TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/16 W271 2170638-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.01.2020
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Entscheidungsdatum

16.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W271 2170638-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX (alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: "BF"), ein afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, stellte am XXXX bei einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes des XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei der am XXXX durchgeführten Erstbefragung gab der BF im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu im Wesentlichen Folgendes an:

Er sei am XXXX in Kabul geboren worden, habe dort vier Jahre lang eine Schule besucht und danach gearbeitet. Der BF spreche Dari als Muttersprache und könne die Sprache lesen sowie schreiben. Im Herkunftsland verfüge er über eine Familie: Diese bestehe aus seinen Eltern (Vater: " XXXX "; Mutter: " XXXX "), fünf Brüdern und vier Schwestern, denen es finanziell schlecht gehe und die keine Grundstücke, Ländereien, Geschäfte etc. besitzen würden. Weitere Familienangehörige im Herkunftsland oder einem Drittstaat nannte der BF nicht. Die Familie des BF bestritt den Lebensunterhalt durch die Arbeit des BF.

Als Fluchtgrund führte der BF im Wesentlichen an, dass er eine Frau geliebt habe und ihr Bruder ihn bedroht habe. Deshalb habe der BF Afghanistan verlassen; ansonsten habe er keine Fluchtgründe.

3. Am XXXX erfolgte die Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: "BFA") in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari und einer gesetzlichen Vertretung des BF. Die Frage, ob die Angaben im Rahmen der Erstbefragung richtig, vollständig und wahrheitsgetreu seien, bejahte der BF.

Dieser führte in der Befragung an, sein Geburtsdatum nicht zu kennen (er glaube jedoch, bald XXXX Jahre alt zu werden).

4. Am XXXX übermittelte die XXXX eine Berichterstattung betreffend den BF zur Kenntnisnahme (Vorwurf der versuchten geschlechtlichen Nötigung; der Abschlussbericht folgte am XXXX ).

Der BF machte im Zuge der Beschuldigteneinvernahme vom selben Tag die Angabe, am XXXX in Logar geboren worden zu sein und sechs Jahre lang eine Schule besucht zu haben. Die Vornamen seine Eltern würden " XXXX " und " XXXX " lauten.

5. Am XXXX fand eine weitere Einvernahme des BF vor dem BFA in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari statt. Die Frage, ob es im bisherigen Verfahren Probleme dem Protokoll gegeben habe, bejahte der BF: Es sei falsch verzeichnet worden, wo dieser geboren worden sei, wie er Afghanistan verlassen habe usw.

Der BF gab an, XXXX Jahre alt zu sein und aus der Provinz Logar, Distrikt XXXX , Dorf XXXX , zu stammen. Er habe dort vier Jahre eine Schule besucht und später in der Bäckerei seiner Familie, die zusätzlich über Grundstücke, einen Obstgarten und Autos verfügen würde, gearbeitet zu haben. Der BF führte weiters an, dass seine Geschwister (seine Eltern [Vater: " XXXX "; Mutter: " XXXX "] seien bereits seit mehreren Jahren verstorben), vier Onkel sowie eine Tante nach wie vor im Heimatdorf leben würden; allen gehe es finanziell gut und es bestehe Kontakt. Außerdem würde ein Cousin mit seiner Familie in Kabul wohnen und Verwandtschaft in Deutschland leben.

Zu seinem Fluchtgrund befragt schilderte der BF zusammengefasst, dass er ein Jahr vor seiner Ausreise ein paschtunisches Mädchen namens XXXX (die Nachbarin einer Schwester) kennengelernt habe. Es sei mehrmals um ihre Hand angehalten worden, dies jedoch wegen der tadschikischen Herkunft des BF ausgeschlagen worden. Der BF habe einige Male mit dem Mädchen telefoniert und sei zweimal bei ihr zuhause gewesen. Beim letzten Besuch, ca. eine Woche vor seiner Ausreise, sei der BF von einem Freund ihres Bruders gesehen worden, der dies dem Bruder dann weitererzählt habe. Daraufhin sei XXXX von ihrem Bruder geschlagen worden und dieser sei anschließend zu einem Onkel väterlicherseits, der mit den Taliban zusammenarbeite, gegangen. Nachdem der BF von XXXX vorgewarnt worden sei, dass ihre Familie ihn umbringen werde, habe er die Nacht im Geschäft seines Cousins in Logar verbracht. In dieser Nacht seien bewaffnete Männer zur Familie des BF nachhause gekommen und hätten nach dem BF gesucht, was ihm sein Bruder mitgeteilt habe. Daraufhin sei der BF von einem anderen Cousin zu Bekannten nach Kabul gebracht worden, wo er sich eine Woche aufgehalten habe. Sein Bruder habe den BF dort besucht und man habe zusammen beschlossen, dass der BF ausreise müsse. Nach seiner Ausreise sei die Familie der XXXX zu dem Onkel väterlicherseits verzogen und der Bruder des BF sei einmal geschlagen worden. Außerdem seien Drohbriefe von den Taliban eingelangt.

Als weiteren Fluchtgrund brachte der BF vor, dass er Polizisten Brot geliefert habe, weshalb die Taliban hinter nun hinter ihm her seien; er werde von diesen als Spion der Regierung angesehen. Die Familie der XXXX habe dies den Taliban mitgeteilt. Zudem habe er als Tadschike Probleme zu erwarten, weil sein Cousin Schwierigkeiten gehabt habe.

6. Mit Benachrichtigung vom XXXX wurde das Verfahren gegen den BF wegen § 15, 202 StGB eingestellt.

7. Mit Schreiben vom XXXX gab der BF eine Stellungnahme zu den bei der BFA-Einvernahme überreichten Länderberichten ab. Dieser bezog darin Stellung zur schlechten Sicherheitslage in Afghanistan, insbesondere in Kabul und Logar, führte zu seinem Gefährdungsprofil (Person, die als mit der Regierung zusammenarbeitend gesehen werde) aus und bemerkte, dass für ihn auch in Kabul oder einer anderen afghanischen Großstadt keine innerstaatliche Fluchtalternative offenstehe, weil dort die Taliban vertreten seien. Es herrsche zudem eine schlechte Versorgungslage für Rückkehrer.

8. Mit Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 ab, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei.

9. Der BF erhob am XXXX gegen sämtliche Spruchpunkte Beschwerde. Es wurde besonders hervorgehoben, dass der BF bei einer Rückkehr durch die Familie des Mädchens, aber auch die Taliban verfolgt werden würde. Ferner sei der BF aufgrund seines Alters bedroht, Opfer einer Zwangsrekrutierung zu werden. Dieser sei aber auch einem Risiko aufgrund seiner Volkszugehörigkeit und wegen seines Aufenthaltes in einem westlichen Land (unterstellte politische Einstellung und unterstellter Werteabfall) ausgesetzt. Die Taliban seien im gesamten Staatsgebiet allgegenwärtig, weshalb es dem BF nicht möglich sei, eine Existenzgrundlage unbemerkt zu schaffen; daher stehe auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Eine Rückkehrentscheidung würde überdies einen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens darstellen.

10. Die Beschwerdevorlage erfolgte mit Schreiben vom XXXX. Am XXXX langte der Akt beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge auch: "BVwG") ein.

11. Das BVwG führte am XXXX in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari und im Beisein einer Rechtsvertreterin des BF eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Zu Beginn der Vernehmung wies der BF darauf hin, dass mehrere Sachen vor dem BFA nicht protokolliert worden seien (etwa, dass der BF das Mädchen seit seiner Kindheit gekannt habe); das sei das Wesentliche, alles andere sei nicht so wichtig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Person des BF

1.1.1. Der BF trägt den Namen XXXX und führt das Geburtsdatum XXXX . Er machte im Verfahren verschiedene Angaben zu seinem Geburtsjahr und führt mehrere Aliasgeburtsdaten ( XXXX , XXXX , XXXX und XXXX ). Der BF ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Volksgruppenangehöriger der Tadschiken und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er spricht Dari als Muttersprache und beherrscht außerdem die Sprachen Paschtu sowie Urdu. Paschtu und Dari gehören zu den offiziellen Landessprachen in Afghanistan. Er kann ein wenig lesen und schreiben.

1.1.2. Der BF ist volljährig, ledig sowie kinderlos und wurde in Kabul geboren, wo er aufwuchs und zumindest vier Jahre lang eine Schule besuchte. Anschließend arbeitete er mehrere Jahre als Bäcker in der familieneigenen Bäckerei.

1.1.3. Ein großer Teil der Familie des BF (Geschwister, Onkel väterlicher- sowie mütterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits) wohnt in Logar, Distrikt XXXX , Dorf XXXX . Die Familie des BF ist im Besitz von Grundstücken, Häusern, Autos, einem Obstgarten sowie einer Bäckerei. Die Verwandten des BF haben eigene Häuser; die finanzielle Lage ist gut. Kontakt zur Familie und Unterstützung durch diese ist möglich.

Ein Cousin des BF, der in einer Elektrofirma arbeitet und auch noch ein Taxi hat, wohnt mit seiner Familie in Kabul.

Außerhalb Afghanistans hat der BF Angehörige in Amerika und Deutschland.

1.1.4. Die Ausreise des BF erfolgte etwa im XXXX von Afghanistan aus. Er reiste spätestens am XXXX in Österreich ein und stellte an diesem Tag im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Flucht des BF wurde durch seine Familie organisiert und vom BF zusammen mit seinem Bruder finanziert (Ausreisekosten iHv EUR XXXX).

1.1.5. In seinem Herkunftsstaat ist der BF nicht vorbestraft, er war auch nicht politisch tätig und hatte keine Probleme mit den Behörden im Herkunftsstaat.

1.1.6. Der BF hat Knochenschmerzen und nimmt dafür - wenn notwendig - Schmerzmittel. Schmerzmittel sind in Afghanistan, insbesondere in den größeren Städten, problemlos erhältlich. Ansonsten ist der BF gesund; er ist arbeits- sowie selbsterhaltungsfähig.

1.1.7. Im Bundesgebiet verfügt der BF über keine Verwandten. Seit ungefähr sechs Monaten führt dieser aber mit einer Österreicherin namens XXXX , die er täglich am Abend sieht, eine feste Beziehung. Seine Freundin hat bereits zwei Kinder; diese leben jedoch bei den Großeltern väterlicherseits. Es besteht seitens des BF zu dieser Frau weder ein gemeinsamer Haushalt, noch eine finanzielle Abhängigkeit. Wenn der BF einen Aufenthaltstitel erhält, wollen beide eine Familie gründen und heiraten.

1.1.8. Der BF wohnt derzeit in einer Privatunterkunft in XXXX , die er sich mit zwei anderen Personen teilt. Er zahlt monatlich EUR 200,00 dafür. Er geht einer regelmäßigen bezahlten Beschäftigung als Pizzakoch nach, lebt aber weiterhin von der Grundversorgung. Der BF hat früher eine Zeit lang ein eigenes Geschäft (Gastgewerbe) im Bundesgebiet betrieben, musste dieses jedoch wegen einer Hautkrankheit schließen. Er hat dort Döner, Pizza, Burger und Spaghetti angeboten.

Der BF hat seit seiner Ankunft im Bundesgebiet einmal sechs Monate lang ehrenamtlich in seiner Heimatgemeinde ausgeholfen und mehrere Deutschkurse absolviert (Niveau A1), jedoch keine Sprachprüfung abgelegt. Außerdem hat dieser einmal an einer Veranstaltung der XXXX sowie der Kirche teilgenommen. In seiner Freizeit spielt der BF Fußball und geht schwimmen. Er hat soziale Kontakte in Österreich (Nachbarn, ehemalige Kunden, am Basar-Markt).

1.1.9. In Österreich ist der BF nicht vorbestraft und hat keine Verwaltungsstrafe erhalten. Dieser war einmal von einer gerichtlichen Untersuchung in Österreich betroffen, das Verfahren wurde aber eingestellt.

1.2. Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates

1.2.1. Der BF ist nicht persönlich glaubwürdig. Er hatte im Herkunftsstaat keine Probleme mit der Familie eines paschtunischen Mädchens namens XXXX . Der BF hat nicht um die Hand der XXXX angehalten und führte mit dieser keine "geheime" Beziehung, die später bekannt wurde. Die vom BF geschilderten Vorfälle haben nicht stattgefunden: XXXX wurde nicht von ihrer Familie geschlagen und ihr Onkel väterlicherseits, der mit den Taliban zusammenarbeitet, hat von keiner Liebschaft zum BF erfahren. Das Mädchen hat den BF nicht vor ihrer Familie am Telefon gewarnt und dieser hat sich daraufhin auch nicht im Geschäft seines Cousins versteckt. Die Familie der XXXX suchte auch das Elternhaus des BF nicht bewaffnet auf. Dem BF wurde nicht vorgeworfen, anlässlich seiner Brotlieferungen an die afghanische Polizei Spion der Regierung zu sein.

Der BF war in diesem Zusammenhang keiner lebensbedrohlichen oder seine körperliche oder geistige Integrität beeinträchtigenden Gefahr durch die Familie des Mädchens oder durch die Taliban ausgesetzt.

Im Herkunftsstaat hatten der BF und seine Kernfamilie niemals spezielle Probleme mit den genannten Personengruppen; auch nach der Ausreise des BF ist seine Kernfamilie nicht in den Fokus der Familie der XXXX oder der Taliban geraten. Der BF wurde nie persönlich bedroht; eine solche Bedrohung stand nicht unmittelbar bevor und ist im Fall einer Rückkehr ebenfalls nicht zu befürchten.

Der BF hatte in Afghanistan auch sonst keine Probleme mit regierungsfeindlichen Gruppierungen, dem Staat oder sonst jemandem. Insbesondere hatte dieser in Afghanistan keine Probleme wegen seiner Nationalität, Religion, Ethnie, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppierung und sind solche Probleme im Fall seiner Rückkehr auch nicht speziell zu befürchten.

1.2.2. Ein militärischer Hintergrund war beim BF nicht festzustellen; es konnte auch sonst nichts festgestellt werden, was den BF in den Augen der Taliban oder einer anderen regierungsfeindlichen Gruppierung als wahrscheinliches Ziel einer Zwangsrekrutierung erscheinen ließe. Dem BF droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan daher auch nicht mit erhöhter Wahrscheinlichkeit (Zwangs)Rekrutierung durch regierungsfeindliche Gruppierungen.

1.2.3. Es konnte darüber hinaus nicht festgestellt werden, dass in Afghanistan gegen den BF persönlich eine integritätsbedrohende Handlung oder Maßnahme, insbesondere wegen seines Geschlechts, seiner Rasse, Religion, Nationalität Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung, gesetzt wurde oder eine solche Handlung oder Maßnahme unmittelbar bevorstand oder er eine solche Bedrohung im Falle seiner Ausweisung nach Afghanistan überall im Land zu befürchten hätte.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF in Afghanistan aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften, insbesondere wegen seiner Volkszugehörigkeit oder seiner (unterstellten) Eigenschaft als "verwestlichter" Rückkehrer aus Europa, eine gegen ihn gerichtete integritätsgefährdende Bedrohung erlitten hat, eine solche unmittelbar bevorstand oder er eine solche Bedrohung im Falle seiner Ausweisung nach Afghanistan speziell zu befürchten hätte.

1.3. Situation im Herkunftsstaat

1.3.1. Politische Lage

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind. Auf einer Fläche von ca. 632.000 Quadratkilometern leben ca. 32 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge sind 40 bis 42% Paschtunen, 27 bis 30% Tadschiken, 9 bis 10% Hazara, 9% Usbeken, ca. 4% Aimaken, 3% Turkmenen und 2% Belutschen.

Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht: Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri.

(Auszüge aus folgender Quelle: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 13.11.2019 [in Folge:

"LIB"], Pkt. 2. "Politische Lage" und Pkt. 17. "Relevante ethnische Minderheiten")

1.3.2. Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil. Diese ist jedoch regional und sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt sehr unterschiedlich.

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte und die meisten Distriktzentren. Die afghanischen Kräfte sichern die Städte und andere Stützpunkte der Regierung. Die Taliban verstärken groß angelegte Angriffe, wodurch eine Vielzahl afghanischer Kräfte in Verteidigungsmissionen eingebunden ist, sodass Engpässe entstehen. Dadurch können manchmal auch Kräfte fehlen, um Territorium zu halten. Die Kämpfe waren auch weiterhin auf konstant hohem Niveau.

Für das gesamte Jahr 2018 gab es gegenüber 2017 einen Anstieg in der Gesamtzahl ziviler Opfer und ziviler Todesfälle. Für das erste Halbjahr 2019 wurde eine niedrigere Anzahl ziviler Opfer registrierten, im Juli, August und September lag ein hohes Gewaltniveau vor. Zivilisten, die in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni und Faryab wohnten, waren 2018 am stärksten vom Konflikt betroffen.

Sowohl im gesamten Jahr 2018, als auch in den ersten fünf Monaten 2019 führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, insbesondere in der Hauptstadtregion, weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele (High Profile Angriffe - HPA) aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen. Diese Angriffe sind jedoch stetig zurückgegangen. Zwischen 1.6.2018 und 30.11.2018 fanden 59 HPAs in Kabul statt, zwischen 1.12.2018 und 15.5.2019 waren es 6 HPAs.

(Auszüge aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 3. "Sicherheitslage")

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan bleibt eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat, al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan sowie Islamic Movement of Uzbekistan.

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Taliban: Zwischen 1.12.2018 und 31.5.2019 haben die Talibanaufständischen mehr Angriffe ausgeführt als in der Vergangenheit üblich, trotzdem war die Gesamtzahl effektiver feindlicher Angriffe stark rückläufig. Diese Angriffe hatten hauptsächlich militärische Außenposten und Kontrollpunkte sowie andere schlecht verteidigte ANDSF-Posten zum Ziel - die Taliban beschränken ihre Angriffe weitgehend auf Regierungsziele und afghanische und internationale Sicherheitskräfte.

Die Gesamtstärke der Taliban betrug im Jahr 2017 über 200.000 Personen, darunter ca. 150.000 Kämpfer (rund 60.000 Vollzeitkämpfer mobiler Einheiten, der Rest sein Teil der lokalen Milizen). Die Taliban betreiben Trainingslager in Afghanistan.

Die Mehrheit der Taliban sind immer noch Paschtunen, obwohl es eine wachsende Minderheit an Tadschiken, Usbeken, Belutschen und sogar mehreren hundert Hazara (einschließlich Schiiten) gibt. In einigen nördlichen Gebieten bestehen die Taliban bereits überwiegend aus Nicht-Paschtunen, da sie innerhalb der lokalen Bevölkerung rekrutieren.

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Haqqani-Netzwerk: Das seit 2012 bestehende Haqqani-Netzwerk ist eine teilautonome Organisation, Bestandteil der afghanischen Taliban und Verbündeter von al-Qaida. Als gefährlichster Arm der Taliban, hat das Haqqani-Netzwerk seit Jahren Angriffe in den städtischen Bereichen ausgeführt und ist für einige der tödlichsten Angriffe in Afghanistan verantwortlich.

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Islamischer Staat (IS/Daesh) - Islamischer Staat Khorasan Provinz:

Die Stärke des ISKP variiert zwischen 1.500 und 3.000 bzw. 2.500 und 4.000 Kämpfern bzw. ist ihre Zahl auf 5.000 gestiegen. Der IS ist seit Sommer 2014 in Afghanistan aktiv. Durch Partnerschaften mit militanten Gruppen konnte der IS seine organisatorischen Kapazitäten sowohl in Afghanistan, als auch in Pakistan stärken. Er ist vor allem im Osten des Landes in der Provinz Nangarhar präsent.

Neben komplexen Angriffen auf Regierungsziele verübte der ISKP zahlreiche groß angelegte Anschläge gegen Zivilisten, insbesondere auf die schiitische-Minderheit. Die Zahl der zivilen Opfer durch ISKP-Handlungen hat sich dabei 2018 gegenüber 2017 mehr als verdoppelt, nahm im ersten Halbjahr 2019 allerdings wieder ab. Die Taliban und der IS sind verfeindet. Während die Taliban ihre Angriffe überwiegend auf Regierungszeile bzw. Sicherheitskräfte beschränken, zielt der IS darauf ab, konfessionelle Gewalt zu fördern und Schiiten anzugreifen.

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Al-Qaida: Al-Qaida sieht Afghanistan auch weiterhin als sichere Zufluchtsstätte für ihre Führung, basierend auf langjährigen und engen Beziehungen zu den Taliban. Al-Qaida will die Präsenz in der Provinz Badakhshan stärken, insbesondere im Distrikt Shighnan, der an der Grenze zu Tadschikistan liegt, aber auch in der Provinz Paktika, Distrikt Barmal, wird versucht, die Präsenz auszubauen.

(Auszüge aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 3. "Sicherheitslage")

Sicherheitsbehörden:

Die afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF - Afghan National Defense and Security Forces) umfassen militärische, polizeiliche und andere Sicherheitskräfte. Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die ANP (Afghan National Police) und die ALP (Afghan Local Police).

Die Afghanische Nationalarmee (ANA) ist für die externe Sicherheit verantwortlich, dennoch besteht ihre Hauptaufgabe darin, den Aufstand im Land zu bekämpfen. Das Verteidigungsministerium hat die Stärke der ANA mit 227.374 autorisiert. Die Afghan National Police (ANP) gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption sowie die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit in der Bekämpfung von Aufständischen. Die Afghan Local Police (ALP) wird durch die USA finanziert und schützt die Bevölkerung in Dörfern und ländlichen Gebieten vor Angriffen durch Aufständische.

(Auszüge aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 5. "Sicherheitsbehörden")

1.3.3. Grundversorgung und Wirtschaftslage

1.3.3.1. Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit

Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt und stark von internationalen Hilfsgeldern abhängig.

Am Arbeitsmarkt müssten jährlich 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Persönliche Kontakte, Empfehlungen sowie ein Netzwerk sind wichtig, um einen Job zu finden. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen, wobei Fähigkeiten, die sich Rückkehrer im Ausland angeeignet haben, eine wichtige Rolle bei der Arbeitsplatzsuche spielen können. Der afghanische Arbeitsmarkt ist durch eine starke Dominanz des Agrarsektors, eine Unterrepräsentation von Frauen und relativ wenigen Möglichkeiten für junge Menschen gekennzeichnet. Ebenso korreliert ein Mangel an Bildung mit Armut, wobei ein niedriges Bildungsniveau und Analphabetismus immer noch weit verbreitet sind. In Afghanistan existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit.

Der Zugang zu einer produktiven oder entgeltlichen Beschäftigung ist begrenzt, 80% der Beschäftigung gelten als anfällig und unsicher in Form von Selbst- oder Eigenbeschäftigung, Tagarbeit oder unbezahlter Arbeit. Der saisonale Effekt ist erheblich. Die Arbeitslosenquote ist in den Frühlings- und Sommermonaten relativ niedrig (rund 20%), während sie im Winter 32,5% erreichen kann. ALCS 2016-2017 stellte fest, dass nur 19,8% aller in Afghanistan beschäftigten Personen öffentlich und privat angestellt sind oder Arbeitgeber sind, was bedeutet, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer eine gefährdete Beschäftigung darstellt.

52,6% der Landbevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt, während die städtische Beschäftigung vielfältiger ist. 36,5% der Erwerbsbevölkerung sind in verschiedenen Dienstleistungsbereichen beschäftigt und nur 5,5% in der Landwirtschaft.

Kabul ist das wichtigste Handels- und Beschäftigungszentrum Afghanistans und hat ein größeres Einzugsgebiet in den Provinzen Parwan, Logar und Wardak. Die Hauptstadt hat einen großen Anteil an Angestellten, während Selbständigkeit im Vergleich zu ländlichen Teilen des Landes weniger verbreitet ist. Die Gehälter in Kabul sind in der Regel höher als in anderen Provinzen. Zu den wichtigsten Arbeitgebern in Kabul zählen kommunale, soziale und persönliche Dienstleistungen sowie die öffentliche Verwaltung. Menschen aus kleinen Dörfern pendeln täglich oder wöchentlich nach Kabul, um landwirtschaftliche Produkte zu handeln oder als Wachen, Hausangestellte oder Lohnarbeiter zu arbeiten. Die besten (Arbeits-)Möglichkeiten für Junge existieren in Kabul. Trotz der niedrigeren Erwerbsquoten ist der Frauenanteil in hoch qualifizierten Berufen in Kabul (49,6 %) am größten.

Es gibt lokale Webseiten, die offene Stellen im öffentlichen und privaten Sektor annoncieren. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen. Viele bewerben sich, nicht jeder wird engagiert. Der Lohn beträgt für Hilfsarbeiter meist USD 4,3 und für angelernte Kräfte bis zu USD 14,5 pro Tag.

Im Vergleich mit anderen Teilen des Landes weist Herat wirtschaftlich und sicherheitstechnisch relativ gute Bedingungen auf. Es gibt Möglichkeiten in Bezug auf Handel, Import und Export von Waren, Bergbau und Produktion. Ungefähr die Hälfte der Erwerbsbevölkerung sind Tagelöhner. Einige der jahrhundertealten handwerklichen Erzeugnisse (Teppiche, Glas, Stickereien) haben überlebt, während sich auch eine Reihe moderner industrieller Tätigkeiten entwickelt hat (z.B. Lebensmittelverarbeitung und -verpackung).

Die Löhne für Gelegenheitsarbeit in Herat-Stadt im Mai 2018 lagen rund 17 Prozent unter dem Fünfjahresdurchschnitt. Damit steht die Lohnentwicklung im Kontrast zu Entwicklungen in anderen urbanen Zentren Afghanistans.

Mazar-e Sharif ist ein regionales Handelszentrum für Nordafghanistan und ein Industriezentrum mit großen Produktionsbetrieben und einer großen Anzahl kleiner und mittlerer Unternehmen, die Kunsthandwerk, Teppiche und Teppiche anbieten. Mazar-e Sharif gilt im Vergleich zu Herat oder Kabul als relativ stabil. Die größte Gruppe von Arbeitern in der Stadt waren Service- und Verkäufer. Die größte Gruppe der Beschäftigten in der Stadt waren Service- und Vertriebsmitarbeiter (23,1%), gefolgt von Managern/Fachleuten/Technikern und Angestellten (20,9%).

In Mazar-e Sharif lagen die Löhne für Gelegenheitsarbeit im Mai 2018 4,5 Prozent über dem Fünfjahresdurchschnitt.

(Auszüge bzw. Zusammenfassung aus folgenden Quellen: LIB, Pkt. 21. "Grundversorgung"; EASO, Country of Origin Information Report Afghanistan, Afghanistan Networks aus Februar 2018 [in Folge:

"EASO-Bericht Netzwerke"], abrufbar unter:

https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/Afghanistan_Networks.pdf, Pkt. 4.2.; EASO, Afghanistan Key socio-economic indicators, Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City [in Folge: "EASO-Bericht Sozioökonomische Schlüsselindikatoren", abrufbar unter:

https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_COI_Afghanistan_KSEI_April_2019.pdf, Pkt. 4.2.1.; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 13.09.2018 ["Lage in Herat-Stadt und Mazar-e Sharif aufgrund anhaltender Dürre"], unter Angabe weiterer Quellen)

1.3.3.2. Armut und Lebensmittelsicherheit

Einer Befragung aus dem Jahr 2016/2017 an rund 155.000 Personen zufolge (Afghan Living Condition Survey - ALCS) sind rund 45% oder 13 Millionen Menschen in Afghanistan von anhaltender oder vorübergehender Lebensmittelunsicherheit betroffen, wobei der Anteil der Betroffenen im Osten, Norden und Nordosten am höchsten ist. Gegenüber dem Zeitraum 2011-12 ist ihr Anteil bei einem Ausgangsniveau von 30% um 15 Prozentpunkte gestiegen.

Die Lebensmittelsicherheit in Kabul und Mazar-e Sharif wurde im Dezember 2018 vom "Famine Early Warning System" (FEWS) als "stressed" (selbst mit humanitärer Hilfe wies mindestens einer von fünf Haushalten nur einen minimalen Nahrungsmittelkonsum auf und konnte sich einige wesentliche Ausgaben für andere Zwecke nicht leisten ohne irreversible Bewältigungsstrategien anzuwenden) und in Herat als "crisis" (trotz humanitärer Hilfe war mindestens jeder fünfte Haushalt unterernährt oder lag über der üblichen akuten Unterernährung oder war nur geringfügig in der Lage, den Mindestnahrungsbedarf zu decken) bezeichnet.

Im Zeitraum 2016-17 lebten dem ALCS zufolge 54,5% der Afghanen unter der Armutsgrenze. Im ländlichen Raum war der Anteil an Bewohnern unter der Armutsgrenze mit 58,6% höher als im städtischen Bereich (41,6%). Schätzungen zufolge ist beispielsweise der Anteil der Bewohner unter der Armutsgrenze in Kabul Stadt und Herat-Stadt bei rund 34-35%. Rund 1,1 Millionen Bewohner von Kabul-Stadt leben unter der Armutsgrenze. In Herat-Stadt beträgt ihre Anzahl rund 327.000.

Der afghanische Staat gewährt seinen Bürgern kostenfreie Bildung und Gesundheitsleistungen, darüber hinaus sind keine Sozialleistungen vorgesehen. Ein Sozialversicherungs- oder Pensionssystem gibt es, von einigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Armee und Polizei), nicht. Es gibt kein öffentliches Krankenversicherungssystem. Ein eingeschränktes Angebot an privaten Krankenversicherungen existiert, jedoch sind die Gebühren für die Mehrheit der afghanischen Bevölkerung zu hoch.

(Auszüge bzw. Zusammenfassung aus folgenden Quellen: LIB, Pkt. 21. "Grundversorgung" und Pkt. 21.1. "Sozialbeihilfen, wohlfahrtsstaatliche Leistungen und Versicherungen"; EASO, Country Guidance: Afghanistan aus 2019 [in Folge: "EASO-Länderleitfaden 2019"], abrufbar unter https://www.easo.

europa.eu/sites/default/files/Country_Guidance_Afghanistan_2019.pdf, Seite 132)

1.3.3.3. Dürre und Überschwemmungen

Während der Wintersaat von Dezember 2017 bis Februar 2018 gab es in Afghanistan eine ausgedehnte Zeit der Trockenheit. Dies verschlechterte die Situation für die von Lebensmittelunsicherheit geprägte Bevölkerung weiter und hatte zerstörerische Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Existenzgrundlagen, was wiederum zu Binnenflucht führte und es den Binnenvertriebenen mittelfristig erschwert, sich wirtschaftlich zu erholen sowie die Grundbedürfnisse selbständig zu decken.

Günstige Regenfälle im Frühling und beinahe normale Temperaturen haben 2019 die Weidebedingungen wieder verbessert. Da sich viele Haushalte noch von der Dürre des Jahres 2018 erholen müssen, gilt die Ernährungslage für viele Haushalte im Zeitraum 10.2019-1.2020 weiterhin als "angespannt" bis "krisenhaft". Es wird erwartet, dass viele Haushalte vor allem in den höher gelegenen Regionen ihre Vorräte vor dem Winter aufbrauchen werden und bei begrenztem Einkommen und Zugang auf Märkte angewiesen sein werden.

Im März 2019 fanden in Afghanistan Überschwemmungen statt, welche Schätzungen zufolge, Auswirkungen auf mehr als 120.000 Personen in 14 Provinzen hatten. Sturzfluten Ende März 2019 hatten insbesondere für die Bevölkerung in den Provinzen Balkh und Herat schlimme Auswirkungen. Unter anderem waren von den Überschwemmungen auch Menschen betroffen, die zuvor von der Dürre vertrieben wurden.

Der Jahresbericht 2018 des Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) nennt eine Zahl von rund 371.000 neuen IDPs aufgrund der Dürre in Afghanistan im Jahr 2018. Durch die Dürre wurden in der ersten Hälfte des Jahres 2018 mehr als 260.000 Menschen aus den Provinzen Badghis, Daikundi, Herat und Ghor zu IDPs; zahlreiche Menschen verließen auch ihre Heimatprovinzen Jawzjan und Farah. Die meisten von ihnen kamen in Lager in den Städten Herat oder Qala-e-Naw (Badghis). Die Lager werden täglich mit Wasser und Lebensmitteln beliefert und es werden Zelte, Notunterkünfte, Hygiene-, Gesundheits- und Nahrungsdienste zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2018 sind im Westen Afghanistans aufgrund der Dürre ca. 19 Siedlungen für Binnenvertriebene entstanden, der Großteil davon ca. 20-25 km von Herat-Stadt entfernt. Vertriebene Personen siedelten sich hauptsächlich in Stadtrandgebieten an, um sich in der Stadt Zugang zu Dienstleistungen (die in den Siedlungen, welche grundsätzlich auf leeren Feldern entstanden, nicht vorhanden sind) und dem Arbeitsmarkt zu verschaffen. In der Stadt kam es zu Demonstrationen von Bewohnern, welche die Binnenvertriebenen bezichtigten, ihnen die Arbeitsplätze wegzunehmen. Das gestiegene Angebot an billigen Arbeitskräften drückte den Tageslohn von 6-8 USD auf 2-3 USD.

(Auszüge aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 20. "IDPs und Flüchtlinge" und Pkt. 21. "Grundversorgung")

1.3.3.4. Wohnungsmarkt

In Kabul und im Umland sowie in Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul-City sind jedoch höher als in den Vororten oder in den anderen Provinzen. Die Lebenshaltungskosten sind für den zentral gelegenen Teil der Stadt Kabul höher als In ländlichen Gebieten.

Es ist auch möglich, anstelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten, da dies billiger ist. Heimkehrer mit Geld können Grund und Boden erwerben und langfristig ein eigenes Haus bauen. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude.

In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte "chai khana" (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer, in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen, um dort eingelassen zu werden.

(Auszüge bzw. Zusammenfassung aus folgenden Quellen: LIB, Pkt. 21. "Grundversorgung" und Pkt. 23. "Rückkehr"; EASO-Bericht Netzwerke, Pkt. 4.2.)

1.3.3.5. Sanitäre Situation

Der Zugang zu sauberem Wasser und angemessenen sanitären Einrichtungen, insbesondere zu Trinkwasser, hat sich wesentlich verbessert. Der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wasserversorgung und Abwasserentsorgung war in den Städten im Allgemeinen besser als auf dem Land. Der Zugang zu Trinkwasser ist für viele Afghanen jedoch nach wie vor ein Problem, und die sanitären Einrichtungen sind weiterhin schlecht.

Kabul gilt als eine der wasserärmsten Städte der Welt. Schätzungen zufolge haben 32% der Bevölkerung Kabuls Zugang zu fließendem Wasser und nur 10% der Einwohner erhalten Trinkwasser. Diejenigen, die es sich leisten können, bohren ihre eigenen Brunnen. Viele arme Einwohner von Kabul sind auf öffentliche Zapfstellen angewiesen, die oft weit von ihren Häusern entfernt sind. Der Großteil der gemeinsamen Wasserstellen und Brunnen in der Hauptstadt ist durch häusliches und industrielles Abwasser verseucht, das in den Kabul-Fluss eingeleitet wird, was ernste gesundheitliche Bedenken aufwirft. ALCS 2016-2017 stellte fest, dass fast die Hälfte der Bevölkerung in Kabul über sanitäre Grundversorgung verfügt.

Die Afghanistan Public Policy Research Organization (APPRO) stellte im April 2016 fest, dass 80% der Einwohner von Herat City Zugang zu Netzstrom, 70% zu Wasser und 30% zu Abwasserleitungen haben. 81,2% der städtischen Bevölkerung in Herat haben Zugang zu verbesserten Wasserquellen und 92,1% verfügen über eine verbesserte sanitäre Einrichtung. In Herat City fehlt jedoch ein zentrales Abwassersystem.

Die meisten Menschen in Mazar-e Sharif haben Zugang zu verbesserten Trinkwasserquellen (76%), in der Regel in Rohrleitungen oder aus Brunnen. 92% der Haushalte haben sanitäre Einrichtungen verbessert.

(Zusammenfassung aus folgender Quelle: EASO-Länderleitfaden 2019, Seite 133)

1.3.3.6. Medizinische Versorgung

Der afghanischen Verfassung zufolge hat der Staat kostenlos medizinische Vorsorge, ärztliche Behandlung und medizinische Einrichtungen für alle Bürger zur Verfügung zu stellen. Außerdem fördert der Staat die Errichtung und Ausweitung medizinischer Leistungen und Gesundheitszentren. Eine begrenzte Anzahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung an. Alle Staatsbürger haben dort Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Die Verfügbarkeit und Qualität der Grundbehandlung ist durch Mangel an gut ausgebildeten Ärzten, Ärztinnen und Assistenzpersonal (v.a. Hebammen), mangelnde Verfügbarkeit von Medikamenten, schlechtes Management sowie schlechte Infrastruktur begrenzt.

Die Kosten für Medikamente in staatlichen Krankenhäusern weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. 90% der medizinischen Versorgung in Afghanistan werden nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden.

Das Jebrael-Gesundheitszentrum im Nordwesten der Stadt Herat bietet für rund 60.000 Menschen im dicht besiedelten Gebiet mit durchschnittlich 300 Besuchern pro Tag grundlegende Gesundheitsdienste an, von denen die meisten die Impf- und allgemeinen ambulanten Einheiten aufsuchen. Laut dem Provinzdirektor für Gesundheit in Herat verfügte die Stadt im April 2017 über 65 private Gesundheitskliniken.

In der Stadt Mazar-e Sharif gibt es 10 - 15 - teils öffentliche, teils private - Krankenhäuser. Es existieren mehr private als öffentliche Krankenhäuser. Private Krankenhäuser sind sehr teuer, jede Nacht ist kostenpflichtig. Zusätzlich existieren etwa 30-50 medizinische Gesundheitskliniken die zu 80% öffentlich finanziert sind.

(Auszüge aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 22. "Medizinische Versorgung")

Schmerzlindernde und fiebersenkende Medikamente:

Folgende schmerzlindernden und fiebersenkenden Medikamente sind in Afghanistan verfügbar:

-

-XXXX 500mg, 10 Einheiten per Packung, 104 AFN

-

-XXXX 400mg, 1 Tablette per Packung, 24 AFN bzw. XXXX 684mg, 1 Tablette per Packung, 39 AFN

(Auszug aus folgender Quelle: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 19.07.2018 ["Ergänzung / Medikamentenkosten / Diabetes Mellitus"], jeweils unter Angaben weiterer Quellen)

1.3.4. Allgemeine Menschenrechtslage

Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der Zivilgesellschaft eine stärkere Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern sowie Einflussnahme örtlicher Machteliten nur schwer durchzusetzen. Die afghanische Regierung ist nicht in der Lage, die durch die afghanische Verfassung und einschlägige völkerrechtliche Verträge garantierten Menschenrechte vollumfänglich umzusetzen und zu gewährleisten.

(Auszug aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 11. "Allgemeine Menschenrechtslage")

1.3.5. Meldewesen

Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister, keine Datenbanken mit Adress- oder Telefonnummerneinträgen und auch keine Melde- oder Registrierungspflicht. Die Gemeinschafts- bzw. Bezirksältesten führen kein Personenstandsregister, die Regierung registriert jedoch Rückkehrer. Durch die hohe soziale Kontrolle ist gerade im ländlichen Raum keine, aber auch in den Städten kaum Anonymität zu erwarten.

(Auszug aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 19.1. "Meldewesen")

1.3.6. Ethnische Minderheit der Tadschiken

Die Volksgruppe der Tadschiken ist die zweitgrößte Volksgruppe in Afghanistan, sie machen etwa 27-30% der afghanischen Gesellschaft aus und hat deutlichen politischen Einfluss im Land. In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit. Tadschiken sind in zahlreichen politischen Organisationen und Parteien vertreten, sie sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert.

(Auszug aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 17.2. "Tadschiken")

1.3.7. Rückkehr

In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 sind insgesamt 63.449 Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt. Im Jahr 2018 kamen 775.000 aus dem Iran und 46.000 aus Pakistan zurück.

Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, können verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Für Rückkehrer leisten UNHCR und IOM in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung ist die Transition von humanitärer Hilfe hin zu Entwicklungszusammenarbeit nicht immer lückenlos. Wegen der hohen Fluktuation im Land und der notwendigen Zeit der Hilfsorganisationen, sich darauf einzustellen, ist Hilfe nicht immer sofort dort verfügbar, wo Rückkehrer sich niederlassen. Es befinden sich viele Rückkehrer in Gebieten, die für Hilfsorganisationen aufgrund der Sicherheitslage nicht erreichbar sind.

Soziale, ethnische und familiäre Netzwerke sind für einen Rückkehrer unentbehrlich. Der Großteil der nach Afghanistan zurückkehrenden Personen verfügt über ein familiäres Netzwerk, auf das in der Regel zurückgegriffen wird. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, den ohnehin großen Familienverbänden und individuellen Faktoren ist diese Unterstützung jedoch meistens nur temporär und nicht immer gesichert. Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen beruflichen Netzwerken (Kolleg/innen, Mitstudierende etc.) sowie politische Netzwerke usw. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind manche Rückkehrer auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer dar. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden.

Rückkehrer aus dem Iran und aus Pakistan, die oft über Jahrzehnte in den Nachbarländern gelebt haben und zum Teil dort geboren wurden, sind in der Regel als solche erkennbar. Offensichtlich sind sprachliche Barrieren, von denen vor allem Rückkehrer aus dem Iran betroffen sind, weil sie Farsi (die iranische Landessprache) oder Dari (die afghanische Landessprache) mit iranischem Akzent sprechen. Zudem können fehlende Vertrautheit mit kulturellen Besonderheiten und sozialen Normen die Integration und Existenzgründung erschweren. Das Bestehen sozialer und familiärer Netzwerke am Ankunftsort nimmt auch hierbei eine zentrale Rolle ein. Über diese können die genannten Integrationshemmnisse abgefedert werden, indem die erforderlichen Fähigkeiten etwa im Umgang mit lokalen Behörden sowie sozial erwünschtes Verhalten vermittelt werden und für die Vertrauenswürdigkeit der Rückkehrer gebürgt wird. Es gibt jedoch nicht viele Fälle von Diskriminierung afghanischer Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan aufgrund ihres Status als Rückkehrer. Fast ein Viertel der afghanischen Bevölkerung besteht aus Rückkehrern. Diskriminierung beruht in Afghanistan großteils auf ethnischen und religiösen Faktoren sowie auf dem Konflikt.

Rückkehrer aus Europa oder dem westlichen Ausland werden von der afghanischen Gesellschaft häufig misstrauisch wahrgenommen. Es sind jedoch keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthalts in Europa Opfer von Gewalttaten wurden. Wenn ein Rückkehrer mit im Ausland erlangten Fähigkeiten und Kenntnissen zurückkommt, stehen ihm mehr Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung als den übrigen Afghanen, was bei der hohen Arbeitslosigkeit zu Spannungen innerhalb der Gemeinschaft führen kann.

Der Mangel an Arbeitsplätzen stellt für den Großteil der Rückkehrer die größte Schwierigkeit dar. Der Zugang zum Arbeitsmarkt hängt maßgeblich von lokalen Netzwerken ab. Die afghanische Regierung kooperiert mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Für Afghanen, die im Iran geboren oder aufgewachsen sind und keine Familie in Afghanistan haben, ist die Situation problematisch.

Viele Rückkehrer leben in informellen Siedlungen, selbstgebauten Unterkünften oder gemieteten Wohnungen. Die meisten Rückkehrer im Osten des Landes leben in überbelegten Unterkünften und sind von fehlenden Möglichkeiten zum Bestreiten des Lebensunterhaltes betroffen.

Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Rückkehrer erhalten Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Es gibt keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer. Der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer aus Europa kehrt direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück.

Die "Reception Assistance" umfasst sofortige Unterstützung oder Hilfe bei der Ankunft am Flughafen: IOM trifft die freiwilligen Rückkehrer vor der Einwanderungslinie bzw. im internationalen Bereich des Flughafens, begleitet sie zum Einwanderungsschalter und unterstützt bei den Formalitäten, der Gepäckabholung, der Zollabfertigung usw. Darüber hinaus arrangiert IOM den Weitertransport zum Endziel der Rückkehrer innerhalb des Herkunftslandes und bietet auch grundlegende medizinische Unterstützung am Flughafen an. 1.279 Rückkehrer erhielten Unterstützung bei der Weiterreise in ihre Heimatprovinz. Für die Provinzen, die über einen Flughafen und Flugverbindungen verfügen, werden Flüge zur Verfügung gestellt. Der Rückkehrer erhält ein Flugticket und Unterstützung bezüglich des Flughafen-Transfers. Der Transport nach Herat findet in der Regel auf dem Luftweg statt.

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren.

(Auszüge aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 23. "Rückkehr" und Pkt. 23.1. "Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (UMF)")

1.3.8. Logar

Die Provinz Logar liegt im Zentrum Afghanistans, etwa 65 Kilometer südlich von Kabul. Die Provinzhauptstadt von Logar ist Pul-e-Alam. Die afghanische zentrale Statistikorganisation (CSO) schätzte die Bevölkerung von Logar für den Zeitraum 2019-20 auf 426.821 Personen; sie besteht hauptsächlich aus Tadschiken, Paschtunen und Hazara.

Die Autobahn Kabul-Gardez-Khost führt durch die Distrikte Mohammad Agha und Pul-e-Alam.

Die Provinz Logar zählt zu den relativ instabilen Provinzen Afghanistans mit aktiven aufständischen Kämpfern; die Sicherheitslage soll sich in den vergangenen Monaten verschlechtert haben. Aufständische sind in gewissen Distrikten aktiv und führen terroristische Aktivitäten durch. So haben auch die Taliban eine Präsenz in der Provinz. Die Taliban führen in Logar Angriffe auf Kontrollposten der Regierungskräfte durch. Auch kommt es zu Anschlägen auf hochrangige Regierungsvertreter durch die Taliban. Immer wieder kommt es zu temporären Kontrollpunkten der Taliban, wie z. B. auf dem Straßenabschnitt Mohammad Agha; in manchen Fällen, um nach Regierungsmitarbeitern Ausschau zu halten. Operationen zur Befreiung der Distrikte von Talibanaufständischen werden regelmäßig durchführt, unter anderem auch durch den afghanischen Geheimdienst

(NDS).

(Auszüge aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 2.21. "Logar")

1.3.9. Kabul

Die Provinz Kabul liegt im Zentrum Afghanistans. Kabul-Stadt ist die Hauptstadt Afghanistans und auch ein Distrikt in der Provinz Kabul. Die Stadt Kabul ist die bevölkerungsreichste Stadt Afghanistans, mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 5.029.850. Kabul ist Zielort für verschiedene ethnische, sprachliche und religiöse Gruppen, und jede von ihnen hat sich an bestimmten Orten angesiedelt.

Die Stadt Kabul ist über Hauptstraßen mit den anderen Provinzen des Landes verbunden und verfügt über einen internationalen Flughafen.

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul. Nichtsdestotrotz führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, im gesamten Jahr 2018, als auch in den ersten fünf Monaten 2019, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele durch, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen. Die Hauptursache für zivile Opfer in der Provinz Kabul (596 Tote und 1.270 Verletzte im Jahr 2018) waren Selbstmord- und komplexe Angriffe, gefolgt von improvisierten Sprengkörpern (improvised explosive devices, IEDs) und gezielten Tötungen.

In Kabul leben 70.000 bis 80.000 Binnenvertriebene.

(Auszüge aus folgender Quelle: LIB, Pkt. 3.1 "Kabul" und Pkt. 3.35. "Erreichbarkeit")

1.3.10. Herat und Herat Stadt

Die Provinz Herat liegt im Westen Afghanistans und ist eine der größten Provinzen Afghanistans. Die Provinzhauptstadt von Herat ist Herat-Stadt. Die Provinz verfügt über 2.095.117 Einwohner, 556.205 davon in der Provinzhauptstadt. Die wichtigsten ethnischen Gruppen in der Provinz sind Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Usbeken und Aimaqs, wobei Paschtunen in elf Grenzdistrikten die Mehrheit stellen. Umfangreiche Migrationsströme haben die ethnische Zusammensetzung der Stadt verändert, der Anteil an schiitischen Hazara ist seit 2001 durch Iran-Rückkehrer und Binnenvertriebene besonders gestiegen.

Herat ist durch die Ring-Road sowie durch einen Flughafen mit nationalen und internationalen Anbindungen erreichbar.

Herat gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Taliban-Kämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten. Je mehr man sich von Herat-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban. In der Stadt Herat steigt die Kriminalität und Gesetzlosigkeit. Im Jahr 2018 gab es mit 259 zivile Opfer (95 Tote und 164 Verletzte) in Herat einen Rückgang von 48% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren improvisierten Sprengkörper (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordanschläge), gefolgt von Kämpfen am Boden und gezielten Tötungen. Der volatilste Distrikt von Herat ist Shindand. Dort kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen rivalisiere

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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