TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/27 W181 2194960-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.01.2020
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Entscheidungsdatum

27.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W181 2194960-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald PERL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.04.2018,

Zl. 15-1083940403/151157679, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.10.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 22.08.2015 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Im Rahmen einer am 24.08.2015 vor einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF an, am XXXX geboren sowie ledig zu sein und aus dem Dorf XXXX , Distrikt XXXX , zu stammen. In Bangladesch würden sich die Eltern sowie ein Bruder und eine Schwester des BF aufhalten. Der BF habe im Mai 2009 sein Heimatland Bangladesch verlassen. Er sei zunächst legal - mit einem Reisepass, den er in weiterer Folge weggeworfen habe und in Besitz eines Visums - nach Dubai gereist und in weiterer Folge über den Oman, den Iran und die Türkei nach Griechenland gelangt, wo er sich ab Jänner 2010 aufgehalten habe. In Griechenland habe der BF um Asyl angesucht und dort - auf Grund seines illegalen Aufenthaltes - zwei bzw. elf Monate in einem Gefängnis verbracht. Im August 2018 sei er von Griechenland aus schlepperunterstützt über Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich gereist.

Nach den Gründen befragt, die ihn bewogen hätten, Bangladesch zu verlassen, führte der BF aus, dass er in Bangladesch ein Geschäft eröffnet habe und Kreditraten nicht zurückzahlen habe können, weswegen die Bank eine Anzeige gegen ihn erstattet habe. Da die Polizei nach ihm gesucht habe, habe er Bangladesch verlassen. Auf entsprechende Nachfrage gab der BF an, bei einer Rückkehr in seine Heimat nichts zu befürchten. Die Frage nach im Laufe der Befragung aufgetretenen Verständigungsproblemen verneinte der BF.

I.3. Mit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) gerichtetem Schreiben vom 23.11.2015 ersuchte der BF um Richtigstellung seines Geburtsdatums auf den XXXX . Als Bestätigung legte er seinem Schreiben einen Ausdruck aus dem (bengalischen) "Birth Registration Information System" bei.

Mit Schreiben vom 29.06.2016 teilte das BFA dem BF mit, dass für eine Änderung der personenbezogenen Daten Originaldokumente benötigt werden würden.

Am 10.07.2016 langten beim BFA vom BF übermittelte Dokumente mit den Titeln "Birth Certificate" und "Nationality & Character Certificate" ein.

I.4. Am 07.09.2017 wurde der BF von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des BFA niederschriftlich einvernommen.

Im Rahmen dieser Einvernahme legte der BF ein Konvolut an Unterlagen in bengalischer Sprache vor, die sein Vater organisiert habe und bei denen es sich den Angaben des BF zufolge um eine in Bangladesch erhobene Anzeige, eine Bestätigung über die durch seinen Vater erfolgte Überschreibung eines Geschäftes an den BF, eine Bestätigung über die Mitgliedschaft bei der Bauernfraktion der Bangladesh Nationalist Party (kurz: BNP), ein Empfehlungsschreiben der Partei, ein Geburtszertifikat, eine Bestätigung über einen Kredit seines Vaters und einen Zeitungsartikel, in dem über den Fall des BF berichtet werde, handle. Zudem legte der BF eine Bestätigung über die Teilnahme an einem Alphabetisierungskurs, eine Arbeits-/Einstellungszusage, ein Empfehlungsschreiben und einen (abweisenden) Bescheid des AMS auf Erteilung einer Arbeitsbewilligung. Auf Nachfrage (zu allenfalls vorhandenen Personaldokumenten) gab der BF an, nie einen Reisepass besessen zu haben. Die Reise nach Dubai im Jahr 2009 habe er mit einem gefälschten Pass angetreten.

Im Zuge der Befragung zu seiner Reiseroute gab der BF betreffend seinen Aufenthalt in Griechenland an, ab 2012 drei Jahre in Gefängnissen verbracht zu haben, da er über keine entsprechenden Papiere verfügt habe.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, führte der BF aus, am XXXX geboren zu sein und der Volksgruppe der Bengalen anzugehören. Früher sei er sunnitischer Moslem gewesen, heute sei nicht mehr sehr gläubig. In seinem Heimatland würden sich die Mutter und eine Schwester sowie Tanten, Onkel und Cousins aufhalten. Sein Vater sei in diesem Jahr verstorben. Mit seinen in Bangladesch aufhältigen Brüdern liege der BF im Streit, weswegen er diese nicht als seine Brüder betrachte und auch in der Erstbefragung nicht erwähnt habe. Auf Nachfrage gab der BF an, fünf Brüder zu haben. Der BF habe in Bangladesch bis zur fünften Klasse die Grundschule besucht, sonst jedoch keine weitere Ausbildung absolviert. Im Jahr 2006 sei er als Anstreicher tätig gewesen, 2007 habe ihm sein Vater ein Geschäft (zum Verkauf von Baumaterial) überschrieben, welches im Jahr 2008 durch eine Überschwemmung zerstört worden sei. 2009 sei er nach XXXX gezogen und als Anstreicher selbstständig tätig gewesen. Ab 2006 sei er auch politisch bei der BNP tätig bzw. Mitarbeiter der Partei gewesen.

Seine Familie sei sehr reich, jedoch hätten Ende 2008/Anfang 2009 mit der Machtübernahme der Awami League (kurz: AL), der auch seine Brüder angehören würden, die Probleme des BF begonnen. Er sei grundlos angehalten und geschlagen worden. Darüber hinaus sei am XXXX 2009 eine Anzeige gegen den BF erstattet worden.

Sein Heimatland verlassen habe er aus mehreren Gründen: So habe er Probleme mit seinen Brüdern, die alles Hab und Gut der Familie an sich gerissen hätten sowie auch auf Grund seiner politischen Tätigkeit bei der BNP, auf Grund einer Anzeige und auf Grund seines Geschäftes.

Im Zusammenhang mit der konkreten Befragung zu seinen Fluchtgründen führte der BF weiter aus, in Bangladesch von staatlicher Seite wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt worden zu sein. Der BF habe, wie auch bereits seine Mutter, die BNP unterstützt. Er sei ein einfaches Mitglied gewesen, habe einen Mitgliedsbeitrag geleistet und sei als Laufbursche tätig gewesen. Seine Brüder hingegen seien Anhänger der AL, weswegen er diese nicht mehr als Teil der Familie betrachte. Das Problem in Bangladesch sei, dass die Polizei Listen von

BNP-Unterstützern führe, diese grundlos verhafte und erst gegen Bezahlung wieder freilasse. So sei es drei (Partei-)Freunden des BF ergangen, die bei einem gemeinsamen Lokalbesuch verhaftet und erst nach Bezahlung von jeweils 50.000 Taka wieder freigelassen worden seien. Der BF sei der Verhaftung nur dadurch entgangen, da er sich im Zeitpunkt des Erscheinens der Polizei gerade auf der Toilette befunden habe, er habe später jedoch erfahren, dass sich sein Name auch auf eine der besagten Liste wiederfinde. Auf Nachfrage zum konkreten Ausreisegrund gab der BF abermals an, dass er drei Feinde habe: Seine Brüder, die AL und die Polizei, die jeden erschieße, der nicht bezahlen wolle.

Nachgefragt, ob der BF persönlich angegriffen worden sei, gab dieser an, von seiner Familie und der AL geschlagen und bedroht worden zu sein.

Auf jene Anzeige angesprochen, die gegen den BF erstattet worden sei, führte dieser aus, dass am XXXX 2009 eine Versammlung der BNP stattgefunden habe, im Zuge derer bewaffnete Anhängern der AL einen Streit begonnen hätten und es zu einer Auseinandersetzung gekommen sei. Der BF sei dabei an den Knien geschlagen und am Rücken verletzt worden. Ausgehend von diesem Vorfall sei eine Anzeige gegen den BF erhoben worden, in der man ihm vorgeworfen habe, einen öffentlichen Bus in Brand gesteckt zu haben. Es sei eine Haftanzeige gegen ihn erstattet worden und in der Zeitung sei berichtet worden, dass der BF gesucht werde und dringend zu verhaften sei. Er habe jedoch nichts getan und vermute, dass seine Brüder hinter der Anzeige stecken würden. Im Fall einer Rückkehr drohe dem BF eine Inhaftierung durch die Polizei, die in weiterer Folge vom BF Geld verlangen und ihn, sollte er nicht bezahlen, umbringen würde.

Bezugnehmend auf vorgelegten Unterlagen, die einen Kredit betreffen sollen, führte der BF aus, diesbezüglich keine Probleme zu haben, da - nachdem seine Brüder Drohungen gegenüber dem Vater des BF ausgesprochen hätten - alle Grundstücke auf seine Brüder übertragen worden seien und nichts auf den Namen des BF laufe.

Auf das von ihm geführte Geschäft angesprochen, gab der BF an, dass dieses von einem Fluss mitgerissen worden sei. Seine Brüder hätten den BF, nachdem er das Geschäft übernommen habe, immer wieder mit dem Umbringen bedroht bzw. hätten Anhänger der AL angestiftet, den BF zu bedrohen.

Darauf angesprochen, dass der BF im Rahmen seiner Erstbefragung lediglich Probleme wegen eines Kredites und keine Rückkehrbefürchtungen vorgebracht habe, verwies der BF auf Verständigungsprobleme mit dem in der Erstbefragung herangezogenen Dolmetscher.

Der BF gab an, in Österreich einen Deutschkurs (A0) zu besuchen und für die Gemeinde gearbeitet zu haben. Er habe viele Freunde und Bekannte und eine Arbeitszusage erhalten.

I.5. Mit Datum vom 02.11.2017 stellte das BFA eine Anfrage an die Staatendokumentation zur Verifizierung der vom BF vorgelegten (bengalischen) Unterlagen sowie zur Überprüfung der Angaben des BF zu seinen Geschwistern und zum Tod seines Vaters.

I.6. Mit Datum vom 09.02.2018 übermittelte die Staatendokumentation dem BFA bezugnehmend auf die seitens der Behörde in Auftrag gegebene Anfrage eine Anfragebeantwortung. In dieser wurde zusammengefasst ausgeführt, dass dem Bericht eines beigezogenen Vertrauensanwaltes zu entnehmen sei, dass das vom BF übermittelte Falldokument eine Fälschung darstelle und nicht authentisch sei. Es werde daher als unwahrscheinlich angesehen, dass der BF polizeilich gesucht werde. Die Schenkungsurkunde und der Zeitungsartikel (mangels Kenntnis vom Namen der Zeitung und vom Veröffentlichungsdatum des Artikels) hätten nicht geprüft werden können, die übrigen Dokumente ("Birth Certificate"; "Nationality and Character Certificate"; "Certificate from BNP"; "Committee List of BNP") seien als echt zu beurteilen. Recherchen im familiären Umfeld des BF hätten ergeben, dass sein Vater tatsächlich verstorben sei, seine Mutter noch am Leben sei und der BF acht Geschwister habe, wovon zwei bereits verstorben seien.

I.7. Am 21.03.2018 wurde der BF erneut von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des BFA niederschriftlich einvernommen.

Im Zuge dieser Einvernahme legte der BF ärztliche Unterlagen vor und führte dazu aus, wegen Atmungsproblemen, die seit zwei oder drei Monaten bestünden, an der Lunge geröntgt worden zu sein. Es sei ihm gesagt worden, bis zu einer weiteren Untersuchung am 10.04. abzuwarten. Er nehme diesbezüglich täglich Medikamente. Im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand habe er keine Rückkehrbefürchtungen.

Nachgefragt, ob der BF seine Fluchtgründe aufrechterhalte, gab dieser an, sehr nervös zu sein, da die Premierministerin verhaftet worden sei.

An neuen Unterlagen legte der BF darüber hinaus ein Empfehlungsschreiben sowie Teilnahmebestätigungen der XXXX an "Strukturmodulen" vor.

I.8. Am 04.04.2018 langten beim BFA nach einer entsprechenden Anfrage an den behandelnden Arzt des BF weitere medizinische Unterlagen, den BF betreffend, ein.

Am 12.04.2018 wurden vom BF weitere Unterlagen, seinen Gesundheitszustand betreffend, vorgelegt.

I.9. Mit Bescheid vom 12.04.2018, Zl. 15-1083940403/151157679, wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status des Asylberechtigten führte das BFA begründend im Wesentlichen aus, dass bereits der Umstand, dass der BF über zahlreiche Länder gezielt nach Österreich gereist sei, darauf hinweise, dass es ihm nicht darum gegangen sei, Schutz vor Verfolgung zu suchen. Darüber hinaus sei jedoch auch im Hinblick auf die Ausführungen des BF dessen Glaubwürdigkeit hinsichtlich seines Fluchtvorbringens in Mitleidenschaft gezogen worden. Unter Berücksichtigung seiner Angaben in der Erstbefragung sowie in seinen Einvernahmen habe sich im Verlauf des Verfahrens nicht einmal sein Kernvorbringen als konsistent erwiesen. Zu Lasten des BF sei zudem der Umstand zu werten, dass sich vom BF als Beweismittel vorgelegte behördliche Unterlagen als Totalfälschungen erwiesen hätten. Darüber hinaus habe der BF widersprüchliche Angaben zu seinem Reisepass und seinen Angehörigen in Bangladesch getätigt. Das Vorbringen des BF habe sich im Ergebnis weder als nachvollziehbar noch als glaubwürdig dargestellt und die von ihm dargelegte Bedrohungssituation entspreche nicht den Tatsachen. Darüber hinaus handle es sich bei dem BF um einen gesunden, jungen und arbeitsfähigen Mann, dem im Falle einer Rückkehr nach Bangladesch keine völlig ausweglose Situation erwarte, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und würden zudem die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen gegen den BF eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festzusetzen sei.

I.10. Mit Bescheid des BFA vom selben Tag wurde über den BF wegen offenbar mutwilliger Inanspruchnahme der Tätigkeiten einer Behörde, absichtlicher Verschleppung der Angelegenheit und unrichtigen Angaben eine Mutwillensstrafe in der Höhe von EUR 726,00 verhängt.

I.11. Am 23.04.2018 langte beim BFA eine Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX ein, wonach ein gegen den BF wegen des Verdachts auf Fälschung eines Beweismittels geführtes Ermittlungsverfahrens eingestellt worden ist.

I.12. Mit Schriftsatz vom 03.05.2018 wurde der Bescheid des BFA vom 12.04.2018 seitens des BF zur Gänze angefochten.

Begründend wurde dabei ausgeführt, dass der BF sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung durch die AL (auf Grund seiner politischen Mitgliedschaft bei der BNP) sowie vor Verfolgung durch private Akteure verlassen habe. Der Staat sei - wie den Länderberichten entnommen werden könne - nicht in der Lage, dem BF adäquaten Schutz zu bieten. Sollte dem Vorbringen des BF keine Asylrelevanz zugebilligt werden, würden jedoch jedenfalls die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen.

Hinsichtlich der Gründe für das Verlassen seines Heimatlandes sei auf das bereits im behördlichen Verfahren Vorgebrachte zu verweisen, da die dort vom BF getätigten Angaben den wahren Geschehnissen entsprechen würden. Der BF sei seit 2007 Mitglied bei der BNP, habe bis 2008 ein Geschäftslokal besessen, welches er mit Hilfe eines Kredites finanziert habe, Nachdem das Geschäftslokal am XXXX 2009 zerstört worden sei, habe der BF kein Vermögen besessen. An diesem Tag habe auch eine Versammlung stattgefunden, bei der auch die BNP vertreten gewesen sei, die mit gewalttätigen Auseinandersetzungen und mit einer zu Unrecht gegen den BF erhobenen Anzeige geendet habe. Aus diesen Gründen habe er Bangladesch verlassen.

Den - betreffend das Fluchtvorbringen relevanten - im angefochtenen Bescheid getätigten Vorwürfen der Behörde sei entgegenzuhalten, dass der BF in Griechenland schlecht behandelt worden sei und seine Reise fortgesetzt habe, um in einem Land um Asyl anzusuchen, in dem er auch entsprechend behandelt werden würde. Abweichende Angaben des BF in seiner Erstbefragung und in den stattgefundenen Einvernahmen würden auf den Umstand gründen, dass der BF erst bei seinen Einvernahmen ausreichend Gelegenheit gehabt habe, sein gesamtes Fluchtvorbringen darzulegen. Widersprüche seien dem BF auch nicht vorgehalten worden und es liege in dieser Hinsicht ein Verfahrensmangel vor. Darüber hinaus erfülle die Beweiswürdigung des BFA nicht das Kriterium einer ganzheitlichen Würdigung des individuellen Vorbringens des BF.

Es wurden die Anträge gestellt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen; der Beschwerde stattzugeben und dem BF den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen; in eventu dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen; in eventu dem BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen; jedenfalls Spruchpunkt III. des Bescheides (betreffend die ausgesprochene Rückkehrentscheidung) aufzuheben, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

I.13. Mit Datum vom 11.05.2018 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.14. Mit Schreiben vom 20.08.2019 bzw. 26.08.2019 teilte die Rechtsvertretung des BF mit, dass der BF sein Fluchtvorbringen aufrechterhalte. Bei einer Rückkehr drohe ihm der Tod, gleichzeitig werde er auf Grund von Landstreitigkeiten bedroht. Die Polizei suche nach wie vor nach dem BF. Beiliegend wurden - an neuen Unterlagen - Kopien von Fotos der Mutter des BF, von ärztlichen Unterlagen aus April/Mai 2019 sowie von Unterlagen in bengalischer Sprache, die die vorgebrachten Landstreitigkeiten und die behauptete polizeiliche Suche des BF betreffen würden, übermittelt. Es wurde zudem darauf hingewiesen, dass der BF im Bundesgebiet eine Lebensgefährtin hat.

I.15. Am 15.10.2019 nahm der BF am Bundesverwaltungsgericht Einsicht in den gegenständlichen Verfahrensakt.

I.16. Am 17.10.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und der ausgewiesenen Rechtsvertretung des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.

Das BFA hatte bereits mit Schreiben vom 10.09.2019 mitgeteilt, auf die Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu verzichten und nahm an der Verhandlung auch nicht teil.

Der BF bestätigte seine im behördlichen Verfahren getätigten Angaben zu seiner Reiseroute/seinem Fluchtweg. Ergänzend verwies er betreffend seinen Aufenthalt in Dubai darauf, dass er ein echtes Visum besessen habe, sein Reisepass jedoch gefälscht gewesen sei. In Griechenland habe er zwar einen Asylantrag gestellt, das Land verfüge jedoch über kein Asylsystem, man hab ihn zweimal inhaftiert gehabt. Laut den (ergänzenden) Angaben der Rechtsvertretung habe der BF in Griechenland ein Papier besessen, bei dem es sich um einen Landesverweis gehandelt habe. In Ungarn sei er - mit weiteren Asylwerbern - in Bussen zu Zügen gebracht worden, die Richtung Österreich gefahren seien, an der Grenze sei er dann festgenommen worden.

Im Zusammenhang mit der Befragung zu seinen persönlichen Daten gab der BF an, noch nie einen Pass besessen zu haben. Den Vorhalt, er habe in einer Einvernahme einmal angeführt, seinen Reisepass in Dubai weggeworfen zu haben, halte er für nicht richtig. Der Vater des BF sei 2017 verstorben, seine Mutter wohne in Bangladesch und er habe noch zwei jüngere Brüder, drei ältere Brüder und eine ältere Schwester. Der BF bestätigte, dass seine Familie wohlhabend sei.

Zu seiner beruflichen Ausbildung befragt, gab der BF an, Maler und Anstreicher gelernt zu haben, ebenso aber Kräne bedienen sowie Elektrikerarbeiten durchführen zu können und in Griechenland auch als Koch gearbeitet zu haben. Bereits zu jener Zeit, als er in Bangladesch sein Geschäft betrieben habe, habe er nach Geschäftsschluss Gelegenheitsarbeiten, beispielsweise Elektrikertätigkeiten, durchgeführt. Seit 2006 habe der BF als Maler und Anstreicher gearbeitet und auch bei BNP-Veranstaltungen Malerarbeiten verrichtet. Bevor ihm sein Vater das Geschäft 2008 überschrieben habe, habe er seinem Vater in den Jahren 2007 und 2008 im Geschäft bereits geholfen.

In Geschäft des BF, das Ende 2008 einer Überschwemmung zum Opfer gefallen sei, hätten sich rund 5 Millionen Taka befunden. Dieses Geld habe von seinem Vater, von ihm sowie von Fremden, die das Geld dort hinterlegt hätten, gestammt. Wenn man allerdings keine Abrechnung hinsichtlich des hinterlegten Geldes vorlegen könne, werde man "geschlachtet", weswegen der BF aus Angst in das 200 - 250 km entfernte XXXX übersiedelt sei.

Auf Vorhalt des erkennenden Richters, dass der BF im Rahmen seiner Erstbefragung angegeben habe, Kreditraten nicht mehr bezahlen haben zu können und daher - nach einer Anzeige einer Bank - von der Polizei gesucht worden sei, führte der BF aus, dass er nach der Überschwemmung aus den zuvor getätigten Angaben geflohen sei. Um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren habe er für "Chefs" gearbeitet, jeweils ein bis zwei Tage und parallel dazu an Demonstrationen seiner Partei teilgenommen.

Der BF bestätigt den bereits im behördlichen Verfahren geschilderten Vorfall, im Zuge dessen drei Freunde des BF 2007 am " XXXX " im Rahmen eines gemeinsamen Lokalbesuches festgenommen und erst gegen Bezahlung wieder freigelassen worden seien. Der BF sei nach diesem Vorfall informiert worden, dass auch sein Name auf einer Polizeiliste stehen würde und er aufgegriffen werden könnte und in weiterer Folge ebenso eine Summe zu bezahlen hätte. Auf konkrete Frage verneinte der BF, dass ihm Ähnliches in weiterer Folge passiert sei. Er habe sich allerdings sehr vorsichtig auf den Straßen bewegt.

Zu dem vom BF im Verfahren vor der Behörde geschilderten Vorfall vom XXXX 2009 befragt, führte der BF aus, in XXXX an einer Versammlung der Jamaat-e-Islami (kurz: JI) und der BNP zum Zweck der Vorbereitung und Durchführung einer Demonstration, teilgenommen zu haben. An einer Straßenkreuzung seien ihnen Anhänger der AL mit Waffen entgegengetreten, wobei auf den BF eingeschlagen und sein rechtes Knie verletzt worden sei, er sei zu Boden gegangen und habe im Stürzen noch eine Verletzung (von einem Schlag oder einen Hieb) am Rücken erlitten. Danach wisse er nur mehr, dass ihm auf der Straßenseite Wasser gereicht und ihm ein Tuch um den Brust- und Bauchbereich gebunden worden sei.

Hinsichtlich der vorgebrachten polizeilichen Anzeige wegen Vandalismus bzw. Sabotage führte der BF aus, dass gegen ihn eine Anzeige vom XXXX 2009 vorliege. Die Sabotageakte hätten aber die Mitglieder der AL begangen, von der Anzeige habe der BF durch Freunde erfahren. Darüber hinaus führte der BF zu diesem Thema - unter Heranziehung konzeptiver Aufzeichnungen - aus, dass im Zuge der diesbezüglichen Recherchen des Vertrauensanwaltes seine persönlichen Daten nicht geheim gehalten worden seien. Seinem Wissen nach sei im BNP-Büro seine Rolle in der Partei evaluiert worden. In dem Zusammenhang sei es unrichtig, dass er in der BNP "Assistent Manager" gewesen sei, vielmehr habe er in der Bauernpartei (Wahlsprengel 1) die Rolle eines Generalsekretärs ausgeübt.

Hinsichtlich des vorgelegten Zeitungsartikels führte der BF aus, dass er dem BFA eine Originalkopie vorgelegt habe und das Datum der Zeitung ( XXXX .2017) sowie der Titel der Zeitung ersichtlich seien. Das Ergebnis des BFA sei in dieser Hinsicht nicht fair.

Hinsichtlich des Strafverfahrens führte der BF aus, dass der Vertrauensanwalt nach der falschen Anzeige recherchiert habe, er habe nach einer Rauschgift-Anzeige recherchiert, die tatsächliche Anzeige trage die Nummer 37 3/2009.

Im Zuge der Recherchen des Vertrauensanwaltes sei ein Foto des BF in seinem Heimatort herumgereicht worden, woraufhin sich 50 Personen im " XXXX " versammelt hätten und dann zu seinem Elternhaus gezogen seien. Tausenden Leute seien die Fragen des Vertrauensanwaltes bekannt geworden und sein Heimathaus sei aus diesem Grund verbrannt worden. Dieser Vorfall habe sich laut Angaben des BF am XXXX 2018 ereignet. Auf Vorhalt, dieses Vorbringen bislang nicht erstattet zu haben, obwohl dem BF spätestens im Rahmen der Ladung aufgetragen worden sei, alle Beweismittel vorzulegen, führte der BF aus, dass er zum BFA kein Vertrauen habe. Zum Beweis seiner Angaben zeigte der BF dem erkennenden Richter ein Video (auf seinem iPhone) indem ein brennendes Haus sowie davor umherlaufende Personen zu sehen waren. Das Video habe ihm ein Freund aus Dubai geschickt, er selbst habe erst später von einem Verwandten bestätigt bekommen, dass sein Elternhaus abgebrannt sei. Seine Mutter hebe am Telefon "sowieso" nicht ab. Ergänzend führte der BF aus, dass man nach dem Brand seines Elternhauses zwei namentlich genannte Personen und einen Polizisten in Zivil habe weggehen sehen.

Auf die Frage des erkennenden Richters, was der BF zwischen dem XXXX 2009 und seiner Ausreise aus Bangladesch im Mai 2009 gemacht habe, antwortete dieser, auf der Flucht gewesen zu sein.

Der BF führte aus, dass das BFA in Bangladesch Vertrauensanwälte einsetze, die beim dortigen "High Court" tätig seien, obwohl man wisse, dass dort nur Leute der Regierungspartei ein- und ausgehen würden. Ergänzend nannte der BF den Namen jenes Anwaltes, der die Recherchen durchgeführt habe und er legte eine Liste von Namen und Telefonnummern vor, die zum Anwalt und zu den von ihm befragten Personen gehören würden. Ein Cousin aus Dhaka habe diesbezüglich ermittelt.

Ergänzend gab der BF weiters an, dass gegen ihn in Bangladesch auch eine Anzeige aus dem Jahr 2018 vorliege, die sich darauf gründe, dass im XXXX 2013 Anhänger der BNP etwa 1.400 Personen der AL angegriffen hätten. Die diesbezüglichen Unterlagen seien im Wege der Rechtsvertretung bereits vorgelegt worden. Seit den Ermittlungen des Vertrauensanwaltes komme zudem monatlich die Polizei zu seiner Mutter und seine Mutter sei von der Polizei auch abgeholt worden. Dies habe ihm sein Cousin erzählt. Seit wann genau (Monat und Jahr) die Polizei regelmäßig zu seiner Mutter komme, könne der BF nicht sagen.

Im Protokoll wurde in diesem Zusammenhang vom erkennenden Richter festgehalten, dass der BF seine Rechtsvertretung über den Vorfall des Brandes seines Elternhauses nicht informiert habe und einige der Fragen des erkennenden Richters wiederholt werden hätten müssen, da sie vom BF inhaltlich nicht verstanden worden seien.

Betreffend sein Leben in Österreich bestätigte der BF, keine im Inland aufhältigen Verwandten zu haben, mehrere Deutschkurse absolviert zu haben und - für den Fall der Erteilung eines entsprechenden Aufenthaltstitels - eine Arbeitsmöglichkeit in einem indischen Restaurant vorweisen zu können.

Im Protokoll wurde vom erkennenden Richter im Zusammenhang mit Versuchen, mit dem BF in einen Dialog in deutscher Sprache zu treten, festgehalten, dass der BF auf Deutsch gestellten Fragen nicht versteht, seinen - in äußert gebrochenem und sehr schlechtem Deutsch getätigten - Ausführungen jedoch zu entnehmen sei, dass der BF Deutschkurse besuche.

Befragt nach seiner im Akt angesprochenen Lebensgefährtin führt der BF aus, dass diese in XXXX wohnhaft sei und er sie zwei bis drei Mal pro Woche treffe. Sie helfe ihm bei seinen Deutschkursen. Befragt nach seinem durchschnittlichen Tagesablauf führte der BF aus, dass er Deutschkurse besuche und lerne, viel zu Hause sei und viel spazieren gehe sowie seine Jahreskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel nutze. Darüber hinaus sei er Mitglied beim Roten Kreuz. Der BF habe freiwillige Arbeiten (z.B. Wegtragen von Müll) geleistet, er könne dafür aber keine Bestätigungen vorlegen.

Angesprochen auf seinen Gesundheitszustand bestätigte der BF die Auffassung des erkennenden Richters, wonach der BF an einer Magen-Reflux-Störung leide. Er müsse regelmäßig einen Mund-Spray verwenden. Betreffend eine vorgelegte Ambulanzkarte der Uniklinik XXXX /Unfallchirurgie erläuterte der BF, dass ihn ein Zimmerkollege aus Afrika eine Ohrfeige versetzt habe.

Abschließend wurde dem BF auf dessen Ersuchen zugesagt, bis Mitte November (15.11.2019) eine Bestätigung des Abschlusses des Deutschkurses A2 vorlegen zu können.

I.17. Mit Datum vom 19.10.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine - ebenso an das BFA und die Datenschutzbehörde übermittelte - Beschwerde des BF an die Datenschutzbehörde (darin bezeichneter Beschwerdegegner: BFA) ein. Das Bundesverwaltungsgericht veranlasste in weiterer Folge die Übersetzung eines beigefügten Textes in bengalischer Sprache, in welchem der BF die Ergebnisse des seitens des BFA beigezogenen Vertrauensanwaltes monierte und auf die sich nach den Recherchen des Vertrauensanwaltes in Bangladesch zugetragenen Geschehnisse (Brand des Familienhauses) verwies.

I.18. Mit Schreiben vom 30.10.2019 wurden seitens der Rechtsvertretung des BF eine Meldebestätigung, Anmeldebestätigungen für einen Sprachkurs (A1.1) und eine Integrationsprüfung (A2), ein Empfehlungsschreiben, eine Absichtserklärung auf Einstellung sowie eine Bestätigung über eine Mitgliedschaft beim Roten Kreuz in Vorlage gebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1.1. Zur Person des BF, zu seiner Herkunft und zu seinen

Lebensverhältnissen in Bangladesch:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und Angehöriger der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali. Der BF ist ledig.

Der BF ist in Bangladesch geboren und aufgewachsen und stammt aus dem Dorf XXXX , Distrikt XXXX .

Der BF hat in Bangladesch bis zur fünften Klasse die Grundschule besucht. Ab dem Jahr 2006 hat er als Maler und Anstreicher gearbeitet. In den Jahren 2007 und 2008 hat der BF seinem Vater in dessen Geschäft (Handel mit Baustoffmaterialen) geholfen. Im Jahr 2008 ist dieses Geschäft dem BF von seinem Vater überschrieben worden und der BF hat ab diesem Zeitpunkt das Geschäft geführt. Daneben hat der BF - nach Geschäftsschluss - noch Gelegenheitsarbeiten, beispielsweise Elektrikertätigkeiten, durchgeführt. Im Jahr 2009 war der BF in XXXX selbstständig als Anstreicher tätig.

Der BF hat im Mai 2009 sein Heimatland verlassen.

In Bangladesch halten sich die Mutter des BF sowie eine Schwester, fünf Brüder und mehrere Onkel, Tanten und Cousins auf. Der Vater des BF ist im Jahr 2017 verstorben.

I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in seinem Herkunftsland einer konkret gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt gewesen ist oder ihm im Falle seiner Rückkehr eine solche droht.

I.1.3. Zu den Lebensverhältnissen des BF im Bundesgebiet:

Der BF hält sich seit August 2015 durchgehend in Österreich auf.

Er hat während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet Sprachkurse besucht und beherrscht (erste) grundlegende Kenntnisse (Basiskenntnisse) der deutschen Sprache.

Der Tagesablauf des BF gestaltet sich im Regelfall derart, dass er viel Zeit zu Hause verbringt, spazieren geht und die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt. Zwei bis dreimal in der Woche trifft der BF seine in XXXX lebende Lebensgefährtin.

Der BF ist Mitglied beim Roten Kreuz.

Der BF ist nicht erwerbstätig. Er bezieht seit seiner Einreise Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Der BF verfügt im Bundesgebiet über keine familiären/verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte.

Der BF leidet an einer Magen-Reflux-Störung und hat aus diesem Grund regelmäßig einen Mund-Spray in Verwendung. Ansonsten leidet der BF an keinen Erkrankungen. Er nimmt keine (weiteren) Medikamente.

II.1.4. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

Politische Lage

Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) - mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern durch die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die Awami League (AL) und Bangladesh Nationalist Party (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt (DW 14.2.2019).

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt (HRW 13.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat auf Grund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).

Durch eine Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 12.2018).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

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https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019

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BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019

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BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019

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DS - Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053, Zugriff 11.3.2019

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DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,

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DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3

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DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019

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Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results,

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NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019

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ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu-Delhi (12.2018):

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RW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 7.3.2019

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WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019,

http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019

Sicherheitslage

Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere zwischen der Awami League und der Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).

Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen auf Grund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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