Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §32 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Marian K in W, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in Wien I, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. Mai 1993, UVS - 07/01/00219/92, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kostenentscheidung wird vorbehalten.
Begründung
Vorauszuschicken ist, daß sich das vorliegende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes auf die Beschwerde nur insoweit bezieht, als sie den Vorwurf von Verwaltungsübertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) betrifft. Hinsichtlich des nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) erhobenen Vorwurfes wird der dafür zuständige Senat 11 des Verwaltungsgerichtshofes gesondert entscheiden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung einer Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 13. April 1992, Zl. MBA 17 - S 3494/91, keine Folge. Das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz werde mit der Maßgabe bestätigt, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der D-GmbH und sohin als zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten habe, sowie daß die anzuwendende Sanktionsnorm hinsichtlich der angelasteten Verwaltungsübertretungen § 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz AuslBG zu lauten habe.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, im Straferkenntnis vom 13. April 1992 sei der Beschwerdeführer schuldig erkannt worden, er habe als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma D-GmbH mit dem Sitz in Wien zu verantworten, daß diese Gesellschaft zehn (namentlich genannte) polnische Staatsbürger in der Zeit vom 16. September bis 15. November 1991 auf der Baustelle in Wien 5, Rüdigergasse 3, mit Bauhilfsarbeiten beschäftigt habe, ohne daß für diese Arbeitnehmer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden wäre oder diese für die Beschäftigung eine gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besessen hätten. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 AuslBG verletzt; es seien hiefür Geldstrafen von jeweils S 30.000,-- (zusammen somit S 300.000,--) bei einer Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils vier Tagen zu verhängen gewesen.
Nach Wiedergabe der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, der Berufungsausführungen und der dazu erstatteten schriftlichen Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Wien stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, in der Sache sei am 27. Mai 1993 vor der belangten Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt worden. Trotz ausdrücklichem Hinweis im Ladungsbescheid vom 14. April 1993, daß gemäß § 51f Abs. 2 VStG die Tatsache, daß eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erscheine, weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses hindere, sei der ausgewiesene anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers ohne Angabe von Gründen zur Verhandlung nicht erschienen; es sei lediglich mit Telefax vom Tag der Verhandlung mitgeteilt worden, daß der Beschwerdeführer persönlich aus gesundheitlichen Gründen zur Teilnahme an der Verhandlung nicht in der Lage sei. Der Magistrat der Stadt Wien habe nach Ladung auf die Durchführung der Verhandlung verzichtet und zu der Verhandlung auch keinen Vertreter entsandt. Das Landesarbeitsamt Wien habe an der Verhandlung durch einen informierten Vertreter teilgenommen. Bei der Verhandlung seien die Erhebungsbeamten des Landesarbeitsamtes Wien Herr B. und Dr. Z., sowie Herr S., Polier, und Frau M. als Zeugen einvernommen worden. Nach Schluß des Beweisverfahrens habe eine öffentliche Verkündung des Berufungsbescheides (= angefochtener Bescheid) stattgefunden.
Der Beschwerdeführer sei - so die weiteren Begründungsausführungen im angefochtenen Bescheid - laut Aktenvermerk der Behörde erster Instanz vom 12. November 1991 zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer der D-GmbH gewesen. Da auch nicht von der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 VStG auszugehen gewesen sei, sei der Beschwerdeführer als das im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der D-GmbH für Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG strafrechtlich verantwortlich.
Festgestellt werde, daß die in Rede stehenden zehn polnischen Staatsangehörigen im genannten Zeitraum von etwa zwei Monaten auf der näher bezeichneten Baustelle, auf der die Dekor Bau GmbH von der Firma H mit der Durchführung von Verputzarbeiten beauftragt gewesen sei, ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung einschlägige Arbeitsleistungen erbracht hätten. Die polnischen Arbeitskräfte seien Arbeitnehmer der U-Bau mit Sitz in Polen gewesen und zumindest im Tatzeitraum von dieser Firma an die D-GmbH überlassen worden; diese hätten auf der Baustelle unter Anleitung und Aufsicht des Poliers der D-GmbH, Herrn S., gearbeitet. Diese Feststellungen ergäben sich aufgrund Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt (insbesondere Kooperationsvertrag zwischen der D-GmbH und der U-Bau vom 8. August 1991), des Erhebungsberichtes vom 19. November 1991 sowie der zeugenschaftlichen Aussagen des Erhebungsbeamten des Landesarbeitsamtes Wien B. und des Poliers S. in der Verhandlung vor der belangten Behörde. Auch sei dieser Sachverhalt vom Beschwerdeführer im Verfahren nicht bestritten worden.
Im Beschwerdefall komme der Tatbestand des § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG (Verwendung überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 AÜG) in Betracht. Diesfalls stünde die Dekor Bau GmbH nach § 2 Abs. 3 lit. c AuslBG als Beschäftiger dem Arbeitgeber gleich.
Der Beschwerdeführer bringe vor, bei den Ausländern habe es sich um Volontäre im Sinne des § 3 Abs. 5 AuslBG gehandelt. Die Beschäftigung der polnischen Arbeitskräfte sei am 10. September 1991 beim zuständigen Arbeitsamt unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 5 AuslBG angezeigt worden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne aber von einer Tätigkeit als Volontär, die keine Beschäftigungsbewilligung erfordere, nicht gesprochen werden, wenn auch nur eine der im § 3 Abs. 5 AuslBG normierten Voraussetzungen, nämlich
1)
ein bestimmter Zweck der Beschäftigung (Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis)
2)
das Fehlen der Arbeitspflicht,
3)
das Nichtbestehen eines Entgeltanspruches sowie
4)
die Befristung der Beschäftigung
nicht gegeben sei. Hinsichtlich der zuletzt genannten Voraussetzung, nämlich der Befristung der Beschäftigung auf maximal drei Monate, habe das Beweisverfahren keinen Hinweis auf eine zeitlich darüber hinausgehende Beschäftigung ergeben. Wenn der Beschwerdeführer zu den Voraussetzungen betreffend Fehlen der Arbeitspflicht und Nichtbestehen eines Entgeltanspruches vorbringe, daß die polnischen Arbeitskräfte unmittelbar im Verhältnis zur D-GmbH keine Arbeitspflicht getroffen habe und diese gegenüber der Dekor Bau GmbH auch keinen Entgeltanspruch gehabt hätten, so sei dem entgegenzuhalten, daß im Rahmen der Überlassung von Arbeitskräften grundsätzlich nur zwischen der Arbeitskraft und dem Überlasser (Arbeitsvertrag) und dem Überlasser und dem Beschäftiger (Dienstverschaffungsvertrag) Verträge abgeschlossen würden. Es sei damit für die Arbeitskräfteüberlassung charakteristisch, daß die überlassene Arbeitskraft die Erbringung der Arbeitsleistung ausschließlich dem Überlasser schulde (lediglich erbracht werde diese Arbeitsleitung im Betrieb Dritter). Ebenso sei es für die Arbeitskräfteüberlassung typisch, daß nur der Überlasser gegenüber der überlassenen Arbeitkraft das wirtschaftliche Wagnis eines Unternehmers, wozu auch die Entgeltzahlungspflicht zähle, trage. Daraus folge aber, daß die Voraussetzungen für das Vorliegen von Volontären (Fehlen der Arbeitspflicht und Nichtbestehen eines Entgeltanspruches gegenüber der Dekor Bau GmbH) auch Charakteristika der Arbeitskräfteüberlassung seien. Dem Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen könne somit für die Abgrenzung zwischen bewilligungspflichtiger Überlassung der polnischen Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung und (nur) anzeigepflichtiger Überlassung als Volontäre nur geringe Aussagekraft zukommen. Aus diesem Grund sei dem Antrag des Beschwerdeführers auf zeugenschaftliche Einvernahme der Ausländer, sowie des Mag. B. und des Dipl. Ing. G., des Dipl. Ing. K. und der Frau W. (Anm.:
hinsichtlich dieser namentlich genannten vier Personen befindet sich in den vorgelegten Verwaltungsakten ein schriftlicher Beweisantrag vom 25. Mai 1993) und weiters auf Parteieneinvernahme zum Beweis dafür, daß es gegenüber der D-GmbH weder "eine Anwesenheits-, noch eine Arbeitspflicht, noch eine Weisungsgebundenheit der polnischen Arbeitskräfte gegeben hat, daß diese bei der D-GmbH unentgeltlich und frei von Weisung waren und von der D-GmbH weder Zahlung noch Zahlung gleichzusetzende Leistungen oder Zuwendungen erhielten," keine Folge gegeben worden.
Wesentliches Beurteilungskriterium sei damit die erste Voraussetzung des § 3 Abs. 5 AuslBG, nämlich ob der Zweck der Überlassung der polnischen Arbeitskräfte die Erbringung von Arbeitsleistungen im Betrieb der D-GmbH gewesen sei, oder aber, ob die polnischen Arbeitskräfte ausschließlich zum Zweck der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis beschäftigt worden seien. Ob Arbeitskräfteüberlassung vorliege, richte sich dabei nicht danach, wie die Beteiligten den wirtschaftlichen Vorgang (rechtlich) bezeichneten. Widersprächen die schriftlichen Vereinbarungen der tatsächlichen Durchführung der Verträge, komme es jedenfalls auf die tatsächliche Gestaltung an.
Nach dem Wortlaut des abgeschlossenen "Kooperationsvertrages" zwischen der U-Bau und der D-GmbH "sollen die polnischen Arbeitnehmer von U im Betrieb von D in Wien für den Umgang mit den beim Projekt R vorgesehenen Bautechnologien eingeschult werden (Punkt IV.), bleibt das Dienstverhältnis zu U aufrecht (Punkt IV.1.), übernimmt Dekor die theoretische und praktische Ausbildung, wobei ein Beschäftigungsverhältnis zwischen Dekor und den Arbeitnehmern von U nicht begründet wird und keine Arbeitspflicht oder ein Entgeltanspruch der Arbeitnehmer von U gegenüber D besteht (Punkt IV.2.), die beiden Vertragspartnern durch die Einschulungsaktion entstehenden Kosten werden einvernehmlich als Auslagen im Zusammenhang mit dem Projekt R angesehenen (Punkt V.)". Diese schriftliche Vereinbarung - so die belangte Behörde weiter im angefochtenen Bescheid - lasse eine Beurteilung als Volontariat grundsätzlich zu. Das durchgeführte Beweisverfahren und eine Beurteilung des "wirtschaftlich Gewollten" indiziere jedoch die Zurverfügungstellung der polnischen Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an die D- GmbH:
"Das Arbeitsinspektorat hat mit Sachverhaltsdarstellung vom 28.10.1991 (Bl. 13-14/MBA-Akt) mitgeteilt, daß im Rahmen einer Erhebung am Betriebssitz der Fa. D. GmbH (im folgenden: D. GmbH) am 12.09.1991 nach Einsicht in die Geschäftsunterlagen festgestellt wurde, daß die Erledigung des vorgelegten Auftragsvolumens (mindestens 736 Rechnungen mit größeren Geldbeträgen) mit dem geringen Arbeiterstand (9 Arbeiter, davon 4 Arbeitnehmer in Teilzeit mit 20 Stunden/Woche und 3 Angestellte) unmöglich sei. Beim Versuch der Kontrolle einer der beiden daraufhin von der Fa. D. GmbH genannten Subfirmen, der G. GmbH, sei festgestellt worden, daß dieses Unternehmen am genannten Standort unauffindbar und auf Befragen der Hausbewohner unbekannt ist. Bei einer Nachkontrolle am 30.9.1991 und 07.10.1991 am Firmensitz der Fa. D. GmbH sei sodann die Einsicht in die Betriebsunterlagen verweigert worden. In den den Erhebungsbeamten des Landesarbeitsamtes Wien anläßlich ihrer am 19.11.1991 am Firmensitz durchgeführten Überprüfung vorgelegten Bautagesberichten
(Bl. 29-75/MBA-Akt) scheinen jeweils nicht mehr als 15 Maurer, darin enthalten bereits die überlassenen polnischen Arbeitskräfte der Fa. U-P, auf. Es wurden auch lediglich für 4 Arbeitnehmer Anmeldungen zur Wiener Gebietskrankenkasse vorgelegt.
Herr B. sagte dazu in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien als Zeuge aus, er habe anläßlich der Erhebung insbesondere auch in die Richtung gefragt, welche Arbeitnehmer der Fa. D. GmbH auf der Baustelle beschäftigt waren, da diese als Zeugen in Betracht gekommen wären. Er habe aber nicht in Erfahrung bringen können, welche konkreten Arbeitnehmer der Fa. D. GmbH auf der Baustelle gearbeitet haben. Diesbezüglich seien ihm lediglich die 4 Meldungen bei der Wr. GKK sowie eine Liste der an und für sich bei der Fa. D. GmbH Beschäftigten vorgelegt worden, woraus sich diesbezüglich aber nichts entnehmen lasse. Herr S., der nach der Angabe des Berufungswerbers vor der Erstinstanz am 24.3.1992 (Bl. 115/MBA-Akt) auf der Baustelle als Baupolier der Fa. D. GmbH fungiert und die polnischen Arbeitskräfte eingeschult hat, sagte dazu in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien als Zeuge vernommen im wesentlichen aus, die Fa. D. GmbH habe im Schnitt ca. 10 Arbeiter auf der Baustelle beschäftigt. Die Volontäre seien etwa im September 1991 gekommen. Auf Vorschlag des Zeugen seien diese auf den Lehrbauhof Ost geschickt worden, die Lehrkosten von S 1.800,-- habe die Fa. D. GmbH bezahlt. Danach hätte die Volontäre bei der Fa.D. GmbH im Tatzeitraum gearbeitet. Sie seien im Schnitt sieben bis acht Stunden am Tag auf der Baustelle gewesen und behandelt worden wie Lehrlinge. Sie hätten Zureicharbeiten und alle Tätigkeiten durchgeführt, die ihnen der Zeuge angeschafft habe, so z.B. Gips anrühren, Zuschneiden, Dübeln setzen und andere Arbeiten, die so anfallen würden."
Bei einer zusammenfassenden Würdigung dieser Beweisergebnisse, wonach der Beschwerdeführer im Verfahren einerseits nicht dargetan habe, welche Arbeitskräfte konkret die Arbeitsleistungen zur Durchführung des von der D-GmbH gegenüber der Fa. H übernommenen Auftrages durchgeführt hätten, und wonach andererseits die überlassenen polnischen Arbeitskräfte Arbeitsleistungen im Rahmen der Durchführung dieses Auftrages erbracht hätten, sei insgesamt erwiesen, daß die Beschäftigung der überlassenen polnischen Arbeitskräfte nicht ausschließlich zum Zweck der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis erfolgt sei. Die belangte Behörde verkenne nicht, daß es der durch ein Volontariat angestrebte Zweck des Erwerbes von Fähigkeiten für die Praxis häufig mit sich bringe, daß Volontäre Arbeiten zu verrichten hätten, die sich kaum von jenen anderer Beschäftigter unterschieden. Auch könne es die Beschäftigung von Volontären mit sich bringen, daß für das ausbildende Unternehmen durch die Tätigkeit der Volontäre allenfalls ein "wirtschaftlicher Vorteil" entstehe, ohne daß dadurch die Annahme von Volontärverhältnissen grundsätzlich ausgeschlossen werde. Im Beschwerdefall habe das durchgeführte Beweisverfahren aber ergeben, daß das Mißverhältnis zwischen Beschäftigtenstand und Auftragsvolumen der D-GmbH und die praktische Ausgestaltung des Einsatzes der überlassenen polnischen Arbeitskräfte auf der Baustelle nur den Schluß zuließen, daß der Einsatz der polnischen Arbeitskräfte zur Erbringung von Arbeitsleistungen zur Erfüllung des von D-GmbH gegenüber der Fa. H übernommenen Auftrages im Vordergrund gestanden (und nicht bloß ein Nebeneffekt des behaupteten Volontärverhältnisses gewesen) sei. Bei diesem Ergebnis habe sich auch die vom Beschwerdeführer beantragte Einholung einer Stellungnahme des österreichischen Konsulates oder des österreichischen Außenhandelsdelegierten in Polen zum Beweis dafür, daß es sich "bei dem Umgang und der Verarbeitung mit Maschinenputz und Gipskartonzwischenwandsystemen um in Polen bislang noch weithin unbekannte Bautechnologien" handle, erübrigt. Insgesamt liege daher eine Beschäftigung von Volontären nicht vor, sodaß die Beschäftigung der von der U-Bau zum Zweck der Erbringung von Arbeitsleistungen überlassenen polnischen Arbeitskräfte durch die D-GmbH für betriebseigene Aufgaben nach dem AuslBG bewilligungspflichtig gewesen wäre. Mangels Vorliegens derartiger arbeitsmarktrechtlicher Bewilligungen sei die objektive Tatseite der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG erfüllt.
Nach Ausführungen zur subjektiven Tatseite (Verneinung eines vom Beschwerdeführer in der Berufung behaupteten entschuldbaren Rechtsirrtums) wird im dem angefochtenen Bescheid schließlich die Strafbemessung (unter Zugrundelegung des dritten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG; S 10.000,-- bis S 120.000,-- je unerlaubt beschäftigtem Ausländer) näher begründet.
Die Behandlung der an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluß vom 13. Dezember 1995, B 3746/95-3, abgelehnt. In der antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer sei in seinem Recht auf Nichtbestrafung nach den Bestimmungen des AuslBG verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird geltend gemacht, der angefochtene Bescheid vom 27. Mai 1993 sei erst am 25. Oktober 1995 (sohin 29 Monate später) zugestellt worden. Damit hätte aber gemäß § 51 Abs. 7 VStG der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verfahren eingestellt werden müssen; weiters sei auch die Strafbarkeitsverjährung nach § 31 Abs. 3 VStG eingetreten. Außerdem habe der angefochtene Bescheid das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 29. Mai 1992 mit der Maßgabe bestätigt, daß dem Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretungen als "handelsrechtlicher Geschäftsführer" angelastet würden. Im erstinstanzlichen Straferkenntnis sei hier noch der Vorwurf als "zur Vertretung nach außen Berufener" erfolgt. Es liege damit keine taugliche Verfolgungshandlung nach § 32 Abs. 2 VStG vor, weil dem Beschwerdeführer erstmals im angefochtenen Bescheid die Begehung einer Übertretung als "handelsrechtlicher Geschäftsführer" angelastet werde.
Das zu § 51 Abs. 7 VStG erstattete Vorbringen (Einstellung des Verfahrens, weil nicht innerhalb von 15 Monaten ab Einbringung der Berufung die Berufungsentscheidung erlassen worden sei) geht bereits im Hinblick auf den zweiten Satz dieser Bestimmung ins Leere. Dort wird nämlich normiert, daß die erwähnte Rechtsfolge des ersten Satzes nicht in Sachen gilt, in denen nicht nur der Beschuldigte das Recht der Berufung hat. Dies ist aber bei der vorliegenden Verwaltungsstrafsache nach dem AuslBG der Fall, weil hier zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Behörde erster Instanz das Landesarbeitsamt gemäß § 28a AuslBG (idF BGBl. Nr. 450/1990) das Recht zur Berufung hatte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1995, 95/09/0061).
Die Verfolgung einer Person ist gemäß § 31 Abs. 1 VStG unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist.
Nach § 31 Abs. 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate (abweichend bestimmt hier § 28 Abs. 2 AuslBG eine Verjährungsfrist von einem Jahr). Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Handlung abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist er zum Tatzeitpunkt gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Nach § 31 Abs. 3 erster Satz VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind.
Wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dann hindert dies nach § 51f Abs. 2 VStG weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses. "Gefällt" ist ein Straferkenntnis gemäß § 24 VStG und § 62 Abs. 1 AVG dann, wenn der Bescheid schriftlich oder mündlich erlassen wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1995, 94/09/0382).
Zur Verhandlung vor der belangten Behörde am 27. Mai 1993 war der Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen. Der Beschwerdeführer hat sich zwar mit dem am 27. Mai 1993 bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz seines Vertreters vom 26. Mai 1993 durch Vorlage eines ärztlichen Attestes als weder "arbeits- noch ausgehfähig" entschuldigt, sein rechtlicher Vertreter (dessen Verhalten grundsätzlich dem Vertretenen zuzurechnen ist) hat aber an dieser mündlichen Verhandlung ebenfalls - ohne Angabe von Gründen - nicht teilgenommen. Damit kam aber auch im Hinblick auf § 19 Abs. 3 AVG mit der mündlichen Verkündung des angefochtenen Bescheides nach Abschluß der mündlichen Verhandlung am 27. Mai 1993 der angefochtene Bescheid rechtswirksam zustande, sodaß die Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 3 VStG gewahrt war. Bei dieser Sachlage ist es somit ohne Belang, daß die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses der belangten Behörde an den Beschwerdeführer erst am 29. Oktober 1995 (und damit nach Ablauf der im § 31 Abs. 3 erster Satz VStG genannten Frist) zugestellt wurde.
Unter dem Gesichtspunkt der Verjährung läßt sich für den Beschwerdeführer auch nichts aus der Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses durch den Spruch des angefochtenen Bescheides nach Maßgabe "als handelsrechtlicher Geschäftsführer" gewinnen. Es ist nicht erkennbar, daß allein durch den Zusatz "als handelsrechtlicher Geschäftsführer" (und sohin als zur Vertretung nach außen Berufener) eine Änderung in der Individualisierung der dem Beschwerdeführer bereits mit dem Straferkenntnis erster Instanz angelasteten Tat eingetreten wäre. Ist es zur Tauglichkeit einer Verfolgungshandlung allgemein schon nicht erforderlich, dem Beschuldigten auch vorzuwerfen, die Tat als zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 VStG verantworten zu müssen (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. April 1996, 95/09/0242), so schadet es für die Qualifikation als Verfolgungshandlung nicht, wenn darin noch nicht der konkretisierende Hinweis "als handelsrechtlicher Geschäftsführer" enthalten war.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ausgehend von den kumulativ zu fordernden Voraussetzungen für das Vorliegen eines Volontariats nach § 3 Abs. 5 AuslBG (vgl. dazu etwa auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1993, 92/09/0280), eingehend begründet, warum sie der auf Volontärverhältnisse mit den polnischen Arbeitnehmern hinauslaufenden Verantwortung des Beschwerdeführers nicht folgte. Sie kam dabei im wesentlichen allein wegen des Nichtvorliegens des für ein Volontariat notwendigen Zweckes der Beschäftigung (Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis) zu ihrer Beurteilung, wobei sie diesbezüglich etwa auf die Zeugenaussage des Poliers S. Bezug nahm, der angegeben hatte, die Ausländer seien auf der Baustelle wie Lehrlinge behandelt worden und hätten Zureicharbeiten sowie alle Tätigkeiten durchgeführt, die ihnen S. angeschafft habe, so "z.B. Gips anrühren, Zuschneiden, Dübeln setzen und andere Arbeiten die so anfallen würden". Insgesamt erachtete es die belangte Behörde als erwiesen, daß der Einsatz der überlassenen polnischen Arbeitskräfte zur Erbringung von Arbeitsleistungen zur Erfüllung eines Auftrages der D-GmbH gegenüber der Firma H im Vordergrund gestanden sei "und nicht bloß ein Nebeneffekt des behaupteten Volontärverhältnisses war".
Die Beschwerde bekämpft diese Feststellungen mit keinem Wort, sondern rügt nur, daß dem Beweisantrag vom 25. Mai 1993 nicht gefolgt worden sei. Diesbezüglich hat aber die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid durchaus schlüssig dargestellt, daß dieser Beweisantrag nur für weitere - ohnedies auch von der belangten Behörde nicht weiter in Frage gestellte - Merkmale des Volontärverhältnisses (Fehlen der Arbeitspflicht und Nichtbestehen eines Entgeltanspruches) hätte maßgebend sein können, sodaß im Unterbleiben dieser Beweisaufnahme kein wesentlicher Verfahrensmangel erblickt werden kann.
Der Verwaltungsgerichtshof kann daher insgesamt nicht finden (das Nichterscheinen des Beschwerdeführers zur mündlichen Verhandlung am 27. Mai 1993 wird unter Hinweis auf eine "ausreichende Entschuldigung" in der Beschwerde ohne jegliches Aufzeigen einer Relevanz auch nur erzählend geschildert), daß der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit oder einer wesentlichen Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet wäre.
Die Beschwerde - die zur Frage der (vom Verwaltungsgerichtshof auch nicht als rechtswidrig erkennbaren) Strafbemessung keine Ausführungen enthält - war daher betreffend Bestrafung nach dem AuslBG gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung wird der (insgesamt abschließenden) Beschwerdeerledigung betreffend Bestrafung nach dem AÜG vorbehalten.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995090340.X00Im RIS seit
20.11.2000