert haben. Das österreichische Außenministerium warnt ausdrücklich vor Reisen in den Norden des Landes. Reisen in die Grenzgebiete zum Tschad und zur zentralafrikanischen Republik sollen nur unternommen werden, wenn diese dringend notwendig sind. Die Lage ist gespannt und unsicher und kann sich innerhalb kürzester Zeit verschlechtern. Das Risiko von Überfällen durch gewalttätige Straßenräuber sowie Entführungen ist besonders hoch. In den letzten Jahren wurden mehr als 20 ausländische Staatsangehörige im Norden des Landes entführt (BMEIA 17.3.2017).

Derzeit steht Kamerun vor großen Herausforderungen, da sich das Umfeld in den Nachbarländern Zentralafrikanische Republik und Nigeria destabilisiert hat. An der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik ist es seit Ausbruch der Seleka-Rebellion im Dezember 2012 mehrfach zu bewaffneten Übergriffen auf kamerunische Orte gekommen. Seit Beginn der Rebellion sind über 259.000 Flüchtlinge aus der Zentralafrikanischen Republik in Kamerun eingetroffen (AA 9.12.2016). Das Grenzgebiet mit der Zentralafrikanischen Republik gilt wegen dieser grenzüberschreitender Übergriffe bewaffneter Gruppen der dortigen Rebellen als unsicher (AA 17.3.2017; vgl FH 2016). Es kam dort auch zu Gefechten zwischen zentralafrikanischen Rebellen und kamerunischen Kräften (FH 2016).

In der Provinz Extrême-Nord, die an die Hochburg der Boko Haram in Nigeria grenzt, kommt es zu wiederholten Einfällen der Extremisten (FH 2016). Im Norden Kameruns, besonders in der Region Extreme-Nord, bedrohen Übergriffe von Boko Haram die Stabilität. Die Regierung geht ua mit Militäreinsätzen gegen die Bedrohung vor. Vor allem in der Region Extrême-Nord sind fast 59.000 Menschen aus Nigeria geflüchtet (AA 9.12.2016).

In der Provinz Extrême-Nord besteht ein hohes Entführungsrisiko für Ausländer. An der Grenze zu Nigeria und in Maroua, der Hauptstadt der Region Extrême-Nord, ist es zu Selbstmordanschlägen mit zahlreichen Todesopfern gekommen (AA 17.3.2017; vgl. FD 17.3.2017a). Auch in den Grenzgebieten zu Nigeria in den Provinzen Nord und Adamaoua können terroristische Aktivitäten vorkommen (FD 17.3.2017b). Laut einem Bericht der International Crisis Group wurden im Zuge der Angriffe durch Boko Haram, seit März 2014, 1.500 Menschen getötet und 155.000 verdrängt (IRIN 11.1.2017). Boko Haram war vor allem in der Region Extrême-Nord für Menschenrechtsverstöße verantwortlich (AI 22.2.2017).

Gewarnt wird darüber hinaus vor Reisen zur Halbinsel Bakassi und Umgebung aufgrund fortdauernder Sicherheitsprobleme. Im gesamten Golf von Guinea gibt es Bandenunwesen. In der Vergangenheit gab es Überfälle und Geiselnahmen auf Küstenorte, Fischkutter, Öltanker oder Ölplattformen (AA 17.3.2017; vgl BMEIA 17.3.2017).

Die allgemeine Sicherheitslage ist vor allem in den Städten bzw. auf den Überlandstraßen von zunehmender Gewaltkriminalität gekennzeichnet (GIZ 2.2017a). In den Regionen Nord und Adamaoua sowie in den Grenzgebieten zu Nigeria und Tschad kommt es vermehrt zu gewalttätigen Raubüberfällen (AA 17.3.2017).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 17.3.2017

AA - Auswärtiges Amt (17.3.2017): Kamerun: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KamerunSicherheit_node.html, Zugriff 17.3.2017

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/336459/479100_de.html, Zugriff 17.3.2017

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (17.3.2017): Reiseinformation Kamerun, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kamerun/, Zugriff 17.3.2017

FD - France Diplomatie (17.3.2017a): Cameroun - Conseils aux voyageurs - Dernière minute,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/cameroun/#derniere, Zugriff 17.3.2017

FD - France Diplomatie (17.3.2017b): Cameroun - Conseils aux voyageurs - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/cameroun/#securite, Zugriff 17.3.2017

FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon, Zugriff 19.8.2015

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 17.8.2015

IRIN - Integrated Regional Information Network (10.8.2015): Boko Haram still a threat to refugees in Cameroon, http://www.irinnews.org/feature/2017/01/11/boko-haram-still-threat-refugees-cameroon, Zugriff 17.3.2017

1.3.4. Rechtsschutz/Justizwesen

Das kamerunische Rechtssystem ist uneinheitlich. Neben der traditionellen Rechtsprechung, die für jede Volksgruppe spezifisch ist, existiert das moderne Recht, das bis vor kurzem, sowohl von der britischen (common law) als auch von der französischen Rechtskultur (Code Napoléon) bestimmt worden war, bis das Parlament 2006 eine Harmonisierung des Strafgesetzbuchs verabschiedete. Moderne Gerichte gibt es auf Arrondissements-Ebene (tribunal de première instance) und Départements-Ebene (tribunal de grande instance), Berufungsgerichte auf Provinzebene (cour d¿appel). Probleme bereiten der absolute Mangel an Gerichten, die Bestechlichkeit von Richtern, die Konzentration der Rechtsanwaltsbüros auf Douala und Yaoundé, die mangelnde Unabhängigkeit der Gerichte von der Exekutive und die Blockierung der Gerichte in Douala und Yaoundé aufgrund von Richtermangel (GIZ 2.2017).

Das Justizsystem ist überlastet; manche Richter und Staatsanwälte sind unterqualifiziert oder infolge ihrer geringen Gehälter bestechlich. Rechtsstaatliche Verfahren sind nicht durchgängig gewährleistet. Allerdings hat sich der Justizminister in den vergangenen Jahren mit Informationskampagnen und Fortbildungsseminaren um die Weiterbildung der Richter bemüht. In der Praxis wird das neue Strafprozessrecht jedoch von den Behörden zumeist nur angewendet, wenn die Betroffenen dies einfordern. Dies setzt einen gewissen Kenntnisstand der Gesetzeslage voraus, den jedoch nur eine Minderheit der Bevölkerung aufweist (AA 9.12.2016).

Die gravierenden Schwächen des Rechtssystems betreffen alle Bürger gleichermaßen und sind vor allem in Korruption, mangelhafter Aus- und Fortbildung sowie Überlastung begründet. Sippenhaft ist nicht vorgesehen. Der Justizapparat ist in Kamerun schwerfällig und zeigt wenig Einsatzbereitschaft; dies gilt auch bei Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen. Manche Staatsanwälte und Richter sind bestechlich und beeinflussbar. Am 1.1.2007 trat das erstmals landesweit einheitliche Strafprozessrecht in Kraft, das die Rechte der Beschuldigten präzisiert und stärkt. Darüber hinaus wurde ein Recht auf Entschädigung im Fall unangemessen langer Untersuchungshaft eingeführt. Viele Betroffene scheuen jedoch den - insbesondere für Laien komplizierten - administrativen Aufwand (AA 9.12.2016).

Die vor allem in den ländlichen Gegenden praktizierte Justiz traditioneller Autoritäten ist weder verfassungsrechtlich legitimiert, noch unterliegen die daraus folgenden Entscheidungen und Handlungen einer staatlichen Kontrolle. Dieses traditionelle Rechtssystem benachteiligt vor allem Frauen und Kinder. Häufig gibt es Machtmissbrauch der traditionellen Autoritäten (Clanchefs usw.). Im Norden des Landes unterhalten einige "Könige" ("Lamido") Privatgefängnisse, in denen mutmaßliche Kriminelle bis zum Abtransport in staatliche Gefängnisse in Haft genommen und dabei mitunter misshandelt werden. Diese "Könige" sind zudem traditionelle Gerichtsherren, die auch eine körperliche Bestrafung anordnen können (AA 9.12.2016).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 15.3.2017

1.3.5.Sicherheitsbehörden

Die Gendarmerie Nationale ist die nationale Polizei. Sie hat militärischen Charakter und ist Teil der Streitkräfte. Sie interveniert im nichtstädtischen Bereich, also auf dem Lande. Dagegen untersteht die Police Nationale dem Innenministerium (GIZ 2.2017a). Verhaftungen werden von der Gendarmerie und den verschiedenen Untergliederungen der Polizei ausgeführt: allgemeine Polizei (Sécurité publique), Inlandsgeheimdienste (Renseignements Généraux, Surveillance du Territoire), Kriminalpolizei (Police Judiciaire), Grenzpolizei (Police des Frontières) sowie von der Spezialeinheit GSO (Groupement Spécial d'Opérations) (AA 9.12.2016). Letztere ist eine Eliteeinheit der Polizei. Es gibt auch Spezialeinheiten zur Bekämpfung von Straßenräubern, wie die im März 1998 gegründete Brigade Anti-Gang (auch: Groupement mobile d'intervention GMI, unités antigangs), das 2000 gegründete Commandement Opérationnel (CO, auch: special oder operational command) oder die seit 2006 im Einsatz befindliche Brigade d'intervention rapide (BIR) (GIZ 2.2017a). Auch die Militärpolizei darf Verhaftungen durchführen, wenn sie im Rahmen von Unruhen eingesetzt wird. Der Auslandsgeheimdienst DGRE, der auch im Inland eingesetzt wird, nimmt in Einzelfällen ebenfalls Verhaftungen vor (AA 9.12.2016).

Probleme der Polizeikräfte sind zunehmende Gewalt und Banditentum auf der einen, Korruption, willkürliche Verhaftungen und Folter auf der anderen Seite (GIZ 2.2017a). Die Sicherheitskräfte sind zum Teil schlecht ausgebildet, bezahlt und ausgerüstet (AA 9.12.2016).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 9.3.2017

1.3.6. Folter und unmenschliche Behandlung

Das Gesetz vom 10.1.1997 hat den Straftatbestand Folter mit Todes- oder Gesundheitsfolgen in das Strafgesetzbuch eingeführt (Art 132 ff). Unmenschliche und erniedrigende Strafen sind weder im Strafgesetzbuch vorgesehen, noch werden sie verhängt bzw. vollstreckt (AA 9.12.2016).

In der Praxis kommen Misshandlungen (AA 9.12.2016) und Folter (USDOS 3.3.2017) vor. Dabei handelt es sich meist um Schikanen durch Gefängniswärter, Polizisten oder Angehörige der Geheimdienste und der Gendarmerie (AA 9.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). In schwer verifizierbaren Einzelfällen soll es zu Misshandlungen zwecks Erpressung von Geständnissen gekommen sein. Über ein derartiges systematisches Vorgehen der Sicherheitsbehörden oder des Gefängnispersonals liegen keine Erkenntnisse vor (AA 9.12.2016).

Es kommt zu willkürlicher und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte. Übergriffe der Sicherheitskräfte werden in der Regel nicht angemessen verfolgt. Systematische Gewaltanwendung gegen bestimmte Gruppen ist allerdings nicht feststellbar (AA 9.12.2016). Auch wenn die Regierung einige Schritte ergriffen hat, um Täter zu verfolgen und zu bestrafen, so agieren diese auch weiterhin meist ungestraft (USDOS 3.3.2017).

Im Rahmen des Kampfes gegen Boko Haram werden den kamerunischen Sicherheitskräften massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (AA 9.12.2016). Vor allem in Zusammenhang mit dem Kampf gegen Boko Haram sind Sicherheitskräfte für Menschenrechtsverletzungen einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Verschwinden lassen, willkürlicher Festnahmen sowie Inhaftierungen ohne Rechtsgrundlage verantwortlich (AI 22.2.2017).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/336459/479100_de.html, Zugriff 15.3.2017

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html, Zugriff 9.3.2017

1.3.7. Korruption

Zwar gibt es Gesetze gegen Korruption, diese werden aber weder effektiv noch einheitlich umgesetzt (USDOS 3.3.2017). Es herrscht systematische Korruption. Bestechung ist in allen Sektoren und Ebenen gängig (FH 2016; vgl. USDOS 3.3.2017). 1998 und 1999 galt Kamerun gar als korruptestes Land der Welt. In den letzten Jahren wurde Kamerun durch andere Länder von dieser Stelle verdrängt. Korruption bzw. deren Bekämpfung bleibt nach wie vor Thema in Kamerun. Die 2006, nach diversesten Anti-Korruptionskampagnen, gegründete Commission Nationale Anti-Corruption (CONAC) tut ihre Arbeit und veröffentlicht jährliche Berichte (GIZ 2.2017a).

Im von Transparency International 2015 veröffentlichten Korruptionswahrnehmungsindex liegt Kamerun auf dem 130. Platz von 168 bewerteten Ländern (AA 11.2016b; vgl. FH 2016) Angehörige der Sicherheitskräfte missbrauchen in vielen Fällen ihre Machtposition zum persönlichen Vorteil. Die Bevölkerung hat zu wenig Vertrauen in das Gerichtswesen, um den Rechtsweg gegen solche Übergriffe zu beschreiten. Symptomatisch ist das Vorgehen von Straßenverkehrspolizisten, die von vielen Verkehrsteilnehmern an Kontrollpunkten und Straßensperren wegen tatsächlicher oder angeblicher Vergehen Bestechungsgelder kassieren. Willkürliche Polizeiaktionen bis hin zu Verhaftungen zwecks Erpressung von Bestechungsgeldern und unverhältnismäßige Gewaltanwendung kommen weiterhin vor (AA 9.12.2016; vgl USDOS 3.3.2017). Manchmal werden Polizisten wegen Korruption bestraft (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Kamerun - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kamerun/Wirtschaft_node.html, Zugriff 15.3.2017

FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon, Zugriff 15.3.2017

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 15.3.2017

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html, Zugriff 9.3.2017

1.3.8. Ombudsmann

Die Nationale Kommission für Menschenrechte und Freiheiten (CNDHL - das Comité National des Droits de l'Homme et des Libertés) verfolgt Menschenrechtsverletzungen und prangert Haftbedingungen an. Im Rahmen ihrer begrenzten Spielräume veröffentlicht sie einen jährlichen Bericht (AA 9.12.2016) Insgesamt wird die Kommission unter Berücksichtigung der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen als effektiv beschrieben (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html, Zugriff 9.3.2017

1.3.9. Allgemeine Menschenrechtslage

Das Bewusstsein für Menschenrechte und Menschenrechtsverletzungen ist in der Gesellschaft nur eingeschränkt ausgeprägt, obwohl sich zahlreiche Menschenrechtsorganisationen für eine Sensibilisierung von Bevölkerung und Regierung in diesem Bereich engagieren. Der Justizapparat ist schwerfällig und zeigt wenig Einsatzbereitschaft. Dies gilt auch bei Ermittlungen bezüglich Menschenrechtsverletzungen und beim Schutz von Menschenrechtsverteidigern (AA 9.12.2016).

Die Verfassung von 1996 garantiert die Grundrechte im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948, der Charta der Vereinten Nationen vom 26.06.1945 und der Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker vom 26.06.1981. Kamerun ist an folgende Menschenrechtsabkommen gebunden:

-

Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 7.3.1966, ratifiziert am 24.6.1971;

-

Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966, ratifiziert am 27.9.1984;

-

internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966, ratifiziert (durch Beitritt) am 27.6.1984;

-

Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18.12.1979, ratifiziert am 23.8.1994;

-

Fakultativprotokoll zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, ratifiziert am 7.1.2005;

-

Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989, ratifiziert am 11.1.1993;

-

Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vom 10.12.1984, ratifiziert am 19.12.1986;

-

Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker vom 26.6.1981, ratifiziert am 21.10.1981 (AA 9.12.2016).

Kamerun durchlief am 01.05.2013 nach 2009 zum zweiten Mal das Universelle Periodische Überprüfungsverfahren des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen in Genf. Diese bezogen sich auf das Verbot von weiblicher Genitalverstümmelung, die Verbesserung der Situation in Haftanstalten, die Realisierung einer faktischen Gleichheit aller Bürger insbesondere im Arbeitsmarkt und eine Reform des rechtlichen Rahmenwerks im Mediensektor. Das dritte Überprüfungsverfahren für Kamerun ist für das Frühjahr 2018 geplant. Staatliche Repressionen aufgrund Nationalität, Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder Ethnie sind nicht bekannt. Diskriminierung aufgrund von Rasse, Sprache, Geschlecht oder sozialem Status ist durch die Verfassung verboten. Die freie sexuelle Orientierung zählt in Kamerun nicht zu den Grundrechten (AA 9.12.2016).

Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme im Land sind Folter und Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte (AI 22.2.2017; FH 2016; vgl USDOS 9.12.2016), vor allem von Häftlingen; Mangel an fairen und schnellen Gerichtsverfahren und lebensbedrohliche Haftbedingungen. Andere bedeutende Menschenrechtsmissachtungen sind willkürliche Festnahmen, überlange Untersuchungshaft und Verstöße gegen die Privatsphäre. Die Regierung belästigt Journalisten und schränkt die Bewegungs-, Meinungs- und Pressefreiheit ein (AI 22.2.2017; vgl USDOS 9.12.2016).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/336459/479100_de.html, Zugriff 15.3.2017

FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon, Zugriff 15.3.2017

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html, Zugriff 9.3.2017

1.3.10. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

Obwohl die Verfassung Versammlungsfreiheit garantiert, schränkt die Regierung dieses Recht in der Praxis ein (USDOS 3.3.2017; vgl AA 9.12.2016; vgl FH 2016). Die Rechte auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wurden nach wie vor unterdrückt (AI 22.2.2017). Versammlungen werden zum Teil nicht genehmigt bzw. gewaltsam aufgelöst. In diesem Zusammenhang kommt es auch zu vorübergehenden Festnahmen. Im Wahljahr 2013 wurden mehrere Veranstaltungen regierungskritischer Organisatoren (Podiumsdiskussionen, Pressekonferenzen) verboten und vereinzelt gewaltsam aufgelöst. Als Grund wurde zumeist die Gefährdung der öffentlichen Ordnung angeführt (AA 9.12.2016).

Organisatoren von öffentlichen Versammlungen, Demonstrationen oder Prozessionen sind gesetzlich dazu verpflichtet, Behördenvertreter vorab darüber zu informieren. Gesetzlich ist eine vorherige Zustimmung der Regierung jedoch nicht vorgesehen. Amtsträger behaupten dennoch regelmäßig, dass das Gesetz implizit eine behördliche Bewilligung von öffentlichen Veranstaltungen erfordert. Folglich verweigert die Regierung häufig die Bewilligung von Veranstaltungen bzw. wendet sie Gewalt an, um nicht genehmigte Veranstaltungen zu unterbinden (USDOS 3.3.2017).

Obwohl die Verfassung Vereinigungsfreiheit garantiert (USDOS 3.3.2017; vgl AA 9.12.2016), schränkt die Regierung dieses Recht in der Praxis ein (USDOS 3.3.2017; vgl AA 9.12.2016; vgl BS 2016). Vereinigungsfreiheit ist in der Praxis besser garantiert als Versammlungsfreiheit (BS 2016). Gesetzlich sind Organisationen nicht zulässig, die sich gegen die Verfassung, die Gesetzte, die Moral richten; oder sich gegen die territoriale Integrität, die nationale Einheit, die nationale Integration oder die Republik stellen (USDOS 25.6.2015).

Trotz Mehrparteiensystems - Kamerun weist einen außerordentlichen Parteienreichtum auf - und mehr oder minder ordentlichen Wahlen, wird die kamerunische Politik durch den Präsidenten und 'seine' Partei, die RDPC/ CPDM, die ehemalige Einheitspartei, dominiert (GIZ 2.2017a; vgl BS 2016). Die meisten Oppositionsparteien sind desorganisiert und taktisch schwach (BS 2016). Politische Auseinandersetzungen finden kaum im parlamentarischen Rahmen statt, da die Assemblée Nationale/National Assembly inzwischen weitgehend von der RDPC/CPDM beherrscht wird (GIZ 2.2017a).

Beliebig datierte Partei- und Mitgliedsausweise können günstig auf dem Markt erworben werden. Parteiregister belegen nur die Zahlung des Mitgliedsbeitrages; von einem politischen Engagement kann allein aufgrund eines Mitgliedsausweises oder eines Parteiregisterauszugs nicht ausgegangen werden (AA 9.12.2016).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf, Zugriff 15.3.2017

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/336459/479100_de.html, Zugriff 15.3.2017

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Cameroon Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Cameroon.pdf, Zugriff 9.3.2017

FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon, Zugriff 15.3.2017

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 15.3.2017

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html, Zugriff 9.3.2017

1.3.11. Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in kamerunischen Gefängnissen sind sehr schlecht (AA 9.12.2016; vgl FH 2016; vgl. USDOS 3.3.2017) und lebensbedrohlich (FH 2016; vgl. USDOS 3.3.2017), unterscheiden sich aber nach Einkommen bzw. Vermögen der Inhaftierten (AA 10.2.2015). Sie sind durch Mangel an sauberem Trinkwasser, Nahrungsmitteln, Hygiene und medizinischer Versorgung geprägt (AA 9.12.2016; vgl USDOS 3.3.2017), wodurch es auch zu Todesfällen kommt (USDOS 3.3.2017). Die Gefängnisse sind zum Teil um ein Vielfaches ihrer eigentlichen Kapazität überbelegt (AA 10.2.2015; vgl FH 2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Zwei Drittel der Insassen sind Untersuchungshäftlinge (AA 9.12.2016).

In kleineren Gefängnissen drohen Unterernährung und mangelnde medizinische Versorgung. Die Unterbringung ist dort jedoch insgesamt besser als in den größeren Zentralgefängnissen (AA 9.12.2016). Allerdings sind in den kleineren Gefängnissen Frauen und Jugendliche nicht von den übrigen Gefangenen getrennt untergebracht; dies kann auch in großen Gefängnissen vorkommen (AA 9.12.2016; vgl USDOS 3.3.2017). Misshandlungen und Vergewaltigungen von Häftlingen - in der Mehrzahl der Fälle durch Mithäftlinge, jedoch auch durch das Gefängnispersonal - kommen immer wieder vor (AA 9.12.2016; vgl FH 2016). Frauengefängnisse, wie etwa in Nfou, sind manchmal mit mehr Männern als Fra

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